Einen Meilenstein in der Geschichte der Chemiepumpen setzte die Einführung verbindlicher Normen der Pumpenbauteile vor rund 40 Jahren. Das modulare Prinzip bei den Komponenten der Chemiepumpen und deren einheitliche Typisierung ermöglicht eine bessere Kooperation zwischen Pumpenherstellern und -anwendern. Es machte lange vor der europäischen Einigung und Globalisierung den Weg frei für effizientere wirtschaftliche Zusammenarbeit in Chemie- und Verfahrenstechnik.
Dipl.-Ing. Gerd Trommer, Marianne Walz
Aus den Gründerjahren um 1890 datiert die Geburtsstunde der Zentrifugalpumpe. Im Unterschied zu Kolben- und anderen Verdrängerpumpen fördern Kreiselpumpen schneller, steuerbar und kontinuierlich. Säuren und andere gefährdende Flüssigchemikalien gelangen so sicher von A nach B. Ein Laufrad mit Schaufeln rotiert innerhalb des Gehäuses und treibt dabei den Flüssigkeitsstrom kontinuierlich an. Brauereien und Zucker-Raffinerien waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts die ersten industrienahen Anwender und Wegbereiter der elektrisch betriebenen, schnell laufenden Kreiselpumpen. Der Fortschritt in der Werkstofftechnik ist quasi Geburtshelfer und ständiger Entwicklungsbegleiter der Chemiepumpen. Bessere Korrosionsbeständigkeit war um 1917 Voraussetzung dafür, dass Kreiselpumpen neben Prozess- und Abwasser sowie Produktmedien der Lebensmittelindustrie auch aggressive Chemikalien förderten. Ein erstes Patent auf eine Säurekreiselpumpe aus Sondergusseisen mit der Nr. DRP 344 936, datiert von 1921, erhielt die damalige AMAG-Hilpert-Pegnitzhütte, Nürnberg, die später in der KSB aufging.
Dichtung und Wahrheit
Die aufwändige Wartung der mit der traditionellen Stopfbuchse gedichteten Pumpen der Baureihe CH erwies sich zunehmend als Produktivitätshindernis in den Prozessen. Die technischen Entwickler strebten danach, diese und andere Bremsen baldmöglichst zu lösen. Mit Erfolg: Ab 1954 ergänzten Spaltrohrmotorpumpen des Typs CM die CH-Reihe. Die ersten dichtungsfreien Pumpenausführungen lieferte KSB 1953 zum Fördern von flüssigem Chlor sowie für den Transfer eines unter hohem Druck und hoher Temperatur (250 kp/cm2, 250 °C) stehenden Lösemittels. Auch über 50 Jahre später bilden die leckagefreien Spaltrohrmotorpumpen mit und ohne Ex-Schutz ein wesentliches Geschäftsfeld bei den Chemiepumpenbauern.
Die Gleitringdichtung startet in den 1950er-Jahren eine nachhaltig erfolgreiche Karriere. Sowohl im Betrieb als auch bei Stillstand tritt kein Fördermedium aus. Eine Image-Aufwertung der Chemiebetriebe ging damit einher: Sauberer, betriebssicherer, gesünder. Mit Einführung immer besserer Gleitringdichtungen gelingt es zunehmend, die Stillstandszeiten (ca. 80 % aller Pumpenausfallzeiten gehen auf das Wechseln dieses Verschleißteils zurück) deutlich zu senken.
Kriterien der Pumpenwahl
Unter den Mitte der 1960er-Jahre vorherrschenden Bedingungen in der chemischen Industrie wurde der Bedarf an flexibler einsetzbaren Chemiepumpen zunehmend dringender. Die stark angewachsene Branche der Petrochemie und die Raffinerien vergrößerten den Kreis der Bedarfsträger erheblich. Allein die Vielfalt der wöchentlich, arbeitstäglich oder pro Schicht wechselnden Medien unterschiedlicher Drücke, Temperaturen, Feststoffanteile oder Kavitationen, Viskosität und chemischer Aggressivität machte eine sinnvolle, übersichtliche Normung bei gleichzeitiger Einführung des „Baukastenprinzips“ zum Gebot der Stunde. Hinzu kamen beim Pumpennutzer weitere, anlagenseitige, betriebsbedingte und wirtschaftliche Aspekte, die die geforderte Variationsbreite weiter erhöhen. Die Vorteile der Normierung für den Pumpennutzer liegen auf der Hand: Minimierter Aufwand bei Auswahl, Beschaffung, Lagern und Liefern von Pumpenersatzteilen und -zubehör, Flexibilisierung und Rationalisierung beim Einrichten bzw. Umstellen der verfahrenstechnischen Anlagen zum Beispiel durch problemlosen Austausch von Komponenten innerhalb einer Prozesskette. Ein umfassendes, konsequentes Überarbeiten des kompletten Chemiepumpenprogramms führte zu einem auch äußerlich neuen, einheitlicheren Erscheinungsbild der Förderaggregate. Die legendäre CPK entstand 1963 als Gemeinschaftsentwicklung von KSB, führenden Chemieunternehmen als Anwendern sowie Herstellern für chemische Anlagen. Ab 1964 eroberte sie den Markt. Das „Geburtsdatum“ der Chemienormpumpe haben die Experten auf den November 1968 festgelegt, den Zeitpunkt, seit dem die fixierte DIN 24256 deutschlandweit verbindlich gilt. Diese Norm bestimmt die Einteilung bzw. Typisierung von Abmessungen, (Prozess-)Bauweise und Hydraulik.
Konzentrieren auf das Wesentliche
In den vergangenen 40 Jahren haben sich einstufige Kreiselpumpen der Baureihe CPK äußerlich kaum verändert. Die Inhalte und den „Geist“ der DIN 24256 übertrugen die Techniker 1993 in die neue, europaweit gültige ISO 2858. 1986 kamen für Chemienormpumpen die Bestimmungen der ISO 5199 hinzu. Auslegung und PN-Stufe, Wellendichtungsart und andere technische Daten sowie zulässige Varianten sind in dieser Vorschrift geregelt.
Pumpenbetreiber in Chemie- und Verfahrenstechnik sind traditionsbewusste, kritische Fachleute, weiß Dipl.-Ing. Pascal Dommanget, Produktmanager Einstufige Pumpen bei KSB, aus Erfahrung. Sehr schnell haben sie jedoch das Normensystem akzeptiert, denn es entlastet von wenig produktiven Nebentätigkeiten. Statt sich zum Beispiel vor einer anstehenden Investition um passende Armaturen, Antriebsaggregate und Anschlüsse kümmern zu müssen, konzentrieren sich die Anlagentechniker auf das Wesentliche: Wirkungsgrad, Standzeit und vor allem die LCC (Life Cycle Costs) liefern ihnen Anhaltspunkte über die beste Wahl aus mehreren vergleichbaren Angeboten.
Neues Update
Einen wichtigen Entwicklungsschritt gingen die KSB-Pumpenentwickler, als sie 2005 mit der Reihe CPKN das Update der in vier Jahrzehnten bewährten CPK anboten. Die Anwender profitieren von noch mehr Flexibilität und noch besserer Wartungsfreundlichkeit bei höherer Wirtschaftlichkeit. Dafür sorgen gemäß des Herstelleranspruches die vergrößerte Werkstoffauswahl und das erweiterte Spektrum der möglichen Dichtungsvarianten (einschließlich Magnetkupplung oder per Spaltrohrmotor) sowie eine optimierte Befestigung des Laufrades. Eine um bis zu 30-prozentige Standzeiterhöhung gegenüber der CPK verzeichnet die weiter entwickelte Chemienormpumpe CPKN. Die Standards bleiben gültig, so dass Ersatz- und Zubehörteile der CPK auch für die höherwertige CPKN passen.
„Ab 1968 haben wir bei KSB daran gearbeitet, die Lebensdauer der Pumpen zu erhöhen: Mit höherer Werkstoffgüte bei immer höherer chemischer und thermischer Beanspruchung, mit verbesserter Lagerung der Welle und vor allem mit der Optimierung des gesamten Aggregats einschließlich Antrieb“, berichtet Pascal Dommanget. „Jetzt setzen wir den Schwerpunkt zusätzlich auf die Erhöhung des Wirkungsgrades.“ Der Produktmanager legt dar, dass das Thema Energieeinsparung mehr für Leistungsdimensionen über 100 kW wirklich relevant sei. „Bei Pumpen im Normbereich bis 55 kW sind Reserven eher durch einen optimierten Betrieb zu erschließen. Dafür richten wir unser Augenmerk auf das Gewährleisten der optimalen Betriebsbedingungen.“
Optimistische Perspektiven
Digitalisierung und Automatisierung heißen die Direktiven der Pumpenexperten. Lösungen, die mit kontinuierlicher Überwachung aller Parameter die Verfügbarkeit erhöhen, Betriebskosten senken und Ausfall- und Folgeschäden verhindern helfen, sind gefragt. Die digitale Intelligenz repräsentiert zum Beispiel das Diagnosesystem PumpExpert. Es senkt die Energie-, Wartungs- und Stillstandskosten, erhöht die Betriebs- und Prozesssicherheit ganzheitlich und mindert so LCC wie TCO (Total Cost of Ownership). Ein weiteres Angebot von KSB heißt PumpDrive. Diese „motormontierte“ Antriebseinheit bewirkt über die Veränderung der Motordrehzahl, dass der Förderstrom immer perfekt auf den jeweiligen Bedarf innerhalb der Anwendung abgestimmt ist. Im Unterschied zur Drosselregelung läuft die Pumpe dann immer im feinst eingestellten Optimum. Das Einbinden in übergeordnete Prozessleitsysteme eröffnet weitere Möglichkeiten.
„Mit solchen gelungenen Lösungen erreichen wir zunehmend die Akzeptanz unserer Kunden. Eine bessere Marktdurchdringung wird nachhaltig auch die Investitionsaufwände senken“, prognostiziert Dommanget. Er sieht für die traditionsreichen Chemienormpumpen in den nächsten Dekaden eine digitale Zukunft gesichert.
cav 449
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