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Mit Volldampf in die Fettaufbereitung

Schnelldampferzeuger helfen, Betriebskosten zu senken
Mit Volldampf in die Fettaufbereitung

Allein in Deutschlands Gastronomiebetrieben entstehen jedes Jahr mehrere Hunderttausend Tonnen Fettrückstände, die über ein zentrales System gesammelt und entsorgt werden. Anstatt die alten Fette wie herkömmliche Speisereste zu behandeln, bereitet ein Marler Unternehmen diese mithilfe eines eigenen Verfahrens zu hochwertigem Industriefett als Energieträger auf. Schnelldampferzeuger leisten hier ihren Beitrag zur wirkungsvollen Wiederaufbereitung.

Der Autor: Ralf Goffin freier Fachjournalist, Erkelenz

Mit einer Anlage zur Aufbereitung von Altfetten aus der Lebensmittelindustrie hat sich Refat, eine Tochter der G+R Technology Group, im Industriepark Dorsten/Marl niedergelassen. Auf 20 000 m2 sollen hier nach dem derzeitigen Probebetrieb jährlich 20 000 t Industriefett aus Fetten der Gastronomie und Lebensmittelproduktion gewonnen werden. Im Vollbetrieb liefern dann täglich 25 bis 30 Lkw ihre Fett-Wasser-Gemische an; das sind wöchentlich etwa 1200 t zu verarbeitende Rohware.
Zentrale Vorteile für den Standort NRW
Der Gesamtinvestitionsplan für den Anlagenprototyp umfasst 20 Mio. €. Als Standort der Anlage kam lediglich Nordrhein-Westfalen in Frage – der Großraum bietet sowohl das hinreichend hohe Aufkommen an Fettrückständen als auch eine Infrastruktur von Zwischenhändlern, die die Fettrückstände sammeln und sie an Refat liefern.
Der Standort ist darüber hinaus dafür prädestiniert, der hohen Nachfrage nach Industriefett aus den europäischen Anrainerstaaten gerecht zu werden. Diese kommt vor allem aus den Benelux-Staaten und Skandinavien, in denen das Industriefett als Ersatzbrennstoff für das Co- firing in Großkraftwerken besonders gefragt ist. „Cofiring sieht vor, dass Großkraftwerke, die konventionelle Energieträger anteilig durch EEG-konforme Brennstoffe ersetzen, für die tatsächlich eingesetzte EEG-Menge einen Bonus erhalten“, erklärt Refat-Betriebsleiter Dr. Ludger Overmann. „Während in Deutschland das im EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) verankerte Ausschließlichkeitsprinzip nur reine Bio-Kraftwerke bezuschusst, ist in anderen europäischen Ländern ein bezuschusstes Cofiring möglich. Daher können die Kraftwerke dort beispielsweise auch das hier gewonnene Industriefett einsetzen.“
Das gewonnene Fett wird nicht nur als Energieträger eingesetzt – auch die chemische Industrie zählt zu den potenziellen Abnehmern. Sie profitiert von der Möglichkeit, mit biologisch abbaubaren Industriefetten bis zu 40 % ihres einzusetzenden Palm- oder Rapsöls zu substituieren.
Vier Schritte führen zum Erfolg
Das Verfahren ist gleichzeitig aufwendig wie einfach, denn die Separierung der angelieferten Fett-Wasser-Gemische in ihre einzelnen Bestandteile erfolgt über Wärme und Dampf. Von der Rohwarenmulde aus fördern große Pumpen das angelieferte Material zunächst in den Prozessturm. Auf dem Weg dorthin durchläuft es Wärmetauscher, über die die Rohware durch das im Prozess zurückgeführte 90 °C heiße Abwasser vorgeheizt wird.
Nach dem Passieren der Wärmetauscher wird das Rohmaterial im Reaktor mit Dampf aufgekocht. Dann geht es weiter in den Abscheider, um das durch Heißdampf verflüssigte Fett vom Wasser und den Sedimenten zu trennen. Die Fette gelangen von hier über die Filtrationsvorlagetanks in die Filter, das Wasser strömt in die Wiederaufbereitungsanlage. Der Austrag zur anschließenden Trocknung der Sedimente erfolgt über eine Förderschnecke.
In den Druckfiltersystemen – der letzten Station, die das Fett in der Produktion durchläuft – werden die Trübstoffe aus dem Fett filtriert. Dabei binden Filterplatten über einen Druck von 6 bar die Schmutzstoffe an sich und kommen später teils als Ersatzbrennstoffe in der Zementindustrie zum Einsatz.
Das während des Prozesses getrennte, noch belastete Wasser wird in der mikrobiologischen Kläranlage mit organisch abbaubarem Material fast auf Reinwasserqualität vorgeklärt. Das dabei produzierte Methangas kann anschließend als Biogas in der Kesselanlage verfeuert werden. Auf diesem Weg lässt sich der Primärenergiebedarf der Anlage um nahezu 40 % senken.
Flexibilität mit Schnelldampferzeugern
Die Nutzung des eigenen Methangases als effizienter Bestandteil der Prozesstechnologie stellt die dafür notwendige Dampferzeugung vor große Herausforderungen. Um das Methangas nutzen zu können, bedarf es einer Dampfanlage, die schnell von Erd- auf Methangas umschalten kann. Denn 20 bis 40 % der Dampfkesselleistung soll über das im Werk produzierte reine Biogas gefahren werden. Zum Einsatz kam deshalb ein Schnelldampferzeuger der Clayton Deutschland GmbH (Typ SEG 354), der mit einem Dampfdruck von 8 bar betrieben wird und über eine flexible Brennertechnologie verfügt. Es handelt sich dabei um einen kombinierten Biogas-/Erdgaskessel. Wird mehr Dampf benötigt, als durch den reinen Einsatz von Methangas erzielt wird, feuert er automatisch Erdgas hinzu.
Die produktionsbedingten Voraussetzungen erforderten zudem einen Dampferzeuger, der stufenlos regelbar ist und schnell hohe Leistungen innerhalb der Kennlinie von 20 bis 100 % erzielt. Zwar wird die Anlage von montags bis freitags pausenlos betrieben, dafür aber am Wochenende abgeschaltet. Die Inbetriebnahme des Dampfkessels muss am ersten Werktag danach noch vor der ersten Schicht frühmorgens kurzerhand vonstattengehen. Die hierfür zunächst ins Auge gefassten Großwasserraumkessel scheiterten an den hohen Voraussetzungen zur schnellen Aufnahme des Prozessbetriebs.
Über eine Empfehlung von Südleder entschied sich Refat dann für einen Schnelldampferzeuger von Clayton. Die Gerberei aus dem fränkischen Rehau hatte bereits 2006 eine Anlage zur Gewinnung von Tierfett von rohen Tierhäuten mit einer Dampferzeugeranlage errichtet, die sowohl mit Erdgas, Heizöl EL als auch mit Tierfett variabel betrieben werden kann. Die Schnelldampferzeugeranlage hat einen Kesselwirkungsgrad, der sich in einer verbesserten Energiebilanz bei gleichzeitig niedrigen Emissionsmassenströmen niederschlägt.
Auch Refat benötigte eine Anlage, die das Wasser schnell und effizient erhitzt. Schnelldampferzeuger produzieren Dampf über eine Heizschlange, um die Leistung schon innerhalb von 5 bis 7 min nach einem Kaltstart abzurufen. Zum Vergleich: Ein herkömmlicher Großwasserraumkessel baut erst nach 60 bis 90 min den erforderlichen Dampfdruck auf. Darüber hinaus lassen sich Großwasserraumkessel nicht ohne Weiteres abschalten, sondern bleiben aufgrund ihrer langen Aufheizzeit stets im Standby-Modus. Das Aufrechterhalten von Druck und Temperatur eines Standby-Kessels kann aber die Betriebskosten deutlich in die Höhe treiben. Die Schnelldampferzeuger für Dampfmengen von bis zu 30 t/h dagegen bleiben für sämtliche Zeiträume, in denen kein Dampf benötigt wird, unbeheizt. „Allein durch die Möglichkeit zum Stillstand sparen wir jährlich erhebliche Betriebskosten – so amortisiert sich die Kesselanlage spätestens nach etwa drei Jahren“, schätzt Overmann.
Ein weiterer Vorteil des Schnelldampferzeugers ist die vertikale Bauweise. Während die Großwasserkessel horizontal gebaut werden, konnte Refat durch den Einsatz des vertikalen Schnelldampferzeugers ein deutlich kleineres Kesselhaus bauen.
Bereits im Dezember 2010 erfolgte die offizielle Betriebsaufnahme. Im Schnitt schätzt man dann die wöchentliche Leistung auf permanent 60 %. Nur am Montagmorgen, wenn die Anlage hochgefahren wird, soll der Kessel für 6 h zu 100 % gefahren werden. Die Wochenenden nutzt man, um die Produktionsanlage zu reinigen, zu warten oder kleinere Reparaturen durchzuführen.
Online-Info: www.cav.de/0311456
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