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Kaum vom Behälter zu unterscheiden

Druckmesstechnik unter Hygiene- und Sterilbedingungen
Kaum vom Behälter zu unterscheiden

Druckmessumformer für den Pharma- und Lebensmittelbereich müssen höchsten Hygiene- und Sterilanforderungen Stand halten. Absolut frontbündige Keramikmembranen ermöglichen eine optimale Reinigung und bieten Betriebssicherheit sowie messtechnische Qualität auf hohem Niveau.

Thomas Oehler

Bei allen Unterschieden in der Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln oder der Gewinnung von pharmazeutischen Produkten herrscht hinsichtlich der Hygiene und Aseptik grundsätzliche Einigkeit. Milch, Bier, Säfte oder Medikamente und Impfstoffe erfordern zwar unterschiedlichste Produktionsprozesse, aber es muss sichergestellt sein, dass die Produkte nicht geschädigt werden und biologisch einwandfrei sind. Das hygienische Konzept entscheidet dabei nicht nur über die Keimbelastung oder Keimfreiheit des Produktes, sondern auch über dessen biologischen Wert. Die Auslegung einer Produktionsanlage muss daher sicherstellen, dass keine Mikroorganismen wachsen können und unter reproduzierbaren Bedingungen sowohl die Produktion als auch die Reinigung sicher gewährleistet ist (Abb. 1).
Absolut frontbündig
Die CIP-Reinigung dient dazu, die elektrostatische und mechanische Bindungsenergie der Verschmutzung zu überwinden. Die Energie zum Schmutzabtrag wird in Form von chemischer, mechanischer und thermischer Energie aufgebracht. Innerhalb gewisser Grenzen sind diese Faktoren gegeneinander austauschbar. Druckmessumformer mit absoluter Frontbündigkeit und hoher Oberflächengüte sind für die Bedingungen im Lebensmittel- und Pharmabereich von großer Bedeutung. Gleichwohl sind sie durchaus noch nicht üblich. Oft werden Druckmessumformer eingesetzt, die eben nur fast frontbündig sind, und konstruktiv mit einem Rückversatz der Messzelle auskommen müssen (Abb. 2). Die speziellen ölfreien keramisch-kapazitiven Druckmessumformer D84 und D94 für den Lebensmittel- und Pharmabereich tragen dem Rechnung. Durch die absolut frontbündige Konstruktion verhalten sie sich wie die polierte Behälterwand. Die Oberflächengüte der medienberührten Teile des Druckmessumformers weisen eine Rauigkeit von Ra 0,7 µm auf. Die eingesetzten FDA-zugelassenen Formdichtungen aus Viton oder EPDM stellen darüber hinaus die völlige Spaltfreiheit sicher, lassen sich durch den Anwender inspizieren und im Bedarfsfall sehr einfach wechseln.
Üblicherweise treten bei CIP-Reinigungen Temperaturen bis ca. 80 °C auf, während SIP-Prozesse mit Heißdampf bis ca. 140 °C und daraus resultierenden Drücken bis 2,5 bar arbeiten. Als Reinigungsmittel werden neben Wasser, Säuren (entfernen mineralische Rückstände wie Milchstein oder Kesselstein) und Laugen (lösen und quellen organische Stoffe wie Eiweiße, Fette) auch Tenside (reduzieren die Oberflächenspannung, erhöhen die Partikelaufnahme) verwendet. Typische Reinigungsmittel sind z. B. Salpetersäure, Phosphorsäure, Schwefelsäure, Salzsäure, Natronlauge und Chlorlauge in unterschiedlichen Konzentrationen und Temperaturen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass Druckmessumformer gegen eine Vielzahl von Produkten, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln chemisch beständig sein müssen. Die Abrasionsfestigkeit scheint auf den ersten Blick nicht von großer Bedeutung zu sein. Allerdings zeigte sich in einem Rührbehälter, in dem Nuss-Schokolade aufbereitet wurde, Bemerkenswertes: die Metallmembrane eines Druckmessumformers löste sich einfach in der Schokolade auf. Denn die Verarbeitung von Nussschokolade erwies sich als ein ‚raues Geschäft‘. Die Masse ist durch die Nusssplitter so abrasiv, dass selbst Wandungen aus Edelstahl und natürlich auch die metallischen Messmembranen von Druckmessumformern abgetragen werden.
Saphir-Keramik
Keramik ist hier die einzige Lösung. Zehnmal härter als Stahl widersteht die keramische Membran der mikroskopischen Zerspanung durch Flüssigkeiten und Pasten, die in ihrer Abrasivität Schleifpasten sehr ähnlich sind.
Der als Saphir-Keramik bezeichnete Keramikwerkstoff wurde gezielt für den Einsatz im Pharma- und Lebensmittelbereich entwickelt. Die aus diesem Material entstandene Certec-Zelle erfüllt alle beschriebenen Anforderungen. Das Grundmaterial besteht aus 99,99%-igem Aluminiumoxid (Al2O3) und wird durch Hinzufügen von Sinteradditiven unter Druck und Temperatur in Form gebracht. Dabei hat der Herstellungsprozess einen entscheidenden Einfluss auf die Eigenschaften des Endproduktes, denn nur die gesamtheitliche Betrachtung der Keramikherstellung bietet die Möglichkeit, Sensoren für die beschriebenen Anwendungen zu realisieren. Keramik ist ein idealer Federwerkstoff und besitzt eine absolute Hysteresefreiheit und sehr gute Langzeitstabilität. Eigenschaften, die bei ölgefüllten Systemen mit Metallmembranen keineswegs selbstverständlich sind.
Gehäusetechnik
Ein oft unterschätztes Thema ist die Frage nach der Gehäusetechnik, die für diese Anwendungen erforderlich ist. Ein häufiges Problem ist Kondensatbildung im Gehäuseinneren von Druckmessumformern.
Durch Reinigungsprozesse mit hohen Temperaturen dehnt sich die Luft im Gehäuse des Druckmessumformers aus und wird über den Filter herausgepresst. Kommt nach dem Reinigungsprozess wieder kaltes Medium in den Behälter, gibt es durch die folgende Volumenverringerung der abkühlenden Luft im Gehäuse einen Sogeffekt über den Filter, bei dem Umgebungsluft in das Gehäuse gesaugt wird. Je nach Feuchtigkeitsgehalt der Umgebungsluft gelangt mehr oder weniger Feuchtigkeit in das Gehäuse und lagert sich durch Temperaturdifferenzen in Form von Kondenswasser ab. Die Folgen sind Driftprobleme der Messzelle (feuchte Luft im Kondensator der Messzelle) und Kondenswasser in der Elektronik und an den Klemmen und Steckverbindungen. Je höher die Temperaturdifferenzen und je höher der Feuchtigkeitsgehalt der Umgebungsluft, um so stärker die Problematik, die nur mit möglichst kleinem Gehäuseinnenvolumen und mit Gehäusekammern zu lösen ist. Diese konstruktiven Maßnahmen sind durch die Definition einer Schutzart aber nur unzureichend beschrieben, da die Schutzart lediglich den Wassereindringschutz für die Geräte beschreibt.
Eine praxisgerechte Lösung ist das IP 66-Gehäuse der D-Serie mit minimiertem Innenvolumen und Zweikammeraufbau, bei dem der Anschlussraum und der Elektronikraum getrennt sind (Abb. 3). Das bedeutet risikolosen Einsatz der Geräte auch im Nassbereich und zuverlässigen Betrieb unter allen Prozessbedingungen wie bei hohen Temperaturdifferenzen.
Ein hochdichter Verschlussstopfen zwischen Klemmraum und Elektronik verhindert dabei den Totalausfall des Druckmessumformers.
Eine weitere Möglichkeit bietet die Gehäuseausführung in IP 68 mit minimalem inneren Luftvolumen und externer Belüftung (Abb. 4). Diese Ausführung ist vor allem dann sinnvoll, wenn im Umfeld der Anlage extreme Feuchtigkeit, Wasser oder Schmutz anzutreffen ist oder Reinigungsarbeiten z. B. mit Dampfstrahlern durchgeführt werden. Die notwendige Belüftung des Druckmessumformers wird über die im Kabel mitgeführte Kapillare durchgeführt und bietet damit den sicheren Schutz.
Zur Adaption an die vorgegebenen Prozessanschlüsse sind eine Vielfalt an gängigen Ausführungen z. B. SMS, Tri-Clamp, DIN 11851 oder DIN 11864 verfügbar. Eine Besonderheit stellen die aseptischen Prozessanschlüsse dar, bei denen die konstruktive Auslegung auch die hygienischen Anforderungen beim Einbau in Behälter berücksichtigt.
Messtechnik
Die Druckmessumformer verfügen über zahlreiche Features wie Vakuumfestigkeit, bis zu 100fache Überlastfestigkeit (10 bar bei Messbereich 0,1 bar), integrierte Selbstüberwachung von Elektronik und Messzelle und eine Messgenauigkeit besser 0,1%. Sie sind für Medientemperaturen von -40 bis +100 °C (140 °C/1h) geeignet und haben eine Langzeitstabilität besser 0,1%/a.
Die Druckmessumformer stehen in unterschiedlichen Elektronikausführungen zur Verfügung. Die Standardausführung ist als Zweileitersystem 4…20 mA und Hart-Protokoll ausgeführt. Zur Anbindung an Feldbussysteme bietet sich die Ausführung mit Profibus-PA-Schnittstelle an. Beide Varianten sind mit der Bediensoftware VVO einstellbar.
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