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Bedarfsartikel oder zentrales Sicherheitselement?

Druckentlastung mit Berstscheiben
Bedarfsartikel oder zentrales Sicherheitselement?

Viele tausende Bedarfsartikel sind notwendig, um einen Produktionsbetrieb der Öl- und Gasbranche aufrecht zu erhalten. Dazu zählen manche Betreiber auch Berstscheiben. Zu Unrecht, finden einige. Der folgende Beitrag gibt einen Einblick in das Thema Druckentlastung mit Berstscheiben und deren Kombination mit Sicherheitsventilen.

Druckentlastung ist ein Thema in jedem Förder- und Verarbeitungsprozess der Öl- und Gasindustrie. Unzureichende Druckentlastung, egal ob Schutz vor Überdruck oder Vakuum, führt zu enormen Schäden an der Anlage selbst und der Umgebung. Die Folge sind lange Stillstandszeiten und somit hohe monetäre Verluste. Schlimmstenfalls werden sogar Mitarbeiter verletzt oder getötet. Berstscheiben sind, sowohl als Stand-alone-Lösung als auch in Kombination mit Sicherheitsventilen, ein essenzieller Bestandteil der Druckabsicherung von Anlagen in der Öl- und Gasindustrie.

Die Anwendungen sind vielfältig: Upstream werden sie zur Druckaktivierung im Bohrloch und zur Druckentlastung in Futterohren, Subsea Akkumulatoren (SAM), in Molchsystemen und Rohrleitungsinstallationen sowie vielen anderen Stellen verwendet. Downstream zählen unter anderem PSOs, Tobsides, Lager- und Transporttanks zu den Einsatzbereichen. Außerdem Rohrbündelwärmetauscher, Abscheider, Flares und Schwefelrückgewinnungsanlagen.
Mehr als nur ein Stück Metall
Es gibt sie auch heute noch genauso wie zu Zeiten der Berstscheibenerfindung: einfache Metallscheiben oder Folien, die unkritische Prozesse absichern. Viel häufiger sind es jedoch Anwendungen mit sehr hohen Anforderungen an die Druckentlastung: Dazu zählen beispielsweise geringe Abmessungen oder spezielle Geometrien, besonders hohe oder niedrige Drücke sowie Temperaturen weit über oder unter dem Nullpunkt. In diesen Fällen ist Know-how und Erfahrung gefragt. Deshalb ist die Bandbreite an verfügbaren Berstscheiben heute relativ umfangreich.
Für Prozesse mit eher geringen Anforderungen werden oft flache Berstscheiben eingesetzt, die direkt zwischen Flansche installiert werden. Diesen Ausführungen gegenüber stehen die gewölbten Berstscheiben, wiederum unterteilt in zugbelastete und druckbelaste (Umkehr-Berstscheiben) Berstscheiben. Die Wölbung zugbelasteter Berstscheiben ist dem Prozess abgewandt, die Wölbung von Umkehrberstscheiben dem Prozess zugewandt. Umkehrberstscheiben erlauben, je nach Hersteller, wesentlich höhere Arbeitsdruckverhältnisse und damit eine bessere Auslastung des Gesamtsystems.
Einige Hersteller bieten auch sogenannte Zwei-Wege-Berstscheiben an. Sie kombinieren zwei Funktionsprinzipien in einer Berstscheiben: In die eine Richtung agiert die Berstscheibe zug-, in die andere Richtung druckbelastet. Das ermöglicht ein Ansprechen bei zwei unterschiedlich definierten Druckwerten in Über- und Unterdruckrichtung. In einer Einbaustelle können so zwei Berstscheibentypen gleichzeitig installiert werden.
Die Königsdisziplin der Berstscheiben sind maßgeschneiderte Kompaktberstscheiben. Sie werden hinsichtlich Geometrie, Anschluss, Abmessungen und Berstdruck/Vakuumbeständigkeit individuell gefertigt. Erhältlich sind beispielsweise geschweißte Einheiten, Berstscheiben für besonders hohe Drücke von mehreren tausend Bar oder für Temperaturen von mehreren hundert Grad Celsius.
Vorteile von Berstscheiben
Im Gegensatz zu elektronischen und pneumatischen Systemen sind Berstscheiben zu 100 % ausfallsicher. Einbau, Bedienung und Wartung sind relativ einfach. Lange vorbei die Zeit, in denen der Ansprechdruck nicht genau definiert werden konnte. Hochwertige Berstscheiben, gefertigt mit modernsten Maschinen und Verfahren, ermöglichen heute eine Definition des Ansprechdrucks mit engsten Toleranzen. Arbeitsdrücke von bis zu 98 % des minimalen Ansprechdrucks sind möglich.
Weitere Vorteile von Berstscheiben sind:
  • eine bessere Reaktion auf plötzliche Druckanstiege als alternative Schutzsysteme durch schnellere Öffnungszeiten (i.d.R. 4 ms) und Entlastung durch volle Querschnittsfreigabe, damit unzulässiger Druck schneller entweichen kann
  • eine 100-prozentige Isolierung der Betriebsmedien, keine Leckagen bis zum Öffnen (Bersten) der Berstscheibe
  • speziell bei größeren Durchmessern bieten Berstscheiben einen erheblichen Gewichtsvorteil
  • Berstscheibe oder Sicherheitsventil?
  • Berstscheibe und Sicherheitsventil haben die gleiche Aufgabe: zuverlässig bei einem definierten Druck öffnen, um unzulässigen Über- oder Unterdruck innerhalb eines Prozesses zu verringern. Eine Berstscheibe ist eine nicht schließende Sicherheitseinrichtung und muss nach dem Ansprechen ausgetauscht werden.
Sicherheitsventile hingegen schließen nach dem Entlasten des unzulässigen Drucks. So kann, je nach Anwendung, ohne Verzögerung weiter produziert werden. Allerdings bedeuten die Anschaffung und die regelmäßige Instandhaltung des Sicherheitsventils einen zeitlich sowie finanziell hohen Aufwand.
Die Antwort auf die Frage „Berstscheibe oder Sicherheitsventil?“ heißt: Berstscheibe und Sicherheitsventil. Denn: Eine Berstscheibe hilft, die Nachteile eines Sicherheitsventils auszugleichen – und umgekehrt. Die Kombination von Sicherheitsventil und Berstscheibe ermöglicht den Einsatz von günstigeren Sicherheitsventilen aus preiswerteren Materialien. Das ist vor allem bei klebrigen oder korrosiven Medien wichtig. Darüber hinaus kann bei in-situ-Tests, also Wartungen und Funktionsprüfungen, auf den Ausbau des Sicherheitsventils verzichtet werden.
Sicherheitsventile neigen dazu, nach einem ersten Ansprechen weniger dicht zu sein. Die dem Sicherheitsventil vorgeschaltete Berstscheibe sorgt für erhöhte Dichtigkeit, was aufgrund von bestehender Regularien, Gesetze und Richtlinien ein nicht unwesentlicher Faktor für Betreiber ist. Zudem ist der Austausch einer Berstscheibe im Vergleich zu einem Sicherheitsventil wesentlich günstiger.
In einigen Anwendungen ist es ratsam, Sicherheitsventil und Berstscheibe parallel zu installieren. Bei einem extrem schnellen, unzulässigen Druckanstieg sprechen beide Einrichtungen an und entlasten parallel.
Eine Berstscheibe ist also kein üblicher Bedarfsartikel, sondern ein zentrales Sicherheitselement, das mit oder neben Sicherheitsventilen einen entscheidenden Beitrag zur Anlagenverfügbarkeit leistet. Und das nicht nur in der Öl- und Gasindustrie.

Sandra Fuchs
Team Leader Marketing,
Rembe Safety + Control
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