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Optimiert den Gärprozeß

Profibus PA im Einsatz bei Bitburger
Optimiert den Gärprozeß

Niedrigere Verkabelungskosten, vereinfachte Inbetriebnahme und Wartung der Anlage sowie ein sicherer Betrieb durch hohe Geräte- und Anlagenverfügbarkeit, sind die wichtigsten Vorteile beim Einsatz von Profibus PA. Kostenreduktionen von 20 bis 35% im Vergleich mit einer 4…20 mA-Anlage konnten in verschiedenen Betrieben der Lebensmittelindustrie erzielt werden.

Dipl. Ing. Martin Hees

Prozeßanlagen in der Nahrungsmittelindustrie sind zumeist kompakte Einheiten mit einer Vielzahl von Sensoren und Aktoren. So gibt es innerhalb des Gärkellers von Brauereien eine ganze Reihe von Füllstand-, Durchfluß-, Temperatur-, Druck- und Analysesensoren, die kommunikativ angebunden werden müssen. Ferner gilt es, Ventilinseln und Frequenzumformer von Förderpumpen abzufragen und die Stromversorgung zu gewährleisten. In herkömmlichen Anlagen mußten hierzu sämtliche Sensoren und Aktoren mit mehreren Versorgungs- und Signalleitungen verkabelt werden, ein äußerst zeit- und kostenintensiver Vorgang bei der Montage und Inbetriebnahme von neuen Anlagenteilen.
Anforderungen an ein neues Konzept
Gefragt war daher ein Feldbussystem, das die bestehenden Einschränkungen der 4…20 mA-Technik in der Prozeßautomatisierung innerhalb der Nahrungsmittelindustrie aufhebt. Beispielsweise liegt die Prozeßgröße häufig bereits als Digitaltext im Gerät vor. Zur Einhaltung des 4…20 mA-Standards müssen mehrfach D/A- und A/D-Wandlungen im Signalweg betrieben werden. Dieser Weg ist nicht nur teuer, sondern beinhaltet auch Fehlerquellen.
Rein digitale Übertragung ist einfacher und kostengünstiger. Sie ist unempfindlicher gegenüber Störungen und erlaubt einen schnelleren Zugriff auf die Prozeßvariable. Auch die Verkabelung bei der 4…20 mA-Technik ist aufwendiger. Im Gegensatz zur digitalen Kommunikation, bei der alle Informationen über ein gemeinsames Buskabel übertragen werden, benötigt die Analogtechnik für jeden übertragenen Wert ein Verbindungskabel.
Um jedoch die 4…20 mA-Technik zu ersetzen, muß ein Feldbus für die Nahrungsmit-telindustrie und allgemein für die Verfahrenstechnik auch anderen Anforderungen gerecht werden. Hierzu einige Stichpunkte:
• Interoperatibilität – es muß möglich sein, unterschiedliche Sensoren, Aktoren, Meßgeräte und Baugruppen verschiedener Hersteller zusammenzuschalten,
• Austauschbarkeit – Geräte, die eine bestimmte Meßgröße erfassen, sollen untereinander austauschbar sein,
• explosionsgefährdete Bereiche – wenn möglich, soll die Busleitung als eigensichere Spannungsversorgung für die Sensoren, bzw. Meßumformer dienen.
Und auch diese Ansprüche erfüllt Profibus PA (Abb. 1).
Kostensparender Betrieb
Beim Einsatz von Profibus PA im Nahrungsmittelbetrieb ist das Einsparpotential an Verkabelungskosten besonders groß. An einen einzelnen Busstrang können bis zu 32 separate Geräte angeschlossen werden. Über die Profibus-PA-Leitung läuft dabei nicht nur der digitale Signalaustausch zwischen Prozeßleitsystem und Sensor, es erfolgt auch die komplette Spannungsversorgung aller angeschlossenen Zweidraht-Sensoren.
Über diese Einsparmöglichkeiten hinaus verringert sich die Zeit für die Inbetriebnahme, da die digitale Kommunikation eine bequeme Inbetriebnahme der Geräte von der Warte erlaubt. Durch das Abspeichern und Kopieren von Geräteeinstellungen lassen sich Anwendungen mit mehreren identischen Sensoren, z.B. bei der Füllstandmessung im Gärkeller der Brauerei, komfortabel und zeitsparend durchführen.
Zusätzlich zu der Prozeßvariablen hat der Benutzer Zugriff auf eine Reihe anderer Parameter bei jeder Meßstelle. Diese können in dem Bedienprogramm Commuwin II bzw. einem SCADA-Programm angezeigt werden. Diese Programme stellen einen leichtverständlichen Überblick der Applikationen zur Verfügung.
Geräte mit Diagnosefunktion bzw. Selbst-überwachung melden Fehler direkt zum Busmaster. Der Zustand der Geräte kann von der Warte aus überprüft werden. Somit kann die Wartungsmannschaft die Fehler schnell lokalisieren und beheben.
Anwendungsbeispiele bei Bitburger
Die Bitburger Brauerei gehört mit einem Jahresausstoß von über 4 Millionen Hektoliter zu den drei größten Privatbrauereien Deutschlands. In der Meßtechnik für die Filtratpufferanlage und des neuen Gär- und Lagerkellers 4 wurden die weltweit ersten Anlagen mit der verfahrenstechnische Variante des Profibus DP, dem Profibus PA (PA steht für Prozeßautomation) realisiert.
Anbindung von 48 Gär- und Lagertanks
Nach dem Brauvorgang im Sudhaus der Bitburger Brauerei gelangt die mit Hefe versetzte und mit Sauerstoff belüftete Bierwürze zur Gärung in sogenannte ZKGs (Zylindro-konische Gärtanks). Zur Steuerung des Gärprozesses messen hydrostatische Druckaufnehmer Deltapilot S kontinuierlich die Dichte des Extraktes in den ZKGs. Aus insgesamt 48 Gärtanks wurden u. a. 144 Deltapilot-S-Druckaufnehmer, 96 Temperatursensoren, 48 Druckaufnehmer Cerabar S sowie etliche Durchfluß- und Analysesensoren an den Profibus PA angebunden.
Durch die Vielzahl der Signale, die man mit dieser digitalen Anbindung über Profibus PA erhielt, wurde eine optimierte Gärung über den gesamten Zeitraum (ca. 6 bis 8 Tage) möglich, da die angeschlossenen Kühlzonen an diesen ZKGs optimal angesteuert werden konnten. Dies hat eine Reduktion des eingesetzten Kältemittels (Ammoniak) und damit eine Verringerung von elektrischer Leistung für die Kälteanlage zur Folge.
Einbinden der neuen Filtrat-pufferanlage
Nach dem Gär- und Lagerprozeß wird das Bier vor der Abfüllung in Flaschen, Fässer und Container filtriert. Dieser Vorgang läuft nicht synchron zur Abfüllung ab, so daß Tanks als Pufferbehälter für das filtrierte Bier (= Filtratpuffer) zwischen Filtration und Abfüllung geschaltet sind. Aus den Filtratpufferbehältern gelangt das Bier über zahlreiche Verteilerventile zu den Abfülleinheiten.
Die neue Filtratpufferanlage von Bitburger speichert und verteilt das filtrierte Bier für den Teilbereich Faßabfüllung und Containerstation. Die Teilbereiche werden jeweils von einem Automatisierungsgerät des Typs Simatic S5-155U gesteuert. Als übergeordnetes Automatisierungssystem fungiert Sistar, ein speziell für die Nahrungsmittelindustrie entwickeltes System für Chargenprozesse. Der Datenaustausch zwischen der Simatic S5-155U und den zahlreichen Ventilen und Pumpen erfolgt mit dem Feldbus Profibus DP. Ca. 250 Ventile mit jeweils zwei Rückmeldungen (Ein und Aus) und die Ansteuerung von 10 Pumpen, teilweise mit Frequenzumformern, wird so realisiert. Die dezentrale Peripherie ist mit den Baugruppen Simatic ET 200B aufgebaut, die die Rückmeldung der Ventile via Profibus DP an die Steuerung weitergeben.
Der Bereich Filtratpuffertanks versorgt die Faßhalle und die Container mit filtriertem Bier. Zwölf Tanks oder Filtratpuffer werden dazu mit einem Volumen von je 2300 hl über sechs Befüllschienen befüllt. Nach der entsprechenden Pufferzeit werden sie über fünf Entleerschienen geleert. Für die nach jeder Befüllung und Entnahme notwendige Reinigung sind die Tanks an den CIP-Vor- und Rücklauf angeschlossen. Dabei kann immer nur ein Tank gleichzeitig gereinigt werden.
Die Tanks sind in einer Matrix der Leitungen angeordnet, an deren Schnittstelle sich jeweils ein Doppelsitzventil befindet. Insgesamt müssen hier die etwa 250 Ventile, mit jeweils zwei Rückmeldungen und der pneumatischen Ansteuerung, sowie die 10 Pumpen mit Frequenzumrichtern angesteuert werden. Bei dieser Vielzahl bedeutet die Vernetzung mittels Profibus DP/PA eine immense Reduktion des Verkabelungsaufwandes. Verglichen mit dem Kabelwust im Bereich Filtratpuffer, ist der Schaltschrank des neuen Bereiches dann auch extrem übersichtlich. Die ET 200B bietet den Vorteil, die Initiatoren, die die Ventilzustände rückmelden, direkt mit der nötigen Spannung zu versorgen.
Weitere Rationalisierungs-möglichkeiten
Für die Füllstandsmessung in den Tanks sind jeweils zwei Druckaufnehmer im Einsatz. Bei zwölf Tanks bedeutet dies 24 Druckaufnehmer. Zusätzlich wird der Durchfluß in den Leitungen mittels induktiver Durchflußmeßgeräte kontrolliert.
Durch den Einsatz des Feldbussystems Profibus PA können auch Meßgeräte, zum Beispiel zur Messung des Füllstandes, des Druck, der Temperatur, des Durchflusses oder der Leitfähigkeit über einen gemeinsamen, herstellerunabhängigen zweiadrigen Bus betrieben werden und mit den Automatisierungsgeräten kommunizieren. Ebenso sind Regelventile ansteuerbar und die Spannungsversorgung der Meßgeräte und Aktoren erfolgt ebenfalls über Profibus.
In der Bitburger Filtratpufferanlage ist der Profibus PA über Segmentkoppler an eine Standard-Profibus-DP-Schnittstelle (IM 308C) im Automatisierungsgerät (Simatic S5-155U) geschaltet. In den Segmentkopplern erfolgt dann nur quasi die Ergänzung des DP-Protokolls um die Spannungsversorgung für die Meßgeräte.
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