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Standardsoftware für die Pharmaindustrie

Impfstoffhersteller verwirklicht durchgängige Chargenführung mit SAP
Standardsoftware für die Pharmaindustrie

Für Hersteller von pharmazeutischen Produkten gelten von Gesetzes wegen strenge Auflagen. Komplexe Anforderungen wie Chargennachweisführung, Berechtigungskonzepte und Validierung deckt der Impfstoffhersteller IDT nun über die integrierte Standardsoftware SAP ab – mit der Branchenausrichtung von command.

Dipl.-Ing. Karin Wiemer

Der Impfstoffhersteller IDT, seit 1993 zur Klocke-Gruppe gehörend, sorgt seit über 75 Jahren dafür, dass eine sichere Vorsorge gegen Tierseuchen und -krankheiten wie z. B. Tollwut und Salmonellen möglich ist. Als 1997 eines der modernsten Impfstoffwerke Europas in Betrieb genommen wurde, war klar: „Die hohen Anforderungen an Chargenführung und Dokumentation würden sich in Zukunft nur mit einer leistungsfähigen, integrierten Softwarelösung erfüllen lassen“, erläutert Werner Mannsfeldt, Prokurist bei IDT, den damaligen Entschluss. Durch die anstehende Jahr-2000-Problematik war man ohnehin gezwungen, die zahlreichen Insellösungen in Vertrieb, Materialwirtschaft und Finanzbuchhaltung abzulösen. Die betriebswirtschaftliche Standard-Software SAP konnte schließlich die Prozesse am Besten abbilden. Die entsprechende Pharmakompetenz dazu lieferte die command ag, die bereits auf Know-how durch Projekte im Pharma- und Food-Bereich zurückgreifen konnte.
Drei Projektein einem halben Jahr
Von den Customizing-Prozessen bis zum Echtstart am 1. November 1999 wurden in nur knapp einem halben Jahr alle Module des SAP-Releases 4.0B außer HR (Human Resources) umgesetzt. Im zugehörigen Rechenzentrum in der Dessauer Zentrale wurden 250 PCs umgestellt und 20 Server neu aufgestellt. Gearbeitet wird heute einheitlich mit Windows NT auf einem Mandanten mit eigenen Buchungskreisen für die einzelnen Standorte. IDT besitzt eine Hochverfügbarkeitslösung mit zwei getrennten, voll ausgestatteten Rechenzentren. Das heißt: Wenn ein Server ausfällt, läuft der Geschäftsbetrieb ohne Unterbrechung weiter und die garantierte 24-Stunden-Lieferfrist wird eingehalten.
Chargenprotokolle werdenim System fertig erstellt
Zu den besonderen Sicherheitsvorschriften der Pharmabranche gehört der Chargenverwendungsnachweis. Da alle Transaktionen im SAP-System sehr gründlich protokolliert werden, ist die Chargenverfolgung durchgängig möglich, und zwar vorwärts vom Rohstoff bis zum Versand und rückwärts vom Fertigprodukt bis zum Ausgangsmaterial. Ferner schreiben die gesetzlichen Verordnungen vor, dass Freigaben nur von genau dafür bestimmten Mitarbeitern erteilt werden dürfen. Ein durchgängiges Berechtigungskonzept muss gewährleisten, dass nur die zuvor festgelegten Personen Ware freigeben können und das Freigabeprozedere auf genau dem vorgeschriebenen Weg erfolgt.
Daneben spielen Lieferantenbewertungen für den Pharmahersteller eine wichtige Rolle: Prüfpflichtige Materialien, d. h. alle, die in der Produktion zum Einsatz kommen, dürfen nur von zugelassenen Lieferanten eingekauft werden. Der Auswahlprozess wird mit Hilfe der Software automatisiert, indem die Einkaufsabteilung Kriterien wie das Einhalten des Liefertermins, Mengenabweichungen oder der optische Zustand der Ware, die im System hinterlegt sind, direkt zur Lieferantenbewertung heranzieht.
Komplizierte Probenahmeeinfach gelöst
Bei der Probenahme ist ebenfalls ein spezielles Vorgehen nötig – hier genügt es nicht, von jeder Charge eine Probe zu ziehen: Aus sämtlichen eingegegangenen Behältnissen muss eine Probe entnommen und untersucht werden. Bei der Warenannahme werden die angelieferten Chargen in verschiedene Teilproben aufgesplittet; das System erzeugt sofort Probezieh-Anweisungen und -Etiketten für die Teilproben.
Die in der Pharmabranche vorgeschriebene Validierung der Software stellt eine besondere Herausforderung dar. Jeder einzelne Projektschritt, der bei der Einführung der Software sowie bei jeder Änderung bzw. Aktualisierung unternommen wird, muss dokumentiert sein: Angefangen von Aufgabenbeschreibung und Risikoanalyse über Umsetzung und Protokollierung der Aktivitäten, Durchführung und Dokumentation der Tests bis hin zum Handbuch, in dem die Bedienung der Software erläutert ist. Dadurch musste das Projektteam eine Vielzahl von Formularen zusätzlich ausfüllen.
Mit dem zentralen SAP-System gibt es nun eine einheitliche Datenbasis; Materialien und Chargen können eindeutig und durchgängig identifiziert werden. Dadurch, dass im Einkauf die Bestellanforderungen über das System generiert werden, wird die Abwicklung erleichtert und ist weniger arbeitsintensiv: Mehrfacherfassungen von Daten fallen weg, Verwechslungen von Rohstoffen sind nahezu ausgeschlossen. Der verbesserte interne Workflow führt beispielsweise in der Produktion zu mehr Transparenz beim Anlegen von Prozessaufträgen und bei Kalkukationen. Über die eingegangenen Produktionsrückmeldungen kann jederzeit der Stand der Aufträge und der Materialverbrauch abgerufen werden.
Je intensiver das System im Unternehmen genutzt wird – IDT schöpft die 150-User-Lizenz fast aus -, um so vollständiger werden auch die Daten. „Wir nutzen SAP bereits zur Prozessunterstützung und zur internen Verwaltung, u. a. von Freigabestatus, Lagerbeständen und Einkaufsbestellungen“, beschreibt Ingo Weise den Stand. Das Ziel sieht der EDV-Leiter darin, schließlich die ganze Chargendokumentation über das System erstellen zu lassen.
Dokumente archivieren undverwalten mit System
Weitere Projekte wie die Archivierung von Dokumenten sind in Arbeit. Heute lassen sich mit dem Archivierungssystem EasyArchiv bereits sämtliche Papiere, die in SAP erzeugt wurden, ins optische Archiv stellen. „Unsere Buchhaltung kommt ohne Ausgangsrechnungen in Papierform aus“, erklärt Werner Mannsfeldt, „eingehende Rechnungen werden von uns eingescannt“.
E cav 235
Validierung Auf die Einführungsstrategie kommt es an
Die im badischen Ettlingen ansässige command ag richtet sich mit Pharmasprint gezielt an mittelständische Pharmaproduzenten. Holger Behrens, Vorstand von command, über die Besonderheiten der Pharmabranche und die entsprechende Umsetzung in der Branchensoftware des SAP-Systemhauses:
cav Herr Behrens, der Gesetzgeber stellt besonders hohe Anforderungen an die Hersteller von Pharmaprodukten – welche Unterstützung kann eine Software hier leisten?
Behrens Die besonderen Anforderungen in der Pharmaindustrie beziehen sich hauptsächlich auf Chargenführung und Validierung – umfassende Dokumentationen spielen da eine wichtige Rolle: Pharmasprint unterstützt die gesamten Geschäftsabläufe gemäß FDA und GMP-/GLP-Richtlinien, somit werden alle wesentlichen Prozesse sofort im System dokumentiert und stehen bei Bedarf zur Verfügung.
cav Die aufwändige Validierung wird von Pharma-Unternehmen am meisten beklagt, deshalb wird oft auch die Einführung neuer Software gescheut.
Behrens Ja, das stimmt. Seitens des Gesetzgebers gibt es strikte Auflagen, an die sich die Hersteller halten müssen. Hier kommt es aber hauptsächlich auf die Einführungsstrategie an: Wir haben ein Validierungskonzept entwickelt, bei dem die erforderlichen Unterlagen von unseren Implementierungsteams projektbegleitend erstellt werden. Damit steht die vollständige Dokumentation am Ende der SAP-Einführung direkt zur Verfügung. Bei den Impfstoffwerken Dessau (IDT) konnten wir beispielsweise die Validierung bereits erfolgreich abschließen. Aktuell wird Pharmasprint anhand des Validierungskonzepts bei der Biologische Heilmittel Heel GmbH eingeführt.
cav Der Trend geht immer mehr in Richtung ganzheitliche Lösungen: Wie hat die command ag in Bezug auf die Pharmabranche reagiert?
Behrens Die command ag verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung im Mittelstand. Unsere Berater können dabei auch auf Know-how aus SAP-Projekten im Pharma-Umfeld zurückgreifen – weshalb wir die Strukturen in mittelständischen Pharmabetrieben sehr genau kennen. Für die pharmazeutische Industrie spielt zum Beispiel Genauigkeit in der Produktion eine wichtige Rolle, dafür haben wir die Online-Waagenanbindung realisiert: Auf der CeBIT konnten wir zeigen, wie Wiegeaufträge aus Pharmasprint an eine Bizerba-Waage weitergeleitet, dort verarbeitet und anschließend wieder an das SAP-System zurückgemeldet werden. Zu große Abweichungen vom vorgegebenen Rezepturgewicht werden so vom System gar nicht erst akzeptiert.
cav Stichwort Internet: Welche Rolle spielt es Ihrer Meinung nach zukünftig im Pharma-Umfeld?
Behrens Ohne Frage wird die Bedeutung auch hier immer größer werden – zunächst im Business-to-Business-Bereich. Wir bieten eine Shop-Lösung mit an, die bereits vollständig in die Pharma-Lösung integriert ist: Kunden, d. h. Händler, können so über ein individuelles Kennwort Bestellungen per Internet im Online-Store aufgeben, Aufträge werden dann direkt im SAP-System angelegt. Die Artikeldaten und Konditionen wie Preise, besondere Rabatte etc. werden ebenso wie der aktuelle Lagerbestand beim Liefertermin berücksichtigt. Die elektronische Auftragsbestätigung, die der Kunde sofort erhält, enspricht genau dem Formular in SAP. Das bedeutet eine Arbeitserleichterung auf beiden Seiten, wie sie in Zukunft gefragt sein wird.
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