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Reaktionen einkalkuliert

Mit Schmierstoff-Know-how die Prozesszuverlässigkeit steigern
Reaktionen einkalkuliert

Bei der Schmierung von öleingespritzten Prozessgas-Schraubenkompressoren sind die Zuverlässigkeit und die Wertschöpfung der gesamten Prozessanlage in hohem Maße abhängig von der Auswahl des richtigen Schmieröls. Was zählt, ist die umfassende Beratung, die grundsätzlich vor der Bestellung des Schmieröls erfolgen sollte. Umfangreiches chemisches Detailwissen, eine große Portion praktischer Erfahrungen sowie speziell abgestimmte Schmieröle ermöglichen es, die Auswirkungen des Gasstroms auf das Schmieröl zu prüfen und vorherzusagen.

Die Autoren: Stefan Zuber Anwendungstechnik Kompressoren, Klüber Lubrication Helga Thomas Marktmanagement Chemische und Pharmazeutische Industrie, Klüber Lubrication

Der Einsatzbereich von Prozessgaskom-pressoren liegt vorwiegend in der chemischen und petrochemischen Industrie – überall dort, wo Prozessgase verdichtet und verarbeitet werden. Turboverdichter, Kolbenkompressoren und Schraubenkompressoren sind am weitesten verbreitet.
Besonders anspruchsvoll ist die Schmierung von öleingespritzten Schrauben- und Kolbenkompressoren. Dort wird das Schmieröl direkt in den Verdichtungsraum eingespritzt und muss Kolben oder Rotoren schmieren, abdichten und vor allem kühlen. Speziell bei Schraubenkompressoren hat das Schmieröl intensiven Kontakt mit dem Prozessgas, da aufgrund der Umlaufschmierung – im Vergleich zur Verlustschmierung am Kolbenkompressor – auch lange Ölstandzeiten erzielt werden sollen. Aufgrund dieser besonderen Herausforderungen wird im Folgenden ausschließlich auf öleingespritzte Schraubenkompressoren eingegangen.
Bei Gaskompressoren können die unterschiedlichsten Gase und Gasgemische auftreten: von inerten Gasen wie Wasserstoff, Stickstoff oder Helium über reaktive Gase wie Ammoniak, Methylchlorid oder Schwefelwasserstoff bis hin zu Kohlenwasserstoffgasen wie Methan, Propan oder Heptan. Auch Feuchtigkeit sowie saure Begleitelemente wie Chlor- oder Schwefelwasserstoff können vorkommen.
Diese individuellen und stets unterschiedlichen Gasströme erschweren die Schmierölauswahl, da sehr komplexe und schwer vorhersehbare Reaktionen auftreten können. Neben chemischen Reaktionen zwischen dem Gas und dem Schmieröl und der Versäuerung des Öles ist auch die Löslichkeit von Gasen in Schmierölen zu beachten, denn dadurch kann die Viskosität des Öles im Betrieb deutlich reduziert werden. Diese Faktoren können zu vielfältigen Problemen für den Betreiber führen: Schäden an Wälzlagern und Rotoren, Korrosion, feste oder schlammartige Ablagerungen, kurze Ölwechselintervalle, hoher Ölverbrauch, Schaumbildung bis hin zur Schädigung des nachgeschalteten Prozesskatalysators.
Oft kommt es deshalb zu langwierigen Stillständen des Kompressors und damit kostenintensiven Ausfallzeiten der gesamten Prozessanlage. Soweit zur Problematik. Aber was ist nun im Einzelnen zu beachten, wenn man einen vorgegebenen Gasstrom zu verdichten hat und dafür ein passendes Schmieröl be- nötigt?
Die Viskosität muss stimmen
Bestimmte Gase können sich unter Druck in Schmierölen lösen und die Viskosität des Öles herabsetzen. Dies kann zu Verschleiß an Lagern und Rotoren des Kompressors führen.
Ein typisches Beispiel verdeutlicht diesen Effekt genauer: Ebenso wie sich Kohlensäure unter Druck in einem Bier löst und nach Entspannung bei Druckverlust – also nach Öffnen der Flasche – durch Aufschäumen aus dem Getränk austritt, lösen sich die Prozessgase unter Druck im Schmieröl des Kompressors. Sie treten wieder aus, sobald der Druck sinkt – meist ist dies durch Schaumbildung deutlich sichtbar.
Dabei gilt: Je höher die Löslichkeit, umso stärker ist der Viskositätsabfall des Öles. Die Löslichkeit eines bestimmten Gases in einem Schmieröl hängt im Wesentlichen von Druck, Temperatur, Polarität des Öles und des Gases sowie dem Molekülgewicht des Gases ab.
Mit einem speziellen Berechnungsprogramm lässt sich die Löslichkeit jedes einzelnen im Gasstrom enthaltenen Gases im Schmieröl unter Berücksichtigung der o. g. Parameter ermitteln. Der Nutzen ist eine genaue Vorhersage der Viskosität unter Betriebsbedingungen und dadurch ein stabiler Schmierfilm sowie für den Verantwortlichen ein gutes Gefühl bei Inbetriebnahme und Betrieb des Kompressors.
Eine Software für diese Berechnungsaufgabe ist jedoch nur bei einem sehr spezialisierten Schmierstoffhersteller verfügbar und basiert auf jahrelangen Erfahrungen, umfangreichen Berechnungen und vielen Online-Viskositätsmessungen an laufenden Gaskompressoren.
Die Berechnung der Viskosität unter Betriebsbedingungen ist bei jedem Gasstrom eine wichtige Auslegungsgröße und Grundlage für einen auf lange Sicht zuverlässigen Betrieb des Kompressors. Daher sollte das erforderliche Fachwissen eines Schmierstoffspezialisten bei der Schmierölauswahl herangezogen werden.
Den Ölverbrauch senken
Oft erzeugen öleingespritzte Schraubenkompressoren einen relativ hohen Ölverbrauch. Die Ursache dafür liegt oftmals im Öl selbst: Wird das Schmieröl zur Schmierung in den Schraubenkompressor eingespritzt, dient es neben der eigentlichen Schmierung hauptsächlich auch zur Kühlung des Gasstromes. Unter den im Kompressor herrschenden Temperaturen von oft über 90 °C können Schmieröle verdampfen.
Der Öldampf wird mit dem Gasstrom mitgeführt und – im Gegensatz zu den Öltröpfchen im Gasstrom – nicht durch den Ölabscheider zurückgehalten. Dadurch entsteht der Ölverbrauch, der unter anderem von der Verdampfungsstabilität des Schmieröls abhängt. Herkömmliche Mineralöle haben im Vergleich zu synthetischen Grundölen einen höheren Dampfdruck – sie verdampfen leichter – und erzeugen somit einen höheren Ölverbrauch.
Auch die Absorption des Öles im Gasstrom spielt eine Rolle. Ölmoleküle können durch das verdichtete Gas absorbiert und so mit dem Gasstrom mitgerissen werden. Auch hier gilt: Unpolare Gase absorbieren unpolare Öle deutlich besser als polare Öle und umgekehrt. Hat der Gasstrom Ölanteile absorbiert, lassen sich diese durch den Ölabscheider auch nicht mehr zurückhalten.
Betrachtet man die Effekte von Absorption und Verdampfung, dann zeigt sich: Mit speziell ausgerichteten Kompressorenölen lässt sich der Öleintrag in den Gasstrom reduzieren und die Reinheit des Gasstromes optimieren. Dies senkt den Ölverbrauch und erhöht die Zuverlässigkeit sowie die langfristige Effektivität des gesamten Prozesses.
Gasstrom möglichst ölfrei halten
In vielen Prozessen sind hinter dem Kompressor Prozesskatalysatoren nachgeschaltet. Diese Katalysatoren spielen bei der weiteren Verarbeitung der Prozessgase eine wesentliche Rolle. Sind in dem verdichteten Gasstrom Anteile von Kompressorenöl enthalten, kann dieser Ölanteil den Prozesskatalysator in seiner Wirksamkeit mindern oder ihn sogar zerstören. Man spricht hierbei auch von „Catalyst Poisoning“.
Um diesen Effekt zu vermeiden, muss man den Öleintrag in den Gasstrom möglichst gering halten sowie besonderen Wert auf die Formulierung des Öles legen, denn sowohl Inhaltsstoffe von Mineralölen als auch bestimmte Additive können den Katalysator schädigen. Die Grundöle und Additive der Schmierstoffe sollten daher speziell auf die Katalysatormaterialien abgestimmt sein.
prozesstechnik-online.de/cav1111463
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