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Reaktions-Monitoring

Online-Prozesskontrolle mit FT-IR-Spektroskopie
Reaktions-Monitoring

Moderne Synthesen werden immer komplexer in der Durchführung, Reinheitsanforderungen und Kostendruck erfordern analytische Daten für eine möglichst exakte Steuerung der Prozesse. Spektroskopischen Verfahren bieten eine sehr universelle Möglichkeit, die Umsetzung im Reaktionsgefäß zu verfolgen. Insbesondere die Infrarot-Spektroskopie wird für das Reaktions-Monitoring in der chemischen, pharmazeutischen Chemie und im Bereich der Lebensmittelindustrie erfolgreich eingesetzt.

Dr. Dirk Bublitz

Die Online-NIR-Prozesskontrolle und -steuerung ist in vielen Betrieben seit vielen Jahren im Einsatz und kann immer dann gute Dienste leisten, wenn die Produktionen über längere Zeiträume laufen. Im nahen Infrarot werden die spektralen Informationen von Kombinations- und Obertonschwingungen der Inhaltsstoffe des Reaktionsgemisches gemessen. Leider können die Spektren aber erst nach einer meist aufwändigen mathematischen Analyse dem Anwender ein qualitatives und quantitatives Ergebnis liefern. Diese langwierigen Modellerstellungen lohnen daher nur, wenn die Prozesse zur Herstellung der Produkte über längere Zeit genutzt werden.
Wird eine spektroskopische Kontrolle oder Steuerung für Prozesse benötigt, die nur kurz verwendet werden, oder bei der im kurzen Wechsel eine Vielzahl verschiedener Rezepturen gefahren wird, ist diese Methode weniger geeignet. Die MIR-Spektroskopie, bei der das mittlere Infrarot und damit auch der sogenannte Fingerprint-Bereich gemessen wird, liefert einen direkten Einblick in das Geschehen im Reaktor. Durch die direkte Messung der charakteristischen Frequenzen von funktionellen Gruppen, wie z. B. von Carbonyl- oder Esterfunktionen, ist die Interpretation der Spektren wesentlich einfacher, eine Identifizierung, z. B. von Nebenprodukten, ist über Spektrenbibliotheken möglich.
Qualitative Aussagen, wie zum Beispiel – das Edukt ist komplett umgesetzt – können häufig direkt, ohne mathematische Analyse der Spektren, anhand charakteristischer Absorptionsbanden getroffen werden. Quantitative Analysen sind über eine Modellerstellung, ähnlich wie im NIR, ebenfalls möglich. Das Auftreten von Nebenprodukten, beginnende Zersetzungen und ähnliche Phänomene sind oft direkt zu erkennen.
Die MIR-Messungen sind sehr schnell, d.h. je nach benötigter Datenqualität können Spektren in Minutenintervallen oder noch schneller registriert werden. Damit kann diese Messtechnik natürlich sehr gut für die Steuerung der Prozesse verwendet werden. Ein weiterer Vorteil ist zusätzlich die Identitätsprüfung der vorgelegten und dosierten Substanzen, eine Verwechslung ist sehr schnell erkennbar und kritische Situationen sind damit vermeidbar.
Allerdings ist die Nutzung des mittleren Infrarots dadurch erschwert, dass das Licht in diesem Wellenlängenbereich nicht über normale Glasfasern übertragbar ist. Bisher wurden im MIR daher hauptsächlich Hohlleitersysteme verwendet, die eine sorgfältige Installation erfordern, unflexibel sind, und damit den Einsatz erschweren.
Spektrometer mit Transept- Interferometer
Das C3-System nutzt Lichtleitfasern, die aus polykristallinen Silberhalogeniden bestehen, und eine gute Transmission für den genutzten Wellenlängenbereich von 500 bis 3500 cm-1 (ca. 3 bis 18 µm) haben. Bild 1 zeigt das Chem-Eye-Spektrometer mit einer über diese Fasern angekoppelte Diamant-ATR-Sonde.
Das Spektrometer mit seinem patentierten Transept-Interferometer eignet sich besonders gut für den Einsatz im Labor, Technikum und Produktion. Das Interferometer ist gegen äußere Schwingung extrem unempfindlich und daher auch unter rauen Bedingungen einsetzbar. Es kann auf einem Rollwagen montiert und damit leicht an verschiedenen Standorten zum Einsatz kommen. Für Ex-geschütze Bereiche stehen entsprechend ausgestattete Gerätevarianten zur Verfügung.
Die Diamant-ATR-Tauchsonde ist für die direkte Verwendung im Reaktionsgefäß ausgelegt. Das Messprinzip der abgeschwächten Totalreflektion bietet diverse Vorteile, das Reaktionsmedium muss z. B. nicht durch eine externe Messkammer umgepumpt werden. Auch gibt es keine dünnen Spalten, wie sie sonst bei Transmissionsmessungen üblich sind, die sich mit Reaktionsmischung, Feststoffen oder Polymeren zusetzen können. Das Diamantprisma muss lediglich vom Reaktionsgemisch umspült werden, es wird dabei in einer dünnen Schicht an der Oberfläche des Kristalls gemessen. Die Verwendung ausgesuchter Materialien und die chemische Inertheit des Diamant erlauben einen sehr universellen Einsatz der Sonde. Der geringe Durchmesser ermöglicht die Nutzung der Sonde in verschiedenen Wechselarmatursystemen..
Die verwendeten Silberhalogenidfasern ermöglicht Einsatztemperaturen von bis 130 °C. Andere im mittleren Infrarot eingesetzte Fasern, wie z. B. Chalkogenidfasern, sind hier stärker limitiert, da sich diese Materialien schon bei deutlich geringeren Temperaturen zersetzen. In Bild 2 sind einige Spektren der Diamant-Sonde bei verschiedenen Temperaturen gezeigt.
Die maximale Länge der Lichtleiter hängt von der benötigten Empfindlichkeit ab, falls erforderlich können Fasern mit bis zu 5 m Länge eingesetzt werden. Ein Schutzmantel schützt die Fasern gegen Bruch- und Zugbelastungen.
Direkte Kontrolle neuer Synthesen
Ein weiterer interessanter Einsatzbereich sind die Entwicklungslabors, wo eine direkte Kontrolle neuer Synthesen eine große Hilfe ist. In der Verfahrensentwicklung müssen oft mehrere Syntheserouten getestet werden, um die Zielverbindung zu erhalten und dabei möglichst hohe Ausbeuten zu erzielen. Das Online-IR-Monitoring kann hier ohne zusätzliche Materialkosten, wie sie bei anderen Analysemethoden anfallen, einfach mitlaufen, und der Anwender kann direkt verfolgen, was im Reaktionsgefäß geschieht. Außerdem stehen die in diesem Entwicklungsschritt gewonnenen Erfahrungen und Informationen dann später in der Prozesskontrolle zur Verfügung.
Bild 3 zeigt als Beispiel die Zugabe von Essigsäureanhydrid zu Ethanol (Ethanol als Background abgezogen) und die Bildung des Essigsäureethylesters bei Raumtemperatur. Die Messung wurde mit der fasergekoppelten Diamantsonde durchgeführt.
Ein zweites Beispiel in Bild 4 ist eine Grignard-Reaktion, bei der die spektroskopische Verfolgung der Messung mehrere Vorteile bietet. Da Grignard-Reaktionen feuchtigkeitsempfindlich sind, ist eine Probenahme meist sehr aufwändig. Andererseits muss bei der Reaktion sicher gestellt sein, dass die Reaktion gestartet ist, da es sonst zur Akkumulation der Edukte kommen kann, und die Reaktion plötzlich mit großer Wärmeentwicklung startet und dann durchgeht. Das Anspringen der Reaktion kann anhand der spektroskopischen Kontrolle sicher gestellt werden, bevor weiteres Edukt zugegeben wird.
Resümee
Der Einsatz des vorgestellten Systems ist in den unterschiedlichsten Bereichen sinnvoll, besonders bei zeitkritischen Reaktionen, die ein exaktes Beenden von Dosierungen oder der Reaktion an sich erfordern. Als Beispiel seien hier Polymerisationen genannt, die bei einem definierten Vernetzungsgrad beendet werden sollen. In der pharmazeutischen Industrie, wo hohe Reinheitsgrade Pflicht sind, ist die Methode zur Dosierkontrolle, Endpunktsbestimmung und ähnlichem einsetzbar. Durch den flexiblen Einsatz der Sonde ist das Gerät universell nutzbar, auch einem mobilen Einsatz in Labor, Technikum und Produktion steht nichts entgegen.
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