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Reaktoren dual temperieren

Sichere Reaktionsführung bei tiefen Temperaturen
Reaktoren dual temperieren

Die Produktion in der Chemie- und Pharmaindustrie fordert immer höhere Reinheitsgrade. Um dies zu erreichen, werden beispielsweise Reaktionen bei tiefen Temperaturen durchgeführt. Oft ist die Herstellung bestimmter metallorganischer Verbindungen überhaupt erst bei einer Reaktortemperatur von -60 bis -100 °C möglich. Mit dem Cryotemp-Prinzip lässt sich die Reaktortemperierung einfach realisieren und sicher beherrschen.

Dr.-Ing. Dietmar Hunold

Für die Reaktorkühlung im Temperaturbereich von -80 bis -120 °C bietet sich eine Weiterentwicklung von bewährten Heiz-Kühl-Tiefkühlanlagen (HKT), sogenannte Monofluid-Anlagen, an. Diese weisen üblicherweise einen mit Dampf beaufschlagten Wärmeübertrager oder Elektroerhitzer für die Hochtemperatur-Schiene, einen von Kühlwassser durchströmten für den Mitteltemperatur-Bereich sowie einen Sole-gekühlten Wärmeübertrager für die Tieftemperatur-Schiene auf. In Ergänzung bzw. als Ersatz zu letzterem werden bei weiterentwickelten HKT-Anlagen die Tiefsttemperaturen über eine mit flüssigem Stickstoff Verdampfungstemperatur bei Umgebungsdruck -196 °C) gekühlten Wärmeübertrager erreicht. Ein vereinfachtes Anlagenschema zeigt Abbildung 1.
Theoretisch liegt die mit einer solchen Anlage erreichbare Vorlauftemperatur nahe der Verdampfungstemperatur des flüssigen Stickstoffs, praktisch jedoch wird der Temperaturbereich durch die Einsatzgrenzen geeigneter Wärmeträgermedien beschränkt. Insbesondere ist hier die Viskosität im Hinblick auf die Pumpfähigkeit mit Kreiselpumpen und auf den Wärmeübergang zu nennen. Synthetische Wärmeträgeröle sind aus diesem Grund bis zu einer minimalen Temperatur von ca. -80 °C einsetzbar. Eine Vorlauftemperatur von bis zu -120 °C lässt sich mit Methylcyclopentan erzielen, wobei dieses Medium auf eine maximale Vorlauftemperatur von ca. 100 °C beschränkt ist. Synthetische Wärmeträgeröle erreichen hingegen mehr als 300 °C. Abbildung 2 illustriert die Einsatzbereiche von speziellen Heiz-Kühl-Tiefkühl-Wärmeträgern für den Cryotemp-Prozess.
Wärmeträgermedium spieltentscheidende Rolle
Wie wichtig die sorgfältige Auswahl des Wärmeträgermediums ist, zeigt ein Blick auf die Stoffwertfunktion fa von ausgewählten HKT-Wärmetägermedien für den Wärmeübergang bei einer turbulenten Innenrohrströmung. So erreicht der Wärmeträger Dowtherm J bei einer Temperatur von 0 °C einen Wert fa von rund 50 000. Damit erzielt dieses Medium – bei ansonsten gleichen Randbedingungen – einen um mehr als den Faktor 3 besseren Wärmeübergang als beispielsweise Mobiltherm 594 (fa = 16 000). Konkret bedeutet dies, dass auch die Wärmeübertragungsflächen entsprechende Verhältnisse aufweisen müssen. So ist also bereits im Planungsstadium einer Reaktortemperieranlage eine sorgfältige rechnerische Betrachtung der wärme- und strömungstechnischen Randbedingungen auch unter Einbeziehung möglicher HKT-Wärmeträgermedien dringend zu empfehlen.
Anlagentechnik im Detail
Das Herzstück einer Cryotemp-Anlage ist der Stickstoff-Tiefkühler. Bedingt durch die im Vergleich zur Verdampfungstemperatur des Stickstoffs je nach Druck im Bereich von -160 bis -146 °C relativ hohe Fließgrenze von HKT-Wärmeträgern (z. B. Marlotherm LH = -70 °C, Diphyl DT = -54 °C) besteht die Gefahr, dass sich das Wärmeträgermedium im Wärmeübertrager teilweise oder ganz verfestigt. Ersteres setzt den Wärmübergang und damit die Leistung des Apparates drastisch herab, letzteres führt zum Versagen des gesamten Systems, da die Strömung zum Erliegen kommt. Hier ist also äußerste Sorgfalt bei der wärmetechnischen Auslegung derartiger Anlagen von größter Wichtigkeit, um stets eine sichere Funktion des Gesamtsystems zu gewährleisten.
Duale Reaktortemperierung mit einer direkten N2-Kühlung
Die oben bereits erwähnte Beschränkung des Temperaturbereichs durch das jeweilige Wärmeträgermedium kann durch duale Reaktortemperierung teilweise wieder aufgehoben werden. Die duale Reaktortemperierung stellt eine Kombination aus der zuvor beschriebenen Tieftemperatur-Cryotemp-Anlage und einem speziellen, durch zwei Medien gekühlten Reaktor dar (Abb. 1). Ein solcher, speziell für Tiefsttemperatur-Anwendungen entwickelter Reaktor besitzt zwei Halbrohrschlangen am Mantel bzw. entsprechende Einbauten im Reaktor (Abb. 3). In der ersten Halbrohrschlange strömt das HKT-Wärmeträgermedium und kühlt den Reaktor bis zu seiner Anwendungsgrenze herab. Unterhalb dieser Temperatur wird flüssiger Stickstoff in der zweiten Halbrohrschlange oder in den Einbauten direkt verdampft.
Infolge der großen Temperaturdifferenz und eines sehr guten Wärmeübergangs (Verdampfung) lassen sich mit diesem Konzept selbst an kleinen Reaktoren beachtlich hohe Kühlleistungen realisieren. Dabei verhindert ein ausgefeiltes Regelungskonzept, verbunden mit einem entsprechenden Reaktordesign, dass das Reaktionsprodukt nicht an der Behälterwand auskristallisiert. Ganz lässt sich ein Auskristallisieren jedoch nicht verhindern, so dass auch diesem Konzept Grenzen gesetzt sind.
E cav 200
REAKTORKÜHLTECHNIK Vorteile von Cryotemp-Anlagen
• Stufenlos Heizen und Kühlen gradgenau im Temperaturbereich von ca. -80 °C bis +250/300 °C.
• Heiz- und Kühlleistungen beliebig an die Aufgabenstellung anpassbar.
• Präzise, reproduzierbare Prozessführung.
• Vermeidung unerwünschter Unterkühlung des Reaktionsprodukts infolge unkontrollierter Abkühlvorgänge.
• Homogene Temperaturverteilung im Reaktor.
• Sichere Beherrschung auch kritischer exothermer Reaktionen durch Tiefsttemperaturkälte mit den – aufgrund der großen Temperaturdifferenzen – entsprechend hohen Kühlleistungen.
• Vermeidung partieller Unterkühlung und Verfestigung des Reaktionsprodukts mit Gefahr für das Produkt und/oder von Rühreinbauten.
• Keine Temperaturschocks am Reaktor/Rührbehälter, wichtig bei Glas- oder Emailbehältern.
• Geringe Investitionskosten im Vergleich zu Tieftemperatur-Kältemaschinen.
• Geringe Betriebskosten durch weitere Nutzung des verdampften Stickstoffs im Werksnetz.
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