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Robuste Technik trotzt auch tiefkalten Gasen

Dreifachpumpentriebwerk für den Einsatz in Katar
Robuste Technik trotzt auch tiefkalten Gasen

Triplex-Triebwerke von Lewa sind als äußerst robust bekannt. Sie kommen bei Injektionspumpen für Methanol in der Öl- und Gasindustrie ebenso zum Einsatz wie in der Prozessindustrie in Reaktorpumpen für Vinylacetat oder zur Dosierung von Ammoniak. Sechs Größen umfasste die Triplex-Familie bis jetzt. Mit der G3M, die der Pumpenhersteller für den Einsatz in der LNG-Schiffe in Katar entwickelt hat, kommt eine Zwischengröße mit 120 mm Hublänge hinzu.

Der Autor: Thomas Bökenbrink Produktmanager, Lewa

Katar will den Betrieb seiner gesamten LNG-Flotte flexibel gestalten. Noch blasen die Tanker hochgiftiges Schweröl, ein Abfallprodukt aus den Erdölraffinerien, ungefiltert durch ihre Schlote. Dies soll sich ändern. Das Emirat will die Umweltbelastung vor allem in Küstennähe senken und besser auf Preisschwankungen reagieren können. Dafür hat MAN Diesel & Turbo Dual-Fuel-Motoren entwickelt, die wahlweise mit Schweröl oder mit dem geladenen Flüssigerdgas betrieben werden können. Die Boil-Off-Gase werden dazu unter hohem Druck rückverflüssigt und in den Schiffsmotor eingespritzt. Da die Schiffe im Dauerbetrieb laufen und nur alle fünf Jahre zur Wartung ins Trockendock gebracht werden, müssen die verwendeten Hochleistungspumpen äußerst robust und temperaturbe-ständig sein. Einer der Favoriten für die Zulieferung ist Cryostar SAS, ein Spezialist für tiefkalte Gase. Als Partner des französischen Herstellers wurde Lewa mit der Entwicklung eines passenden Triebwerks beauftragt.
Boil-Off-Gase nutzen
Schweröl ist einfach verfügbar, schwer entflammbar und kann unter geringem Druck eingespeist werden. Als die großen Transportschiffe der Q-flex und Q-max-LNG-Flotte vor neun Jahren gebaut wurden, fiel die Entscheidung deshalb zugunsten langsam laufender Dieselmotoren, da diese auch thermisch effizienter als Dampfturbinen sind und weniger Kraftstoff verbrennen. Doch es ist absehbar, dass Tanker wie die in Katar aus Umweltschutzgründen künftig – zumindest in Küstennähe – auf andere Treibstoffe umsteigen müssen. Transportschiffe mit Dual-Fuel-Motoren, wie das Emirat sie einsetzen will, sind jedoch für alle Beteiligten Neuland. Zu hoch war vielen Schiffseignern das technische Risiko, da LNG nur bei sehr tiefen Temperaturen im flüssigen Zustand sicher transportiert werden kann. Allerdings wird die Möglichkeit, an Bord Erdgas als Treibstoff zu verwenden, auch deshalb immer attraktiver, weil dadurch die Motoreffizienz im Vergleich zu Schweröl steigt.
Die Herausforderung auf den Schiffen ist, dass sich das Flüssiggas während der Fahrt erwärmt und teilweise wieder in den gasförmigen Zustand übergeht, wodurch das Volumen auf das 600-fache anwächst und der Druck in den Lagertanks steigt. Diese Boil-Off-Gase abzulassen, belastet die Umwelt und mindert den Gewinn der Produzenten sowie der Charterunternehmen. Stattdessen werden sie daher bei der Q-flex- und Q-max-LNG-Flotte rückverflüssigt. Darüber hinaus entstand die Idee, das Gas für den Antrieb nutzbar zu machen. Eine zusätzliche Ausstattung soll die Flotte daher flexibel bei der Wahl des Kraftstoffs machen. Dadurch kann auch auf die aktuelle Preislage im jeweiligen Exportland reagiert werden: Wird Gas dort teuer gehandelt, wird man es eher verkaufen als es zu verheizen. Im umgekehrten Fall hingegen lohnt sich der LNG-Betrieb des Schiffes. Da das Gas jedoch extrem explosiv ist, werden dafür absolut dichte Sonderanfertigungen benötigt, die den Temperaturen sowie den hohen Drücken standhalten.
Spezialanfertigung
Mit der Triplex-Pumpe, die Cryostar und Lewa gemeinsam entwickelt haben, sind beide Unternehmen für diese neue Anwendung ideal vorbereitet. Das französische Unternehmen ist ein Vorreiter auf diesem Gebiet und hat die Pumpenköpfe entsprechend der Anforderungen für tiefkalte Flüssiggase entwickelt. Das dazugehörige Dreifachtriebwerk G3M ist eine Sonderanfertigung des Leonberger Anlagenbauers. Cryostar bring das Know-how für den Umgang mit tiefkalten Gasen im Temperaturbereich zwischen -160 und -200 °C ein, Lewa die für den Dauerbetrieb erforderliche robuste und wartungsarme Triebwerks-Technik. Mit einer Stangenkraft von 125 kN, wandelt die G3M die Drehbewegung in eine oszillierende Bewegung um und erreicht dabei eine maximale Leistung von 160 kW. Mit der Entwicklung konnte der Hersteller zugleich eine Lücke im Portfolio schließen. In der Familie der zur Zeit sieben Größen umfassenden Triplex-Triebwerke nimmt die G3M mit ihrer Hublänge von 120 mm eine mittlere Position ein. Die G3S mit einer Hublänge von 60 mm und einer maximalen Kolbenstangenkraft von 35 kN ist dabei das kleinste Modell, während die G3T mit 270 mm und 300 kN Stangenkraft momentan das größte Triebwerk darstellt.
Störungsfreier Betrieb von über 40000 h
Bei der Entwicklung des G3M-Triebwerks konnte Lewa auf die Erfahrungen zurückgreifen, die man mit den anderen Baugrößen gesammelt hatte. Diese kommen beispielsweise bei Injektionspumpen für Monoethylenglykol (MEG) und Methanol, in Reaktorpumpen für Vinylacetat oder zur Dosierung von Ammoniak unter Hochdruck zum Einsatz. Die Triplex-Triebwerke werden auch als Injektionspumpen für Suspensionen in der Nassoxidation im Bereich der Prozessindustrie sowie zur Einspritzung von Kondensat in der Öl- und Gasindustrie eingesetzt. Die Triplex-Triebwerke bilden die Grundlage oszillierender Verdrängerpumpen in diesen verschiedenen Einsatzbereichen und haben ihre Widerstandsfähigkeit seit langem in den verschiedensten Klimazonen, ob in der Arktis, den Tropen oder in Wüstenregionen unter Beweis gestellt. Auch im Offshore-Bereich sind die Triebwerke bereits im Einsatz.
Die G3M vereint die positiven Eigenschaften aller Typen. Alle zeichnen sich durch eine konstante Hublänge aus und sind mit einem integrierten Schneckengetriebe konstruiert. Die kompakte Bauform wird durch das einteilige Triebwerksgehäuse erreicht, an das der Motor vertikal angeflanscht wird. Durch diese Konstruktion lässt sich die Zahl der erforderlichen Lager und Dichtungen auf ein Minimum reduzieren. Die Verbindung zum Motor wird über eine bewährte Kupplung mit flexiblem Zwischenelement realisiert. Der perfekte Phasenversatz der drei Kolben wird durch den Einsatz einer einteiligen, massiven und dreifach gekröpften Kurbelwelle erzielt. Die Welle benötigt dabei lediglich zwei Wälzlager, während die Lager der Pleuel als Gleitlager ausgeführt sind, um eine bessere Dämpfung der schwellenden Belastung zu erreichen. Um die störanfällige externe Schmierölversorgung zu vermeiden, erfolgt die Schmierung aller bewegten Teile über eine Ölbad- bzw. Tauchschmierung.
Alle Komponenten der Triebwerke sind auf Dauerbelastung ausgelegt, so dass ein störungsfreier Betrieb von über 40 000 h möglich ist. Die Steuerung der Fördermenge erfolgt bei allen Triplex-Pumpen über einen Frequenzumrichter, der durch die Veränderung der Motordrehzahl die Anzahl der Hübe pro Minute und damit die Fördermenge reguliert.
Der erste Prototyp von Cryostar und Lewa befindet sich derzeit in der Testphase. Wenn die Ergebnisse dieser Prüfungen und der ersten Fahrten unter Last positiv ausfallen, soll die Anlage zunächst auf einem Schiff unter Realbedingungen getestet werden. Die Kosten für die Umrüstung werden pro Schiff auf etwa 15 Mio. US-Dollar geschätzt, das Gesamtauftragsvolumen für alle 45 Schiffe der Q-flex und Q-max-Flotte wird mit 700 Millionen beziffert.
prozesstechnik-online.de/cav1113420
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