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Rohrleitungsplanung

Hier werden die Weichen gestellt
Rohrleitungsplanung

Der Rohrleitungsbau steht in vielfacher Wechselwirkung mit anderen Fachgebieten des Anlagenbaus. Rohrleitungen sind daher nicht nur ein wesentlicher Kostenfaktor. Ihre fachgerechte Ausführung von der Planung bis zur abgeschlossenen Montage beeinflußt die Funktionstüchtigkeit und Verfügbarkeit einer Anlage und trägt damit wesentlich zur Wirtschaftlichkeit der Gesamtinvestition bei.

Dipl.-Ing. Hans-Joachim Wächter, Dipl.-Ing. Gerhard Schmidt

Die komplex vernetzten Rohrleitungssysteme verfahrenstechnischer Anlagen lassen den hohen Anteil an Planung, Fertigung, Montage, Dokumentation und Instandhaltung erahnen. Der Planungsaufwand des Rohrleitungssystems bezogen auf den Planungsaufwand der gesamten Anlage wird mit ca. 40% abgeschätzt, die Kosten für Planung, Material und Montage werden in Literaturveröffentlichungen überschlägig mit 20% der Gesamtinvestitionskosten angegeben. Der Zeitaufwand für die Rohrleitungsmontage beansprucht bis zu 50% der gesamten Montagezeit. Da sich die Rohrleitungskonstruktion in der Regel zudem auf dem kritischen Pfad des Projektterminplans befindet, bedeutet die Verbesserung der Planungsqualität bei gleichzeitiger kürzerer Bearbeitungszeit eine ständige Herausforderung an die Rohrleitungsplaner.
Einsatz von CAD-Planungssystemen
Die hohen Anforderungen an die Rohrleitungsplanung machen den Einsatz von leistungsfähiger Datenverarbeitung einschließlich CAD-Systemen mit dem Ziel kürzerer Projektdurchlaufzeiten, Minimierung der Kosten, Erhöhung der Planungsqualität sowie Erfüllung der Dokumentationsverpflichtungen notwendig.
Mit dem Einsatz sehr leistungsfähiger CAD-Planungssysteme mit integriertem Piping-Modul für den Anlagenbau – Plant Design System PDS aus dem Hause Intergraph oder PlantSpace aus dem Hause Jacobus seien nur beispielhaft genannt – sind nicht automatisch alle Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Rohrleitungssystemplanung geschaffen. Diese CAD-Systeme kosten bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung als Folge der Kosten für Hardware, Software und nicht zu vergessen für die Schulung der Mitarbeiter ca. 17 bis 20 DM/h mehr als das Arbeiten mit einer CAD-„Standardsoftware“. An den Anwender und Administrator stellen diese CAD-Systeme hohe Anforderungen. Wirtschaftliche Vorteile werden dann wirksam, wenn diese Systeme projektdurchgängig von allen Fachbereichen eingesetzt werden. Als Inselanwendung für einzelne Fachgewerke und für Projekte bis zu einer bestimmten Größenordnung, die bei ca. 150 bis 200 Rohrleitungen liegen dürfte, können die höheren Kosten nur bedingt erwirtschaftet werden.
Rationalisierungspotential
Es wird oft übersehen, daß in der Anwendung weitverbreiteter CAD-„Standardsoftware“ für die Rohrleitungssystemplanung aber auch in der Aufstellungsplanung noch ein großes Potential an Rationalisierung brach liegt. Beispielsweise bietet das System Microstation mit dem Basic-Modul dem kreativen Anwender viele Möglichkeiten, eigene anwenderspezifische Programme zu schreiben. Für die Rohrleitungssystemplanung wurde eine Software entwickelt, mit der unter Anwendung sowohl von 2D- als auch 3D-Zellen für die Erstellung des Rohrleitungsplans weniger Zeit benötigt wird und gleichzeitig über die Verknüpfung der Zellen mit Sachdaten bereits ein teilautomatisierter Materialauszug möglich ist. Die Materialbestellung ist nicht mehr auf die Auszüge aus den Isometrien oder eine Schätzung angewiesen und kann somit deutlich früher mit genaueren Mengen erfolgen. Eine Verkürzung der Zeitachse Rohrleitungsplanung einschließlich bestellreifer Materialauszüge um ca. 20% ist realistisch. Die Praxis beweist täglich, daß das Material für die Fertigung nicht früh genug bestellt werden kann.
Die Planung eines Rohrleitungssystems mit einer 3D-CAD-Software bietet viele Vorteile. Dazu enthält z.B. Microstation bereits vielfach nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten, die nur genutzt werden können, wenn die Planung im 3D-Bereich für eine ganzheitliche Planung – nicht nur für das Rohrleitungssystem – zur grundsätzlichen Philosophie erhoben wird und die Mitarbeiter in der Anwendung gründlich geschult werden. Neben der Beschleunigung des Planungsablaufes wird die Planungsgenauigkeit wesentlich erhöht und damit die Fehlerquote deutlich reduziert, auch wenn kein automatischer Kollisionscheck erfolgt. Die Berücksichtigung der Interessen aller Gewerke für die Planung eines Rohrleitungssystems – die Verlegung von Kabeltrassen, Lüftungskanäle, Bühnenentwässerungen, Zugänglichkeiten für Bedienung und Wartung, die Dämmung – wird wesentlich erleichtert, da alle Entscheidungen gemeinsam mit den Fachbereichen an einem maßstäblichen Modell (Abb. 1) getroffen werden können.
Aus diesem Modell werden die verlegten Rohrleitungen als Zeichnung (Abb. 2) mit den verbindlichen Maßen und Koordinaten abgeleitet und können bei kleinerem Projektumfang als solche bereits für die Fertigung genutzt werden. Es empfiehlt sich jedoch, diese in leistungsfähige Isometrieprogramme wie Pipecad, LISO oder Isomet umzusetzen, um diese nicht nur zur isometrischen Darstellung des Rohrleitungsverlaufs zu nutzen sondern u.a. auch zur Arbeitsvorbereitung, Ansteuerung von Fertigungsmaschinen wie Sägen und Biegemaschinen, Leistungsabrechnung, Dokumentation der Qualitätssicherungsergebnisse, Vorgaben und Massenauszüge für die Isolierung.
Der Einsatz leistungsfähiger CAD-Systeme entbindet nicht von der Notwendigkeit einer gründlichen Vorbereitung der Planung. Auch bei größtem Termindruck müssen erst alle benötigten Informationen in verbindlicher Form vorliegen:
• Gebäude- und Stahlbauzeichnungen,
• vollständige Rohrklassen mit Maßen der Armaturen,
• verbindliche Maßangaben der zu verrohrenden Anlagenkomponenten.
Die Zeit, die für die vollständige Zusammenstellung der Unterlagen benötigt wird, wird im Projektablauf aufgeholt.
Systemplanung
Bevor mit der Planung im CAD-System begonnen wird, muß eine Struktur des Rohrleitungssystems entwickelt, mit den Beteiligten abgesprochen und festgelegt werden. Dazu gehört insbesondere eine Trassierung der Rohrleitungen über den ganzen Anlagenbereich. An Hand der R+I-Fließbilder, der Rohrleitungsliste und der Aufstellungspläne wird eine Bündelung der Leitungen vorgenommen und so als erster Schritt der Rohrleitungssystemplanung vergleichbar zum Kabelbaum eines Automodells ein Trassenbaum entwickelt.
Je sorgfältiger und überlegter dieser Schritt gemacht wird desto zügiger läuft die folgende Leitungsplanung ab. An Hand der Rohrleitungsliste und des Aufstellungsplans werden zunächst die Leitungen aus der Bündelung ausgeklammert, die relativ kurz und in direkter Verbindung zu verlegen sind wie die Saugleitungen der Pumpen. Bei dieser ersten Analyse werden auch diejenigen Rohrleitungen in der Liste identifiziert, für die sich besondere Verlegebedingungen aus der Verfahrenstechnik ergeben wie Gefälle oder Verlegen ohne Säcke. Die Querschnitte der einzelnen Bündelungen und Trassen werden konzipiert und als volumetrische Darstellung in das 3D-Modell eingebracht. Damit kann die konfliktfreie Führung durch die gesamte Anlage geprüft werden. Die konstruktiven Einzelheiten der Trassen können parallel zur Rohrleitungsplanung festgelegt und rechtzeitig bis Beginn der Rohrleitungsmontage als Stahlbauergänzung verwirklicht werden. Dieser erste und entscheidende Schritt der Rohrleitungssystemplanung wird von einem kleinen Team durchgeführt. Er schafft das Fundament, auf dem die Rohrleitungskonstrukteure aufbauen können. Dieses Fundament ist die Voraussetzung, daß mehrere Rohrleitungskonstrukteure erfolgreich am gleichen 3D-Modell zügig arbeiten können.
Die Wirtschaftlichkeit der Rohrleitungsplanung ist dann gewährleistet, wenn die Möglichkeiten von CAD-Programmen mit einem guten organisatorischen Ablauf aufeinander abgestimmt und zu einer Systemplanung verknüpft werden: 3D-Planung, z. B. Microstation – Isometrieprogramm, z. B. Pipecad, ISO, Isomet – Organisation des Planungsablaufes.
Weitere Aspekte
Die Bedeutung des Rohrleitungssystems für eine verfahrenstechnische Anlage schlägt sich nicht immer im Planungsablauf nieder. Allzu oft muß festgestellt werden, daß die Belange des Rohrleitungssystems bezüglich Platzbedarf bei der Verlegung, Belastungen aus Gewicht, Wärmedehnung und Windlasten nicht genügend bei der Aufstellungsplanung und der Gebäudekonzeption berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung des Trassenbaums für die Gebäudekonzeption ist die Voraussetzung, um der Bedeutung des Rohrleitungssystems für die Funktion einer verfahrenstechnischen Anlage gerecht zu werden. Es spricht für die Kreativität des Rohrleitungsplaners, wenn es immer wieder gelingt, in der „Enge einer Telefonzelle“ ein komplexes Rohrleitungssystem einzubringen.
In der Planung werden die Weichen gestellt, ob das Rohrleitungssystem der Anlage in jeder Beziehung sicher ist und wirtschaftlich errichtet und betrieben werden kann.
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