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Sicherer Blick auf das Extreme

Schaugläser aus hochwertigem Borosilikatglas
Sicherer Blick auf das Extreme

Schaugläser erlauben die direkte Beobachtung chemischer Prozesse in Reaktoren oder die Überprüfung des Füllstands in Rohrleitungen und Kesseln. Sie sind oft aggressiven Chemikalien, hohen Drücken und Temperaturen sowie schnellen Temperaturwechseln ausgesetzt. Das Borosilikatglas Borofloat 33 kommt mit derart extremen Bedingungen sehr gut zurecht.

Autor Bernhard Gerl Freier Journalist

Prozesse in der chemischen, pharmazeutischen und Nahrungsmittelindustrie werden heute in der Regel elektronisch mithilfe modernster Sensoren gesteuert und überwacht. Und trotzdem ist eine zusätzliche Sichtkontrolle durch eine erfahrene Fachkraft bzw. durch Überwachungstechnik erwünscht, weil so schneller Unregelmäßigkeiten erkannt und eingeschätzt werden können, die sonst zu größeren Störungen oder Sicherheitsproblemen führen könnten. Allerdings laufen diese Prozesse oft bei hohen Temperaturen, Drücken oder unter Beteiligung aggressiver Medien ab. Deshalb werden in Rohre, Reaktoren und Vorratsbehälter spezielle Schaugläser eingesetzt. Normales Glas würde bei derart extremen Bedingungen schnell versagen. Moderne Schaugläser bestehen deshalb aus dem Borofloat 33 Borosilikatglas von Schott.
Schon 1887 hat Otto Schott das erste Borosilikatglas erfunden. Es erwies sich als sehr beständig gegen hohe Temperaturen und schnelle Temperaturveränderungen und wurde deshalb für hitzebeständige Glasglühlichtzylinder für Gas- und Petroleumlampen, Behälter und Reaktionsgefäße in der damals noch jungen Chemie, aber auch für Kochgeschirr und Ähnliches eingesetzt. Seit 1993 werden BorosilikatGläser im Floatglasverfahren hergestellt. Die Glasschmelze gleitet hierbei auf einem Bad aus geschmolzenem Zinn und wird dabei abgekühlt. Durch die Oberflächenspannung zwischen Zinn und flüssigem Glas entsteht eine sehr gleichförmige und glatte Oberfläche. Interessant beim Floatglasverfahren, gerade im Hinblick auf Schaugläser, ist auch, dass sich mit ihm ein besonders breites Spektrum an unterschiedlichen Glasstärken von 0,7 mm bis zu 25 mm herstellen lässt.
„Das Element Bor, das den Borosilikatgläsern ihren Namen gab, ist auch wirklich das Entscheidende an ihnen“, erklärt Christiane Gallo, Leiterin Applications & Logistic Services für Spezialglasmaterialien bei Schott im amerikanischen Louisville (Kentucky), „denn es bestimmt entscheidend die thermische Ausdehnung und wie stark Mikrostrukturbausteine des Glases miteinander vernetzt sind.“
Bei der Herstellung werden der Schmelze höhere Siliziumdioxidanteile und weniger Alkalien als z. B. bei herkömmlichen Kalk-Natron-Gläsern zugesetzt. Durch eine weitere Zugabe von Bortrioxid in Kombination mit Aluminiumoxid entsteht ein kompaktes Netzwerk ohne Trennstellen, weshalb Borofloat 33 eine so gute chemische Beständigkeit und ein außerordentlich geringes thermisches Ausdehnungsverhalten aufweist.
Spezielle Eigenschaften
„Vor allem seine besonderen thermischen und chemischen Eigenschaften sind für den Erfolg von Borosilikatglas für Schaugläser verantwortlich“, berichtet Frau Gallo weiter. Dabei steht die Temperaturfestigkeit in engem Zusammenhang mit der Temperaturwechselbeständigkeit, also der Frage, was passiert, wenn ein Schauglas heiß geworden ist und dann ganz plötzlich abgekühlt wird, wie es bei vielen Prozessen in der chemischen Industrie passiert. Für den Einsatz als Schauglas ist diese Eigenschaft aber eher ein Nachteil, denn wenn dieses auf der dem Inneren eines Reaktors zugewandten Seite heiß wird, außen aber die übliche Raumtemperatur herrscht, dehnen sich die Innen- und die Außenseite des Glases unterschiedlich stark aus. Dies führt zu thermisch erzeugten Spannungen, die im schlimmsten Fall zum Versagen des Glases führen können. Dem Borosilikatglas Borofloat 33 hilft in diesem Fall sein geringer Ausdehnungskoeffizient. Er erreicht mit 3,25 x 10–6 1/K nur etwa ein Drittel eines Kalk-Natron-Glases, entsprechend geringer sind die thermischen Spannungen, die bei einem Borsilikatglas unter sonst gleichen Bedingungen auftreten können. Schaugläser aus Borofloat 33 können deshalb kurzzeitig, d. h. unter zehn Stunden, Temperaturen bis 500 °C ausgesetzt werden, über einen längeren Zeitraum sind immerhin noch 450 °C möglich. Falls zusätzlich Temperatur- oder Druckunterschiede auftreten, müssen diese entsprechend berücksichtigt werden. Schott unterstützt Endanwender bei der richtigen Auslegung von Schaugläsern und bietet zum Beispiel die Berechnung der notwenigen Glasdicken je nach Temperatur- und Druckbelastung als Service an.
Schaugläser sind weiterhin oft sehr hohen Drücken ausgesetzt. Auf die Druckbelastung kann ein Schauglas zum einen relativ einfach mithilfe konstruktiver Maßnahmen abgestimmt werden, das heißt, wenn in einer Anlage ein sehr hoher Druck zu erwarten ist, kann die Fläche des Schauglases verringert und seine Dicke erhöht werden. Zum anderen können Schaugläser aus Borofloat 33 thermisch vorgespannt werden. Dabei werden Gläser in einem Ofen auf über 600 °C erhitzt, und danach durch Anblasen mit kühler Luft rasch wieder auf Raumtemperatur gebracht. Durch die unterschiedlich schnelle Abkühlung des Materials von außen nach innen entstehen im Inneren Zug-, bzw. in der Oberfläche Druckspannungen im Glas. Diese erhöhen seine Druckfestigkeit. Außerdem wird durch diese Art der thermischen Behandlung das Material temperaturwechselbeständiger und schlagfester. Ingenieure und Veröffentlichungen von Schott unterstützen den Anwender dabei, herauszufinden, welche Spezifikationen für seine jeweilige Anwendung ein Glas erfüllen muss. Das Zuschneiden und die Endbearbeitung nach speziellen Kundenwünschen übernimmt allerdings nicht Schott selbst, sondern Drittfirmen, etwa Schröder Spezialglas, Irlbacher Blickpunkt Glas und GKF in Deutschland oder Swift Glass im amerikanischen Elmira, New York.
Neben der physikalischen Belastungsfähigkeit ist das Borosilikatglas Borofloat 33 auch besonders beständig gegen Chemikalien und Wasser. Es weist eine Säurebeständigkeit der Klasse 1 (nach ISO 1776) sowie eine Laugenbeständigkeit A 2 (nach ISO 695) auf und ist in der hydrolytischen Klasse HGB 1 (nach ISO 719), bzw. HGA 1 (nach ISO 720) eingeordnet. Auch hier spielen wieder das dichte Netzwerk und die Tatsache, dass Bor als Netzwerkbildner zum Einsatz kommt, eine wichtige Rolle. Denn Wasser oder Säuren können Alkalien aus dem Glasverbund lösen. Das Glas wird dadurch mit der Zeit geschwächt und matt und bricht durch die Oberflächenschädigung leichter. Daneben enthalten Kalk-Natron-Gläser oft höhere Eisenverunreinigungen, die dem Glas einen grünlichen Schimmer geben. Borofloat 33 zeichnet sich als Flachglas durch einen extrem niedrigen Eisengehalt und eine daraus resultierende brillante Durchsicht aus. Die hohe Transmission und Klarheit ist zum Beispiel wichtig, wenn Prozesse mithilfe von Kamera- oder Lasersystemen überwacht werden müssen.
prozesstechnik-online.de/cav0415441
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