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Sicherheit im Paket

Explosionsschutz im Glasanlagenbau
Sicherheit im Paket

Die BGR 132 behandelt die Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen. Erstmals gibt es in der Richtlinie auch ein Kapitel, das sich mit dem Thema Ex-Schutz bei Glasapparaturen beschäftigt. Um der Richtlinie zu entsprechen, hat QVF zwei Sicherheitspakete für die Zone 0 und 1 entwickelt. Sie geben Aufschluss darüber, welche geeigneten Maßnahmen zu treffen sind.

Reiner Jansen

Einer der wichtigsten Sicherheitsaspekte im chemischen Anlagenbau ist die Vermeidung von Explosionen. Dies wird in der Atex-Richtlinie geregelt. Neu für den Anlagenbauer ist dabei, dass die Atex sowohl die elektrischen als auch die nicht elektrischen Betriebsmittel abdeckt. Damit werden nicht mehr nur Zündquellen wie Funken und heiße Oberflächen betrachtet, sondern auch Reibung und elektrostatische Entladung berücksichtigt. Letztere wird in der BGR 132 („Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“) und im Cenelec Report CLC/TR 50404 („Electrostatics – Code of practice for the avoidance of hazards due to static electricity“) behandelt. Beide neuen Richtlinien wurden von QVF Engineering jetzt in abgestufte Sicherheitskonzepte für den Glasanlagenbau umgesetzt (Bild 1).
Elektrostatische Zündquellen
Um das Auftreten von Zündungen vorherzusagen, möchte man sich technischer Kriterien bedienen. Da jedoch die Berechnung von Kapazitäten, Ladungsspitzen und Aufladevorgängen außerhalb von Versuchsanordnungen schwierig ist, werden üblicherweise die Randbedingungen beschrieben, bei denen erfahrungsgemäß keine Gefahr der Zündung besteht. Hierzu werden in der BGR 132 die Stoffe (Gase, Flüssigkeiten oder Feststoffe, mit denen im Betrieb umgegangen wird) und Materialien (Werkstoffe, aus denen Gegenstände oder Einrichtungen bestehen) aufgrund von elektrischen Kenngrößen eingeteilt und in ihrem Verhalten beschrieben.
Voraussetzung für die elektrostatische Aufladung eines Materials ist die Bewegung eines Stoffes mit mittlerer bis niedriger Leitfähigkeit (kleiner 10-9 S/m) relativ zum nicht leitfähigen Material. Dies führt zur Ladungstrennung. Im Bereich einer hohen Leitfähigkeit des Stoffes (größer 10-9 S/m) ist nicht mit Aufladung zu rechnen.
Glasanlagen können unter Standard-Bedingungen nicht gefährlich aufgeladen werden (BGR 132, 3.2.13). Da jedoch der Oberflächenwiderstand stark von der Luftfeuchtigkeit und der Temperatur abhängt, müssen in bestimmten Ausnahmefällen Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladung ergriffen werden. Diese Ausnahmefälle lassen sich in zwei Gruppen zusammenfassen (Bild 2), für die nachfolgend jeweils ein geeignetes Sicherheitskonzept beschrieben wird.
Hohe Sicherheitsanforderungen
Ist in der Anlage die Zone 0 oder die Zone 1 IIC (Wasserstoffgruppe) definiert und gleichzeitig ein Stoff in der Anlage, dessen Leitfähigkeit niedriger als 10-9 S/m ist, muss die Aufladung der Glasoberfläche aktiv verhindert werden. Dazu werden die ableitfähig beschichteten Oberflächen des Glases mit ableitfähigen Doppelkragendichtungen verbunden. Auf diese Weise wird die gesamte Oberfläche der Anlage im Sinne der Elektrostatik ableitfähig gemacht und kann mit einem einzigen Erdungsanschluss mit Erde verbunden werden. Die ableitfähige Beschichtung der Glasoberfläche wird pro Bauteil geprüft, zertifiziert und ist nicht ablösbar. Metallflansche, sofern überhaupt vorhanden, werden gemäß BGR 132 Punkt 3.2.13 nennweitenabhängig geerdet.
Eine weitere Bedingung ist die Begrenzung der nicht leitenden Oberflächen innerhalb der Anlage (PTFE-Teile). Gemäß der BGR 132 Punkt 3.1.2.1 sind die maximalen Projektionsflächen der nicht leitenden Oberflächen festgelegt. Für QVF-Bauteile der World Product Range (WPR) kann anhand einer grafischen Darstellung festgelegt werden, ab welcher Nennweite ableitfähiges Material für die verschiedenen Bauteile eingesetzt werden muss.
Zu beachten ist, dass das Sicherheitspaket E1 nicht von den Betriebsbedingungen, sondern nur von der Zonen- und Explosionsgruppen-Definition abhängt und damit für die gesamte Anlage angewendet werden muss.
Geringere Sicherheits- anforderungen
In den Zonen 2 und 1 IIA bis IIB sind in der Regel keine Maßnahmen bei einer Glasanlage notwendig. Bei stark ladungserzeugenden Prozessen allerdings müssen lokal die Maßnahmen des Sicherheitspaketes E2 zum Einsatz kommen, um die erzeugten Ladungen auszugleichen. Diese können ansonsten durch Felddurchgriff zu Aufladungen außerhalb der Glasanlage führen. Stark ladungserzeugende Prozesse sind durch eine niedrig leitende Flüssigkeit unter folgenden Bedingungen definiert (BGR 132, 3.2.13):
  • Verdüsung
  • Sichtbare Flüssigkeitstropfen über 20 m/s, (diese Aufladungsquelle ist auch bei hoher Leitfähigkeit des Stoffes zu betrachten)
  • Flüssigkeitsströmung über 2 m/s
  • Filter
  • Strömung von Mehrphasengemischen, wenn beide Phasen niedrig leitend sind
Im Sicherheitspaket E2 werden ableitfähige Ringdichtungen zur Begrenzung der nicht leitenden Oberfläche gemäß Auswahldiagramm eingesetzt, die in diesem Fall aber über die Erdungslasche an Erde angeschlossen werden müssen. Wie im Sicherheitspaket E1 müssen Schellenringe aus Metall ab der festgelegten Größe geerdet werden. Da bis zur Nennweite DN 300 jedoch Kunststoff-Schellenringe zum Einsatz kommen, ist der erforderliche Erdungsaufwand gering.
Glasbauteile für den Ex-Bereich
Im Glasanlagenbau werden häufig Bauteile in einer PTFE/Metall-Kombination verwendet, die gegebenenfalls beiden Anforderungen, der Begrenzung der nicht leitfähigen Oberfläche und der Erdung der außen liegenden Metallteile, entsprechen müssen. Für diese Bauteile wurden die Anforderungen der BGR 132 in den Produktdiagrammen kombiniert. Anhand der Diagramme kann der Anwender leicht entscheiden, in welcher Zone und bei welcher Stoffgruppe vorhandene Metallteile geerdet werden müssen und wann das PTFE-Teil aus ableitfähigem Material gefertigt sein muss. Entsprechend dem nachfolgenden Beispiel wurden Gelenkdichtungen, Rohrleitungsfilter, Ringdichtungen, Zwischenplatten, Faltenbalgventile und viele andere Bauteile in ableitfähiger Ausführung konzipiert.
Beispiel Faltenbälge
Faltenbälge sind im Glasanlagenbau notwendig, um Längendehnungen zwischen zwei Festpunkten auszugleichen. Die verfügbaren Versionen eignen sich u. a. zum Verbinden von zwei Glasenden oder zum Überbrücken unterschiedlicher Materialien.
Die für die Sicherheitskonzepte E1 und E2 entwickelten Faltenbälge besitzen einen ableitfähigen Balg. Die Faltenbälge mit dem Zusatz …D werden nur mit Edelstahlflanschen ausgeliefert, da diese ohne eine Beschichtung korrosionsfest sind und somit alle Einzelteile des Faltenbalges ableitfähig verbinden. Dadurch kann das Bauteil, inklusive dem Balg, mit geringem Aufwand, nämlich nur mit einer Erdungslasche, an Erde angeschlossen werden. Die Erdungslasche ist mit der Stoppschraube befestigt, die auch beim Lösen der Glasverbindung angezogen bleibt. Beispielhaft ist in Bild 3 gezeigt, unter welchen Bedingungen nur der Flansch geerdet werden muss (roter Bereich) und wann zusätzlich das PTFE ableitfähig sein muss (brauner Bereich).
Beispiel für die Sicherheitskonzepte
Das Sicherheitskonzept E1 soll auf die in Bild 4 gezeigte Rohrleitung angewendet werden. Es ist die Zone 0 definiert und ein Stoff der Exlosionsgruppe IIA mit einer niedrigen Leitfähigkeit vorhanden. Die ableitfähig beschichteten Glasteile mit Doppelkragendichtungen müssen also ableitfähig verbunden werden. Die KSG (Gelenkdichtung), der Faltenbalg und die Zwischenplatte EMP werden in ableitfähigem Material (z. B. KSG 40 D) eingesetzt, der Faltenbalgflansch, die KSG und die EMP werden geerdet.
Bei der gleichen Anlagen-Installation, jedoch in der Zone 1 IIA, wäre keine Maßnahme gegen elektrostatische Aufladung erforderlich, würde nicht die niedrig leitende Flüssigkeit mit einer hohen Geschwindigkeit durch die Rohrleitung gepumpt. Hierfür kann das Sicherheitspaket E2 angewendet werden. Die Glasoberfläche ist unbeschichtet, die Gelenkdichtung und der Faltenbalg sind nicht ableitfähig, die EMP DN 100 wird jedoch ableitfähig ausgeführt und geerdet. An diesem Beispiel wird deutlich, um wie viel geringer der Aufwand ist, wenn für den gleichen Stoff, die Zone statt mit 0, mit 1 festgelegt werden kann.
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