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Temperaturspitzen verhindern

Sicherer Einsatz von Gleitringdichtungen im Ex-Bereich
Temperaturspitzen verhindern

Temperaturspitzen verhindern
Neben den bestehenden Bestimmungen zum Explosionsschutz umfasst die Atex 100a auch nicht-elektrische Zündquellen. Besonderer Betrachtung bedürfen Gleitringdichtungen, da sie bei mangelnder Schmierung sehr hohe Temperaturen annehmen können. Bei den meisten Dichtungsanordnungen genügt die Überwachung des Sperrsystems. Durch geeignete Maßnahmen ist es möglich, auch Einfach-Gleitringdichtungen ohne Quench sicher zu betreiben.

Abb. 1 Neben Lagern und Pumpenlaufrädern fallen auch Gleitringdichtungen in den Geltungsbereich der Atex 100a

Neben den bestehenden Bestimmungen zum Explosionsschutz umfasst die Atex 100a auch nicht-elektrische Zündquellen. Besonderer Betrachtung bedürfen Gleitringdichtungen, da sie bei mangelnder Schmierung sehr hohe Temperaturen annehmen können. Bei den meisten Dichtungsanordnungen genügt die Überwachung des Sperrsystems. Durch geeignete Maßnahmen ist es möglich, auch Einfach-Gleitringdichtungen ohne Quench sicher zu betreiben.
Ab 1. Juli 2003 muss die Richtlinie zum Explosionsschutz Atex100a umgesetzt werden. Sie betrifft nicht nur Zündquellen im Bezug auf elektrische Anlagen, Geräte und Komponenten, sondern auch alle Geräteteile (auch nicht-elektrische), die aufgrund von erhöhten Oberflächentemperaturen eine Zündquelle darstellen können. Daher fallen zum Beispiel neben Lagern und Laufrädern bei Pumpen ebenfalls Gleitringdichtungen (Abb. 1) in den Geltungsbereich der Atex 100a. Die Gleitringdichtungen benötigen einen ausreichenden Schmierfilm. Falls keine Schmierung vorhanden ist, können sie innerhalb sehr kurzer Zeit sehr hohe Temperaturen annehmen.
Versuche zur Temperaturentwicklung
Um den Effekt der Mangelschmierung bei Gleitringdichtungen auch quantitativ zu untersuchen, hat Burgmann in einem Versuchsstand bewusst Trockenlauf herbeigeführt und die Temperatur am stationären Gegenring gemessen. Dazu wurde ein Schieber auf der Saugseite der Pumpe geschlossen. Das Ergebnis dieser Messung ist in Abbildung 2 dargestellt. Die Temperatur am Gegenring erhöht sich durch den Trockenlauf innerhalb weniger Sekunden von ursprünglich rund 20 °C auf über 120 °C. Um die in den Dichtungen vorhandenen Elastomere nicht dauerhaft zu schädigen, wurde bei einer Temperatur von etwa 120 °C der Schieber auf der Saugseite jeweils wieder geöffnet. Ähnliche Versuche haben gezeigt, dass die Temperaturen an der Gleitringdichtung durch Trockenlauf auf über 600 °C ansteigen können. Daher müssen diese Dichtungen bei der Betrachtung von möglichen Zündquellen in explosionsfähigen Atmosphären berücksichtigt werden. Aus diesen Ergebnissen wird weiter deutlich, dass Trockenlauf an der Gleitringdichtung unter allen Umständen verhindert werden muss.
Kein Trockenlauf
Für die Zone 1 sieht die Atex 100a lediglich eine Zertifizierung für komplette Geräte vor. Solche Geräte im Sinne der Atex 100a sind Pumpen oder Rührwerke. Gleitringdichtungen dagegen stellen Komponenten nach Art. 4, Abs. 2 dar, die für Zone 1 nicht einzeln zertifiziert werden können. Daher ist es für die Gleitringdichtungshersteller zunächst ausreichend, in der Betriebsanleitung darauf hinzuweisen, dass beim Betrieb des Gerätes kein Trockenlauf an der Dichtung entstehen darf. Kann dies der Betreiber des Gerätes nicht sicherstellen, müssen Maßnahmen getroffen werden, die die Entstehung von zu hohen Oberflächentemperaturen ausschließen. Diese Maßnahmen unterscheiden sich je nach Typ und Anordnung der Dichtung.
Mehrfach-Gleitringdichtung
Die in der Praxis am häufigsten vorkommenden Mehrfachanordnungen sind die Tandem- und Back-to-Back-Anordnung. Bei der Tandemanordnung befinden sich zwei Gleitringdichtungen in Reihe hintereinander. Ein schematisches Bild dieser Konfiguration ist in Abbildung 3 a dargestellt. Die dem Produkt zugewandte Dichtung übernimmt dabei die eigentliche Abdichtung des Produkts. Nur für den Fall, dass diese primäre Dichtung ausfällt, übernimmt die zweite atmosphärenseitige die Dichtfunktion. Zwischen den beiden Gleitringdichtungen befindet sich in der Regel eine geeignete Flüssigkeit, die bei Bedarf auch gekühlt werden kann. Aus dem Schema wird auch deutlich, dass bei Trockenlauf der produktseitigen Gleitringdichtung der Anstieg der Temperatur durch den Kontakt mit der Flüssigkeitsvorlage beschränkt ist. Daher genügt bei der Tandemanordnung die Überwachung des Füllstands des Versorgungsbehälters und gegebenenfalls zusätzlich die Überwachung der Temperatur der Sperrflüssigkeit.
Diese Konfiguration ist in Abbildung 3 b dargestellt. Hier sind die beiden Gleitringe so angeordnet, dass sie in entgegengesetzte Richtungen weisen. In dieser Anordnung wird das Sperrmedium mit einem Druck beaufschlagt, der 2 bis 3 bar über dem Produktdruck liegt. Daher wird bei der Back-to-Back-Anordnung sowohl die produktseitige als auch die atmosphärenseitige Gleitringdichtung durch das Sperrmedium geschmiert. Daraus folgt, dass in der Back-to-Back-Anordnung der Wegfall des Produktes nicht zu Trockenlauf führt. Somit genügt es, den Druck des Sperrmediums zu überwachen, um Trockenlauf zu verhindern.
Einfach-Gleitringdichtungen
Der weitaus größte Teil der eingesetzten Gleitringdichtungen sind Einfach-Gleitringdichtungen. Hier lassen sich wiederum zwei Anordnungen unterscheiden: die Einfach-Dichtung mit Quench und die ohne Quench. Die Einfach-Gleitringdichtung mit Quench ist in ihrer Funktion vergleichbar mit der Tandemanordnung mit dem Unterschied, dass statt einer zweiten atmosphärenseitigen Gleitringdichtung eine Lippendichtung oder eine Drossel verwendet wird. Diese Anordnung ist schematisch in Abbildung 4 a dargestellt. Auch hier führt Trockenlauf nicht sofort zu der Entstehung von sehr hohen Oberflächentemperaturen, da die Quenchflüssigkeit an der Gleitringdichtung ansteht. Daher reicht es hier wie bei der Tandemanordnung aus, den Füllstand des Versorgungsbehälters und eventuell die Temperatur der Quenchflüssigkeit zu überwachen.
Eine schematische Darstellung der Einfachdichtung ohne Quench zeigt Abbildung 4 b. Das Produkt wird hier durch eine einfache Gleitringdichtung abgedichtet. Da auf der Atmosphärenseite keine Flüssigkeit an der Dichtung ansteht, wird Trockenlauf und eventuell schon eine partielle Mangelschmierung durch das Produkt zu erhöhten Temperaturen am Gegenring führen. Wenn vom Betreiber der Pumpe oder des Rührwerkes nicht sichergestellt werden kann, dass zu jeder Zeit Produkt an der Gleitringdichtung ansteht, müssen zusätzliche Maßnahmen zur Überwachung getroffen werden. Eine Maßnahme stellt die direkte Überwachung der Temperatur am Gegenring dar. Dazu kann ein Sensor in den Gegenring eingebracht werden. Das Auslesen des Sensors erfolgt durch einen geeigneten Temperaturwächter, der das Gerät beim Überschreiten einer vorher eingestellten Temperaturschwelle abschaltet. Hier werden handelsübliche Temperatursensoren eingesetzt, die allerdings kleine Abmessungen haben müssen. Diese Sensoren sind in der Regel elektrische Fühler (Widerstandsthermometer, Thermoelemente). Es muss dabei allerdings sichergestellt werden, dass sowohl Sensor als auch Temperaturwächter den Anforderungen der Atex 100a genügen. Dies bedeutet im Besonderen, dass der Sensor keine Zündgefahrenquelle im Sinne der Atex 100a darstellt.
Software zur Überwachung
Selbstverständlich muss sichergestellt werden, dass das Sperrsystem und alle verwendeten Überwachungseinrichtungen ebenfalls der Atex 100a entsprechen. Eine Besonderheit der Atex 100a sind die Bestimmungen zur Anwendung von Software zur Überwachung von sicherheitsrelevanten Größen. Die Atex 100a schreibt vor, dass bei der Messung von sicherheitsrelevanten Temperaturen keine Software eingesetzt werden darf. Es muss allerdings betont werden, dass diese Bestimmung derzeit noch in der Diskussion ist und eventuell doch Software eingesetzt werden darf, bei der ein besonderes Augenmerk auf den sicheren und stabilen Betrieb gelegt wurde.
Dr. Cord Schmidthals
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