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Spielend trainieren

Unterwegs in der virtuellen Anlage
Spielend trainieren

Geht es darum, unerfahreneren Kollegen den Umgang mit Produktionsanlagen zu vermitteln, stoßen herkömmliche Trainingslösungen nicht selten an ihre Grenzen. Doch nun gibt es eine Lösung, die es der gesamten Betriebsmannschaft ermöglicht, an einem dreidimensionalen, virtuellen Abbild der realen Produktionsanlage risikofrei zu trainieren – so einfach wie in einem Computerspiel.

Norbert Jung

Aller modernen Technik und Sicherheitsmaßnahmen zum Trotz: Der Mensch ist noch immer eines der größten Sicherheitsrisiken in Industrie und Produktion. Glücklicherweise kommt es dabei nicht immer zu Katastrophen. Doch auch kleine Fehler können große Auswirkungen auf Produktion, Qualität der Erzeugnisse, Gesundheit und Umwelt haben – besonders in der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Um derartige Probleme zu vermeiden, sind seit Langem sogenannte Operator Training-Simulatoren (OTS) ein etabliertes Mittel zur Schulung von Anlagenbedienern hinsichtlich des sicheren Umgangs mit allen Anlagen und Anlagenprozessen. Dabei wird die reale Anlage durch ein detailliertes, dynamisches Anlagenmodell abgebildet und an eine Emulation oder Simulation der Leittechnik angebunden. Dadurch kann das Personal in einer nahezu realitätsidentischen Umgebung geschult werden.
Etwa die Hälfte der Aktivitäten an Anlagen findet in der jeweiligen Messwarte statt, und die meisten Anbieter von Operator Training-Simulatoren beschränken sich auf Schulungen in diesem Bereich. Auch Invensys hat bisher mehr als 200 solcher Systeme für eine Vielzahl von Kunden und Anwendungen geliefert – vor allem in der Öl- und Gas-, Raffinerie-, Chemie- sowie Energieerzeugungsindustrie. Die zweite Hälfte der Aktivitäten muss direkt in der Anlage, im Feld, gesteuert werden. Genau an diesem Punkt stoßen traditionelle OTS-Systeme an ihre Grenzen: Sie können Aktivitäten in der Anlage, zum Beispiel das Bedienen und Beobachten von Anlagenprozessen, Steuerungen im Feld, nicht oder nur rudimentär abbilden. Die Hälfte aller Aspekte lässt sich im Training also nicht abdecken. Zudem kann auch das Zusammenspiel zwischen den Anlagenfahrern in der Messwarte und in der Anlage nicht trainiert werden. Die Arbeit in der Anlage direkt wurde deshalb bisher klassisch in Lehrgängen und Seminaren geschult. Aber auch solche Trainingsmaßnahmen vermitteln oft nur theoretisches Wissen und beschreiben die reale Welt nur sehr begrenzt; vor allem dann, wenn es zu einer Stresssituation kommt.
Dynamisches Prozessmodell
Um das Verhalten der Anlage im realen Betrieb abzubilden, wird ein dynamisches Prozessmodell benötigt. Ohne ein solches Modell lässt sich in der virtuellen Umgebung die Anlage zwar anschauen, aber nicht bedienen. Ein Training von Anlagenfahrern ist ohne dynamisches Modell deshalb nur sehr beschränkt möglich.
Invensys ist es gelungen, diese Lücke zu schließen. Eine Trainingslösung mit dem Namen Eyesim liefert eine Umgebung, in der die gesamte Betriebsmannschaft inklusive Anlagenbediener, Schichtführer, Produktionsleiter, Ingenieure sowie die gesamte Wartungsmannschaft im Team trainiert werden kann. Aufbauend auf der konventionellen OTS-Architektur wird das System um eine virtuelle, dreidimensionale Anlagendarstellung erweitert. In dieser virtuellen Umgebung können sich die Bediener mithilfe eines stereoskopischen Headsets als sogenannter Avatar, das heißt als grafische Stellvertreter einer echten Person, wie in einem Computerspiel bewegen und wie in einer realen Anlage die Apparate und Instrumente in Echtzeit bedienen. Genau wie bei einem konventionellen OTS-System haben dabei alle Aktionen in der virtuellen Umgebung direkten Einfluss auf das dynamische Prozessmodell: Anlagenfahrer in der Warte und in der Anlage müssen wie in der realen Welt gemeinsam handeln, um eine Aufgabe erfolgreich zu bewältigen.
Die Vorteile einer derartigen Rund-um-Lösung liegen auf der Hand: Schulungsteilnehmer erhalten einen realistischen Einblick in neue und existierende Anlagen und deren Bedienung. Hier können sie lernen, nicht nur alltägliche Aufgaben zu bewältigen, sondern auch in Notfällen, zum Beispiel bei einem Feuer in der Anlage, und Ausnahmebedingungen wie reduzierter Sicht wegen eines Wasserschleiers richtig zu reagieren. Zudem spart diese Trainingsart im Durchschnitt 30 bis 40 % der Kosten, die ein herkömmliches Training an realen Anlagen kosten würde.
Unternehmen, die den Einsatz einer virtuellen Trainingslösung planen, sollten bei der Auswahl und Einführung einige Punkte beachten: Operator Training-Simulatoren erzielen den besten Nutzen, wenn sie in einem ganzheitlichen Trainingskonzept eingesetzt werden. Beispielsweise können innerhalb eines Eyesim-Systems Trainingsszenarien vorab definiert werden, anhand derer die Anlagenfahrer gemäß ihres Wissensstands standardmäßig geschult werden. Wichtig ist zudem, dass die Lösung nicht nur das Eintauchen in die virtuelle Umgebung ermöglicht, sondern auch das direkte Interagieren mit Anlagen und anderen Anwendern. Das System eignet sich besonders für die Chemie- und Pharmaindustrie, denn hier treten vor allem Prozesse auf, die sich mittels Prozesssimulation beschreiben lassen.
Eines der Unternehmen, die Eyesim heute bereits erfolgreich einsetzen, ist das US-Department of Energy (DOE). Das System visualisiert die Neuentwicklung eines IGCC-Prozesses (Kohle-Gasifizierung), der im Rahmen der Advance Clean Coal Initiative entwickelt wurde. Bereits im November 2008 beauftragte das DOE SimSci-Esscor, den IGCC-Prozess zu simulieren. Diese Simulation wird jetzt mit Eyesim erweitert.
Das Nutzungspotenzial von Virtual Reality ist mit derartigen Anwendungen in den Prozessindustrien längst nicht ausgeschöpft. So gibt es bereits einige Anwendungen im Bereich Virtual Engineering im Anlagenbau: Hier wird Virtual Reality genutzt, um sich die geplante Anlage in der Engineering-Phase besser zu veranschaulichen und so Fehler zu vermeiden, beziehungsweise das Design zu optimieren. Eyesim verbindet dieses Konzept mit einem hochgenauen, dynamischen Anlagenmodell. Damit wird die Anwendungsmöglichkeit von Virtual Reality auf die Produktionsphase einer Anlage erweitert. Denkbar wäre für die Zukunft aber auch, dass Virtual Reality völlig neue Möglichkeiten liefert, die aktuelle Produktionssituation nicht nur in der Messwarte selbst, sondern auch im Büro zu visualisieren und so die Kommunikation zu verbessern. Für die Zukunft stehen somit noch vielfältige Anwendungsmöglichkeiten offen.
Online-Info www.cav.de/0310468
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