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Störwerte auf vielen Kanälen erfassen

Dauerhafter Einsatz zur Überwachung von Sicherheitskreisen
Störwerte auf vielen Kanälen erfassen

Bei der Produktion von kritischen Gütern ist eine ununterbrochene Überwachung der Prozesse vom Gesetzgeber vorgeschrieben, um durch einen nicht rechtzeitig erkannten Störfall Personen- und Umweltschäden zu verhindern. Daher wurden bei einem Unternehmen die bisher eingesetzten Bandmaschinen durch ein rechnerunterstütztes Überwachungssystem ersetzt, bei dem insgesamt 320 Signale kontinuierlich erfasst, gespeichert und im Störfall an eine zentrale Leitstelle zur Auswertung transferiert werden.

Wilfried Hummelsheim

Das vom Anwender vorgegebene Lastenheft definierte die Erfassung von zwei Signalgruppen mit unterschiedlichen Abtastraten. Die eine Gruppe, bestehend aus 256 Sensorsignalen, soll mit einer Abtastrate von 2 Hz/Kanal, die andere, bestehend aus 64 Sensorsignalen, mit einer Abtastrate von 30 kHz/Kanal kontinuierlich Daten erfassen. Alle Signale werden zeitgleich gemessen und in einem Ringspeicher abgelegt. Es wurde vom Anwender vorgegeben, dass das Vorereignis eines Störfalls über eine Stunde zurückverfolgt werden kann. Ist innerhalb dieser Zeit keine Störung aufgetreten, werden die Daten durch die neuen Messwerte überschrieben. Die schnell zu erfassenden 64 Kanäle werden aus technischen und sicherheitsbedingten Gründen in vier Systeme mit je 16 Kanälen aufgeteilt. Hierdurch lässt sich zum einen das kontinuierliche Erfassen und Abspeichern der Daten vereinfachen, zum anderen erleichtert diese Konfiguration aber auch die Installation eines fünften Reservesystems. Dieses soll die Datenerfassung des Gerätes übernehmen, an dem eine Störmeldung eingegangen ist. Beim Auftreten einer Störung schaltet das entsprechende System nach Ablauf einer definierten Nachlaufzeit auf das Ersatzgerät (Reservesystem) um, das nun die Messaufgaben für alle 16 Kanäle übernimmt. Die Überwachung der Sicherheitskreise soll ständig und unbemannt erfolgen. Watch-Dog-Timer sorgen für automatischen Wiederanlauf bei eventuellen Systemfehlern.
Aufbau des Systems
Insgesamt wurden zur Realisierung der Messaufgabe sechs Messsysteme, ein Steuer-Controller und eine Störsimulation eingesetzt. Alle Geräte werden vor dem Überwachungsbeginn konfiguriert und initialisiert. Anschließend läuft der Messvorgang automatisch ab. Zur Lösung dieser komplexen Aufgaben im Bereich der Analogdatenerfassung mit langer Aufzeichnungs- bzw. Überwachungsdauer sind im wesentlichen zwei Komponenten von besonderer Bedeutung. Zum einen ist es die Hardware, die flexibel an die jeweiligen Erfordernisse angepasst werden kann, zum anderen die Steuer- und Überwachungssoftware, die einen sicheren, geschützten und automatischen Mess- und Überwachungsablauf ermöglicht.
Hardware
Realisiert wurde die Aufgabe mit dem Messsystem TransControl (Abb. 1). Wegen der unkritischen Summenabtastrate von 512 Hz beim 256-Kanal-Messsystem wurden alle Kanäle in einem einzigen Gerät integriert. Die Messung der 64 schnellen Kanäle wurde auf vier Systeme verteilt. Der hardwaremäßige Grundaufbau aller Messgeräte ist der gleiche. Lediglich das Reservesystem muss so konzipiert sein, dass es im Alarmfall für jedes andere System einspringen kann.
Das verwendete Aufzeichnungsprinzip beim TransControl ermöglicht kontinuierliche Speichertiefen bis 10 GByte bei einer Summenabtastrate von bis zu 800 kHz. Ein systemeigener 32-Bit-Prozessor mit seinem leistungsfähigen Betriebssystem organisiert die Erfassung der Messdaten, deren Abspeicherung sowie die Reaktion bei Störfällen. Über eine spezielle Schnittstelle ist der 32-Bit-Prozessor mit dem Systembus des TransControl, an dem die Messmodule angeschlossen sind, verbunden.
Im 256-Kanal-System ist eine Analog-/Digitalwandler-Masterkarte mit insgesamt zwölf Slave-Karten integriert, die die Signale erfassen. Über die Master-Karte können alle kartenspezifischen Einstellungen, auch die der Slave-Karten wie Abtastrate, Messbereich oder Kanalzahl vorgenommen werden. Jeder Eingangskanal hat ein softwaremäßig einstellbares Anti-Aliasing-Filter zur Unterdrückung von Störfrequenzen. Alle Kanäle sind untereinander und zum Sensor hin galvanisch getrennt. Statische Referenzkanäle überwachen die einwandfreie Funktion des A/D-Wandlersystems.
Die Messwerte werden kontinuierlich in einen 10 GB großen Ringspeicher abgelegt. Über einen digitalen Eingang, den der Prozessor ununterbrochen überwacht, wird die Störung registriert. Im Fall eines auftretenden Alarms werden die Messwerte über Ethernet zum übergeordneten Rechner transferiert.
In den 4 x 16 Kanal-Messsystemen werden die Signale über Transientenrecorderkarten erfasst (Abb. 2). Auch diese Geräte arbeiten nach dem Master-Slave-Prinzip. Die Master-Karte enthält im wesentlichen den AD-Wandler, zwei 4 MB große Wechselspeicher und die gesamte Ablaufsteuerung. Die beiden Slave-Karten beinhalten je 8 Messkanäle und sind über einen schnellen DIO-Bus und separat geschirmte Leitungen mit hochwertigen Steckern für die Analogsignale mit der Master-Karte verbunden. Die Sensoren sind direkt auf die Kanäle der Slave-Karte gelegt. Eine galvanische Trennung aller Kanäle untereinander und zum System isoliert das Messgerät vom Prozess. Alle Kanäle sind mit einem programmierbaren Anti-Aliasing-Filter ausgerüstet. Jeder Signaleingang besitzt einen Instrumentenverstärker mit vier unabhängigen Verstärkungsbereichen. Die nachfolgenden Sample & Hold für jeden Kanal sind die Voraussetzung für eine absolut zeitgleiche Erfassung aller Messsignale.
High-Speed-Erfassung
Bei der kontinuierlichen Messung von 16 Kanälen mit je 30 kHz müssen 960 KB Daten pro Sekunde abgespeichert werden. Dabei darf die Messung nicht unterbrochen werden. Dies wird mittels der karteneigenen Wechselspeicher ermöglicht, die wechselweise Daten erfassen bzw. diese in den Ringspeicher schreiben. Auch hier wird ein Alarm durch die ununterbrochene Abfrage eines digitalen Eingangs erkannt.
Ein Reservesystem übernimmt die Messwerterfassungsaufgaben des Gerätes, bei dem ein Störfall aufgetreten ist, da dieses System die Daten der letzten Stunde vor dem Alarm zur Auswertung an das übergeordnete Rechnersystem transferieren muss. Alle Messsysteme sind untereinander und mit dem Steuer-Controller über eine IEEE-488-Schnittstelle verbunden. Hierüber findet die gesamte Kommunikation zwischen dem Steuer-Controller und den Messsystemen statt. Sowohl in allen Messgeräten als auch in den Rechnern ist eine Funkuhr installiert. Alle Geräte sind miteinander synchronisiert, so dass sich bei einem Störfall alle Messwerte zeitlich miteinander vergleichen lassen.
Software
Die zur automatischen Steuerung und Überwachung der Messaufgabe erstellte Software wurde in Turbo-Pascal programmiert (Abb. 3). Die Konfiguration der Systeme erfolgt in einer Konfigurationsdatei. Hier werden neben der Vorgabe von Dateinamen und Statusangaben auch Betriebsparameter wie Abtastfrequenz, Spannungseingangsbereich, Aktivierung oder Deaktivierung von Systemen, Kanalzahl und Vorlauf- sowie Nachlaufzeit bei Alarmen eingetragen. Alle Einstellungen werden vom Steuer-Controller an die jeweiligen Messsysteme übertragen. Sofern kein Störfall auftritt, speichern die einzelnen Messsysteme ihre Daten in den Ringspeicher und überschreiben diesen so lange, bis ein Alarm auftritt. Wird schließlich an einem System über den digitalen Eingang ein Störfall gemeldet, wird dieser wie folgt behandelt.
Das betroffene Messsystem erkennt den Störfall und meldet ihn dem Steuer-Controller. Der Messwert zum Zeitpunkt des Störfalls wird softwaremäßig markiert, so dass dadurch eine anschließende Auswertung erleichtert wird. Alle Systeme erfassen weiterhin kontinuierlich die Signale, und zwar so lange, bis die eingestellte Nachlaufzeit abgelaufen ist. Sollte innerhalb der Nachlaufzeit ein weiterer Störfall am betreffenden System auftreten, wird die Nachlaufzeit nicht verlängert. Die Messsysteme melden dem Steuer-Controller den Ablauf der Nachlaufzeit. Bei einem Alarm überträgt immer das 256-Kanal-System zuerst die Daten zum übergeordneten Rechner. Ist der Datentransfer abgeschlossen, meldet es die Beendigung an den Steuer-Controller. War die Übertragung fehlerfrei, wird das 256-Kanal-System wieder zur Messung freigegeben.
Im Falle einer fehlerhaften Übertragung wird das System vom Steuer-Controller ausgeblendet, um ein Überschreiben der Daten zu verhindern. Sollte das 256-Kanal-Gerät die Übertragung der Daten nach einer einstellbaren Zeit nicht beendet haben, so sieht der Steuer-Controller es als nicht mehr verfügbar an und blendet es aus, so dass die anderen Systeme, die Störfälle gemeldet haben, der Reihe nach mit dem Datentransfer beginnen können.
Im Fall, dass das Reservesystem zur Verfügung steht und keine Erfassungsaufgaben wahrnimmt, sendet der Steuer-Controller die Einstellungen des als nächstes zur Übertragung anstehenden Systems an das Reservesystem und gibt den Auftrag zum Start der Erfassung der betreffenden Kanäle.
Dem wartenden System wird die Freigabe zur Übertragung der Störfalldatei erteilt. Sind alle Daten zum übergeordneten Rechner fehlerfrei transferiert, wird dies dem Steuer-Controller mitgeteilt, und dieser erteilt den Auftrag zum Start der Erfassung. Das Reservesystem wird wieder in Alarmbereitschaft gesetzt. Sollte ein Fehler beim Datentransfer aufgetreten sein, dann wird das System, bei dem der Störfall aufgetreten ist, ausgeblendet, um ein Überschreiben der Störfalldaten zu verhindern.
Alle Statuswerte, Gerätezustände, Alarme und Systemmeldungen werden über einen Zentralmonitor direkt visualisiert und in einer Log-Datei aufgezeichnet. In naher Zukunft soll das komplette System um 192 Kanäle erweitert und weitere Produktionsanlagen mit einer solchen Überwachungseinheit ausgestattet werden.
E cav 255
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