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Gezielte Behandlung möglich

Biofilmverfahren entfernen schwer abbaubare Stoffe
Gezielte Behandlung möglich

Das AnoxKaldnes-MBBR-Verfahren hat sich in den letzten Jahren auf dem Abwassermarkt bewährt. Gründe für die Popularität des Verfahrens sind die Kompaktheit und der robuste und einfache Betrieb der Anlagen. Vor allem die Kombination mit modernen Schlammseparationsverfahren soll diese Stellung im industriellen Bereich sichern. Die Entwicklung des Hybas-Konzeptes bietet für den kommunalen Sektor eine attraktive Möglichkeit der Anlagenertüchtigung ohne die Bereitstellung zusätzlicher Beckenvolumina.

Dipl.-Ing. (FH) Cord Hüner, Dr.-Ing. Jürgen Barthel

Kompakte und effiziente Abwasserbehandlungssysteme, die ohne großen Aufwand zu betreiben sind, erfreuen sich großer Beliebtheit bei Betreibern industrieller Abwasseranlagen in der Pharma- und Chemieindustrie. Die klassische Belebung benötigt viel Platz und die Sedimentation im Nachklärbecken stellt oftmals eine Herausforderung dar. Im Vergleich dazu bieten Biofilmverfahren gekoppelt mit effizienten Abscheidesystemen große Vorteile. Neben der Behandlung des Gesamtabwasserstroms werden sie zunehmend zur gezielten Behandlung von Abwasserteilströmen eingesetzt.
Herkömmliche Biofilmsysteme wie Tropfkörper, Scheibentauchkörper, getauchte Festbetten oder Biofilter haben jedoch auch Nachteile. Tropfkörper benötigen wie das Belebungsverfahren viel Platz. Rotierende Scheibentauchkörper leiden oftmals unter mechanischen Problemen. Die gleichmäßige Verteilung der organischen Belastung ist das Hauptproblem der Festbettreaktoren. Biofilter mit natürlichen oder künstlichen Filtermedien müssen regelmäßig gespült werden und zeigen eine diskontinuierliche Betriebsweise.
In den späten 1980er-Jahren wurde in einer Zusammenarbeit zwischen Professor Hallvard Ødegaard (Universität Trondheim (NTNU)) und der norwegischen Firma Kaldnes Miljøteknologi AS das Moving-Bed-Biofilm-Reactor (MBBR)-Verfahren entwickelt und patentiert und auf den Markt gebracht. In Deutschland ist es als AnoxKaldnes-Schwebebettverfahren bekannt und wird von Auantis, ebenso wie AnoxKaldnes Teil der Wassertechniksparte von Veolia, in industriellen Abwasserprojekten vorgesehen.
Die Verfahrenstechnik
Das MBBR-Verfahren nutzt sowohl die Vorteile der klassischen Belebung als auch die Vorteile der bekannten Biofilmverfahren. So wird einerseits wie bei der Belebung das gesamte verfügbare Beckenvolumen genutzt, andererseits wie bei den meisten Biofilmverfahren auf die Rückschlammführung verzichtet. Das Biofilm-Trägermaterial bewegt sich frei im Wasser und wird durch ein Ablaufsieb im Becken gehalten. Biomasse, die sich vom Trägermaterial ablöst, wird als Überschussschlamm aus dem Reaktor ausgetragen und in der Nachklärung abgeschieden. Die Nachklärung kann deutlich kleiner bemessen werden, da meist kein Schlamm zurückgeführt werden muss.
Das AnoxKaldnes-MBBR-System wird sowohl für Prozesse mit Belüftung (Kohlenstoffabbau, Nitrifikation) als auch ohne (Denitrifikation) eingesetzt. Bild 1 zeigt verschiedene Biomasseträger. Die erste marktreife Ausführung K1 ist ein Zylinder mit innen liegendem Kreuz und außen angebrachten Finnen. Weitere Trägerkörper wurden in der Zwischenzeit für spezielle Anwendungen entwickelt. Der Träger K3 bietet die gleiche spezifische Aufwuchsfläche für Biomasse wie der Trägerkörper K1 jedoch bei wesentlich größeren Abmessungen. Weitere Neuentwicklungen sind die Träger BiofilmChip M und P. Die BiofilmChips sind ca. 2 mm dicke Scheiben mit einem innen liegenden Gitter. Sie bieten sehr große Flächen für den Biomassebewuchs. Der F3-Körper zeichnet sich durch eine sehr offene Struktur aus und wird vor allem eingesetzt, wenn hohe Feststoffkonzentrationen im Abwasser vorherrschen. In aeroben Prozessen werden die Trägerkörper durch die Belüftung in Bewegung gehalten. In anoxischen Zonen kommen speziell für das Verfahren optimierte Rührwerke zum Einsatz. Bild 2 zeigt ein Beispiel.
Für den Eintrag von Gebläseluft wurde ein spezielles wartungsfreies Rohrbelüftungssystem entwickelt. Durch das Zusammenspiel von Trägermaterial und mittelblasigem Belüftungssystem wird eine sehr gute Durchmischung und damit eine hohe Sauerstoffeintragseffizienz erreicht. Die Siebe, die zum Rückhalt der Trägerkörper eingesetzt werden, sind entweder vertikal oder horizontal eingebaute Edelstahlkonstruktionen aus Lochblech oder Stabstahl. Die neue Generation von Trägerkörpern ermöglicht es, die Konstruktion der Rückhalteeinrichtungen wesentlich kompakter zu gestalten. Ein wesentlicher Vorteil des AnoxKaldnes-MBBR-Prozesses ist seine einfache Erweiterbarkeit durch Anpassung des Trägermaterialfüllgrades im Reaktor. Der maximale Füllgrad mit Trägermaterial liegt abhängig vom gewählten Trägertyp zwischen 20 und 70 %.
MBBR-Verfahrenskombinationen
Die AnoxKaldnes-MBBR-Technologie wird als reines Biofilmverfahren oder in Kombination mit der konventionellen Belebungstechnik eingesetzt. Die folgenden Grundkonfigurationen decken eine große Anzahl von sehr unterschiedlichen Anwendungen ab:
  • Kaldnes MBBR – reines Biofilmverfahren
  • BAS – Hochlast-MBBR vor einer Belebungsanlage
  • Hybas – Hybrid oder „Integrated Fixed Film Activated Sludge“ (Ifas)-Prozess.
Das klassische Kaldnes-MBBR-Verfahren ist ein reiner Biofilm-Prozess, der im Bereich Kohlenstoffabbau und/oder Nährstoffelimination eingesetzt wird. Bild 4a zeigt den Verfahrensaufbau und Bild 3 ein reales Beispiel. Abhängig von der Zusammensetzung des Abwassers kann die Stickstoffelimination entweder aus einer vor- oder nachgeschalteten Denitrifikation (Vordenitrifikation, Bild 4d) bzw. aus einer Kombination aus beidem bestehen. Für die nachgeschaltete Denitrifikation ist eine externe Kohlenstoffquelle erforderlich. Eine sehr kompakte Anwendung ist die reine Nachdenitrifikation mittels Kaldnes-MBBR-Verfahren. Hierbei wird die Denitrifikation einer vorhandenen Belebungsanlage nachgeschaltet Bild 4e).
Das BAS-Konzept (Biofilm Activated Sludge = Kombination aus hoch belasteter Biofilmstufe und schwach belasteter Belebungsanlage) stellt eine interessante Alternative zum reinen Biofilmverfahren dar (Bild 4b). Der Haupteinsatzbereich ist die Behandlung von hoch belasteten Abwässern oder die Ertüchtigung von bestehenden Belebungsanlagen für größere Kapazitäten oder strengere Ablaufgrenzwerte. Das BAS-Konzept bietet gegenüber der konventionellen Belebung wesentliche verfahrenstechnische Vorteile: Eine BAS-Anlage kann deutlich kompakter errichtet werden. Durch den Biofilm als erste Behandlungsstufe ist der Anlagenbetrieb sehr stabil und robust. Bei vielen Industrieabwässern führt die Kombination von Biofilm und Belebung zu sehr guten Schlammeigenschaften in der Belebung.
Das Hybas-Verfahren ist ein Hybrid- oder auch Ifas-Verfahren, das im Besonderen zur Erweiterung von überlasteten Belebungsanlagen oder zur Ertüchtigung von Belebungsanlagen zur Nitrifikation oder Stickstoffelimination eingesetzt wird. Das Schwebebett wird meist in einem Teil des vorhandenen Belebungsbeckens installiert. Das Ergebnis ist ein Prozess, in dem sowohl suspendierte Biomasse als auch Biofilm am Abbau der organischen Substanz teilhaben. Ein Beispiel für eine Hybas-Anwendung wird in Bild 4f gezeigt. Hier wird die Nitrifikationskapazität durch den Biofilm erhöht, während Kohlenstoffabbau und Denitrifikation im belebten Schlamm stattfinden. Dieses Anlagendesign ist sehr kompakt und ermöglicht die Ertüchtigung einer konventionellen Belebungsanlage zur ganzjährig stabilen Stickstoffelimination.
Neben der Kohlenstoff- und Stickstoffentfernung ist eine Phosphorentnahme in vielen Anwendungen notwendig. Im klassischen MBBR-Prozess kann die P-Fällung als Vor- oder Nachfällung durchgeführt werden. Die Nachfällung bewirkt neben der P-Entnahme zusätzlich eine verbesserte Feststoffentfernung und damit verbunden eine Rest-CSB-Elimination. Für das Hybas-Konzept gibt es zusätzlich die Möglichkeit der Simultan-Fällung. Auch die Installation eines anaeroben Mischbeckens zur biologischen P-Elimination ist hier möglich.
Schlammabtrennung
Das AnoxKaldnes-MBBR-Verfahren ist besonders erfolgreich, wenn es mit einer kompakten Schlammabtrennung wie zum Beispiel einer Flotation (dargestellt in den Schemata von Bild 4), einer Lamellenseparation oder einer Membranfiltration kombiniert wird. Besonders vielversprechend ist die Kombination von AnoxKaldnes-MBBR mit Actiflo, der patentierten Hochleistungssedimentation, die neben Flockungs- und Flockungshilfsmitteln Mikrosand zur Unterstützung der Sedimentation nutzt.
Eine Kombination von Schwebebett mit Membrantechnik speziell dem Einsatz einer Dead-End-Membran ist derzeit in der Entwicklung. Erste Versuche im Pilotmaßstab zeigen einen erfolgversprechenden Flux über die Membranen und es scheint sich vor allem für die Industrieabwasserbehandlung ohne besondere Anforderungen an die Stickstoffelimination eine interessante Alternative zur Membran-Bioreaktor (MBR-)Technologie zu entwickeln.
Online-Info www.cav.de/1210457
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