Stickoxide, kurz NOx, stammen überwiegend aus Verbrennungsprozessen fossiler Energieträger. Stickstoffmonoxid (NO) und insbesondere Stickstoffdioxid (NO2) schädigen die Atemwege und gelten außerdem als maßgeblich mitverantwortlich für die Entstehung von Sommersmog und saurem Regen. Der Verkehrssektor ist in Deutschland mit 40 % der Emissionen laut Umweltbundesamt größter Verursacher von NOx-Emissionen, gefolgt von der Energiewirtschaft, die rund ein Viertel der Belastung verursacht. Doch auch in anderen Industrieprozessen fallen NOx-Emissionen an. Um die Luftqualität zu verbessern, hat die Europäische Union für die EU-Mitgliedstaaten Emissionshöchstmengen für die Luftschadstoffe Stickstoffoxide (NOx), Schwefeldioxid (SO2), Ammoniak (NH3) und flüchtige organische Verbindungen ohne Methan (NMVOC) festgelegt.
Diese sind in der Richtlinie EU NEC 2016 geregelt. Die nationalen Emissionshöchstmengenbeziehen sich auf die Emissionen in ganz Deutschland. Für Emissionen großer Feuerungs- und Industrieanlagen gelten spezifische Regelungen. Auf europäischer Ebene ist die Industrieemissionsrichtlinie 2010/75/EU (Industrial Emissions Directive, IED) maßgeblich für die Minderung der Emissionen großer Anlagen.
Die IED verfolgt den integrativen Ansatz, die Umweltverschmutzung durch Industrieanlagen zu vermeiden und so weit wie möglich zu vermindern. Zentrales Ziel der Richtlinie ist die Festlegung von Genehmigungsauflagen zum Betrieb von Anlagen auf der Grundlage der besten verfügbaren Techniken (BVT).
Herkömmliche Technologien
Zur Minderung von Stickoxiden in Industrieanlagen stehen unterschiedliche Technologien zur Auswahl. Grundsätzlich wird dabei zwischen Primär- und Sekundärmaßnahmen unterschieden. Primärmaßnahmen zielen darauf ab, die Entstehung von NOx durch optimierte Verbrennungsprozesse so weit wie möglich zu verhindern. Sekundärmaßnahmen hingegen sind Abscheideverfahren, mit deren Hilfe die im Rauchgas enthaltenen Stickoxide reduziert werden. Die Minderung der Stickoxidemissionen ist dabei immer ein ausgesprochen komplexer Prozess, der von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird: so zum Beispiel durch die Menge und Verteilung der Luft im Verbrennungsprozess, Brennertyp, Temperatur und Staubbeladung des Abgasstroms.
Gängige Verfahren zur Reduktion von NOx im Abgas sind die selektive katalytische Reduktion (SCR) und die selektive nicht-katalytische Reduktion (SNCR). Der Einsatz beider Verfahren ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. So erfordert die selektive katalytische Reduktion (SCR) Rauchgastemperaturen von 200 bis 400 °C für die katalytische Reaktion mit Ammoniak. Müssen Abgasströme mit hoher Staubbeladung behandelt werden, kann dies die Standzeit des Katalysators erheblich beeinträchtigen.
Die selektive nicht-katalytische Reduktion (SNCR) eignet sich zwar auch für die Behandlung von Abgasströmen mit hoher Staubbeladung, doch die Eindüsung des Ammoniaks bzw. Harnstoffs muss bei hohen Temperaturen von 900 bis 1100 °C erfolgen, um einen ausreichenden NOx-Reduktionsgrad zu erzielen. Durch die erforderlichen Betriebstemperaturen müssen sowohl SCR als auch SNCR – teils mit hohem Aufwand – dort in den Prozess integriert werden, wo die entsprechenden Temperaturwerte erreicht werden.
Abgasreinigung mit Ozon
Eine flexible und leistungsfähige Alternative zu den herkömmlichen Verfahren stellt eine Technologie dar, die Ozon zur Abgasreinigung einsetzt. Das von Linde entwickelte Lotox-Verfahren kann einen entscheidenden Beitrag zur Reduktion von Stickoxid-Emissionen aus industriellen Abgasströmen leisten. Bei diesem Niedertemperatur-Oxidationsverfahren wird Ozon im Temperaturbereich von unter 150 °C in einen Rauchgasstrom eingeblasen, um unlösliches Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid sehr selektiv zu hochlöslichem Distickstoffpentoxid (N2O5) zu oxidieren. Das N2O5 wird dann in einem Trocken- oder Nass-Gaswäscher zusammen mit anderen Schadstoffen ausgewaschen und bildet schwach salpetersaures Abwasser, das in Anlageprozessen verwendet oder vor der Einleitung neutralisiert wird. Überschüssiges Ozon wird im Gaswäscher vernichtet. Mit Lotox können problemlos NOx-Werte kleiner 100 mg/Nm³ erreicht werden. Dabei arbeitet das Verfahren ausgesprochen zuverlässig – sowohl bei stark mit Partikeln und säurehaltigen Gasen verunreinigten Abgasen als auch bei großen Schwankungen der NOx-Werte in den Abgasströmen.
Anders als SCR und SNCR arbeitet das ozonbasierte Verfahren bei moderaten Temperaturen und wird erst im Anschluss an den Verbrennungsprozess eingesetzt. Lotox lässt sich so mit geringem Aufwand in einer kontrollierten Temperaturzone des bestehenden Nass- und Trocken-Gaswäscher-Systems installieren. Eine Nachrüstung bestehender Anlagen ist problemlos möglich. Seine Vorteile zeigen sich insbesondere, wenn:
- sehr niedrige NOx-Werte erreicht werden müssen
- vorhandene SCR/SNCR-Systeme an der Leistungsgrenze sind (als nachgeschaltete „Booster“-Technologie mit geringem Nachrüstaufwand)
- Staub im Abgas stört
- Ammoniak-Schlupf ein Problem ist
Besonders wirtschaftlich und effektiv arbeitet das System, wenn die NOx-Werte im Eingangsstrom durch ein vorgeschaltetes System bereits auf ein moderates Niveau gesenkt wurden.
Weltweit im Einsatz
Lotox hat sich bereits in zahlreichen Anwendungen bewährt. Unter anderem ist die Technologie in der Metallveredelung und in Erdölraffinerien erfolgreich im Einsatz. Dabei werden Abgasvolumenströme im Bereich von 6300 bis 620 000 Nm3 behandelt. Die NOx-Werte im Eingangsstrom reichen von 60 bis 6000 mg/Nm3 und werden auf NO-Werte von 20 bis 90 mg/Nm3 abgereinigt. Insgesamt werden in den weltweit installierten Systemen über 7 Mio. Nm3/h Abgase behandelt und damit mehr als 15 000 t NOx pro Jahr entfernt.
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