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Will & Hahnenstein feiert 100sten Geburtstag

Vom Händler zum Apparatebauer
Will & Hahnenstein feiert 100sten Geburtstag

Die Will & Hahnenstein GmbH feiert 2019 ihr 100jähriges Bestehen. Ursprünglich als Handelsgesellschaft für Werkzeuge und Geräte gegründet, hat sich das Familienunternehmen zu einem weltweit erfolgreichen Spezialisten im thermischen Apparatebau entwickelt. Wir sprachen mit Geschäftsführer Uwe Hahnenstein über Meilensteine der Unternehmensentwicklung und aktuelle Produkte.

Herr Hahnenstein, Ihr Unternehmen Will & Hahnenstein ist heute als Spezialist im thermischen Apparatebau weltweit bekannt. Doch die beiden Gründer hatten eigentlich etwas ganz anderes im Sinn. Wie kam es dazu?

Hahnenstein: Ja, das stimmt. Adolf Hahnenstein und Otto Will kamen beide aus Tätigkeiten in der Stahlindustrie, als sie 1919 nach dem ersten Weltkrieg ihr Handelsunternehmen für Stahlerzeugnisse und Werkzeuge in Siegen gründeten. Doch bereits in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelten sie kundenspezifische Transportgeräte und Vorrichtungen. Mit den „Kippfix-“ und „Monopol-Abfüllgeräten“ für Glasballone – damals vor Verbreitung der Stahlfässer oder gar der IBCs das meistgenutzte Gebinde der noch jungen chemischen Industrie – gelang der Einstieg als Lieferant für die Verfahrenstechnik. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem dadurch bedingten Siegeszug der Stahlfässer und Kanister konnte dann der Schritt zur thermischen Behandlung von Stoffen zunächst durch die Fassheizer gemacht werden.

Seit den 1950er-Jahren beschäftigt sich ihr Unternehmen mit dem Aufschmelzen hochviskoser Rohstoffe für die weitere Verarbeitung. Was waren die wichtigsten Meilensteine in der Unternehmensgeschichte?

Hahnenstein: Mit der Fertigung der elektrisch beheizten Fassheizer für Stahl- und Kunststofffässer konnte das Programm der bereits erwähnten Abfüllgeräte entscheidend erweitert werden, da man nun eine Lösung für das schonende und schnelle Schmelzen und Verflüssigen von Stoffen wie Vaseline, Fetten, Additiven etc. anbieten konnte.

Mit dem rasanten Wachstum der chemischen Industrie in den 1950er- und 1960er-Jahren wuchs der Bedarf an dieser Vorstufe für viele Prozesse erheblich. So entwickelte Will & Hahnenstein die Fassheizer zu einer ganzen Produktfamilie weiter, die alle Größen von Gebinden von 20 bis 500 l abdeckt, vielfach Handhabungshilfen mit einschließt (z. B. Fasskippbock) und neben der elektrischen Widerstandsheizung auch Geräte für Dampf- oder Thermalölversorgung umfasst.

Ein weiterer wichtiger Schritt war dann die Entwicklung von Wärmekammern mit Umluftheizungen, die das Aufwärmen von vielen Fässern gleichzeitig ermöglichen. Von hier führte der Weg direkt zu unserem heutigen Produktprogramm von Umluft-Wärmeschränken, Temperöfen und Trocknungskammern mit kundenspezifischer Ausstattung und optimierter Wärmeführung.

Wie stellt sich das Unternehmen heute dar?

Hahnenstein: Heute sind wir ein etablierter Mittelständler mit Sitz im Dreiländereck Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen ca. 20 km südlich von Siegen. Hier konstruieren und planen wir in einem 2018 bezogenen Büroneubau ca. 200 Geräte und Anlagen pro Jahr, die in modernen Werkstätten mit großer eigener Fertigungstiefe von 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hergestellt werden.

Sehen Sie sich als ein Unternehmen, das Standardware oder eher Spezialmaschinen anbietet?

Hahnenstein: Eindeutig liegt unser Schwerpunkt in der Anfertigung von kundenspezifischen Lösungen, die es nicht fertig „von der Stange“ zu kaufen gibt. In allen Bereichen unserer thermischen Apparate können wir auf die Anforderungen der Kunden und ihrer Prozesse eingehen, sei es bei den verwendeten Werkstoffen, bei der Art der Beheizung und der Auswahl der Heizenergie sowie bei den übrigen Anforderungen wie z. B. Explosionsschutz, Wasserhaushaltsrechtlichen Anforderungen, Brandschutz, verketteten Steuerungen, SIL-Ausführungen, Anforderungen an Temperaturgenauigkeiten, Dokumentation von Temperatur-Zeit-Behandlungen, Beschickungs- und Lagerungseinbauten etc., etc.

Worin liegt die besondere Stärke von Will & Hahnenstein?

Hahnenstein: Ganz klar ist unsere Anpassungsfähigkeit an die spezifische Aufgabenstellung des Kunden eine unserer besonderen Stärken. Daneben bringen wir natürlich 100 Jahre Erfahrung mit, die bei vielen Anforderungen erlaubt, auf bereits bewährte Lösungsansätze zurückzugreifen. Aber auch der Mut, in allen Bereichen der Firma auf Basis der Erfahrung neue Schritte zu gehen, zeichnet unsere Herangehensweise aus.

Welche Branchen adressieren Sie mit Ihren Produkten?

Hahnenstein: Neben den klassischen Kunden in allen Bereichen und Zweigen der Chemieindustrie liefern wir heute Apparate und Anlagen für die Pharmazie, die Lebensmittelindustrie, die Kunststoff- und Maschinenbauindustrie sowie für Sonderanwendungen wie z. B. die Nuklearentsorgungstechnik. Unsere Kunden betreiben ihre Werke in Deutschland, in Europa, in Asien und Amerika.

Will & Hahnenstein baut thermische Apparate zur Verflüssigung hochviskoser Rohstoffe. Welche Produkte bieten Sie an und welche Energien nutzen Sie für Ihre Produkte?

Hahnenstein: Das Schmelzen hochviskoser Stoffe realisieren wir durch schonende Wärmezufuhr von außen und zusätzlich durch Bewegung der Schmelze. Hierdurch können wir auch empfindliche Rohstoffe bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen verflüssigen.

Ein typisches W&H-Apparatebeispiel sind die Schmelzbehälter, die über eine Kaskadenregelung der Thermalöltemperatur im Doppelmantel und der Schmelzetemperatur im Produktraum eine genaue und fein abgestimmte Wärmezufuhr sicherstellen. Ein dem jeweiligen Rohstoff angepasstes Rührwerk im Innenraum sorgt für Bewegung und Durchmischung. Die Erwärmung des Thermalöls erfolgt meistens durch elektrische Einbauheizkörper.

Ein anderes Beispiel sind unsere Umluftwärmekammern für Gebinde, in denen der Rohstoff im Fass oder IBC aufgeschmolzen werden soll. Hier sorgt eine genaue Regelung der Umlufttemperatur für die schonende Wärmezufuhr und die Bewegung der Gebinde wird über eine rotierende Fasskorbaufnahme oder über Rollbockstationen oder auch über Rüttelplatten für ganze Paletten bzw. IBC realisiert.

Eines Ihrer Hauptprodukte sind Wärmekammern. Wozu werden sie verwendet und wodurch zeichnen sich Ihre Wärmekammern aus?

Hahnenstein: Der Begriff Wärmekammer bezeichnet im Prinzip Umluftöfen für Gebinde wie Fässer und IBC. Durch den Einsatzzweck der Behälterbeheizung sind Wärmekammern häufig mit Lagersystemen wie Regaleinbauten mit Auffangwannen oder mit Rollenbahnen ausgestattet. Unsere Wärmekammern zeichnen sich hier durch integrierte, platzsparende Lösungen und vor allem durch eine hohe Langlebigkeit aus, die auch den harten Betriebsalltag mit rauer Staplerbedienung verkraftet. Hierzu gehören auch die hohe Funktionalität von Türen und Verschlüssen sowie eine hohe Energieeffizienz durch apparatebautechnische Dämmung mit Steinwolle, gute Hohlkammertürdichtungen und thermisch getrennte Profile.

Neben den Wärmekammern produziert Will & Hahnenstein auch Fassheizer und Schmelzbehälter. Wie unterscheiden sich diese Produkte und wo werden sie eingesetzt?

Hahnenstein: Die Fassheizer kommen immer dann zum Einsatz, wenn einzelne Gebinde beheizt werden sollen. Besonders interessant ist dies, wenn aus dem beheizten Gebinde Material durch Pumpen oder Schwerkraftentleerung kontinuierlich oder batchweise für eine nachgeschaltete Dosierung entnommen werden soll. Hierfür bieten wir Einbaumöglichkeiten und Durchbrüche für Fasspumpen oder auch kippbare Fassheizer an.

Demgegenüber sind die Schmelzbehälter mit Doppelmantel Geräte, die den Rohstoff unmittelbar erwärmen und mit anderen Stoffen mischen. Hier erfolgt die Dosierung in unseren Apparat. Daher liefern wir diese Geräte auch je nach Anforderung mit Wägezellen und Rezepturverwaltungen und sehr spezifischen Rührorganen.

In der chemischen Industrie ist der Ex-Schutz ganz wichtig. Wie realisieren Sie den Ex-Schutz bei Ihren Produkten?

Hahnenstein: An erster Stelle steht hier die genaue Analyse der Anforderungen beim Kunden. Bei thermischen Apparaten, die Stoffe erwärmen sollen, ist immer die Ex-Temperaturklasse des kritischsten Stoffes entscheidend für die Auswahl und Auslegung der Bauteile. Daneben sind die Zoneneinteilung und deren Trennung geeignet zu beurteilen.

Grundsätzlich können wir unsere Apparate durch die Auswahl der elektrischen Bauteile nach den passenden Atex-Gerätegruppen sowie durch die Beurteilung und Berücksichtigung des mechanischen Ex-Schutzes für nahezu alle Ex-Anforderungen sicher gestalten und bescheinigen. Hier arbeiten wir z. B. bei den Ex-Elektroheizkörpern und Ex-Ventilatoren z. T. schon seit fünf Jahrzehnten mit bewährten Lieferanten zusammen.

100 Jahre Unternehmensgeschichte sind vorbei. Blicken wir etwas in die nahe Zukunft. Was planen Sie für Ihr Unternehmen?

Hahnenstein: Wir werden unsere Entwicklungen im Bereich der Aufschmelztechnik bei niedrigen Temperaturen und auch bei geschlossenen Gebinden intensivieren, um hier die wachsende Anwendung von MDI in vielen Bereichen zu unterstützen. Außerdem werden wir die Steuerung von Temperprozessen vor allem in der Kunststoffverarbeitung verfeinern, um noch höhere Genauigkeiten und Wiederholbarkeiten bei anspruchsvollen Materialien sicherzustellen.

Daneben werden wir bei unseren internen Abläufen und Ausrüstungen viele kleine optimierende Schritte angehen, die in der Summe sicherstellen, dass wir immer auf der Höhe der Zeit bleiben, so wie es seit 1919 gelungen ist.

Will & Hahnenstein GmbH


„Unsere Anpassungsfähigkeit an die spezifische Aufgabenstellung des Kunden ist eine unserer besonderen Stärken. Daneben bringen wir natürlich 100 Jahre Erfahrung mit.“



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