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Fünfmal mehr Sauerstoff für die Zelle

Optimierung von Fermentationsprozessen
Fünfmal mehr Sauerstoff für die Zelle

Mikroorganismen sind in der Lage, Substanzen herzustellen, die chemisch nur schwer oder gar nicht zu erzeugen sind. Dazu gehören beispielsweise Pharmazeutika wie Insulin oder Antibiotika. Eine Intensivierung aerober Fermentationsprozesse scheitert häufig daran, dass die Mikroorganismen nicht ausreichend mit gelöstem Sauerstoff versorgt werden können. Abhilfe kann hier ein Verfahren auf dem Prinzip des Reinsauerstoff-Boostings schaffen.

Dipl.-Ing. Olaf Wünnenberg

Bei aeroben Fermentationsverfahren ist eine Produktionssteigerung anlagentechnisch vielfach nur durch den Bau neuer Reaktoren realisierbar, was mit langen Planungszeiten und hohen Investitionskosten verbunden ist. Mit dem von Air-Liquide entwickelten Verfahren zur Intensivierung der Fermentationsprozesse auf dem Prinzip des Reinsauerstoff-Boostings konnten bereits Ertragsteigerungen von bis zu 50 % erzielt werden. Das Verfahren basiert auf dem fünffach besseren Stoffübergang von reinem Sauerstoff verglichen mit Luftsauerstoff. In der Luftblase konkurrieren die Sauerstoffmoleküle mit den Stickstoffmolekülen um die Oberflächenplätze an der Gas-Flüssig-Phasengrenze. Da die Luftblase lediglich 20,9 % Sauerstoff enthält, ist nur etwa jeder fünfte Platz von einem Sauerstoffmolekül besetzt. In der Reinsauerstoffblase hingegen sind alle Oberflächenplätze mit O2-Molekülen besetzt, wodurch die effektive Übergangsfläche auf das fünffache erhöht wird. So können aerobe Prozesse auch während Spitzenbelastungen optimal mit gelöstem Sauerstoff versorgt werden.
Beim Reinsauerstoff-Boosting wird das technische Gas nur nach Bedarf zudosiert, d. h. in Zeiten, in denen die konventionelle Belüftung den Sauerstoffbedarf des Fermentationsprozesses nicht mehr abdecken kann. Der Reinsauerstoffeintrag erfolgt also zusätzlich zum Luftsauerstoff. Hierfür wird ein weiteres Gaseintragssystem in den Fermenter installiert. Bezogen auf den Anlagenneubau ist die Nachrüstung des Air-Liquide-Systems in den bestehenden Reaktor wesentlich kurzfristiger zu realisieren. Beim Reinsauerstoff-Boosting kommen verschiedene Effekte zum Tragen: Der wichtigste Vorteil liegt in der verbesserten Versorgung des aeroben Fermentationsprozesses mit gelöstem Sauerstoff. Hierdurch kann die Zelldichte erhöht werden, ohne dass es temporär zu anaeroben Zuständen und somit zu einer Hemmung des biologischen Prozesses kommt. Aufgrund der guten Löslichkeit von reinem Sauerstoff lässt sich bei gleichbleibender Gelöstsauerstoffkonzentration häufig die Mischleistung drosseln, was zum einen zu einer Reduzierung der Energiekosten führt und zum anderen den Scherstress für die Mikroorganismen herabsetzt und somit speziell die Leistung von sensiblen Kulturen anhebt. In vielen Fällen geht ein nicht unbeträchtlicher Teil des Reaktorvolumens durch massive Schaumbildung verloren. Ursache hierfür ist meist die große Luftmenge, die zur Beatmung der Organismen erforderlich ist. Beim alternativen Einsatz von reinem Sauerstoff entfällt der Stickstoffballast der Luft, das eingetragene Gasvolumen sinkt, so dass die Schaumhöhe stark herabgesetzt und somit zusätzliche Produktionskapazität geschaffen werden kann. Aus ökonomischen Gründen wird meist nicht vollständig auf Reinsauerstoffbegasung umgestellt, sondern nur ein Teil des Luftsauerstoffs durch reinen Sauerstoff ersetzt. Als positiver Nebeneffekt lassen sich oft vorher notwendige Antischaummittel einsparen.
Beratung ist das A und O
Die technische Projektierung wird von den Spezialisten der Air Liquide durchgeführt und beginnt weit vor der Dimensionierung des Eintragssystems für die großtechnische Anlage. Schon während der Vorversuche im Labormaßstab steht der Projektingenieur bei Fragen rund um die Anlagen- und Verfahrenstechnik beratend zur Seite. Gemäß dem unternehmenseigenen Grundsatz „Safety First“ gilt der Anlagensicherheit dabei größte Aufmerksamkeit. Zusammen mit dem Kunden werden HAZOP-Studien (HAZOP = Hazard and Operability, in Deutschland PAAG) durchgeführt, in denen alle Anlagenteile, Ausgangsstoffe und Produkte auf ihre Reaktivität in Verbindung mit reinem Sauerstoff hin analysiert werden. Neben der Anlagensicherheit ist die Prozesssicherheit von großer Bedeutung: Je nach geforderter Sterilität des Herstellungsprozesses erfolgt eine Anpassung des Gaseintrags an die jeweils vorliegenden Bedingungen. Darüber hinaus bietet das Unternehmen ein prozessbegleitendes Gas-Monitoring an, das dabei hilft, schon frühzeitig Veränderungen in den Produktionsabläufen zu erkennen. Ein Beispiel hierfür ist die Anreicherung von Kohlendioxid in der Flüssigphase, die je nach Organismenart zu einer Hemmung der biologischen Prozessabläufe führen kann. Weiterhin werden die thermodynamischen Gegebenheiten berücksichtigt. Bei stark exothermen Reaktionen erhöht eine Steigerung der Produktionsleistung auch die Kühlleistung, die erforderlich ist, um den Prozess auf der optimalen Temperatur zu halten.
Basierend auf den Erkenntnissen aus HAZOP-Studie, Laborversuchen und thermodynamischer Bilanzierung entsteht ein Konzept zur Umsetzung im Produktionsmaßstab, das weit über die reine Lieferung technischer Gase hinausgeht. Es umfasst die vollständige Projektierung von der Gasversorgung, über die vollautomatisierte Regel- und Dosiereinheit bis hin zum maßgeschneiderten Eintrags- und Sicherheitssystem.
cav 442

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Biotechnica 2008
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