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Gasdiffusionselektroden kontinuierlich herstellen

Reproduzierbarkeit für Brennstoffzellen und Elektrosynthesen
Gasdiffusionselektroden kontinuierlich herstellen

Elektrochemische Verfahren werden in ständig steigendem Maße zur Stoff- und Energiewandlung eingesetzt. Besonders Brennstoffzellen wird ein enormes Marktpotenzial als Stromerzeuger prognostiziert, aber auch zur Herstellung von Feinchemikalien und Pharma-Wirkstoffen werden Elektrosynthesen aufgrund der besonders einfachen Reaktionsführung durch Strom- und Potentialsteuerung vermehrt eingesetzt. Hemmnis dieser effizienten Technologien ist jedoch die reproduzierbare Herstellung von geeigneten Elektroden in größerem Maßstab.

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Hoffmann, Dr.-Ing. U. Kunz, Dipl.-Ing. Roland Hamelmann

Brennstoffzellen und Elektrosynthesen benötigen Elektroden, die an das Stoffsystem angepasst sind und reproduzierbar hergestellt werden. Für jedes Reaktionssystem müssen Parameter wie
• Elektrodenporosität
• charakteristische Porendimensionen
• mechanische und chemische Beständigkeit
• Strombelastbarkeit
• Hydrophobie oder -philie
bestimmt und eingestellt werden. Zusätzlich benötigen die meisten Reaktionen Katalysatoren, deren definierte Einbringung sich oft als problematisch erweist, denn bislang angewandte Präparationsmethoden bestehen weitgehend aus aufwendiger Handarbeit. Diese Methoden führen zu schlecht reproduzierbaren Ergebnissen und eignen sich nicht für systematische Untersuchungen elektrochemischer Reaktionen; außerdem sind sie aufgrund ihrer Beschaffenheit und ihrer Dimensionen nicht für Versuche im Technikumsmaßstab oder gar für eine Produktion geeignet.
Reproduzierbare Herstellungmit Walzverfahren
Die Herstellung von Elektroden besteht nicht nur aus einem Formgebungsprozess, sondern beginnt bereits mit der Auswahl, der Vorbehandlung und dem Mischen der Komponenten. Elektrisch leitfähiger Ruß, dessen Oberfläche durch Oxidation oder Reduktion hydrophil oder hydrophob verändert wird, und perfluorierte Polymere haben sich dabei als besonders geeignet erwiesen. Bei der Mischung dieser Komponenten in einer Schlagmesser- oder auch Kugelmühle werden Dispersionsmittel zugesetzt, die ebenfalls die Eigenschaften der Elektrodenmasse beeinflussen. Die eigentliche Elektrodenpräparation erfolgt in einem beheizbaren Walzspalt (Abb. 1). Das Walzwerk wird mittels PC-Ansteuerung eingestellt und kontrolliert, die während des Prozesses aufgenommenen Messdaten werden angezeigt und gespeichert. Nach dem Walzen werden die Elektroden in der Regel gesintert und anschließend mit physikalischen und elektrochemischen Methoden charakterisiert. Die Herstellungsparameter und die Standardelektrodencharakterisierung gibt die Tabelle an. Kohlenstoffbasierte Gasdiffusionselektroden können derzeit nach Kundenwunsch als Endlosbänder mit einer maximalen Breite von 150 mm und einem Walzenvorschub zwischen 2 bis 100 cm/min hergestellt werden. Die Dicke der hergestellten Elektroden bewegt sich zwischen 0,41 mm und 1,10 mm und kann, wenn gefordert, durch Verwendung von dünneren Stromkollektoren noch verringert werden. Die Lückengrade können zwischen 56% und 76% nahezu frei eingestellt werden. Die Gasdichtheit (Bubble-Point) variiert dabei zwischen 5 und 500 mbar Differenzdruck, die maximale Druckfestigkeit (Blow-Out) zwischen 60 und 1540 mbar. Je nach Elektrodentyp sind Strombelastungen bis zu 12 kA/m² realisierbar.
Elektrochemieverfahrenstechnisch betrachtet
Mit den so gewonnenen Kennwerten und -kurven sind die Elektroden umfassend charakterisiert. Dabei lassen die umfangreichen Präparationserfahrungen eine Korrelation von Einstellparametern und Elektrodenkennwerten zu. Eine individuell auf die Spezifikation des Auftraggebers abgestimmte Elektrodenentwicklung ist somit möglich, da die Herstellungsparameter gezielt variiert und reproduzierbar eingestellt werden können. Ein Scale-up des Prozesses auf industriellen Maßstab ist aufgrund der definierten Parametereinstellung und Prozessprotokollierung sehr einfach. Mit den bereits voroptimierten Gasdiffusionselektroden können in einer anschließenden Phase nun reaktionskinetische Untersuchungen und Optimierungen mit Hilfe der statistischen Versuchsplanung, Durchführung und Auswertung erfolgen.
SchnittstellenfreieProjektbearbeitung
Für diese Versuche können eine Reihe von elektrochemischen Reaktoren und Untersuchungsmethoden eingesetzt werden, bei deren Konstruktion bzw. Entwicklung ingenieurtechnische und naturwissenschaftliche Aspekte interdisziplinär eingeflossen sind. Dies ermöglicht eine schnittstellenfreie Entwicklung elektroreaktionstechnischer Systeme unter praxisnahen Bedingungen, die sich auf Energie- oder Stoffwandler (galvanische Zellen oder Elektrosynthesen) erstrecken. Als beispielhafte Reaktoren seien hier eine Zyklonzelle, die den Einfluss von Strömungsgrenzschichten eliminiert, und ein Durchflussreaktor mit einzeln einstellbaren Anoden- und Kathodenzuständen (Druck, Temperatur, Konzentration, Volumenstrom, Kreuz-, Gleich- und Gegenstrom) aufgeführt. Screening-Untersuchungen zur Katalysatordefinition lassen sich sehr schnell in einem Mehrzellenreaktor durchführen. Mehrere Bauarten (Abb. 2 ) von Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzellen für diverse Brennstoffe wie Wasserstoff oder Methanol und unterschiedliche Oxidantien wie Sauerstoff oder Luft samt Peripherie und Teststand sind ebenfalls vorhanden.
Für die Untersuchungen steht eine chemisch/physikalische Laborausstattung zur Verfügung, die die Anwendung aller üblichen kontinuierlichen und diskontinuierlichen Analysemethoden auch on-line erlaubt. Darüber hinaus sind auch umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen aus dem Bereich der Katalysatorpräparation und speziell aus der Fällungschemie vorhanden.
H2O2 elektrochemisch on-site produzieren
Ein Beispiel für die erfolgreiche Bearbeitung eines Entwicklungsauftrags ist die elektrochemische Produktion von Wasserstoffperoxid. H2O2 ist eine Grundchemikalie, die in weiten Teilen der Industrie sowie im Alltag eingesetzt wird. Durch ihre Neigung zur Sauerstoffabgabe unterstützt sie Oxidationsreaktionen, die von der Zellstoffbleiche bis zur Reinigung von Wafer-Scheiben und Desinfektion medizinischer Gerätschaften reichen. Großtechnisch hergestellt wird es derzeit mit dem Anthrachinonverfahren, das aufgrund zahlreicher Reinigungsstufen vergleichsweise aufwändig zu betreiben ist.
Die Anwendung von Wasserstoffperoxid in der Zellstoff- und Papierbleiche ist aus Sicht der Elektrochemie besonders interessant, da hier die Herstellung durch kathodische Reduktion von Sauerstoff in alkalischer Lösung denkbar ist. Die vielfach verwendeten Bleichlösungen enthalten sowohl NaOH als auch H2O2. Diese Chemikalien müssen derzeit beim Bleicheinsatz verlustbehaftet vor Ort gelagert und gemischt werden.
Mit einem elektrochemischen Verfahren wird die Herstellung der Bleichlösung prozessintegriert ermöglicht und eine Lagerhaltung von Wasserstoffperoxid wird überflüssig. Der Einsatz von Natronlauge wird stark vermindert. Das Reaktionsschema der kathodischen Reduktion von Sauerstoff an einem wässrigen Elektrolyten sieht wie folgt aus:
O2+H2O+2e- = OH-+HO2- (Kathode)
2 OH- = ½O2+H2O+2e- (Anode)
Für die Zelle ergibt sich damit:
½O2+OH- = HO2-
Dabei entsteht Hydroperoxidion HO2-, das mit Wasser im Gleichgewicht (HO2-+H2O Ö H2O2+OH-) steht. Dieses Hydroperoxidion ist das gewünschte Produkt. Die Kathode ist also eine sauerstoffverzehrende Gasdiffusionselektrode, die Anode eine sauerstoffentwickelnde Immersionselektrode, die mit Natronlauge umspült wird. Der Elektrolyt (ebenfalls Natronlauge) wird zwischen Gasdiffusionselektrode und Membran geführt und dabei in der Gesamtreaktion mit Wasserstoffperoxid (bzw. dem Hydroperoxidion) angereichert. Die Kationentauschermembran leitet dabei Natriumionen und sorgt so für einen Ladungsausgleich. Ergebnis dieser Elektrolyse ist eine Anreicherung von Natronlauge mit Wasserstoffperoxid, einem Gemisch, wie es als Bleichmittel verwendet werden kann. Die Konzentrationen können durch Variation des Volumenstroms beziehungsweise durch Begrenzung des Stromflusses an den Elektroden beeinflusst werden.
Im Auftrag eines faktoriellen Versuchsplans gelang es, eine Elektrode zu fertigen, die in einem Bereich bis zu 170 mA/cm² nur eine geringe Überspannung aufweist. Dies entspricht einer Produktionsstromdichte von 1,7 kA/m², was in der Größenordnung von technischen Prozessen liegt. Damit konnte demonstriert werden, dass
• Gasdiffusionselektroden hergestellt werden können, die technischen Ansprüchen genügen, und
• die kontinuierliche Herstellung dieser Elektroden mit dem Kalanderwalzwerk möglich ist.
Weitere Kompetenzen des Hauses liegen in der theoretischen und modelltechnischen Begleitung der Untersuchungen. So können mit der Standardsoftware Speedup komplexe elektroreaktionstechnische Problemstellungen systematisch betrachtet werden. Mit diesen Voraussetzungen lassen sich elektrochemische Verfahren von der Idee bis zur Produktionsreife entwickeln – mit dem Vorteil, dass alle Verfahrensschritte bereits unter Produktionsbedingungen getestet wurden und dass die Elektroden der Vorversuche mit denen der Produktionsanlage vom Aufbau und der Herstellung her identisch sind.
E cav 219
www.itv.tu-clausthal.de/ICVT
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