Startseite » Chemie »

Wenn die Viskosität steigt…

Anwendungsbeispiele für statische Mischer-Wärmeaustauscher
Wenn die Viskosität steigt…

Der SMR-Mischreaktor wird auch als statischer Mischer-Wärmeaustauscher eingesetzt und eignet sich besonders für viskose Medien. Der Anwendungsbereich des SMR ist äußerst breit, die einzelnen Apparate werden jedoch spezifisch auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnitten.

Dipl.-Ing. ETH Stefano Guariento

Das Funktionsprinzip von statischen Mischer-Wärmeaustauschern wurde bereits in cav 7/89 vorgestellt. In dieser Veröffentlichung wurden drei Typen von Mischer-Wärmeaustauschern beschrieben, der Doppelmantel-, der Rohrbündel- und der SMR-Mischreaktor-Wärmeaustauscher. Der SMR war damals eine neue Entwicklung mit vielversprechenden Eigenschaften, konnte aber nur wenige Anwendungen und Referenzen vorweisen. Dies hat sich inzwischen geändert, der SMR hat sich in verschiedensten Anwendungen bewährt und wird auch unter problematischen Bedingungen eingesetzt.
Funktionsprinzip
Die Strömung einer viskosen Flüssigkeit in einem Lehrrohr ist laminar, das Geschwindigkeitsprofil über dem Rohrquerschnitt ist parabolisch, die Verweilzeitverteilung ist breit, und bei Wärmeübertragung tritt ein radiales Temperaturprofil auf. Aus all diesen Effekten resultiert ein schlechter Wärmeübergang. Der Einbau von statischen Mischelementen im Rohr bewirkt eine radiale Durchmischung, die Grenzschicht in der Nähe der Rohrwand wird kontinuierlich erneuert, und die Wärmeübertragung wird mehrfach verbessert.
Der SMR hat eine vergleichbare Geometrie zum statischen Mischer SMX. Im SMR sind die Stege des SMX-Mischelementes durch Rohre ersetzt, durch die der Wärmeträger fließt. Die Rohre bilden deshalb gleichzeitig eine effiziente Mischstruktur und eine beachtliche Wärmeübertragungsoberfläche von 30 bis 150 m2/m3. Die radiale Mischaktion, ohne Aufteilung des Produktstromes in Parallelströme, erlaubt eine sehr homogene Wärmeübertragung und vermeidet Maldistributionseffekte (Verstopfung von einzelnen Rohren), die in Rohrbündelwärmeaustauschern durch Viskositätsänderungen verursacht werden können.
Die geometrische Struktur dieses patentierten Mischer-Wärmeaustauschers erlaubt es, einen einfachen Scale-up zu machen. Die bis heute gefertigten Apparate haben Durchmesser von DN 80 bis 1500.
Massepolymerisation
Der SMR wurde mit dem Ziel entwickelt, einen Reaktor zu haben, der eine große Wärmemenge abführt und gleichzeitig das Reaktionsmaterial kontinuierlich mischt.
Damit lassen sich Temperatur- und Konzentrationsgradienten vermeiden, die die Reaktion negativ beeinflussen könnten. Erstes Anwendungsgebiet des zunächst entstandenen Kolbenströmungsreaktors (Plug-flow-Reaktor) war die Polymerisation von Styrol zu kristallklarem und schlagzähem Polystyrol. Er wurde weltweit in mehr als 10 Polystyrolanlagen eingesetzt. Die Vorzüge des SMR gegenüber konventionellen Kolbenströmungsreaktoren mit mechanisch angetriebenen Vorschubsystemen bestehen darin, daß der SMR keine rotierenden Teile aufweist, das Produkt schonend behandelt wird (niedrige Scherkräfte) und man thermoplastische Polymere ohne Demontage des Reaktors wieder aufschmelzen kann. Für diese Anwendung werden große SMR mit Durchmessern bis zu DN 1500 und Totalvolumen von 20 m3 und mehr eingesetzt.
Chemiefasern
In der integrierten Produktion von Polyester-Fasern (PET) ist die optimale Temperatur im Finisher, der letzten Stufe der Polymerisationsanlage, höher als die optimale Temperatur für die Spinnmaschinen. Die Vorteile des SMR, verglichen mit einem mit statischen Mischelementen ausgerüsteten konventionellen Rohrbündel-Wärmeaustauscher, sind eine effiziente Wärmeübertragung, kurze Verweilzeit, keine Maldistribution, kleiner Druckabfall und eine enge Verweilzeitverteilung. Alle diese Eigenschaften führen zu einer verbesserten Produktqualität. Diese Vorteile sind so ausgeprägt, daß der SMR in kurzer Zeit der Standardkühler (primär und sekundär) für diese Anwendung geworden ist.
Der SMR-Kühler wurde nicht nur in vielen neuen Anlagen installiert, sondern auch bestehende Anlagen wurden damit nachgerüstet. Dabei war es, neben der Verbesserung der Produktqualität, oft auch möglich, den Durchsatz zu steigern.
Alternativ regenerierte Zellulosefasern (Lyocell-Fasern), die mit dem NMMO-Prozeß produziert werden, profitieren ebenfalls von den besonderen Eigenschaften des SMR. Der typische Auslegungsdruck liegt für Chemiefasern bei 250 bar.
Klebstoffe
Bei der Herstellung und Verarbeitung von Harzen und Klebstoffen können SMR-Mischer-Wärmeaustauscher für verschiedene Verfahrensschritte ideal eingesetzt werden. Harze und Klebstoffe werden nach der Herstellung bevorzugt abgekühlt und nachgemischt, bevor sie in Gebinde abgefüllt werden. Die Qualität der hergestellten Produkte kann so stark erhöht werden. Unerwünschte Reaktionen von heiß abgefüllten Harzen und Klebstoffen finden nicht statt. Ein nachträgliches Ausdampfen von Lösemitteln wird wirkungsvoll unterbunden. Die Tendenz zum Abscheiden einzelner Inhaltstoffe und Komponenten beim unkontrollierten Abkühlen wird reduziert. Die richtige Wahl und Auslegung des Wärmeaustauschers ist entscheidend, da die Viskositäten der Produkte beim Abkühlen stark ansteigen. Entsprechend hoch ist das Verstopfungsrisiko in den Rohren von Rohrbündelwärmeaustauschern. Durch die starke Quermischung im SMR werden Ablagerungen und Verstopfungen wirkungsvoll verhindert. Eine konstante, hohe Kühlleistung bei kleinstem Volumen ist so möglich.
Der SMR ist auch ein kompakter Wärmeaustauscher, der sich zum Aufheizen von Harzen und Klebstoffen eignet, wodurch sich deren Viskosität erniedrigt. Es resultieren kleinere Druckverluste in der Anlage, die wiederum eine Erhöhung des Durchsatzes ermöglichen. Kurze Rückzahlzeiten machen solche Investitionen sehr attraktiv.
Die Basis für qualitativ einwandfreie Klebefolien und Klebebänder bilden gleichmäßig aufgetragene Klebstoffschichten. Durch konstante Temperaturführung beim Herstellprozeß können die Viskosität und dadurch auch die aufgetragenen Schichtdicken kontrolliert werden.
Lebensmittelindustrie
Der SMR wird im Bereich der Lebensmittelindustrie beispielsweise verwendet, um im kontinuierlichen Herstellungsverfahren Nahrungsmittel, hauptsächlich aus der Süßwaren- und milchverarbeitenden Industrie, zu kühlen oder aufzuheizen. Die wichtigsten Charakteristiken dieses Apparats sind Modularität, Kompaktheit, CIP (Cleanability in place)-Reinigungsfähigkeit und Homogenisierfähigkeit. Der gleichzeitig zum Wärmeaustausch ablaufende Mischeffekt bewirkt auch hier eine Verbesserung der Produktqualität.
Der SMR ist aus technischer Sicht ganz klar zwischen dem Plattenwärmeaustauscher und dem Kratzkühler anzusiedeln. Vorteile gegenüber dem Plattenwärmeaustauscher sind vor allem das Fehlen von Totzonen, die ausgezeichnete Inline-Reinigungsfähigkeit und die Möglichkeit zur Verarbeitung von hochviskosen Produkten. Auch einige Nachteile des Kratzkühlers wie Abdichtungs- und Verschleißprobleme aufgrund von sich drehenden Apparateteilen, hohe Scherraten und Wärmeentwicklung durch Reibung, die sich vor allem beim Kühlen negativ auf die Produktequalität auswirken, können vermieden werden. Nicht empfehlenswert dagegen ist der Einsatz eines SMR, wenn das Produkt bei den normalen Prozeßbedingungen kristallisiert oder gefriert.
Spezielle Produkte undneue Anwendungen
Neben den oben beschriebenen Anwendungen, in denen sich der SMR als anerkannte Lösung etabliert hat, gibt es eine ganze Reihe von Anwendungen, in denen der SMR mindestens einmal installiert wurde und zu interessanten Entwicklungen führte. Einige Beispiele sind:
• Kühlen von Polymerschmelze, um die Viskosität zu steigern und damit die Schneidfähigkeit von Granulatoren zu verbessern,
• Temperieren von Kunststoffschäumen in Schaumextrusionsanlagen,
• Führen von Reaktionen mit einem axialen Temperaturprofil, z. B. bei anorganischen Suspensionen, sowie
• externe Kühlung von gerührten Tankreaktoren, in denen die Viskosität des Produktes mit der Zeit zunimmt.
Die Fähigkeit, Wärme übertragen zu können und gleichzeitig zu mischen, macht den SMR zu einer exzellenten technischen Lösung für die Temperierung von nicht-newtonschen Medien, inklusive thixotropischen Fluiden.
Resümee
Die meisten beschriebenen Anwendungen sind kühlungs- oder temperaturkontrollierte Verfahrensschritte mit hohem Risiko für Maldistribution bei viskosen Medien. Generell kann man sagen: je höher die Viskosität eines Produktes (vorausgesetzt, daß es noch fließfähig ist), desto besser eignet sich der SMR. Der SMR-Mischer-Wärmeaustauscher kann als Nischen-Produkt bezeichnet werden und wird spezifisch ausgelegt und gefertigt, um die genauen Bedürfnisse spezieller Anwendungen zu erfüllen.
Weitere
Informationen
cav-261
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de