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Zwischen PP und PVDF

Nachchloriertes PVC für kritische Anwendungen
Zwischen PP und PVDF

Herrschen Umgebungsbedingungen wie in der Galvanoindustrie oder bei der Chlorelektrolyse, so ist der Einsatz von preisgünstigen Polymeren wie PP oder PVC als Behälterwerkstoffe wenig sinnvoll. Hochleistungswerkstoffe wie PVDF oder E-CTFE scheiden dagegen häufig aufgrund ihres Preises aus. Platten aus nachchloriertem PVC bieten hier eine echte Alternative, die die Lücke zwischen den Standard- und den teilfluorierten Kunststoffen schließt.

Michael Schmitz, Dr. Boris Gibbesch

Durch den rund 10 % höheren Chlorgehalt gegenüber herkömmlichem PVC zeichnet sich nachchloriertes PVC (PVC-C) durch einen erweiterten Temperatureinsatzbereich und eine erhöhte Korrosionsbeständigkeit gegenüber PVC-U aus. Auch der Sauerstoffbedarf (LOI) im Brandfall übersteigt mit 60 % den von PVC-U. PVC-C ist selbstverlöschend, tropft nicht brennend ab und entwickelt nur relativ wenig Rauch.
Chemisch resistent
Die genannten Eigenschaften haben dazu geführt, dass sich C-PVC zunehmend auch als Werkstoff im industriellen Bereich durchsetzt. Hierzu trägt insbesondere die erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen Säuren, Laugen und die hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber oxidierenden Chemikalien wie Chlor, Ozon und Salpetersäure bei. Mit einem Temperatureinsatzbereich von -40 bis zu +95 °C in Abhängigkeit vom Medium deckt PVC-C auch Betriebstemperaturen ab, die von PVC-U (0 bis +60 °C) nicht erfüllt werden. Zusätzlich werden Anwendungen in Kontakt mit aggressiven Medien möglich, die PP-H 100 angreifen oder zu Spannungsrissen führen. Daher finden unter anderem Rohrleitungssysteme aus PVC-C Anwendung in der Papierindustrie für Bleichlauge, in der Feuerverzinkung, in der Galvanoindustrie und in der Chlor-Alkali-Industrie oder bei der Düngemittelherstellung und zur Ableitung von heißen Brauereiabwässern mit einem Gemisch aus verschiedenen Reinigungsmitteln. Weiterhin wird PVC-C in der Vorbleiche (Papierindustrie) bei Anwesenheit von 50- bis 60-prozentigem reinem Ozon bis zu +80 °C eingesetzt. Ebenso findet nachchloriertes PVC Anwendung als Konstruktionswerkstoff in Kontakt mit der bei der Zellstoffherstellung als Abfallprodukt anfallenden, hochaggressiven Schwarzlauge (ligninhaltige Kochlauge) bis zu einer Temperatur von 80 °C. In der Chlor-Alkali-Industrie wird PVC-C für die Header verwendet, die das aus der Elektrolyse entstehende Chlor abtransportieren. Auch als Werkstoff für Lüftungsleitungen kann PVC-C neben Schwerentflammbarkeit und Korrosionsbeständigkeit eine zwingende Alternative aus chemischer Sicht sein, so bei mit Chlordioxid (28 mg/m3) angereicherter Abluft, da PVC-C hier eine Beständigkeit bis zu +60 °C aufweist.
Im konkreten Fall bedarf es jedoch der genauen Abwägung von Mediumseigenschaften, Temperatur und Druckbelastung, um den Einsatz, die Lebensdauer und damit die Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems zu beurteilen. Hier bietet Simona als Halbzeughersteller zusammen mit dem Rohstoffhersteller Noveon Anwendern Beratung an – sowohl hinsichtlich der chemischen Widerstandsfähigkeit als auch bei konstruktiven Fragen.
Gut zu verarbeiten
Unter der Bezeichnung Corzan Industrial Grade stehen Platten und Schweißdrähte aus PVC-C für den chemischen Apparate- und Anlagenbau zur Verfügung. Sie besitzen die spezifischen Eigenschaften des Werkstoffs und zeichnen sich durch eine spannungsarme Extrusion und extrem glatte Oberflächen aus, die den chemischen Angriff wesentlich erschweren. Da Platten und Schweißdrähte auf der gleichen Rohstofffamilie basieren, können Verarbeiter auf ein durchgängiges System zurückgreifen, das auch mit Rohren und Formteilen anderer Anbieter korrespondiert. Die Verschweißbarkeit von PVC-C ist eine Grundvoraussetzung für den Einsatz im Behälterbau. Wenn auch zur Zeit die Erstellung der DVS-Richtlinien für die Verschweißung von PVC-C noch nicht abgeschlossen und daher eine Beurteilung auf Basis normierter Schweißparameter schwierig ist, liegen Erfahrungswerte vor, die in Relation zu den Werten von normal und erhöht schlagzähem PVC (PVC-U, PVC-RI) gesetzt werden können. Die Verschweißung verlangt hohe Sorgfalt. Die gründliche Vorbereitung der Schweißflächen (Abziehen) und die exakte Einhaltung des engen Temperaturfensters, des Luftvolumenstroms und der Geschwindigkeit beim Warmgasziehschweißen sind nur einige Aspekte.
Ein wichtiger Vorteil von PVC-C ist die sehr gute Laminierbarkeit mit GFK oder anderen Trägermaterialien. Platten aus PVC-C Corzan Industrial Grade sind damit als Verbundbau- und Auskleidungsmaterialien prädestiniert. Bei Scherfestigkeitsversuchen auf Basis von Palatal A 410 (Polyesterharz auf Basis von Isophthalsäure) wurden mit über 16 N/mm² deutlich höhere als die für PVC-U geforderten durchschnittlichen Festigkeitswerte von 7 N/ mm² erzielt. Für die Verklebung von PVC-C bieten darüber hinaus die Firmen Henkel und Bison Kleber auf PVC-C-Basis an, die jedoch einer sorgfältigen Verarbeitung bedürfen und in der Regel nicht im chemischen Apparatebau eingesetzt werden. Auf jeden Fall sollten zu verklebende Flächen vorher mit einem sauberen Tuch und geeigneten Lösemitteln (z. B. Methylenchlorid) gereinigt werden.
Halbzeuge aus PVC-C Corzan Industrial Grade lassen sich sehr gut mechanisch bearbeiten, egal ob sägen, drehen oder bohren. Wie bei allen amorphen Kunststoffen sollte ein hartmetallbestücktes Sägeblatt verwendet werden, um Mikrorisse und Ausbrüche in der Sägenaht zu vermeiden. Für eine verbesserte UV-Beständigkeit im Außeneinsatz kann nachchloriertes PVC lackiert werden.
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Hohlkammerplatten aus Kunststoff statt Stahlverstärkung

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cav: Die Simona AG ist einer der führenden Hersteller von Kunststoffhalbzeugen für unterschiedliche Anwendungen – u. a. auch für den chemischen Anlagen- und Apparatebau. Wie haben sich diese Bereiche im zurückliegenden Jahr entwickelt und welche Erwartungen haben Sie für das Jahr 2006?
Schmitz: Wir sind mit der Entwicklung im Jahr 2005 zufrieden. Nach einem schwachen ersten Halbjahr hat sich die Auftragslage im zweiten Halbjahr deutlich verbessert. Insgesamt können wir an das für die kunststoffverarbeitende Industrie äußerst erfolgreiche Jahr 2004 anschließen. Ein wichtiger Motor war hierfür der chemische Anlagen- und Apparatebau, der am Wachstum der chemischen Industrie partizipierte. Wir schauen optimistisch in das Jahr 2006, müssen uns allerdings der zunehmenden Internationalisierung im chemischen Apparatebau stellen.
cav: Welche Erwartungen verbinden Sie mit der Entwicklung von PVC-C Corzan und wie reihen sich die Produkte in Ihre Angebotspalette für kritische Anwendungen in der chemischen Industrie ein?
Schmitz: Die PVC-C-Halbzeuge ergänzen in idealer Weise unser Produktportfolio. Wir haben am unteren Ende der Werkstoffpyramide mit PE, PP und PVC drei kostengünstige Standardpolymere mit weiten Anwendungsfeldern und am oberen Ende die teueren, teilfluorierten Halbzeuge aus PVDF und E-CTFE mit einem hohen chemischen Widerstandsprofil und einem breiten Temperatureinsatzbereich. Dazwischen war eine Lücke. Mit den PVC-C-Halbzeugen stehen nun Produkte zur Verfügung, die in einer Vielzahl von Anwendungen, insbesondere im Behälterbau, diese Lücke schließen.
cav: Sind auf der Achema weitere Produkt-Highlights von Simona für den chemischen Anlagen- und Apparatebau zu erwarten?
Schmitz: Ein weiteres Highlight auf der Achema werden Hohlkammerplatten aus den Werkstoffen PE, PP und schwerentflammbarem PP sein. Aufgrund ihrer enormen statischen Belastbarkeit erlauben sie neue konstruktive Ansätze im Rechteckbehälterbau, zudem ermöglichen sie den Bau von Behältern ohne zusätzliche Stahlverstärkungen. Gemeinsam mit Kunden haben wir die ersten Behälter entwickelt und ihre Statik mit Hilfe der FEM-Methode berechnet, da die klassische Behälterberechnung ausscheidet. Die positiven Ergebnisse dieser Berechnungen haben uns bestätigt, dass wir mit unserem Produktdesign der Hohlkammerplatte auf dem richtigen Weg sind.
cav: Welche Trends und Perspektiven zeichnen sich im Bereich Werkstofftechnik für diesen Bereich ab und wie stellen Sie sich auf diese Trends ein?
Schmitz: Der Trend im Bereich der Kunststoffhalbzeuge im chemischen Apparate- und Anlagenbau geht auf der einen Seite hin zu einer weiteren Optimierung der Verarbeitungseigenschaften der Produkte wie Schweißbarkeit, mechanische Verarbeitung, auf der anderen Seite zu einer anwendungsspezifischen Einstellung der Produkte, zum Beispiel durch Coextrusion von unterschiedlichen Funktionsschichten und Werkstoffen, um ein noch besseres Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzielen. Allerdings sind hier durch die hohen Anforderungen an die Sicherheit der Anlagen im späteren Betrieb Grenzen gesetzt.
cav: Welche Erwartungen haben Sie an die kommende Achema und wie werden Sie sich dort präsentieren?
Schmitz: Die Achema ist der weltweit größte Dreh- und Angelpunkt rund um die Chemie und nach der K in Düsseldorf der wichtigste Treffpunkt für unsere internationale Kundschaft. Wir haben unsere Standfläche in diesem Jahr erweitert und werden uns mit einem Eckstand offener präsentieren als in den Vorjahren. Der Schwerpunkt unserer Präsentation liegt ganz klar auf den neuen Produkten und den bewährten Services, die wir rund um den chemischen Apparate- und Anlagenbau anbieten.

Weitere Informationen zum Produkt
NeMa – Der Marktplatz für Werkstofftechnik
Achema 2006
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