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Biomasseanlage zur Erzeugung von Prozessdampf

Biomasseanlage zur Erzeugung von Prozessdampf
Kakaoschalen ersetzen Erdgas

Um die Dekarbonisierung voranzutreiben, erzeugt Olam Food Ingredients am Standort Mannheim seinen Prozessdampf nicht mehr mit Erdgas, sondern mit einer Biomasseanlage, die Kakaoschalen verwertet. Diese Lösung kann vielen lebensmittelverarbeitenden Unternehmen als Beispiel für die Nutzung von Reststoffen dienen.

Vor rund fünf Jahren zeichnete sich ab, dass Olam Food Ingredients (OFI) in Mannheim eine neue Anlage zur Erzeugung des Prozessdampfes benötigt. Der weltweit führende Kakaobohnenlieferant verarbeitet an diesem Standort Kakaobohnen zu Premium-de-Zaan-Kakaopulver und -butter sowie Kakaomasse. Dabei benötigt er den Dampf vor allem für die Sterilisierung, Alkalisierung und Desodorisierung der Produkte.

Die bestehende Anlage zur Erzeugung von Prozessdampf wurde mit Erdgas betrieben. Doch für OFI, wie auch für Werksleiter Andreas Rudolph persönlich, ist Nachhaltigkeit sehr wichtig. Er hatte die Idee, anstelle von Erdgas die Kakaoschalen zu verbrennen, die bei der Produktion als Reststoffe anfallen. „Da wir wettbewerbsfähig produzieren müssen, war die Voraussetzung, dass eine solche Anlage wirtschaftlich realisiert und betrieben werden kann“, ergänzt Rudolph. Das war zu dieser Zeit nicht möglich: Erdgas war kostengünstig, sodass die deutlich höheren Investitionen in eine individuell geplante Biomasseanlage nicht dadurch ausgeglichen werden konnten, dass das Brennmittel Kakaoschalen kostenfrei vorhanden ist.

Andreas Rudolph hielt dennoch an seiner Idee fest und suchte Unterstützung bei seinem langjährigen Energieversorger MVV Energie. Dessen B2B-Lösungseinheit MVV Enamic ist darauf spezialisiert, individuelle Energielösungen für Geschäftskunden zu entwickeln und sie so bei der Dekarbonisierung zu unterstützen.

Fördermittel genutzt

Ein glücklicher Zufall half dann, die Wirtschaftlichkeit der Biomasseanlage zu ermöglichen: Es wurde die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) aufgelegt. Sie fördert unter anderem Biomasseanlagen mit bis zu 45 % der förderfähigen Kosten, wenn die damit erzeugte Wärme mindestens zur Hälfte für betriebliche Prozesse genutzt wird. Diese Bedingung war bei OFI erfüllt und mit dem positiven Förderbescheid konnte das Projekt in die Planungsphase gehen. MVV Enamic übernahm die Projektleitung mit Planung, Umsetzung und Finanzierung, außerdem die Betriebsführung über 16 Jahre inklusive Brennstoff- und Genehmigungsmanagement sowie den regelmäßigen Prüfungen und Wartungen. „Wir brauchten einen Partner, der ein solches Großprojekt komplett stemmen kann, sodass wir möglichst wenig damit zu tun haben. Und wir sind froh, dass wir diesen mit der MVV Enamic gefunden haben“, betont Rudolph.

Kompetenter Anlagenbauer gesucht

Damit war OFI das erste Unternehmen in Deutschland, für das eine Biomasseanlage zur Erzeugung von Prozessdampf realisiert wurde, in der Kakaoschalen als Brennstoff dienen. Selbst weltweit gibt es nur wenige derartiger Anlagen. „Wir mussten also zuerst einen Anlagenhersteller finden, der eine solche Anlage konzipieren und bauen kann“, erläutert Markus Eisenhauer, der bei MVV Enamic als Projektleiter und Planungsingenieur tätig ist.

Schließlich stieß man auf das belgische Unternehmen Vyncke. Der Verbrennungsspezialist hatte bereits ähnliche Anlagen in Südostasien und an der Elfenbeinküste umgesetzt. Gemeinsam wurde Basisarbeit geleistet und Aspekte wie zum Beispiel das Brennverhalten und der Heizwert von Kakaoschalen ermittelt. „Auch die Frage, ob die Schalen schwer genug sind, sodass sie bei der Verbrennung auf dem Rost liegen bleiben, war zu klären“, ergänzt Eisenhauer.

Funktion der Biomasseanlage

Seit Kurzem ist die Biomasse-Kesselanlage in Betrieb. Aus dem Silo bei OFI werden die Kakaoschalen per Luftstrom in einen Vorlagebehälter geblasen und gesammelt. Mit Hilfe von Schnecken werden die Schalen auf einen Rost im Feuerraum transportiert, wo sie verbrannt werden. Dabei steigt Rauchgas mit einer Temperatur von 800 °C auf, das durch eine spezielle Kombination aus Wasserrohr- und Rauchrohrkessel geführt wird. Hier entsteht der gewünschte Prozessdampf. Dieser wird über Rohre in die Produktion geleitet.

Das Rauchgas geht durch einen Economizer. Dieser Wärmeübertrager ermöglicht die Nutzung der Abwärme zum Vorwärmen des Speisewassers und erhöht so die Effizienz der Anlage. Bevor das Rauchgas an die Außenluft abgegeben wird, passiert es eine hochmoderne Abgasaufbereitung und -reinigung, die aus einem Multizyklon und Gewebefilter besteht. Bei der Verbrennung entsteht Rostasche. Derzeit laufen Untersuchungen, ob diese als Düngemittel nutzbar ist.

Gaskessel zur Versorgungssicherheit

Da OFI 24/7 produziert, läuft der Prozess ohne Unterbrechungen. Die Kakaoschalen reichen aus, um rund 90 % des benötigten Prozessdampfes zu erzeugen. Theoretisch wären auch 100 % möglich, doch aufgrund von Revision, Reinigung und Reparaturen des Biomassekessels lassen sich diese in der Praxis nicht erreichen. Diese Lücken füllt ein Gaskessel, der im Bedarfsfall auch Spitzenlasten übernimmt und dazu beiträgt, die Versorgungssicherheit herzustellen.

Auf die Produktion wirkt sich die neue Biomasseanlage nicht aus. Doch sie hat zahlreiche positive Effekte: Die Treibhausgasemissionen am Standort sinken um etwa 8000 t pro Jahr. Außerdem entfällt die Entsorgung der Kakaoschalen, was sowohl den Aufwand bei OFI reduziert als auch den innerstädtischen LKW-Verkehr. Hinzu kommt die weitgehende Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern mit höherer Kosten- und Versorgungssicherheit.

Auch andere Reststoffe der Lebensverarbeitung lassen sich prinzipiell auf diese Art thermisch nutzen, etwa Schalen von Sonnenblumenkernen, Nüssen, Mandeln oder Getreide, aber auch Kaffeesatz oder Maisspindeln. Ob das in der Praxis möglich ist, gilt es individuell zu prüfen. „Dabei können wir nun auf unsere reichhaltigen Erfahrungen aus diesem Projekt zurückgreifen“, resümiert Eisenhauer. Die Wirtschaftlichkeit beginnt ungefähr bei einer thermischen Leistung von 3 MW. Voraussetzung ist also ein hoher Wärmebedarf und die entsprechende Menge an Reststoffen.

MVV Enamic GmbH, Mannheim


Autor: Marcel Ruschel

Regionalleitung Süd
Vertrieb Businesskunden,

MVV Enamic

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