Startseite » Food » Anlagenbau (Food) »

Biomethan als Hebel für die Dekarbonisierung

Nachhaltige und erneuerbare Alternative
Biomethan als Hebel für die Dekarbonisierung

Biomethan ist ein wertvolles Instrument zur Dekarbonisierung, insbesondere, wenn Firmen das Gas aus ihren eigenen Bioabfällen herstellen können. Nach Aussage von Vincenzo Giordano, Director Sustainability Solutions bei Engie Impact, gibt es in diesem Fall eigentlich keinen Grund, mit dem Einstieg in die Bioenergieversorgung zu warten.

 

Herr Giordano, können Sie die Bedeutung von Biogas und Biomethan für die industrielle Dekarbonisierung näher erläutern?

Vincenzo Giordano: Biogas entwickelt sich zu einem entscheidenden Hebel für die industrielle Dekarbonisierung. Es dient als nachhaltige und erneuerbare Alternative zu fossilen Brennstoffen und bietet ein wertvolles Instrument zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen in verschiedenen Branchen. Für Unternehmen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie wird die Nutzung ihrer organischen Abfälle zur Erzeugung von Biogas zu einer Kernstrategie. Dies ergänzt nicht nur die Elektrifizierung ihrer Betriebe, sondern bietet auch die Möglichkeit, Produktionsüberschüsse zu vermarkten und Abfälle aus ihrem Ökosystem zu integrieren, um Scope-3-Emissionen zu dekarbonisieren.

Können Sie kurz erklären, was Biogas und Biomethan unterscheidet und wie sie genutzt werden?

Giordano: Biogas entsteht bei der anaeroben Vergärung von organischen Stoffen wie Lebensmittelabfällen, Tiermist oder landwirtschaftlichen Rückständen. Es besteht aus Methan, Kohlendioxid und Spuren anderer Reststoffe. Biogas kann in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) zur Erzeugung von Wärme und Strom genutzt werden. Wird es auf Erdgasqualität aufbereitet, spricht man von Biomethan. Biomethan kann in das Gasnetz eingespeist werden und ist somit vielseitig einsetzbar, z. B. zur Stromerzeugung, zum Heizen, zum Kochen und sogar als Kraftstoff für Bio-Erdgas-Fahrzeuge.

Die Biomethanproduktion steht vor einem exponentiellen Wachstum. Das EU-Ziel von 35 Mrd. m3/h bis 2030 mit geschätzten Investitionen von 37 Mrd. Euro spiegelt das Engagement der EU wider, Biomethan zu einem wichtigen erneuerbaren Gas zu machen. Diese Initiative ist Teil einer umfassenderen Strategie zur Schaffung eines ausgewogenen Energiesystems und zur Entlastung der Strominfrastruktur.

Welche Unsicherheiten gibt es und wie können Lebensmittel- und Getränkehersteller diese in Chancen umwandeln?

Giordano: Zu den Unsicherheiten bei der Biomethanproduktion gehören Herausforderungen im Zusammenhang mit den verfügbaren Mengen, den Marktmechanismen und den rechtlichen Rahmenbedingungen. Die sich entwickelnden Zertifizierungssysteme erhöhen die Komplexität. Diese Ungewissheiten stellen jedoch eine hervorragende Gelegenheit für F&B-Unternehmen dar, ihre Bioabfälle zu verwerten. Durch die Zusammenarbeit mit erfahrenen Biomethanproduzenten können sich Unternehmen einen frühzeitigen Zugang zu Biomethanmengen sichern, die Kosten für grüne Energie senken und eine bessere Geschäftsgrundlage schaffen. Die zirkuläre Nutzung von Bioabfällen bietet zusätzliche Vorteile wie Energieunabhängigkeit, niedrigere Rohstoffkosten und das Potenzial zur Abscheidung von biogenem CO2.

Gibt es Beispiele aus der Praxis, wie diese Möglichkeit genutzt wird und was dabei zu beachten ist?

Giordano: Ein bekanntes F&B-Unternehmen hat sich für alle seine Produktionsstandorte das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 keinen Abfall mehr zu produzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, hat das Unternehmen ein Programm zur Wiederverwendung von Bioabfällen gestartet: Bioabfälle werden als Dünger für die örtlichen Landwirte verwendet, Nährstoffe für den menschlichen und tierischen Verzehr werden getrennt und die verbleibenden Abfälle werden in Biogasanlagen vor Ort in Biogas umgewandelt.

Lassen Sie uns einen Blick auf die wichtigsten Überlegungen werfen, die bei der Erforschung der Biomethanproduktion in diesem Beispiel zu berücksichtigen sind:

Giordano: Bei den Rohstoffen ist auf Nachhaltigkeit zu achten: Gebiete mit hoher Biodiversität oder hohem Kohlenstoffgehalt sollten vermieden werden. Die Herkunft der Rohstoffe sollte rückverfolgbar sein und der Produktionsprozess sollte zu einer signifikanten Einsparung von Treibhausgasen führen. Die Unternehmen sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass sie durch die Verwendung von Abfällen oder Nebenprodukten als Rohstoff nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelkette treten. Unternehmen sollten sich auch darüber im Klaren sein, welche Auswirkungen die Verwertung ihrer Bioabfälle auf die Kosten für die Beschaffung von Biomethan im Vergleich zum Kauf von Biomethan hat. Dabei ist auch die Kostenwettbewerbsfähigkeit von Biomethan im Vergleich zu anderen Dekarbonisierungsmethoden zu berücksichtigen. Es sollte zwischen der Produktion von Biomethan vor Ort und der Zusammenarbeit mit externen Anlagen abgewogen werden, und die Aushandlung besserer Preise für Biomethan ist ein strategischer Aspekt. Es gibt auch Herausforderungen in Bezug auf den Umfang, den Transport und die Sicherheit eines Biomethanabnahmevertrags. Der Umfang ist entscheidend für die Wirtschaftlichkeit von Biomethanprojekten. Der Transport sollte ebenfalls wirtschaftlich sein, mit einer angemessenen Entfernung zwischen dem Rohstofflager und der Biogasanlage. Wenn das Bioabfallvolumen nicht ausreicht, ist es wichtig, mit den Entwicklern einen Vertrag über den Kauf von Biomethan abzuschließen. Schließlich ist es wichtig, die Marktmechanismen im Auge zu behalten und die Versorgung frühzeitig zu sichern. Die Entwicklung der Biomethanzertifizierung hin zu einem europäischen Binnenmarkt bietet Möglichkeiten zur Optimierung der Beschaffung. Die Beteiligung an Projekten außerhalb des eigenen Standorts und die Umwandlung von überschüssigem Biomethan in Zertifikate können dazu beitragen, Risiken auszugleichen.

Welche Rolle spielt ein Energieberatungsunternehmen bei der Umsetzung eines Biomethanprojekts?

Giordano: Für die Überwindung der technischen und finanziellen Hürden ist die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen technischen Partner entscheidend. Von der Machbarkeitsstudie über den Bau bis hin zu Betrieb und Wartung unterstützt ein zuverlässiger Partner das Projekt. Einige Partner können auch die Finanzierung über Serviceverträge anbieten.

Was würden Sie abschließend Unternehmen mit auf den Weg geben, die auf Biomethan umsteigen wollen?

Giordano: Für Lebensmittel- und Getränkehersteller ist die Einführung von Biomethan eine effektive Strategie auf dem Weg zur Nachhaltigkeit. Sie bietet nicht nur eine Möglichkeit zur Dekarbonisierung des Betriebs, sondern auch eine zirkuläre Verwertung von Bioabfällen, die zur Energieunabhängigkeit beiträgt und Beschaffungsrisiken reduziert. Angesichts der Dynamik des Bioenergiesektors und der Dringlichkeit der Dekarbonisierung gibt es keinen Grund, mit dem Einstieg in Biomethan zu warten. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, in denen Bioabfälle anfallen. Erfahrene Partner können wertvolle Einblicke liefern, um den Transformationsprozess in Gang zu bringen.

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: Engie Impact


DAS INTERVIEW FÜHRTE FÜR SIE Daniela Held

Redakteurin


„Biogas entwickelt sich zu einem entscheidenden Hebel für die industrielle Dekarbonisierung.“

Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de