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Es geht um die Wurst

Einsatz papierloser Schreiber zur Datenaufzeichnung und Steuerung bei Fermentationsprozessen
Es geht um die Wurst

Von den etwa 360 verschiedenen Rohwurstsorten in Europa werden nur noch sehr wenige ohne Hilfe von Starterkulturen hergestellt. Das Stuttgarter Unternehmen Gewürzmüller produziert ca. 90 t dieser Kulturen pro Jahr. Zur Aufzeichnung der Prozessdaten bei der Herstellung und zur Steuerung des Betriebsablaufes nutzt man bei Gewürzmüller DAQstations von Yokogawa.

Starterkulturen sind Mischungen hochspezifischer Mikroorganismen, lebender Zellen, die einen entscheidenden Beitrag zur Reifung von Rohwürsten leisten. Durch ihre Auswahl und Zusammensetzung lassen sich neben mikrobiologischer Stabilität auch Farbgebung, Textur, Aroma und Geschmack beeinflussen. Als man in den 50er Jahren die mikrobiologischen Vorgänge bei der Rohwurstreifung erstmals genauer untersuchte, stellte man fest, dass die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Rohwurstbrät sowohl vom Ausgangsmaterial als auch von der „Hausflora“ des Produktionsbetriebs abhängt – ein Aspekt, der nach heutigen hygienischen Ansprüchen undenkbar erscheint. Heute werden die Reifungsvorgänge gezielt beeinflusst, indem der Wursthersteller Rohwurstbrät mit Starterkulturen in hoher Zahl beimpft und damit die gewünschte positive Flora erzeugt. Vor allem in der Industrie gibt es kaum noch einen Betrieb, der nicht darauf zurückgreift.

Seit den 80er Jahren produziert der Geschäftsbereich Bitec (Biotechnologie) Starterkulturen für Fleisch- und Wurstwaren, daneben arbeitet er als Lohnfermentierer für die Agrar-, Pharma- und Backindustrie.
Einsatz der DAQStations
Die Produktion der Starterkulturen findet in Fermentern statt. Um ein möglichst schnelles Bakterienwachstum zu erzielen, müssen neben der speziell an die Bedürfnisse der Mikroorganismen angepassten Nährstoffversorgung eine Reihe weiterer Parameter sorgfältig eingestellt werden. Im Wesentlichen sind dies pH-Wert, Begasung – bei aeroben Stämmen Sauerstoff, bei anaeroben Stickstoff –, Temperatur, Rührerdrehzahl, Druck und Anti-Schaumsteuerung. Die Aufzeichnung dieser Parameter übernehmen die DAQstations DX100 und DX200 von Yokogawa. Und in gewisser Weise nutzt Bitec diese Schreiber auch zur Steuerung des Betriebsablaufes, denn die Vermehrungsprozesse laufen über mehrere Tage, nachts ohne Anwesenheit eines Mitarbeiters.
Momentan sind vier papierlose Recorder, drei DX200 und ein DX100, bei Gewürzmüller im Einsatz. Der DX200 zeichnet die Parameter aus dem Prozess, pH-Wert, Begasung, Temperaturen, Rührerdrehzahl, Druck, Anti-Schaumsteuerung, auf. Der DX100 wird im Abwasserbereich zum Verfolgen von Temperatur und pH-Wert des Abwassers eingesetzt – diese Aufzeichnung ist eine Auflage des Wasserwirtschaftsamtes.
Der Einsatz von Yokogawa-Schreibern bei Gewürzmüller hat eine lange Tradition, er begann mit den LED-Anzeigegeräten µR100 bei den Forschungsfermentern und den Papierschreibern µR1000 und 1800 in der Produktion. Ein µR100 mit 7-Segment-Anzeige läuft seit 15 Jahren und zeichnet noch heute die Temperaturen in den Kühl- und Tiefkühlräumen auf. Bei ihm wurde bisher nur das Display ausgetauscht.
Komfortabel, ohne Papier
Den Ersatz der Papierschreiber durch die papierlosen Bildschirmschreiber DX100 und DX200 begründet Arno Burkart, Leiter Fermentation bei Bitec, so: „Wir wollten weg vom Papier, in Richtung elektronischer Datensicherung. Darum haben wir die Entscheidung getroffen, neue Geräte zu kaufen.“ Ein weiterer Grund war die einfachere Parametrierung und Bedienung der neuen Geräte. Die Möglichkeit, das Programm auf einer Diskette abzuspeichern, und es bei einem Totalverlust – „was bisher noch nicht vorgekommen ist“, so Burkart – wieder einspielen zu können, sieht er sehr positiv. Auch bei der Inbetriebnahme von Anlagen muss er nun nicht mehr alle Parameter eingeben. „Wir haben bei einer kleinen Anlage neue Schreiber in Betrieb genommen, indem wir ein vorhandenes Programm eingespielt und die Parameter, die wir nicht brauchten, gelöscht haben. Das war eine Arbeit von 10 min. Bei den alten Schreibern hätte das sehr viel länger gedauert.“
Die anfallenden Daten werden auf einem PC im Netzwerk archiviert und nur bei Bedarf ausgedruckt. Burkart: „Auch wenn ein Störfall vorliegt, gibt es einen Ausdruck zur Dokumentation der Störung und einen Maßnahmebericht, damit wir die Störung beheben können.“ Zur Prozessentwicklung und -optimierung sind die Prozessdaten nicht erforderlich. Dafür gibt es eine Entwicklungsabteilung. Ihre Hauptaufgabe ist es, neue Kulturen zu entwickeln und für die bestehenden die Zusammensetzung der Nährmedien sowie die Prozessparameter weiter zu optimieren. Vorrangiges Ziel hierbei ist die Verringerung des Aufwands bei gleichzeitiger Erhöhung der Ausbeuten. Auch in der Vorprozessstufe, im 100-l-Maßstab, sind papierlose Recorder zur Aufzeichnung installiert.
Informationen via SMS
Mit den Vorgängermodellen der DAQstations, den Papierschreibern µR100, 1000 und 1800, war die Alarmverfolgung außerhalb der normalen Betriebszeiten über eine externe Wach- und Schließgesellschaft realisiert, die bei einem Alarm die entsprechende Bereitschaft anrufen musste. Mit den papierlosen Recordern besteht die Möglichkeit, diese Information direkt vom Schreiber versenden zu lassen. Wenn heute ein Fermenter einen Alarm generiert, bekommt die Bereitschaft eine SMS direkt nach Hause auf ihr Handy.
Doch nicht nur für Alarme werden die DAQstations genutzt. Die Recorder können auch Ist-Daten zu einem bestimmten Zeitpunkt – als E-Mail oder SMS auf ein Handy – versenden oder in gewissen Zeitabständen über den Ist-Zustand der Anlage informieren. Burkart schätzt auch die Einbindung der DAQstations ins Internet: „Ich kann von zu Hause, von extern auf die Schreiber zugreifen, kann über Internet schauen, welche Störung vorliegt oder wie weit der Prozess ist. Damit kann ich abschätzen, wann die anderen Mitarbeiter am Morgen kommen.“ Auch die Mitarbeiter in der Produktion nutzen die DAQstations dazu, ihre eigene Arbeitszeit zu optimieren. Die Fermentation ist ein biologischer Prozess, bei dem man zwar in der Lage ist, das Ende der Fermentationszeit bei den Standardprodukten auf etwa zwei Stunden genau vorherzusagen. Steht allerdings mitten in der Nacht eine Ernte an und die Mitarbeiter kommen zur berechneten Zeit, kann es sein, dass sie noch länger als eine Stunde warten müssen. Im Gegensatz zur berechneten Zeit gibt das Niveau des Laugenbehälters einen recht genauen Wert über den Zuckergehalt der Nährlösung: Wurde eine bestimmte Menge Lauge dosiert, ist kein Zucker mehr vorhanden. So stellen die Mitarbeiter ganz bewusst einen Alarmwert auf das Niveau der Laugenvorlage. Burkart erläutert es so: „Niveau Laugenvorlage bei 125 bedeutet, dass noch eine Stunde bis zur Ernte ist. Dann kann der Mitarbeiter auf den Punkt da sein. Das wird eigentlich am häufigsten genutzt, häufiger, als dass es irgendwelche Alarme oder Ausfälle gibt.“ Durch die prozessorientierte Steuerung der Arbeitszeit und die Benachrichtigung durch die DAQstations sind die Mitarbeiter genau dann an ihrem Arbeitsplatz, wenn Arbeit anfällt. Die Orientierung der Arbeitszeiten an den Stoffwechselzyklen der Kulturen fordert natürlich von den Mitarbeitern ein gewisses Maß an Flexibilität, ist allerdings für die Arbeitszeitausnutzung optimal.
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Technische Ausstattung der DAQstation-Schreiber
Die papierlosen Bildschirmschreiber DAQstation zeigen Messdaten in Echtzeit auf einem hoch auflösenden TFT-Bildschirm an und speichern sie intern. Dabei kann zwischen unterschiedlichen Darstellungsarten, z. B. numerische Anzeige, Balken- oder Trendanzeige, ausgewählt werden. Werte, die ihre Alarmgrenzen überschritten haben, sind rot oder rot unterlegt dargestellt. Die interne Speicherung erfolgt in einem verschlüsselten Format, nur autorisierte Bediener haben Zugriff auf die Daten (Login-Funktion). Die Datensicherung ist entweder zeitgesteuert automatisch oder bei Bedarf manuell auf Diskette, ZIP-Disk, Flash-Speicherkarte oder im Netzwerk möglich.
Zur Abtastung der Eingangssignale (2 bis 12 bei DX100, 4 bis 30 bei DX200) werden Halbleiterrelais mit hoher Durchbruchspannung eingesetzt, die DC-Spannungs- und Thermoelement-Eingänge sind kanalweise galvanisch getrennt. Jede DAQstation ist mit einer Ethernet-Schnittstelle ausgestattet und damit netzwerkfähig.

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