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Vollautomatische Zuckerproduktion

pH-Sonde trotzt härtesten Bedingungen
Vollautomatische Zuckerproduktion

Deutschland zählt mit einer Jahresproduktion von 3,8 Mio. t Zucker im Wirtschaftsjahr 2003/2004 zu den größten Produzenten der EU. Verarbeitet werden hauptsächlich Zuckerrüben, die bis zu 20 % Zucker (Saccharose) enthalten. Dazu wird ein zweistufiges Verfahren, die so genannte Carbonatation, eingesetzt, das jedoch durch die chemischen und mechanischen Prozesse die Messtechnik vor erhebliche Probleme stellt. In der Zuckerfabrik Jülich AG konnten diese erstmals durch ein neues Messsystem gelöst werden.

Die zerkleinerten Zuckerrüben werden mit ca. 70 °C heißem Wasser in einem Extraktionsturm ausgelaugt. Dadurch entsteht ein Rohsaft, der fast 99 % des Rübenzuckers enthält. Zur Reinigung des Rohsaftes werden Kalk und Kohlensäure eingesetzt. Der Kalk wird als Kalkmilch dem Rohsaft beigegeben. In diese Mischung wird das Kohlendioxid eingeleitet, wodurch der Kalk einschließlich der Nichtzuckerstoffe stabil ausfällt und abfiltriert werden kann. Dieser Prozess wird als Carbonatation bezeichnet und in einer zweiten Stufe wiederholt.

Übrig bleibt ein Dünnsaft mit einem Zuckergehalt von etwa 16 %, der zur Eindickung weiterverarbeitet wird. Der Zucker wird durch Umkristallisierung und Zentrifugation gereinigt; der abfiltrierte Carbokalk wird als Düngemittel in der Landwirtschaft verwendet.
pH-Wert entscheidend
Da die Wirkung der Carbonatation vom pH-Wert bestimmt wird, muss dieser während beider Carbonatationsstufen kontinuierlich gemessen werden. In der ersten Stufe wird er um einen Wert von ca. 11 gehalten. Hierzu wird bei etwa 70 °C Kohlendioxid eingeleitet, so dass die Kalkmilch zusammen mit den Verunreinigungen ausfällt. Der Filterkuchen aus dieser ersten Carbonatationsphase enthält noch beträchtliche Mengen Zucker und wird deswegen gewaschen. Das zuckerhaltige Waschwasser, das jedoch auch noch unerwünschtes Calciumhydroxid enthält, wird zusammen mit dem Filtrat der ersten Stufe in den Prozess zurückgegeben. Die restliche Kalkmilch wird in einer zweiten Carbonatationsphase bei einer Temperatur von 90 bis 95 °C gefällt. Das in der zweiten Carbonatationsstufe eingeleitete Kohlendioxid (bzw. die durch Reaktion mit Wasser entstehende Kohlensäure) senkt den pH-Wert weiter auf ca. 9. Um eine einfache Vergleichbarkeit mit Labormesswerten zu gewährleisten, wird der bei 90 °C gemessene Wert vom intelligenten pH-Messumformer Protos 3400 automatisch auf den entsprechenden Betrag bei 20 °C zurückgerechnet.
Verfahrens- und messtechnische Probleme
Besonders während der zweiten Carbonatationsstufe sind die Anforderungen an die pH-Messstelle hoch. Zum hohen Feststoffanteil des Rohsaftes und der Temperatur von ca. 90 °C kommt außerdem eine extreme Belagbildung durch Kalk, Nichtzuckerstoffe sowie klebrigen Sirup – am Ende der Zuckerkampagne können die Ablagerungen in der Anlage mehrere 10 cm dick sein. Während der Kampagne mussten die Messstellen in Zuckerfabriken daher bislang mehrmals täglich geprüft und gereinigt werden, was mit hohem Aufwand und Personaleinsatz verbunden war. Trotz der Rund-um-die-Uhr-Betreuung und dem Einsatz von Reinigungsmitteln auf der Basis von Amidosulfonsäure war die Verfügbarkeit der Messstelle jedoch gering. Eine Automatisierung scheiterte bisher an der mangelnden Zuverlässigkeit der zur Verfügung stehenden Armaturen für die pH-Sensoren, beispielsweise sitzen metallische Kugelhahn- oder Verschiebearmaturen nach kurzer Zeit fest und führen damit zu einem Ausfall der Messstelle.
Die automatisierte Lösung
Die Fernkalibriersonde Ceramat WA 150 in Verbindung mit dem automatischen Reinigungs- und Kalibriersystem Unical 9000 erlaubt eine volle Automation dieser schwierigen Messstelle bei höchster Verfügbarkeit. Die eigentliche Prozessschleuse der Fernkalibriersonde Ceramat besteht aus einer praktisch unzerstörbaren, durch Drehung öffnenden und schließenden Aluminiumoxid-Keramik und einem korrosionsbeständigen, carbonverstärkten, aber nicht bewegtem Kunststoffgehäuse aus Peek. Die Vorteile der Keramik liegen in ihrer Härte (Grad 9 der Mohs-Skala); an den planen Dichtflächen entsteht somit auch in abrasiven Medien kein Verschleiß. Geläppte und polierte Dichtflächen gewährleisten höchste und konstante Dichtigkeit. Hohe mechanische Festigkeit, hohe Temperaturbeständigkeit und nahezu universelle chemische Beständigkeit gewährleisten den reibungslosen Einsatz auch unter schwierigen äußeren Bedingungen. Bei konventionellen Schiebearmaturen, deren Sensoren axial an Kolbenstangen in den Prozess hinein- und herausgeführt werden, treten hingegen schnell Verkrustungen auf, die diese Bewegung blockieren.
Das statische Sondengehäuse von Ceramat zeigt keine Ablagerungen; die Dichtungen werden nicht permanent dynamisch (mechanisch und chemisch) belastet. Trotzdem ist die Fernkalibriersonde besonders wartungsfreundlich ausgelegt. Der pneumatische Antrieb ist unter vollem Prozessdruck vor Ort austauschbar, dabei sind alle relevanten Dichtungen und die Spülkammer ohne Spezialwerkzeug zugänglich. In Verbindung mit der automatischen Steuerung Unical wird der Sensor regelmäßig automatisch gereinigt und kalibriert. Wegen der Trägheit des Prozesses kann der Sensor zur Schonung und Verlängerung der Standzeit in der Spülkammer verweilen und nur kurzzeitig zur Messung (z. B. in zweiminütigen Abständen für jeweils 20 s) in das Prozessmedium eingefahren werden.
Fazit
Die Prozesschleuse Ceramat WA 150 und das Reinigungs- und Kalibriersystem Unical 9000 ermöglichen in der Zuckerfabrik Jülich AG, wo insgesamt drei mit Knick-Geräten ausgerüstete Messstationen eingesetzt werden, erstmals einen vollautomatischen Messbetrieb während der gesamten Zuckerkampagne. Diese Komplettlösung gewährleistet eine optimale Prozessführung, dank ihrer hohen Verfügbarkeit und den geringen Wartungskosten werden auch die Betriebskosten minimiert.
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Erfolg auf der ganzen Linie

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dei: Herr Sußmann, Sie haben die pH-Wert-Messung in der Carbonatation automatisiert und damit während der Zuckerkampagne 2004 erste Erfahrungen gesammelt. Lief denn wirklich alles automatisch?
Sußmann: Nun, es funktionierte sozusagen nicht gleich alles auf Anhieb – wir hatten nicht mit so vielen kniffligen Stellen gerechnet. Aber nachdem wir die Tücken beseitigt hatten, war die Automatisierung ein Erfolg auf der ganzen Linie.
dei: Dann lassen Sie uns mit der Erfolgsmeldung beginnen. Was haben Sie erreicht?
Sußmann: Zuerst einmal liefert die neue Messtechnik jetzt über die gesamte Kampagne genauere Werte, weswegen wir weniger Kalk und Kohlendioxid zusetzen müssen. Außerdem hat durch die Automatisierung die Hektik während der Zuckerkampagne abgenommen. Für unsere Mitarbeiter bedeutet das eine deutliche Entlastung.
dei: Sie sprachen aber auch von Tücken. Wie haben Sie diese umschifft?
Sußmann: Um diese aufzuspüren, hatten wir während der vorletzten Zuckerkampagne sowohl die herkömmliche als auch die automatische Messtechnik im Einsatz, nicht zuletzt auch, um deren Zuverlässigkeit zu testen. Zwei Probleme traten im Betrieb auf: Erstens bereitete uns unsere Standard-Elektrode Schwierigkeiten – sie wurde bei der automatischen Reinigung nicht vollständig gespült. Das ist ja auch bei der manuellen Reinigung schon schwierig. Durch den Einsatz von Sonden mit Keramikdiaphragmen und von Keramik-Sensorschleusen konnten wir das Problem lösen.
dei: Und das zweite Problem?
Sußmann: Das war der pH-Wert selbst. Wir messen und kalibrieren jetzt direkt im Prozess bei Temperaturen um 90 °C. Die Kalibrierflüssigkeit, die von außen zugeführt wird, hat allerdings Raumtemperatur und einen pH-Wert von ca. 9 bis 9,5. Sie erwärmt sich natürlich, und dabei kommt es zu Verzerrungen der Werte. Dies musste bei der Messung für unser Prozessleitsystem berücksichtigt werden.
dei: Wie haben Sie das gelöst?
Sußmann: Zunächst überlegten wir schon, die Kalibrierlösung anzuwärmen. Dann haben Knick-Mitarbeiter eine bessere Lösung gefunden: Wir bringen die Kalibrierflüssigkeit jetzt einfach auf einen pH-Wert zwischen 4 und 7, die Anpassung nimmt dann das Analysenmessgerät vor. Im Gerät ist eine Tabelle hinterlegt, anhand derer die gemessenen pH-Werte in Werte für die Justierung umgerechnet werden. So konnten wir die unterschiedlichen Mess- und Kalibrierungstemperaturen anpassen.
dei: Ließe sich diese Lösung ohne weiteres auf andere Zuckerfabriken übertragen?
Sußmann: Sicherlich, nachdem wir sie sozusagen für den Einsatz unter harten Bedingungen tauglich gemacht haben.

Mehr zum Einsatz der pH-Messung bei der Zuckergewinnung
Verein Deutscher Zuckertechniker
Von der Rübe zum Zucker
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