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O-Ringe unter Druck

Bestimmung des Rückstellvermögens verschiedener Fluorelastomere
O-Ringe unter Druck

Perfluorelastomere bieten eine hohe chemische und thermische Beständigkeit. Allerdings treten an O-Ringen aus einigen dieser Werkstoffe im Einsatz größere bleibende Verformungen auf, die zu Leckagen führen. Über die Messung des Druckverformungsrestes lassen sich Unterschiede im elastischen Rückstellvermögen verschiedener Elastomerqualitäten ermitteln.

Dipl.-Ing.(FH) Gerhard Buch

Perfluorelastomere (FFKM) haben sich in der Dichtungstechnik für chemisch und thermisch hochbeanspruchte Anwendungen durchgesetzt. FKM-Werkstoffe sind Fluorelastomere mit einzelnen Fluor-, Perfluoralkyl- oder Perfluoralkoxy-Substituenten an der Polymerkette. Bei Perfluorelastomeren (FFKM) bestehen diese Gruppen ausschließlich aus den oben angeführten Substituenten. In der chemischen Industrie finden O-Ringe aus FFKM-Materialien beispielsweise in Rührwerken, Pumpen, Meßgeräten oder Ventilen bei Kontakt mit aggressiven Medien Einsatz (Abb. 1). Ist eine gummielastische Alternative zu PTFE gefordert, bieten Perfluorelastomere eine ähnlich umfassende chemische Beständigkeit mit weitgehend dauerhaftem Rückstellvermögen. Die Elastizität dieses Materials erlaubt die Verwendung als selbstdichtendes Element, da der von PTFE bekannte „Kaltfluß“, die plastische Verformung unter rein mechanischer Belastung, praktisch nicht auftritt.
Die Parofluor(r) Perfluorelastomer-Werkstoffpalette umfaßt elf verschiedene Werkstoffe. Neben anwendungsbezogenen Rezepturen sind mit V3860-75 (weiß) und V8545-75 (schwarz) zwei Standardqualitäten erhältlich. Die Werkstoffklasse „Hifluor“, ein Fluorelastomer mit dem Standardwerkstoff V3819-75, bietet in den meisten Medien eine zu FFKM vergleichbare chemische Beständigkeit bei noch besseren elastischen Eigenschaften.
Bleibende Verformung
Einige Perfluorelastomere besitzen keine dauerhaft gute Elastizität und weisen vor allem bei thermischer Belastung bleibende Verformungen auf.
Zyklisch schwankende Betriebstemperaturen, wie sie beispielsweise bei Gleitringdichtungen an nur zeitweise in Betrieb befindlichen Pumpen auftreten, vergrößern die Gefahr von bleibender Verformung.
Der Druckverformungsrest (DVR) oder englisch „Compression Set“ ist ein Maß für den Verlust an Rückstellvermögen eines elastischen Werkstoffs. Ein großer Druckverformungsrest bedeutet in der Praxis einen Verlust an Dichtkraft und eine erhöhte Gefahr der Leckage. Der Verlust des Rückstellvermögens kann durch physikalische oder chemische Vorgänge im Elastomer hervorgerufen werden.
Die pysikalische Relaxation ist meist reversibel und tritt durch Umlagerung der Molekülketten bei mechanischer Belastung auf. Die chemische Relaxation – Spaltung der Polymerketten oder der Vernetzungsstellen – ist stark temperaturabhängig und macht sich in der Praxis hauptsächlich bei höheren Temperaturen bemerkbar.
Messung des Druckverformungsrestes
Die Messung des Druckverformungsrestes ist in DIN 53517 genormt und erfolgt im Labor üblicherweise bei konstanten Temperaturen. Der DVR ist abhängig von der Prüfzeit, der Prüftemperatur, der Ausgangsverpressung und von der Geometrie des Prüfkörpers. Zum Vergleich verschiedener Werkstoffe ist es deshalb wichtig, die Prüfung an einer einheitlichen Schnurstärke durchzuführen.
Ein Beispielversuch zeigt das Rückstellvermögen von O-Ringen der Schnurstärke 3,53 mm bei unterschiedlichen Ausgangsverpressungen. Die Prüfzeit war bei diesem Versuch 70 h, die Temperatur betrug 200 °C. Bei kleinen Ausgangsverformungen treten besonders hohe Druckverformungsreste auf (Abb. 2). Eine geschickte Rezepturgestaltung, wie beispielsweise bei Parofluor V8545-75, verringert die Empfindlichkeit gegenüber niedrigen Ausgangsverpressungen erheblich.
Der thermische Ausdehnungskoeffizient von Perfluorelastomeren ist im Vergleich zu anderen Elastomeren groß. Beträgt dieser beispielsweise für Nitril-Butadien-Kautschuk (NBR) ca. 100 • 10-6 K-1 und für FKM ca. 200 • 10-6 K-1, so liegen FFKM-Werkstoffe durchschnittlich bei 300 • 10-6 K-1. Abb. 3 stellt die Finite-Elemente-Berechnung der in einem verpreßten O-Ring-Querschnitt aus Perfluorelastomer aufgrund thermischer Ausdehnung auftretenden mechanischen Spannungen graphisch dar. Die stark schwankenden Spannungszustände bei zyklisch wechselnden Temperaturen unterstützen Gleitbewegungen der Makromoleküle im Elastomer und tragen so zur bleibenden Verformung bei.
Temperatur-Zyklus-Test
Unterschiede zwischen dem bei konstanter Temperatur ermittelten Druckverformungsrest und dem Betriebsverhalten von O-Ringen in der Praxis dienten als Grundlage für einen Temperatur-Zyklus-Test. Bei diesem Versuch wurden O-Ringe mit der Schnurstärke 3,53 mm um 16% verpreßt und unterschiedlichen Temperaturzyklen ausgesetzt. Nach zwei und nach fünf Zyklen erfolgte die Ermittlung des Druckverformungsrestes jeweils eine halbe Stunde nach Entspannung bei Raumtemperatur.
Im Test waren neben dem Standard-Parofluor V8545-75 und dem Hifluor-Werkstoff V3819-75 drei herkömmliche Perfluorelastomere. Abb. 4 zeigt den Druckverformungsrest (DVR) in Prozent. Hifluor V3819-75 weist nach fünf Zyklen mit 44% die niedrigste bleibende Verformung auf, gefolgt von Parofluor V8545-75 mit 63% DVR. Die Perfluorelastomere A, B und C lagen nach 5 Zyklen bei Werten zwischen 71% und über 85% bleibender Verformung. Damit bietet Parofluor V8545-75 einen kleineren Druckverformungsrest bei zyklischen Temperaturen sowie die geringste Empfindlichkeit gegen kleine Verformungen. Lediglich Hifluor V3819-75 besitzt eine größere Rückstellfähigkeit bei zyklisch wechselnden Temperaturen.
Rechnerische Simulation des Druckverformungsrestes
Der Druckverformungsrest ist eine mittelbare Größe, die eine Aussage über das Langzeitverhalten einer Dichtung liefert. Ist das Relaxationsverhalten eines Elastomerwerkstoffs bekannt, läßt sich der Druckverformungsrest rechnerisch ermitteln.
In Abb. 5 sind die Simulationsergebnisse des DVR-Vorganges mit Hilfe einer Finite-Elemente-Berechnung dargestellt. Der O-Ring unterliegt bei Raumtemperatur einer 20%igen Verpressung. Die Farbabstufungen zeigen die dabei auftretenden Spannungen an.
Im linken Teil ist zu erkennen, daß sich nach einer Belastungsdauer von 250 h bei 120 °C das Niveau der Spannungen verringert. Kühlt man den O-Ring nach der Belastungszeit wieder auf Raumtemperatur ab und entlastet ihn, so ergibt sich die im unteren Teilbild unterbrochen gezeichnete Kontur. Hierbei ist eine geringfügige bleibende Verformung zu erkennen. Bei einer Vergrößerung der Belastungszeit auf 1000 h sinkt das Niveau der Spannungen weiter ab, wie im rechten Teilbild ersichtlich. Nach Abkühlung auf Raumtemperatur und Entspannung kommt es in diesem Fall zu einer großen bleibenden Verformung, die einem Druckverformungsrest von nahezu 100% entspricht.
In der Praxis bewährt
Praxiserfahrungen bestätigen die guten Testergebnisse. Bestehen hinsichtlich Temperaturbelastbarkeit, chemischer Beständigkeit und geringem Druckverformungsrest sehr hohe Anforderungen, ist Parofluor V8545-75 ein geeigneter Werkstoff. Als „dynamischer“ O-Ring in Gleitringdichtungen dichtet Parofluor V8545-75 bei schwankenden Temperaturen, niedriger Verpressung und aggressiven Chemikalien.
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