Startseite » Food » Verpackungstechnik (Food) »

Energiebilanz von Flaschen: Glas versus PET

Teure Produktion und Logistik verschlechtern die Energiebilanz von Glasflaschen
Energiebilanz von Flaschen: Glas versus PET

Die Energiebilanz von Glasflaschen ist ungünstig. Hinzu kommen drastisch gestiegene Rohstoffpreise, die die Gebinde zusätzlich verteuern. Eine ökologisch wie ökonomisch gute Alternative sind PET-Flaschen. Sogar in mehrfacher Hinsicht.

Heißer als in einem Vulkan geht es bei der Glasherstellung zu. Bis zu 1600 °C brauchen die Rohstoffe, darunter Sand, Kalk und Soda, um zu schmelzen. Selbst bei einem Anteil von 65 % Scherben aus Altglas sind es immer noch 1400 °C. Hierfür müssen die Glashütten pausenlos mit Gas oder Öl einheizen, ihre Öfen dürfen keinen Moment stillstehen, ansonsten gehen sie kaputt. Das hat seinen Preis, vor allem derzeit. Denn die gestiegenen Energiekosten schlagen voll durch, trotz staatlicher Preisbremsen.

Glasherstellung extrem energieintensiv

Laut dem Deutschem Umweltbundesamt gehört die Glasherstellung zu den energieintensivsten Industrien überhaupt. Entsprechend hoch ist der Versorgungsbedarf wie auch die Emission von Kohlendioxid, Stickoxid, Schwefeldioxid und Staub.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) macht im „Branchensteckbrief der Glasindustrie“ von 2020 dazu folgende Angaben: Im Jahr 2015 benötigte die Glaswirtschaft allein für den Schmelzprozess 51,93 PJ Energie, was rund 14 436 GWh entspricht. Zum Vergleich: Eine herkömmliche Windkraftanlage produziert bei einer Leistung von 6 MW etwa 10 GWh pro Jahr und beliefert damit in diesem Zeitraum rund 3500 Haushalte mit Elektrizität [1]. Wollte man daraus den Energiebedarf der Glasindustrie von 2015 decken, bräuchte es 1443 Windräder – was einer jährlichen Stromversorgung von über 5 Mio. Haushalten gleichkommt.

Beträchtliche CO2-Emission

Parallel hat die Glasindustrie in 2015 insgesamt 4,881 Millionen Tonnen CO2 emittiert [2]. Angesichts dessen könne die Glasproduktion auch niemals nachhaltig sein, bemerkt dazu das Umweltbundesamt. Ein Ausweg: Speziell für Behälterglas zur Getränkeabfüllung gibt es bereits Alternativen, die weniger Energie verbrauchen und klimafreundlicher sind. Allen voran Flaschen aus PET-Kunststoff.

Sand oder Erdöl als Rohstoff

Glas- und PET-Flaschen haben Parallelen: Beide Verpackungsformen werden aus Rohstoffen hergestellt, die abgebaut bzw. gefördert werden müssen – bei Glas ist es Sand, bei PET Erdöl. Allerdings braucht die Produktion von PET-Flaschen lediglich Temperaturen um die 265 °C, über 83 % weniger Hitze als bei der Glasherstellung.

Recyclebare Ein- und Mehrweggebinde

Aus beiden Werkstoffen werden sowohl Einweg- als auch Mehrwegflaschen hergestellt, sie können zudem ähnlich gut recycelt werden. Bei Mehrwegflaschen macht es aus Sicht des Umweltbundesamtes keinen Unterschied, ob sie aus Glas oder PET sind [3]. Die Anzahl der möglichen Wiederbefüllungen – bei Glas bis zu 50 Mal, bei PET ca. 25 Mal – wiegt bei Rohstoffbedarf und Nachhaltigkeit einiges auf. Eine Neuproduktion verbrauche mehr Energie und Ressourcen als der Rücktransport und die Reinigung von Mehrwegflaschen, so das Umweltbundesamt weiter.

Doch die Ansicht wird angezweifelt. „Ein Blick in Ökobilanzen verrät: Zur Achillessehne von Mehrwegflaschen kann vor allem die Transport-Logistik werden“, bemerkt dazu Dr. Isabell Schmidt vom Industrieverband Kunststoffverpackungen e. V.

Individualflaschen stören Mehrwegsystem

Was das Mehrwegsystem bei Glasflaschen zusätzlich ins Stocken geraten lässt, sind Individualflaschen. Zu Marketingzwecken vermehrt von Getränkeherstellern eingesetzt, können sie andere Abfüller nicht verwenden. Die Fremdflaschen, die einen Anteil von bis zu 50 % ausmachen können, müssen aussortiert und an den Ursprungsbetrieb zurückgeführt werden. Das verursacht zusätzliche Transportkosten und ökologische Nachteile.

Warum die Logistik ins Gewicht fällt

Ohnehin ist der Transport ein bedeutender Faktor in der Energie- und Emissionsbilanz von Verpackungen, speziell bei Glas. Die Distanzen zwischen Hersteller, Abfüller und Handel schlagen zu Buche – je weiter, desto mehr. So auch das Gewicht der Flaschen: Während eine 1-l-PET-Einwegflasche gerade mal 28 g auf die Waage bringt, sind es bei einer 1-l-Glasflasche etwa 550 g, knapp das 20fache mehr. 1 t Gewicht entspricht 1800 Glasflaschen und 35 000 Flaschen aus PET. Umso schwerer das Eigengewicht der Verpackung, entsprechend aufwändiger und energieintensiver ist die Logistik.

Rückführung der Pfandflaschen

Vor allem bei der Rückführung der Pfandflaschen vom Handel zum Wiederverwerter wird das Ausmaß sichtbar. Der Bund Getränkeverpackungen der Zukunft (BGVZ) rechnet vor: 400 000 gepresste PET-Flaschen benötigen zum Transport eine Lkw-Ladung, bei 400 000 Glasflaschen sind es 26 Lkw-Ladungen.

Wechsel zu nachhaltigeren Prozessen schwierig

Laut dem „Branchenausblick 2030+“ für die Glasindustrie, herausgegeben von der Stiftung Arbeit und Umwelt der IG BCE, sehen die Glashersteller Chancen und Risiken für ihre Zukunft [4]. Als Belastungen werden die energieintensive Herstellung und ein erschwerter Wandel zu Technologien mit geringerem Ausstoß an Treibhausgasen genannt. Zudem befürchtet die Branche weiterhin hohe Versorgungskosten und strengere Umweltauflagen.

Starke Preissteigerungen bei Glasflaschen

Aktuelle Zahlen bestätigen die Befürchtungen bereits: Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, verteuerten sich Glasflaschen besonders stark: Für Flaschen aus ungefärbtem Glas legten die Erzeugerpreise Anfang 2023 gegenüber Januar 2022 um 40,2 % zu, Flaschen aus Buntglas verzeichnen ein Plus von 37 % [5]. Ursache ist nach wie vor die teure Energie, hinzu kommen gestiegene Kosten für Rohstoffe zur Glasherstellung: 58,5 % mehr für Soda, 30,4 % für Quarzsand, 30,4 und 27,3 % für gemahlenen Kalkstein [6]. Des Weiteren rechnet die Glasindustrie mit einer starken Konkurrenz durch alternative Verpackungsmaterialien – wie die Flasche aus PET.

Quellen

[1] praxistipps.chip.de/wie-viel-strom-produziert-ein-windrad-das-muessen-sie- wissen_155947

[2] BMWK, „Branchensteckbrief der Glasindustrie“ aus dem Jahr 2020

[3] Umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/essen trinken/mehrwegflaschen#unsere-tipps

[4] https://www.arbeit-umwelt.de/wp-content/uploads/Branchenausblick-Glas-StiftungIGBCE.pdf

[5] https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/energiekrise-treibt-preise-fuer-glasprodukte-in-die-hoehe-a-4792b9a8–41f3–45c6-a611–059c5a4b66c6

[6] https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/energiekrise-treibt-preise-fuer-glasprodukte-in-die-hoehe-a-4792b9a8–41f3–45c6-a611–059c5a4b66c6

Alpla Werke Alwin Lehner GmbH & Co KG, Hard


Autorin: Claudia Wörner

Fachjournalistin

Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de