Zum diesjährigen IGR-Erfahrungsaustausch Technik (Quick & Smart & Online) traffen sich 110 Fachleute aus Mitgliedsunternehmen virtuell. Dr. Werner Sievers, Vorstandsvorsitzender der IGR Technik e.V. hob bei der Begrüßung hervor, dass die chemische, pharmazeutische und petrochemische Industrie bereits ein breites Spektrum an digitalen Technologien umsetzt und daran arbeitet, mit diesen einen konkreten Nutzen zu erzielen. „Im Zuge dessen wird die Mensch-Maschine-Kooperation weiter an Bedeutung gewinnen, denn beide müssen künftig noch enger zusammenarbeiten. Wir nehmen die neuen Herausforderungen an und helfen unseren Mitgliedsunternehmen, die Betreiberverantwortung effizient wahrzunehmen und ressourcenschonend zu arbeiten“, sagte Dr. Sievers. „Grenzenlose Prozesstechnik – Mensch-Maschine-Kooperation“, das Motto des Erfahrungsaustauschs 2021, stand ganz im Zeichen der zukunftsweisenden „Prozessindustrie 4.0“.
Mit ausgewählten Vorträgen aus dem Themenspektrum der vier Kompetenzcenter Mechanik & Verfahrenstechnik, EMR-Technik, Werkstofftechnik und Prozesssicherheit konnte die Expertise und Leistungsvielfalt der IGR mit den in den Kompetenzcentern vertretenen Fachleuten eindrucksvoll unter Beweis gestellt werden. Insgesamt gab es vier Sessions mit je zwei Vorträgen.
Von Cosymonos bis zu additiv gefertigten Werkstoffen
In der Session Digital Industry ging es zunächst um die Voraussetzungen, die für die Digitalisierung einer verfahrenstechnischen Anlage gegeben sein müssen und worauf bei der Entwicklung von digitalen Konzepten für die Produktion und die Instandhaltung zu achten ist. Dazu wurde das von der Namur entwickelte Konzept Cosymonos (Co: Connectivity, Sy: Safety & Security, Mo: Modular, No: Normed, S: Simple) vorgestellt, das auch für Brownfield-Anlagen geeignet ist. Der zweite Vortrag fokussierte auf das modularisierte Engineering und zeigte auf, wie man von der Prozesssimulation in wenigen Schritten mit beschleunigtem Workflow zum Digitalen Zwilling gelangt.
Im Vortragsblock „Safety & Security“ wurde anhand von Beispielen aus der Praxis gezeigt, dass bei der funktionalen Sicherheit ein Paradigmenwechsel stattfindet: Software-unterstützte Methoden rücken als Innovationselement in den Vordergrund, auch aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz. Potenziale für Verbesserungen zeigen sich auch bei den typischen Fehlerarten: Es gilt, systematische Fehler noch effektiver zu vermeiden und zufällige Fehler besser zu beherrschen. Im zweiten Vortrag wurde ein systematisches Vorgehen für die Auslegung von Sicherheitsventilen vorgestellt, das alle anlagenspezifischen Parameter berücksichtigt und aus sieben Schritten besteht.
In der Session Smart Equipment ging es um intelligente, selbstdokumentierende Rohrleitungssysteme sowie die Codierung und die digitale Erfassung von Anlagenbauteilen wie Feldgeräten, Armaturen, Apparaten oder Rohrleitungssystemen. Die Expertin stellte heraus, dass bei Greenfield-Anlagen von Beginn an die vernetzte digitale Dokumentation umgesetzt werden kann, um den intelligenten Dialog der einzelnen Anlagenkomponenten sicherzustellen – ganz im Sinne einer gut funktionierenden Mensch-Maschine-Kooperation. Im Brownfield kann das aber auch schon, zunächst schrittweise und bezogen auf Teile der Anlage erfolgen. Intelligente Schlauchleitungen standen im Fokus des zweiten Vortrags. Hierbei ging es um die Platzierung von RFID-Chips beispielsweise an Schläuchen, auf Schlauchschellen und Edelstahlschildern. Anlagenbetreiber profitieren von der unverlierbaren elektronischen Kennung, der vereinfachten Dokumentation und Inventarisierung sowie der Möglichkeit, anstehende Wartungen stets im Blick zu haben und weiter zu optimieren.
Die Session „Forschung & Technik“ stand im Zeichen der additiv gefertigten Bauteile in der Prozessindustrie. Themen waren Herstellung und Einsatzmöglichkeiten und das Korrosionsverhalten der Bauteil-Werkstoffe am Beispiel eines nichtrostenden austenitischen Stahls der Werkstoffnummer 1.4404 (316L). Bei der Spannungsrisskorrosion waren keine signifikanten Unterschiede zwischen additiv und konventionell hergestellten Werkstoffen feststellbar. Anders beim Lochkorrosionsverhalten: Der konventionell gefertigte Werkstoff zeigte Lochkorrosion, der additiv gefertigte Werkstoff hingegen eher flächige Korrosion.
Präsenzveranstaltung im nächsten Jahr
Für den September 2022 plant der IGR wieder einen zweitägigen Erfahrungsaustausch als Präsenz-Veranstaltung im Bürgerhaus in Mörfelden-Walldor, betonte Sievers bei seinen Schlussworten.