Startseite » News (Chemie) »

VCI rechnet für 2023 mit keiner kraftvollen Erholung

VCI rechnet für 2023 mit keiner kraftvollen Erholung
Stimmung heller, Sorgen bleiben

Der VCI erwartet für das Gesamtjahr 2023 einen Rückgang der Produktion um rund 5 %. Hier lesen Sie, warum der Wirtschaftsverband der chemischen Industrie mit keiner kraftvollen Erholung rechnet und welche Wege er aus der Krise vorschlägt.

Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat im vierten Quartal 2022 ihre Talfahrt fortgesetzt. Die Produktion brach weiter ein und die Kapazitäten waren nicht ausgelastet. Die sinkende Nachfrage der industriellen Kunden sowie rückläufige Erzeugerpreise führten im letzten Quartal des Jahres auch zu einem Rückgang der Umsätze im In- und Ausland.

Gesunkene Energie- und Rohstoffpreise

Der Blick in die Zukunft hat sich in Deutschlands drittgrößter Industriebranche dagegen etwas aufgehellt. Die deutlich gesunkenen Energie- und Rohstoffpreise der vergangenen Monate haben die Situation inzwischen stabilisiert. Die Talsohle scheint erreicht.

Anders als in der Pandemie oder der Weltwirtschaftskrise wird es diesmal aber keine kraftvolle Erholung geben. Im internationalen Vergleich hohe Energiekosten, der Auftragsmangel und Standortprobleme sprechen dagegen. Die Lage am Chemie- und Pharmastandort bleibt damit schwierig.

Deutschland hat ein Standortproblem

VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup kommentiert die aktuelle Situation: „Die Energiekrise hat es offenbart: Deutschland hat ein Standortproblem. Ob Energie, Infrastruktur, Fachkräfte, Digitalisierung oder ein effizientes, leistungsfähiges Staatswesen: Wir glauben uns vorne, spielen aber inzwischen gegen den Abstieg. Nur ein industriepolitischer Neustart hält uns im Wettlauf um die Märkte der Zukunft in der ersten Liga. Dabei gilt: weniger ist mehr. Weniger Regulation für mehr Transformation. Unsere Antwort auf den IRA der USA sollte ein RRA sein – ein Regulation Reduction Act.“

Zahlen für das vierte Quartal 2022

Die Chemieproduktion ging im Vergleich zum Vorquartal um 5 % zurück. Im Vorjahresvergleich entsprach dies einem Minus von 14 %. Die Kapazitätsauslastung der Branche sank erneut und lag zuletzt bei 76,5 %.

Die Erzeugerpreise sanken erstmals seit dem zweiten Quartal 2020 wieder: im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 %. Damit waren chemische und pharmazeutische Erzeugnisse immer noch fast 18 % teurer als ein Jahr zuvor.

Die Umsätze gingen aufgrund sinkender Nachfrage und Erzeugerpreise ebenfalls zurück. Der Gesamtumsatz der Branche sank saisonbereinigt um 3,7 % auf insgesamt 59,2 Milliarden Euro.

Die Zahl der Beschäftigten ist 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 % gestiegen. Aktuell sind rund 475 560 Menschen in der Branche beschäftigt.

Chemieunternehmen fehlen Aufträge

Vielen Chemieunternehmen fehlen mittlerweile die Aufträge. Denn die Wirtschaft ist inzwischen weltweit im Abschwung. Das belastet nicht nur die Exporte, auch im Inlandsgeschäft bekommen die Unternehmen die wirtschaftliche Schwäche zunehmend zu spüren. Dabei sind die Rückschläge nicht allein auf die energieintensiven Industrien beschränkt. Zunehmend kämpfen auch andere Branchen mit den Folgen der Inflation und steigenden Zinsen.

Energieintensive Produktionen gedrosselt

Dass der befürchtete massive Einbruch der deutschen Wirtschaft ausgeblieben ist, liegt vor allem daran, dass eine akute Gasmangellage und ein Blackout verhindert werden konnten. Einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung leisteten dabei die energieintensiven Industrien, indem sie ihre Produktion drosselten und dadurch viel Gas und Energie einsparten. Zudem war der Winter ungewöhnlich warm. Mittlerweile sind auch neue LNG-Terminals einsatzbereit, sodass Deutschland seine Gaslieferungen weiter diversifizieren kann.

Stabilisierung im ersten Quartal 2023

Die deutlich gesunkenen Energie- und Rohstoffpreise der vergangenen Monate dürften die Situation im ersten Quartal 2023 stabilisieren. Das spiegelt sich auch in einem zuversichtlicher werdenden Geschäftsklima wider.

Doch Große Entrup warnt: „Auch wenn sich die Stimmung aufhellt, die Sorgen bleiben und anders als in der Pandemie oder der Weltwirtschaftskrise wird es diesmal keine kraftvolle Erholung geben.“

Diese vier Faktoren verhindern eine kraftvolle Erholung

Nach Einschätzung des VCI sprechen folgende vier Faktoren gegen eine kraftvolle Erholung:

  • die über mehreren Jahre anhaltende Inflation
  • die weiterhin schwächelnde Weltwirtschaft
  • die ungelöste Energiekrise in Deutschland und Europa
  • massives Standortproblem in Deutschland.

Prognose für 2023

Eine genaue Prognose ist angesichts volatiler Rahmenbedingungen weiterhin schwierig. Der VCI rechnet für das Gesamtjahr 2023 mit einem Produktionsrückgang von rund 5 %. Rechnet man das Pharmageschäft heraus, dürfte die Produktion in diesem Jahr 8 % niedriger liegen als 2022. Bei rückläufigen Preisen wird der Branchenumsatz in diesem Jahr voraussichtlich um gut 7 % sinken.

Umstellung der Energieversorgung

Welche Auswirkungen die aktuellen Entwicklungen auf die Unternehmensstrategien haben, zeigt eine Mitgliederbefragung des VCI. Viele Unternehmen planen, die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen, unter anderem durch Investitionen in die Eigenerzeugung (zum Beispiel Solaranlagen oder Windparks) und energieeffiziente Produktionsverfahren. Ziel ist es, die nachhaltige Transformation weiter zu beschleunigen.

Lieferketten global diversifizieren

Knapp 70 % der Unternehmen gaben an, ihre Abhängigkeit von Vorprodukten aus Ländern mit hohem Risikopotenzial reduzieren zu wollen und ihre Lieferketten global zu diversifizieren. Zwar stellt fast jedes zweite Unternehmen seine Globalisierungsstrategie auf den Prüfstand, doch unterm Strich bleibt es dabei, dass die Unternehmen vom globalen Wachstum sowohl durch Exporte als auch durch Produktion vor Ort profitieren möchten.

Strukturwandel kommt

Für die deutsche Chemieindustrie wird entscheidend sein, wie sich Kostenstrukturen und Energiepreise mittelfristig einpendeln. Erst dann wird man sehen, welche Anlagen hierzulande noch rentabel betrieben werden können. Es wird zu einem Strukturwandel kommen, denn nicht alle Produktionsanlagen, die im Zuge der Energiekrise stillgelegt wurden, werden wieder ans Netz gehen.

„Unsere Branche kann einen Strukturwandel meistern, Wertschöpfung in Deutschland erhalten und die Versorgung der Industrie mit innovativen und nachhaltigen Materialien sicherstellen“, erklärt Große Entrup.

Dazu braucht es jetzt ein industriepolitisches Sofortprogramm. „Heute werden die Weichen dafür gestellt, dass der Industriestandort Deutschland und Europa wieder gestärkt wird und der Klimaschutz hier und weltweit vorankommt.“

Deshalb setzt sich der VCI für folgende Punkte ein:

Industriestrompreis gefordert

Für eine wettbewerbsfähige Stromversorgung müssen weiterhin alle Energieträger ans Netz. Gleichzeitig muss der Ausbau erneuerbarer Energien sowie der Netzinfrastruktur und Speichersysteme massiv vorangetrieben werden. Das allein wird aber nicht ausreichen. Es braucht einen Industriestrompreis, um der Wirtschaft Planungssicherheit für die erfolgreiche Transformation zu bieten.

Bessere Governance und Priorisierung

Für ein starkes und wettbewerbsfähiges Europa braucht es einen industriepolitischen Neustart. Statt mit Verboten, Grenzwertverschärfungen und Regulierung für Planungs-, Rechts- und Investitionsunsicherheiten zu sorgen, braucht es bessere Governance und Priorisierung. Der Fokus muss auf nachhaltiges Wachstum gelegt werden.

Freihandel statt Protektionismus

Von CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) über das Lieferkettengesetz bis hin zum Ökodesign – viele Regulierungen stoßen unsere Handelspartner vor den Kopf. Das verteuert Importe, lenkt Handelsströme von Europa weg und schneidet uns die Rohstoffzufuhr ab. Besser wäre es aus unserer Sicht, sich mit den Handelspartnern im Rahmen von Freihandelsabkommen auf gemeinsame Regeln für den Handel zu verständigen.

Verband der Chemischen Industrie e. V. (VCI), Frankfurt/M.

Unsere Whitepaper-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de