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Lage in der deutschen Süßwarenindustrie ist angespannt

Gestiegene Rohstoffpreise und Lieferengpässe
Lage in der deutschen Süßwarenindustrie ist angespannt

Lage in der deutschen Süßwarenindustrie ist angespannt
Die deutsche Süßwarenindustrie ist die viertgrößte Branche in der Ernährungsindustrie Bild: agnormark – stock.adobe.com
Die deutsche Süßwarenindustrie blickt auf schwieriges Jahr 2021 zurück. Stark steigende Rohstoffpreise, Lieferengpässe und die Corona-Krise setzen der Branche zu. Insgesamt lagen der Absatz und der Umsatz der Branche im vergangenen Jahr leicht über dem Vorjahresniveau. Ein Trend bei Süßwaren und Knabberartikeln sind derzeit unter anderem Produkte mit natürlichen Zutaten wie Nüssen, getrockneten Beeren oder Sesam.

Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) meldet für die deutsche Süßwarenindustrie eine weitgehend stabile Entwicklung bei Absatz und Umsatz für das Jahr 2021. Die Produktionsmenge lag knapp über Vorjahresniveau (+1,3 %), der Umsatz stieg um +2,2 %. Die statistische Datenlage verstellt allerdings den Blick auf die wirtschaftlich deutlich angespannte Situation in der Branche. Die teils dramatische Steigerung der Rohstoffpreise und auch der Kosten für Energie, Logistik und Verpackungsmaterialien machen den über 200 industriellen Herstellern von Süßwaren und Knabberartikeln in Deutschland neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie besonders zu schaffen.

Weizenpreis um 50 % gestiegen

Derzeit erleben die Unternehmen an allen Stellen enorme Kostensteigerungen. Dies betrifft die Kosten für Rohstoffe, Verpackungen, Logistik, Energie, aber auch für Arbeitsschutz und Personal. Diese Belastungen sind in dieser Form bislang einmalig.

„Der Markt für wichtige Rohstoffe ist leergefegt, langjährig bestehende Lieferketten funktionieren nicht mehr. Dies kann auch Folgen für das bevorstehende Ostergeschäft haben, etwa dass nicht alle beliebten Produkte wie Schoko-Hasen wie geplant produziert werden können, weil wichtige Rohstoffe, Verpackungsmaterialien oder Frachtkapazitäten nicht ausreichend verfügbar sind“, erläutert Dr. Carsten Bernoth, Hauptgeschäftsführer des BDSI. „Besonders zu spüren bekommen die Hersteller deutliche Preiserhöhungen und teilweise auch Lieferschwierigkeiten beim Einkauf wichtiger agrarischer Rohstoffe wie Weizen, Soja und Zucker, aber auch bei Verpackungsmaterialien.“

Der Weizenpreis kletterte am Warenterminmarkt binnen eines Jahres um 50 % auf ein neues Allzeithoch. Auch die Kosten für Milchpulver, Zucker, Sonnenblumen- und Sojaöl sind stark gestiegen. Verursacht wurden diese Bewegungen unter anderem durch niedrigere Ernteerträge, geringere Importe aus Drittländern sowie durch einen Anstieg der Nachfrage in Asien.

Ebenfalls deutlich gestiegen sind die Kosten bei der Beschaffung von Verpackungsmaterialien und in den Bereichen Logistik und Energie. Zudem gibt es in der internationalen Logistik weiterhin unzureichende Frachtkapazitäten auf der Straße und der Schiene wie auch auf Containerschiffen.

Mangel an Fachkräften

Bei den Herstellern von Süßwaren und Knabberartikeln wächst zudem die Sorge vor Personalengpässen in der Produktion: Durch die sich schnell ausbreitende Omikron-Variante drohen steigende Krankenstände und Quarantäne-Ausfälle. In Einzelfällen gibt es schon jetzt vorübergehende Lieferengpässe durch Corona-Ausbrüche. „Für unsere Branche können wir sagen: Die Hersteller und ihre Beschäftigten unternehmen alle organisatorischen und finanziellen Anstrengungen, um während der Krise weiterhin lieferfähig zu bleiben“, erläutert Dr. Carsten Bernoth.

Die Süßwarenindustrie ist in allen Regionen Deutschlands ein bedeutender und stabiler Arbeitgeber und leistet gerade im ländlichen Raum einen wichtigen Beitrag für Wohlstand und Beschäftigung. Die deutsche Süßwarenindustrie beschäftigte als viertgrößte Branche in der Ernährungsindustrie im Jahr 2021 rund 50.000 Mitarbeiter. Zu den zentralen Herausforderungen für fast alle Unternehmen gehört die Rekrutierung von Fachkräften, insbesondere in der Produktion, aber auch in den Arbeitsfeldern Logistik und Vertrieb. Auch die Suche nach Saisonarbeitskräften gestaltet sich für viele Unternehmen immer schwieriger. In vielen Regionen herrscht Vollbeschäftigung und Fachkräfte sind kaum zu bekommen.

Exportgeschäft erholt sich

Nach Schätzungen des BDSI stieg die Produktion der in Deutschland hergestellten Süßwaren und Knabberartikeln im Jahr 2021 leicht auf 3,9 Mio. t (+1,3 %). Wertmäßig entwickelte sich die Produktion mit rund 13,1 Mrd. Euro ebenfalls positiv (+2,2 %). Den Schätzungen des BDSI liegen die amtlichen Zahlen des Statistischen Bundesamtes und die Marktdaten der einschlägigen Marktforschungsinstitute zugrunde.

Das Inlandsangebot (= Produktion + Einfuhr – Ausfuhr) lag im Jahr 2021 mengenmäßig bei knapp 2,7 Mio. t (-0,2 %), der Inlandsumsatz bei schätzungsweise 9,2 Mrd. Euro (+2,1 %).

Das für die deutsche Süßwarenindustrie so wichtige Exportgeschäft mit Süßwaren und Knabberartikeln konnte sich im Jahresverlauf 2021 trotz der globalen Coronavirus-Krise und weiterer Unwägbarkeiten im Welthandel, wie beispielsweise die Folgen des Brexits, erholen. Insgesamt wurden schätzungsweise 2,3 Mio. t Süßwaren und Knabberartikel exportiert. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs von +3,4 %. Der Exportumsatz stieg im Jahr 2021 um +4,2 % auf rund 8,9 Mrd. Euro und erreicht damit das Niveau von 2019 vor der Coronazeit. Im Jahr 2020 hatte die deutsche Süßwarenindustrie aufgrund der Corona-Pandemie Rückgänge von 3,3 % im Exportgeschäft verzeichnet.

Deutlich abgenommen hat 2021 hingegen die Bedeutung des Vereinigten Königreiches als Exportmarkt. Das Exportgeschäft mit Großbritannien ist 2021 in der Menge um -3,7 % und im Wert um -6,0 % gesunken.

Mit einem Exportanteil in der Menge von über 50 % geht mehr als jede zweite Tonne deutscher Süßwaren in den Export. Rund 80 % aller Süßwarenausfuhren werden in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union geliefert, jedoch steigt der Export in Drittstaaten seit Jahren kontinuierlich an.

Einheitliche Rahmenbedingungen gefordert

Durch den Brexit hat der europäische Binnenmarkt rund 67 Millionen Verbraucher verloren. Zu dieser Schwächung kommt hinzu, dass die Mitgliedstaaten etwa bei der Nährwertkennzeichnung sowie der Umwelt- bzw. Recyclingkennzeichnung eigene Wege beschreiten. Dies führt zu enormen Belastungen der Unternehmen, müssen sie doch im schlimmsten Fall für jeden Mitgliedstaat eine eigene Verpackung vorhalten. Dies wurde zuletzt beim Nutri-Score deutlich. In Italien ist derzeit ein Verfahren gegen ein Produkt anhängig, das europaweit vertrieben wird und den Nutri-Score trägt. „Wir als mittelständische Branche fordern, dass hier die europäische Politik wieder einheitliche Rahmenbedingungen für die Unternehmen schafft und die nationale Politik den europäischen Binnenmarkt ernst nimmt. Sonst droht eine Marktbereinigung zulasten kleinerer und mittelständischer Unternehmen über die nationalen Gesetzgebungen“, so Dr. Carsten Bernoth.

Innovationen 2022

Die Süßwarenindustrie gehört zu den besonders innovativen Branchen und wird auch im Jahr 2022 eine Vielzahl von Produktneuheiten auf den Markt bringen. Bereits heute gibt es neben den klassischen, traditionellen Produkten, die seit Jahren erfolgreich am Markt sind, eine Reihe von Varianten mit reduziertem Zucker-, Fett- bzw. Salzgehalt, vegane, gluten- und laktosefreie Erzeugnisse sowie weitere innovative Produkte.

Im Trend liegen Anfang 2022 Produkte mit natürlichen Zutaten wie Nüssen, getrockneten Beeren oder Sesam. Viele Hersteller setzen dabei auf pflanzliche Proteinquellen. Immer mehr Produkte beinhalten etwa Hafer, Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne, Soja, Linsen- oder Erbsenproteine. Auch Produkte mit verringertem Zuckergehalt gehören wie schon in den Vorjahren zu den Produkttrends. Bei den Salzigen Snacks liegen weiterhin insbesondere Nüsse, Nuss- sowie Nuss-Frucht-Mischungen im Trend. Immer mehr Marken im Knabber-Regal greifen verbraucherrelevante Aspekte wie Natürlichkeit und Convenience in ihrem Sortiment auf. In der Regel werden Nüsse und Hülsenfrüchte zum sofortigen Verzehr aufbereitet, d. h. geröstet und gesalzen/gewürzt. Aber auch ungesalzene und gebackene Produkte sind gefragt.

Zu den gesamtgesellschaftlichen Trends gehören Nachhaltigkeit und Klimaschutz, wozu auch die deutsche Süßwarenindustrie ihren Beitrag leistet. Die Nachhaltigkeitsanstrengungen der Branche sind nicht nur bei neuen Rezepturen, dem Einsatz zertifizierter Rohstoffe und den Herstellungsprozessen, sondern auch im Bereich Verpackungen zu beobachten. Viele Unternehmen testen vermehrt alternative Verpackungsmöglichkeiten oder erhöhen den Rezyklatanteil in ihren Sekundärverpackungen.

Engagement für Nachhaltigkeit

Der Einsatz von nach Nachhaltigkeitsstandards zertifizierten Rohstoffen in Süßwaren und Knabberartikeln wird von der deutschen Süßwarenindustrie seit vielen Jahren intensiv vorangetrieben. Dies gilt insbesondere für Kakao, dem wichtigsten Rohstoff von Schokolade. Die Zertifizierung ist dabei ein bedeutender Baustein für die Entwicklung eines nachhaltigeren Kakaosektors. Im Jahr 2020 erreichte der Anteil an zertifiziertem Kakao 77 %. Bei der ersten Erhebung des BDSI für das Jahr 2011 lag dieser Anteil bei nur ca. 3 %. Die Süßwarenindustrie ist somit auf einem sehr guten Weg.

Dies gilt auch für das in der Süßwarenproduktion eingesetzte Palmöl bzw. Palmkernöl. 94 % des in der deutschen Süßwarenindustrie verwendeten Palmöls ist bereits heute zertifiziert. Damit nimmt die deutsche Süßwarenindustrie eine führende Rolle ein.

Weiterhin engagiert sich der BDSI intensiv im „Forum Nachhaltiger Kakao“, einer 2012 gegründeten Gemeinschaftsinitiative. Neben Mitgliedern aus der Schokoladen- und Süßwarenindustrie sowie des Lebensmittelhandels setzen sich in dieser Organisation u. a. auch die Bundesregierung und standardsetzende Vereinigungen wie Fairtrade und die Rainforest Alliance sowie Vertreter der Zivilgesellschaft ein. Auch in der Multistakeholder-Initiative „„Forum Nachhaltiges Palmöl“ gehört der BDSI zu den engagierten Mitgliedern.

Entwicklungen im Detail

Die mengenmäßige Produktion von Schokoladewaren entwickelte sich nach Schätzungen des BDSI im Jahr 2021 positiv. Insgesamt wurden in Deutschland ca. 1,2 Mio. t Schokoladewaren produziert (+2,7 %). Der Produktionswert stieg um etwa +5,4 % auf rund 5,9 Mrd. Euro. Der Export von Schokoladewaren entwickelte sich 2021 in der Menge (+0,2 %), wie auch im Wert positiv (+2,3 %).

Die Hersteller von feinen Backwaren verzeichneten 2021 keine zufriedenstellende Entwicklung. In der Menge sank die Produktion von feinen Backwaren auf Basis der BDSI-Schätzungen um -4,1 %. Insgesamt wurden etwa 740.000 t feine Backwaren produziert. Wertmäßig sank die Produktion um -1,3 % auf rund 2,2 Mrd. Euro. Auch die Exporte verzeichneten 2021 bei den feinen Backwaren einen Rückgang von -0,4 % in der Menge. Der Exportwert hingegen stieg um +3,0 %.

Die Hersteller von Zuckerwaren verzeichneten 2021 eine positive Entwicklung. Die mengenmäßige Produktion kletterte im Vergleich zu 2021 um schätzungsweise +4,0 % auf 598.000 t, im Wert um +2,2 % auf ca. 1,6 Mrd. Euro. Die Entwicklung der Exporte war 2021 bei den Bonbons und Zuckerwaren mit einem Zuwachs von +8,3 % in der Menge und +7,3 % im Wert ebenfalls positiv.

Die Hersteller von Knabberartikeln verzeichneten 2021 leichte Rückgänge. Die Produktionsmenge fiel nach Schätzungen des BDSI um -1,0 % auf rund 372.000 t. Im Wert sank die Produktion um –0,1 % auf etwa 1,7 Mrd. Euro. Die Exporte entwickelten sich 2021 bei den Knabberartikeln ebenfalls negativ, sie sanken gegenüber dem Vorjahr um -5,7 % in der Menge und um -4,8 % im Wert.

Die aktuellen Infografiken des BDSI zur Entwicklung im Süßwarenmarkt können Interessierte hier einsehen.

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