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Für Desinfektionsmittel und andere Liquida

Sterilklasse A, Ex-Schutz und extreme Formatvielfalt vereint
Für Desinfektionsmittel und andere Liquida

Spezifische Anforderungen – besondere Lösungen: Eine Anlage für explosionsgefährdete (alkoholbasierte), sterile, flüssige und viskose Liquida in einer Formatbandbreite bis zu 1000 ml hat im Pharmabereich absoluten Seltenheitsstatus. Optima Pharma hat eine solche bei der Schülke & Mayr GmbH installiert.

Der Autor: Jürgen Schäfer Geschäftsführer, Optima Pharma

Es ist die Kombination spezieller Produkteigenschaften, die zu dieser Anlage mit vielen Sonderlösungen geführt hat. Zum Beispiel der Alkoholgehalt der Liquida: Die geringe Oberflächenspannung der Flüssigkeit in Verbindung mit großen Füllvolumina, respektive der hohen Leistung erfordert größere Füllnadeldurchmesser an den Spitzen. Um ein Nachtropfen in die Anlage zu verhindern, wurden deshalb erstmals Füllnadeln mit Verschlussfunktion integriert. Oder auch die Scherempfindlichkeit mancher Gele, die abgefüllt werden, in Verbindung mit der geforderten Dosiergenauigkeit und Formatvielfalt: Da Messaufnehmer der Wägezellen nicht in Ex-Schutz-Ausführung existieren, hat sich hier ein Masse-/Durchflussdosiersystem als die ideale Lösung erwiesen. Diese und noch mehr Details sind Teil einer Gesamtanlage, die auf Basis der Maschinen Kugler Linoclean und Linoline entstanden ist.
Eine Sonderlösung beinhaltet bereits der Sortiertopf, dem über einen Elevator die Kunststoffbehältnisse zugeführt werden. Dieser Typ wurde hier erstmals für die großformatigen Gebinde ausgelegt, die in einem Zone-B-Sterilraum verarbeitet werden. Sämtliche Behältnisformen werden über eine Zentrifuge sortiert. Um die liegenden Behältnisse in stehende Position aufzurichten, kommen behältnisschonende Klemmbänder zur Anwendung. Sogenannte Aufstellfinger scheiden in der Sterilverarbeitung aus. Nachfolgend wurde eine Drehstation mit vorausgehender optischer Kontrolle integriert, sodass asymmetrische Gebinde immer in gleicher Ausrichtung in die Anlage einlaufen.
Bis 1000 ml ohne Formatwechselteile
Dies sowie die sich anschließende Ausblaseinheit beinhalten weitere Sonderkonstruktionen. Zum Ausblasen werden die Behältnisse gegriffen und um 180° auf den Kopf gedreht. Nach der Übergabe in die Kugler Linoline werden die Behältnisse dort eingesetzt und gehen in den linearen, zweistellig getakteten Transport über. Die gekapselte Ex-geschützte Zone ist als RABS mit Handschuheingriffen ausgeführt; sie beginnt mit dem Befüllen. Insgesamt zwölf mitlaufende Fülldüsen, die jeweils eine 100-%-Befüllung durchführen, sind im Einsatz. Eine definierte Beschleunigungs- und Abbremsbewegung der Transportrechen sorgt dafür, dass die Flüssigkeit in den Behältnissen kaum schwappt und die konstant hohe Leistung erzielt werden kann.
Das Massedurchflussdosiersystem spielt unter den besonderen Voraussetzungen dieses Projekts zahlreiche Vorteile aus: Es findet beim Dosieren eine Messung und Nachregelung statt. Damit wird die geforderte Füllgenauigkeit mit einer maximalen Standardabweichung von 0,5 % nochmals übertroffen. Zudem handelt es sich um ein geschlossenes System, und es findet – im Gegensatz zum Peristaltiksystem – keine Schlauchquetschung statt, was unter Ex-Schutz-Gesichtspunkten ein Risikofaktor wäre. Auch verfügt es über keine (potenziell) produktschädigenden Scherbereiche. Gleichzeitig ist das Dosiersystem in der Lage, mittelviskose Produkte wie Wundgele zu verarbeiten. Ein weiterer Vorteil: Sämtliche Formate von 40 bis 1000 ml können im Füllbereich ohne Formatwechselteile abgedeckt werden.
Die eingangs bereits erwähnten, verschließbaren Nadeln werden zum Dosieren unten im Bereich des Konuses geöffnet und nach jedem Dosiervorgang verschlossen. Hierbei kommen keine Dichtungsmaterialien zum Einsatz. Wird Gel verarbeitet, reißt der Strang nicht von alleine ab, dieser wird vom Dichtungssystem abgeschnitten. Da mit dem Eintauchen der Füllnadeln auch an der unteren Außenseite Tropfen anhaften können, wurde zusätzlich eine Abtropfschiene integriert, die unter die Nadeln einfährt, sobald diese aus den Behältnissen herausfahren. Beide Vorrichtungen tragen dazu bei, die Behältnisoberflächen sowie die Anlage frei von Produkt zu halten.
Atex-Zertifizierung
Um auch im Bereich des Füllsystems dem Ex-Schutz zu entsprechen, befinden sich an allen Dosiernadeln Absaugvorrichtungen. Auftretende Aerosoldämpfe werden damit entfernt. Auf Vorschlag von Schülke & Mayr hat Optima im Maschinenunterbau Gaswarnanlagen integriert, mit denen sich die Klassifizierung der Anlage verbessert. So kann auf aufwendigere Schutzeinrichtungen verzichtet werden.
Innerhalb der Kugler Linoline erfolgt – ohne weitere Anlagenschnittstelle – das Verschließen. Hier sind drei Stationen aufgebaut, um die aktuellen Verschlussvarianten abdecken zu können, eine vierte ist als Reserve eingeplant. Die per Elevator und Sortiertopf zugeführten Verschlüsse werden mit Pick-and-Place-Funktion übernommen, aufgesetzt und leicht aufgeschraubt. Anschließend wird nach definiertem und gemessenem Drehmoment nachverschraubt.
Auch Sprühpumpenverschlüsse werden mit dem Verschließmodul und einer „Geradeziehfunktion“ verarbeitet. Je nach Format werden Schutzkappen aufgedrückt. Die Kontrolleinrichtungen beinhalten optisch einen Farbabgleich der Verschlüsse sowie eine Schrägsitzkontrolle. Ein Schlechtausschub befindet sich noch innerhalb des Ex-geschützten Bereichs.
In die Anlage wurde ein Handarbeitsplatz integriert, an dem Sonderformate und Kleinserien verschlossen werden können. Als eine weitere Besonderheit wurde die Funktion einer Probenentnahme für Analysen ausgearbeitet. Diese wird zunächst manuell vorbereitet. Dazu wird formatteillos ein „Zapfhahn“ mit Gefäß in die Produktzuleitung des Füllsystems eingebaut. Über die Maschinensteuerung wird dieser Vorgang bestätigt und die Probenentnahme eingeleitet. Das gesamte mediumleitende System, einschließlich Sterilfiltration und Probenahme, wird inline gereinigt und sterilisiert (CIP-/SIP-Funktion). Darüber hinaus sind sämtliche produktberührenden Teile sowie die Formatteile der Ausblaseinheit autoklavierbar.
Halle 2, Stand 213
prozesstechnik-online.de/cav0913454

Zugegeben, wir waren etwas skeptisch …

Nachgefragt

cav: Herr Alexander, zunächst eine Hintergrundfrage: Der eine oder andere könnte annehmen, dass Desinfektionsmittel per se steril sind und eine sterile Produktion dafür nicht zwingend notwendig sei. Warum hat Schülke & Mayr in die sterile Fertigung investiert?
Alexander: Dazu muss man zunächst wissen, dass Bakterien auch unter lebensfeindlichen Bedingungen als Sporen Jahrzehnte überleben können, ohne dabei Nahrung oder Energie aufnehmen zu müssen. Bei günstigeren Lebensbedingungen wird der Zellstoffwechsel erneut aufgenommen, eine Spore wandelt sich dann wieder zum Bakterium um. Sporen sind alkoholresistent und dürfen daher nicht in das Produkt gelangen. Aus diesem Grund müssen Haut- und Händedesinfektionsmittel und Wunddesinfektionsmittel unter Reinraumbedingung A, B oder C – je nach Produktgruppe – hergestellt werden. Unsere sterilen Flächendesinfektionsmittel Perform für die Pharmaindustrie werden in der Hygienezone A hergestellt. Da Schülke die Pharmaindustrie beliefert, sollen die Produkte in der Hygienezone A produziert werden. Auch die Packmittel sollen dann gamma-sterilisiert geliefert und durch eine Dekontaminierungsschleuse eingebracht werden.
cav: Welche Produkttypen werden auf der Kugler-Anlage verarbeitet?
Alexander: Zurzeit ist die Konfektionierung von drei unterschiedlichen Produkttypen geplant: alkoholische Haut- und Händedesinfektionsmittel, Wunddesinfektionsmittel und sterile Flächendesinfektionsmittel für die Pharmaindustrie.
cav: Waren Sie sicher, dass alle Anforderungen mit einer Anlage abgedeckt werden könnten?
Alexander: Gemäß unserem Projektmanagementsystem müssen wir im Team die Anforderungen an eine zu beschaffende Anlage zunächst in einem Lastenheft ausarbeiten. Das ist regelmäßig der längste Teil in einem Projekt. Hier schaut man, bei welchen Prozessen aktuell noch Schwierigkeiten bestehen und wie man diese Prozesse besser gestalten kann. Als springender Punkt hat sich dann unsere Forderung herausgestellt, Gebinde mit unterschiedlichen Formen von 40 bis 1000 ml Größe mit einer Leistung von 100 Stück pro Minute verarbeiten zu wollen. Nur zwei Anbieter trauten sich dies zu. Die von Optima präsentierte Konzeption der Abfüllanlage entsprach nahezu in allen Punkten unseren Vorstellungen bzw. dem Lastenheft.
cav: In welchen Bereichen mussten Sie Abstriche machen?
Alexander: Wie gesagt, es wurden fast alle Punkte erfüllt. Bei einzelnen Punkten haben wir nach Kompromissen gesucht, so zum Beispiel bei der Visualisierung des Bedien-tableaus, wo sich unsere Vorgaben und die Optima-Standards unterschieden. Gemeinsam haben wir hier eine Lösung gesucht und gefunden. Auf der einen Seite gab es die hoch technologisierte Anlage mit wenig Spielraum für uns, auf der anderen Seite eine von uns gewünschte Bedienoberfläche am HMI, das eine schnelle Lokalisierung ermöglicht. Wir haben nun beide Vorteile miteinander in Kombinations gebracht und verknüpft.
cav: Wie viele verschiedene Flaschenformate und wie viele Verschlüsse werden in der Anlage verarbeitet?
Alexander: Es sind elf unterschiedliche Flaschenformate und sieben unterschiedliche Verschlussformate. Darunter sind Rund- flaschen sowie Formflaschen von 40 bis 1000 ml. Bei den Verschlüssen handelt es sich um unterschiedliche Klappscharnierkappen mit Originalitätssicherung, um Sprühpumpen mit Originalitätssicherung zum Aufschrauben oder Verprellen. Zudem kommen Schraubkappen mit Originalitätssicherung zum Einsatz und es werden Messbecher sowie eine Einsetztülle automatisch aufgebracht.
cav: Gab es für Sie technisch gesehen Lösungen an der Anlage, die Sie überrascht haben?
Alexander: Die Flaschensortierung und die Flaschenaufstellung haben uns tatsächlich überrascht. Zunächst hatten wir hier eine von Optima für den Kosmetikbereich entwickelte Lösung gesehen. Diese funktioniert nach einem einfachen mechanischen Prinzip. Zugegeben, wir waren etwas skeptisch … Die Anlage wurde für uns technisch und hygienisch auf die pharmazeutischen Standards gebracht, und was Optima für uns daraus gemacht hat, ist toll. Die Maschine erkennt man nicht wieder.
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