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Serialisieren auf höchstem Level

Top-down betriebswirtschaftlich sinnvoll
Serialisieren auf höchstem Level

Standortübergreifend serialisierte Daten prozesssicher zu generieren, zu verwalten und zu sichern – das ist eine gewaltige Herausforderung. Wie bekommt man diesen ISA-Level 4 in den Griff? Und was muss man bei der Umsetzung beachten? Ingolf Doler sprach für Pharmaproduktion mit dem Softwarespezialisten Stefan Öing, Leiter des Bereichs Track&Trace-Software bei Atlantic Zeiser, über diese Fragen.

Herr Öing, Pharmahersteller müssen sicherstellen, dass ihre verwendeten Seriennummern weltweit einzigartig sind, und zwar über alle Standorte hinweg. Wie lässt sich das realisieren?

Öing: Die Anforderungen sind in der Tat extrem komplex, zumal wir es obendrein international auch noch mit höchst unterschiedlichen Serialisierungsvorgaben zu tun haben. Die meisten Unternehmen, die mehr als ein Werk betreiben, werden nicht umhinkommen, ein Datenbank-Managementsystem speziell für den sogenannten ISA-Level 4 aufzubauen, also für die Unternehmensebene. Lösungen für die Ebenen „Maschinen“ (Level 1), „Verpackungslinien“ (Level 2) und „Werke“ (Level 3) reichen dafür nicht.
Was sind denn die Aufgaben dieses Systems?
Öing: Es verwaltet idealerweise zentral Aufträge und Codes, behält den Überblick über die gesamte Logistik mit Zwischen- und Versandlager, kann Aufträge und Codes intern zu den einzelnen Werken, aber auch zu den externen Contract Manufacturing Organizations (CMO) weiterleiten und verbindet sich mit weiteren externen Dienstleistern wie etwa Faltschachteldruckereien. Außerdem meldet es alle Codes der in den Markt verbrachten Produkte an die jeweilige zentrale Datenbank des jeweiligen Landes bzw. der jeweiligen Region. Auftrags- und Versandinformationen können dabei direkt mit einem ERP-System ausgetauscht werden.
Ist mit der Rückmeldung der verwendeten Codes an eine zentrale Datenbank dann der Vorgang quasi abgeschlossen?
Öing: Mitnichten, denn das Level-4-System des Pharmaherstellers muss alle Codes und Produktionsdaten zuverlässig speichern. Nur so lassen sich die Anforderungen an eine Archivierung dieser Daten bei voller Zugriffsmöglichkeit über den geforderten Zeitraum erfüllen. Dieser kann zum Beispiel durchaus fünf Jahre über das Verfallsdatum hinausreichen.
Man sollte meinen, es ist selbstverständlich, dass Pharmaunternehmen Lösungen für Level 4 bereits zügig vorantreiben. Wie ist Ihre Erfahrung aus der Praxis?
Öing: Die meisten Unternehmen starten mit einem Pilotprojekt auf Linien-Ebene, um erste Erfahrungen mit Serialisierung und Track&Trace zu sammeln. Es gibt derzeit in Europa auch nur eine zentrale Testdatenbank, bei Securpharm in Deutschland. Das heißt, das Rückmelden von verwendeten Codes in die jeweilige zentrale Datenbank kann derzeit nur sehr eingeschränkt getestet werden. Auch ist die Implementierung und der Betrieb einer zentralen Datenbank für die Verwaltung und Verteilung aller Aufträge und Codes eine Aufgabe der IT-Abteilung, welche getrennt von den Produktions- und Verpackungsabteilungen operiert. All dies sind Gründe, warum in der Regel die Umsetzung „bottom-up“ realisiert wird, also beginnend von Level 1 bis 2, und nur sehr selten „top-down“, also beginnend mit Level4.
Besser wäre es also, man beginnt bei Level 4?
Öing: Es wäre betriebswirtschaftlich sinnvoll. Aber wer aus rein pragmatischen Gründen „bottom-up“ startet, sollte zumindest darauf achten, dass Systeme und Komponenten beschafft werden, die sich streng an die ISA-95-Struktur halten und bereits Möglichkeiten für Schnittstellen zwischen den einzelnen Levels vorsehen. Sonst können erhebliche Kosten für Nachrüstungen auf einen zukommen.
Sind solche Schnittstellen nicht selbstverständlich?
Öing: Überhaupt nicht. Wenn man mit Level 1 und 2 beginnt, dann können die Systeme tatsächlich oftmals nur das, was gerade verlangt wird. Nehmen wir an, auf einer Verpackungslinie muss im Moment nur für die EU serialisiert werden. Dann wird häufig eine Technologie beschafft, bei der der Line Server in eine Track&Trace-Unit integriert ist. Eine Anbindung weiterer Komponenten – etwa für eine Aggregation – ist nicht möglich, eine klare Schnittstelle zur Verwaltung des Standorts für mehrere Linien überhaupt nicht vorgesehen.
Gibt es denn schon Softwarelösungen, die in der Lage sind, Level 4 abzudecken?
Öing: Mit Medtracker sind wir in der Lage, die Levels 2 bis 4 abzudecken. Das ist für uns nichts Neues. Aber diese Bandbreite ist nach meiner Einschätzung ziemlich einzigartig. Es gibt Hardware-Hersteller, die für die Levels 1 und 2 Software mitanbieten, aber bei Level 3, spätestens jedoch bei Level 4 sind für die meisten die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft. Es gibt natürlich auch reine Softwarehäuser, die speziell Lösungen für Level 4 entwickeln. Ihnen fehlt dafür meist das Wissen über das Zusammenspiel der zum Teil ja sehr heterogenen Hardwarekomponenten auf den darunterliegenden Levels. Bei Atlantic Zeiser sind beide Richtungen gleichermaßen ausgeprägt: Wir sind ein Softwarehaus und ein Komponentenentwickler.
Sie sagen, die Levels 2 bis 4 abzudecken, ist für Sie „nichts Neues“. Was meinen Sie damit?
Öing: Medtracker ist im Kern abgeleitet von einem Produktionsmanagementsystem, das viele Funktionen bereits abdeckt, die im ISA-Level 4 angesiedelt sind. Dieses System hat sich bereits vielfach in sicherheitsrelevanten Umgebungen bewährt. Aufgrund der hohen Modularität der Software ist es möglich, die jeweiligen Lösungen an die Anforderungen des Kunden flexibel anzupassen. Weiterhin sind hohe Standards der Datensicherheit implementiert, sodass ein unautorisiertes Abgreifen von validen Codes effizient verhindert wird. Unterschiedliche Schnittstellentechnologien können unterstützt werden, die auch eine kryptografisch abgesicherte Datenkommunikation unter Nutzung verschiedenster Algorithmen abdeckt.
Apropos Schnittstellen: Gibt es eigentlich Standards für die Kommunikation zwischen den einzelnen Levels?
Öing: Es gibt vielfältige Bemühungen, die Kommunikation zwischen den einzelnen ISA-Levels zu standardisieren, wie etwa den Open Serialization Communication Standard. Diese liegen aber noch nicht als finale Spezifikation vor und es gibt auch keine allgemeine Absichtserklärung aller Softwareanbieter, sich an diesen Standard zu halten. Selbst zwischen Level 2 und 3 gibt es keinen allgemeinen Standard.
Wie gehen Sie bei Medtracker damit um?
Öing: Medtracker folgt hier der generischen VDMA-XML-Konvention. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Integration einer heterogenen Level-1-Umgebung in das Level 2 wird standardisiert und vereinfacht sich erheblich. Auch zwischen den übrigen Levels bietet Atlantic Zeiser generische, XML-basierte Schnittstellen an. Hierdurch werden die notwendigen Entwicklungsaufwendungen eingeschränkt, die Tests vereinfacht und das Installationsrisiko verringert.
Welche Voraussetzungen müssen bei Pharmaherstellern vorhanden sein bzw. geschaffen werden, damit Medtracker auf Level 4 arbeiten kann?
Öing: Die IT-Abteilung sollte eine hochverfügbare Serverlandschaft betreiben, die ausfallsicher operiert und über entsprechende Datenspiegelungen, Backup-Mechanismen und eine integrierte Datensicherungsstrategie verfügt, also Hochverfügbarkeitscluster-Lösungen. Derartige Server-Farmen ermöglichen es in der Regel, sog. virtuelle Maschinen zu installieren, welche quasi eigene Server mit eigenen Betriebssystemen abbilden. Auf diesen virtuellen Servern können dann die Medtracker-Lizenzen als sogenannten Images installiert werden, was in der Regel remote durchgeführt wird. Ein solcher Installationsvorgang kann innerhalb weniger Stunden durchgeführt werden.
Welche Rolle spielt Atlantic Zeiser dann bei der Umsetzung?
Öing: Atlantic Zeiser kann eine umfassende Beratung über diese IT-Strukturen leisten und wird dann auch entsprechende Spezifikationen zum Aufbau bereitstellen. Falls eine solche IT-Umgebung komplett aufzubauen ist, sind wir in der Lage, auch diesen Part zu übernehmen.
www.prozesstechnik-online.deSuchwort: phpP116atlanticzeiser
Top-down wäre betriebswirtschaftlich sinnvoll. Wer bottom-up startet, sollte bei der Auswahl seiner Systeme und Komponenten auf Kompatibilität achten.
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