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Gasdichtung für Pumpen

Integrierter Differenzdruckregler optimiert Sperrgasverbrauch
Gasdichtung für Pumpen

Stirnflächengasdichtungen, wie sie üblicherweise für Kompressoren und Turbinen verwendet werden, lassen sich auch für Pumpen und Mischer einsetzen. Dazu sind allerdings einige bauliche Veränderungen notwendig.

Henri V. Azibert, Marlen S. Clark, Shifeng Wu

Ursprünglich wurden Stirnflächengasdichtungen für den Einsatz in Gaskompressoren konzipiert, sie lassen sich aber auch für Flüssigkeitsanwendungen benutzen. Zwischen Flüssigkeits- und Gasdichtungen gibt es einige grundlegende Unterschiede. Die Flüssigkeitsdichtungen zeichnen sich durch eine schmale Dichtungsbreite und eine starke Federbelastung aus. Die Umlaufgeschwindigkeit ist vergleichsweise gering. Die Stirnflächen sind nicht berührungslos, und eine relativ große konische Stirnflächenverzerrung ist möglich. Im Gegensatz hierzu hat die Gasdichtung eine wesentlich größere Stirnflächenbreite, eine schwächere Federbelastung, berührungslose Stirnflächen und ein viel höheres Drehzahlniveau.
Hydrodynamisch oder hydrostatisch
Um die Dichtflächen zu trennen und somit einen berührungslosen, gasgeschmierten Betrieb zu erreichen, gibt es zwei unterschiedliche Konstruktionen. Die gebräuchlichere, hydrodynamische Konstruktion verwendet ein Profil auf der Dichtungsfläche (Abb. 1). Dieses sorgt bei laufendem Betrieb für einen hydrodynamischen Druck zwischen den Flächen, der diese auseinander preßt. Die Profile sind häufig nur für eine Richtung ausgelegt. Sie haben aber einen integrierten Regelmechanismus, der einen definierten Spalt an den Stirnflächen erzeugt. Je größer der Stirnflächenspalt wird, desto geringer ist der aus der hydrodynamischen Wirkung resultierende Öffnungsdruck. Umgekehrt gilt: Je größer der Öffnungsdruck, um so kleiner der Stirnflächenspalt. Dies führt dazu, daß sich der Spalt immer wieder auf seine ursprüngliche Größe zurückstellt. Vorteile der hydrodynamischen Anordnung sind eine ausgezeichnete Stabilität und gute Widerstandsfähigkeit gegenüber Störungen.
Der hydrostatische Hubmechanismus zur Trennung der Dichtflächen stützt sich lediglich auf verschiedene Druckstufen. Das Gleichgewicht zwischen Öffnungs- und Schließkräften muß allerdings sorgfältig gesteuert werden, um den Spalt an den Flächen konstant zu halten. Das Ausregeln des Spaltes ist somit bei der hydrostatischen Ausführung erheblich schwieriger, da hier die Rückstellkräfte deutlich schwächer sind. Dichtungen dieses Typs arbeiten deshalb bidirektional und werden bei geringer Drehzahl oder bei Stillstand in Sondermaschinen eingesetzt.
Vorteile von gasgeschmiertenDichtungen
Gasgeschmierte Dichtungen arbeiten berührungslos. Die Flächen zwischen bewegten und stationären Bauteilen verschleißen daher nur minimal. Durch die praktisch nicht vorhandene Reibung wird kaum Wärme erzeugt, die die Dichtungskomponenten belastet. Das normalerweise als Sperrgas verwendete Inertgas bietet eine positive Sperre zwischen Prozeß und Atmosphäre und eliminiert so flüchtige Emissionen. Darüber hinaus sparen gasgeschmierte Dichtungen beträchtliche Mengen an Energie.
Einschränkungen für den Einsatz
Für die breite Anwendung dieses Dichtungstyps in Flüssigkeiten gibt es einige Einschränkungen. So ist unter anderem eine Umhüllung der Dichtung notwendig. Dies führt dazu, daß bei aktuellen Serienprodukten häufig umfangreiche Umbauten erforderlich sind. Um mit möglichst wenig Aufwand den Einsatz trotzdem zu realisieren, mußten eine Reihe von möglichen Dichtungsanordnungen wie Back-to-Back, Tandem, Face-to-Face oder konzentrisch untersucht werden. Dabei stellte sich heraus, daß bei der konzentrischen Anordnung durch kleinere Radien beträchtliche Axialflächeneinsparungen möglich sind. Allerdings macht diese Anordnung extreme Schwierigkeiten bei der Konstruktion der Dichtungsringe, da selbst bei druck- und temperaturinduzierten Verformungen an beiden Grenzflächen ein ordnungsgemäßer Kontakt gewährleistet sein muß.
Konzentrische Doppeldichtungals Lösung
Die in Abbildung 2 dargestellte Konstruktion ist eine konzentrische Doppeldichtung, bei der die zwei Dichtungsflächen in einen gemeinsamen Dichtungsring integriert sind. Das Sperrgas wird in die Ringnut, die die äußere und die innere Dichtungsfläche voneinander trennt, gedrückt. Der äußere Teil des Dichtungsringes dient somit zum Abdichten zwischen Sperrgas und Prozeß, der innere zum Abdichten zwischen Sperrgas und Atmosphäre. Der größte Teil des Sperrgases entweicht bei dieser Anordnung über die innere Dichtungsfläche in die Atmosphäre, der Rest des Sperrgases in den Prozeß. Die übrige Baugruppe besteht aus einer kompakten stationären Dichtung in Patronenmontage mit Hülse, Brille und Klemmring.
Die moderne Computeranalyse hat die Konstruktion von Dichtungsringen, die die gewünschten Eigenschaften unter Last bzw. Verformung vorweisen, erheblich vereinfacht. Um die erforderliche endgültige Flächenpaarung im Toleranzfeld zu erzeugen, ist es besonders wichtig, den Herstellprozeß eines Stirnflächenprofils gut zu beherrschen. Da sich die Stirnflächen auf keinen Fall berühren dürfen, kann man sich nicht auf Abnutzung und Einlaufen der Flächen verlassen.
Spiralnut für optimalen Hub
Für den optimalen Hub erwies sich ein Spiralnutenprofil als vorteilhaft. Eine leicht konvergente Anordnung der Flächen führt bei Spiralnuten zu einem maximalen Druckaufbau. Die Anordnung der Dichtungsflächen hängt allerdings stark von der Druckverteilung um den Dichtungsring ab. Veränderungen aus dem Prozeß, der Sperrdruckeinrichtung und dem atmosphärischen Druck müssen berücksichtigt werden. Um auf variierenden Prozeßdruck und/oder Störungen in der Sperrgaszufuhr reagieren zu können, wurde die in Abbildung 2 dargestellte Geometrie der statischen und bewegten Bauteile gewählt.
Abbildung 3a zeigt die konvergente Flächenanordnung und die ermittelte Druckdifferenz zwischen Prozeß und Sperre. Bei Auftreten eines Sperrgasverlustes erhält man eine divergierende Flächenanordnung (Abb. 3b). Der Prozeßdruck wirkt auf die Außenseite der stationären Dichtungsfläche. Die führt bei fehlendem Sperrgasdruck dazu, daß sich die Flächen im äußeren Dichtungsbereich berühren und ein Grenzflächenkontakt entsteht. In diesem Fall arbeitet die Dichtung wie eine Flüssigkeitsdichtung mit schmalen Flächen. Ein Eindringen des zu fördernden Produkts wird so verhindert.
Ein weiterer Vorteil dieser Bauweise ist auch, daß der dynamische O-Ring nicht von einer Seite der Nut zur anderen rutschen muß, um das Kräftegleichgewicht und den Flächenschluß aufrechtzuerhalten.
Betrieb bei der Auslegungs-Druckdifferenz
Bei der in Abbildung 2 dargestellten Konstruktion führt eine Änderung der Druckdifferenz zwischen Prozeß- und Sperrdruck zu einer Modifikation der Kräfte, die den Spalt zwischen den beiden Dichtungsflächen öffnen und schließen. Das hydrodynamische Flächenpaar ist über ein festes Ausgleichsverhältnis selbstregelnd. Die Geometrie der Dichtung wurde so gestaltet, daß bei Betrieb mit der Auslegungs-Druckdifferenz die Schließkräfte die hydrodynamischen und hydrostatischen Öffnungskräfte vollständig ausgleichen.
Bei der äußeren Dichtungsfläche ergibt sich automatisch eine Erhöhung der Schließkraft für die entsprechende Öffnungskraft, sowohl hydrostatisch als auch hydrodynamisch. Bei der inneren Dichtungsfläche ist die Öffnungskraft eine Folge des Druckabfalls zwischen Sperr- und Prozeßdruck. Da der Prozeßdruck lediglich Schließkraft erzeugt, erhöht ein größerer Sperrgasdruck zwangsläufig die Öffnungskraft. Dieser Mechanismus kann zur Kompensierung geringer hydrodynamischer Kräfte bei niedrigen Umlaufgeschwindigkeiten ausgenutzt werden. Die Dichtungen können somit Änderungen in den Betriebsbedingungen ohne konstruktive Veränderungen leicht aufnehmen.
Interner Differenzdruckregler
Für den ordnungsgemäßen Betrieb der Dichtung ist die Aufrechterhaltung der Auslegungs-Druckdifferenz zwischen Sperre und Prozeß unerläßlich. Bisher wurde dieses Problem mit einem externen Druckregler bewältigt, der das Sperrgas zu einem vorausberechneten Druck in die Dichtung einspeiste. Gewöhnlich ist dies für den stationären Betriebszustand ausreichend. Allerdings befinden sich industrielle Anwendungen selten in diesem Zustand, so daß Systemstörungen leicht zu einem Dichtungsausfall führen können.
Neben der bereits erwähnten Sperrgasunterbrechung schwankt häufig der Druck in der Dichtungskammer. So führen Änderungen im Leitungssystem wie geschlossene Druckventile oder ein veränderter Ansaugdruck zu einer Situation, die einem Sperrgasverlust entspricht. Darüber hinaus ist in vielen Fällen der tatsächliche Druck in der Dichtungskammer nicht bekannt. Als Folge stellt man deshalb vorsichtshalber höhere Sperrgasdrücke ein, was zu unnötig hohem Gasverbrauch führt.
Um überhöhte Sperrgasdrücke zu vermeiden, wurde ein Differenzdruckregler direkt in die Dichtungsbrille eingebaut. Der Prozeßdruck wird dabei über ein Filterelement von links an die Membran herangeführt. Das Filterelement verhindert, daß Festkörper den Betrieb der Membran beeinträchtigen. Die Sperrgasversorgung läuft rechts durch die äußere Brille. Bewegt sich die Membran durch einen gesteigerten Prozeßdruck nach rechts, so gibt die Kugel den Sitz frei und öffnet den Pfad zum Sperrgashohlraum. Der Sperrgasdruck erhöht sich, eine größere Öffnungskraft entsteht.
Die Membran ist zur Aufrechterhaltung eines Druckunterschieds von einer Seite federbelastet. Mit einer Schraube können bis 3 bar Differenzdruck eingestellt werden. Um ungewolltes Verstellen nach Einbau zu verhindern, wurde die Einstellschraube auf der Innenseite der Dichtungsbrille plaziert.
Unter Gaszufuhr wird der Differenzdruck vor Montage eingestellt. Die Standarddifferenz beträgt üblicherweise 1,4 bar. Eine höhere Druckdifferenz führt schon bei geringeren Drehzahlen zum Abheben der Dichtungsflächen. Bei vorgegebener Geschwindigkeit kann der Gasverbrauch durch Einstellen des Differenzdruckes angepaßt werden. Dabei gilt: Je geringer die Differenz, desto geringer der Gasverbrauch. Ein weiterer Vorteil dieser Anordnung ist, daß das Gasvolumen zwischen dem Regelmechanismus und der Dichtung sehr gering ist. Die Gasdichtung kann somit sehr schnell auf Änderungen des Systemdrucks reagieren.
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