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Migration unerwünscht

Optimierte Haftkleber für Etiketten
Migration unerwünscht

Dass Bestandteile von Druckfarben durch Verpackungsmaterialien in Lebensmittel migrieren können, ist bekannt. Doch besteht dieses Risiko auch bei Haftklebern, die auf Etiketten zum Einsatz kommen? Diese und andere Fragen beantwortet Dr. Ulli Nägele, Leiter Entwicklung und Anwendungstechnik des Haftmaterialspezialisten Herma, im Gespräch mit dei.

dei: Angestoßen wurde das Thema vor allem durch die Diskussion um die UV-Druckfarben. Allmählich rücken aber auch die Haftkleber von Etiketten in den Fokus. Warum?

Dr. Ulli Nägele: Dass vor allem UV-Druckfarben in der Diskussion standen, hat seine Berechtigung. 2009 hat man bei Untersuchungen zum Beispiel Fotoinitiatoren in Lebensmitteln gefunden, die offenbar auf die verwendeten UV-Druckfarben zurückgingen. Und Fotoinitiatoren gelten gesundheitlich zumindest als bedenklich, in einigen Fällen auch als gefährlich. Das hat viele Lebensmittelhersteller aufgeschreckt. Sie erkundigen sich nun auch bei den Etikettendruckereien nach dem Migrationsrisiko, das von den in Etiketten verwendeten Haftklebern ausgeht.
dei: Und wie groß ist das Risiko?
Dr. Nägele: Geprüfte Haftklebstoffe enthalten keine toxischen oder bedenklichen Stoffe. Deshalb hat das Thema Etiketten in diesem Zusammenhang eine viel geringere Bedeutung.
dei: Dennoch werden Sie auf das Thema angesprochen?
Dr. Nägele: Ja. Ganz konkret werden wir nach migrationsarmen Produkten gefragt. Außerdem bittet man uns jetzt öfter, grundlegende Vorträge zu diesem Thema zu halten. Es gibt einfach ein wachsendes Bedürfnis besser informiert zu sein und auch entsprechend handeln zu können.
dei: Wie sieht der gesetzliche Rahmen hinsichtlich Haftklebstoffe für Etiketten aus?
Dr. Nägele: Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind in der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, festgelegt. Danach dürfen Verpackungsmaterialien – ich zitiere – „auf keinen Fall Bestandteile auf Lebensmittel in Mengen abgeben, die geeignet sind, die menschliche Gesundheit zu gefährden“.
dei: Definiert die Verordnung auch Grenzwerte?
Dr. Nägele: Nein. Meist wird auch die Kunststoffrichtlinie, die Verordnung (EU) Nr. 10/2011, mit den Grenzwerten für die Gesamtmigration herangezogen. Dort werden Kunststoffe im Lebensmittelkontakt geregelt. Für Etiketten selbst gibt es keine spezielle Regulierung. Aber Prüfinstitute wie die ISEGA prüfen Etiketten auf entsprechende Konformität sowohl mit diesen beiden EU-Vorgaben als auch mit den Paragrafen 30 und 31 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs.
dei: Was bedeutet eine Zertifizierung durch die ISEGA oder andere Prüfinstitute?
Dr. Nägele: Mit einem ISEGA-Zertifikat können die Klebstoffe unbedenklich zur Rückseitenbeschichtung von Etiketten verwendet werden. Die Klebstoffschicht der geprüften Etiketten darf als Minimum in direktem Kontakt mit trockenen und feuchten Lebensmitteln stehen. Mittlerweile besitzen zum Beispiel nahezu alle Herma-Standardhaftklebstoffe die ISEGA-Unbedenklichkeitserklärung.
dei: Welche Bestandteile des Haftklebers der Etiketten können migrieren?
Dr. Nägele: In der Regel Harze und Öle bzw. Weichmacher. Diese Stoffe sind fettlöslich und können somit in fetthaltige Lebensmitteln migrieren. Hinsichtlich der Mengen, die theoretisch migrieren können, gibt es aber je nach Haftklebstofftyp große Unterschiede.
dei: Was heißt das konkret?
Dr. Nägele: Bei den Haftklebern, die auf Etiketten zum Einsatz kommen, unterscheidet man zwei Typen: acrylatbasierende Haftklebstoffe (AHK), zu denen auch Dispersionshaftkleber gehören, und kautschukbasierende Schmelzhaftklebstoffe (SHK), auch Hotmelt PSA genannt. Die SHK bestehen zu 30 bis 50 % aus synthetischem Kautschuk, zu 30 bis 50 % aus Harzen sowie zu 20 bis 40 % aus Ölen bzw. Weichmachern. Dazu kommen noch Stabilisatoren, die aber mengenmäßig gering sind. Öle bzw. Weichmacher haben ebenso wie Harze ein Molekulargewicht unter 1000 Dalton und sind damit in der Lage zu migrieren. Das heißt, bei SHK sind per Definition bis zu 70 % der Anteile migrationsfähig.
dei: Wozu braucht man in SHK Harze und Öle bzw. Weichmacher?
Dr. Nägele: Kautschukbasierende Schmelzhaftklebstoffe würden ohne diese fettlöslichen und migrationsfähigen Klebrigmacher nicht kleben.
dei: Wie sieht es bei den AHK, also den Acrylat-basierenden Haftklebstoffen aus?
Dr. Nägele: Deutlich besser. Die AHK bestehen zu 70 bis 100 % aus Acrylatpolymeren mit Molekulargewichten von über 1000 Dalton. Sie sind per Definition nicht migrationsfähig. Dazu kommt ein bis zu 30%-iger Harzanteil sowie Emulgatoren und Hilfsmittel, die aber in der Summe weniger als 5 % ausmachen. Bei AHK kommen für eine Migration also maximal nur 30 % der Inhaltsstoffe infrage. Nach unserer Einschätzung können damit nur acrylatbasierende Haftklebstoffe eine Empfehlung für den direkten Kontakt mit fetthaltigen Lebensmitteln bekommen.
„Es gibt ein wachsendes Bedürfnis mehr über migrationsarme Etiketten zu erfahren, um entsprechend handeln zu können“
dei: Aber auch bei den AHK kann man auf die Harze nicht verzichten?
Dr. Nägele: Nein. Sie werden hier zur Haftungsverbesserung auf unpolaren Oberflächen wie Verpackungsfolien benötigt. Es gibt aber auch acrylatbasierende Haftklebestoffe ohne Harze. Sie haften auf vielen Oberflächen. Aber der Tack und die Endhaftung vor allem auf Folien sind sehr oft nicht ausreichend. Sie werden deshalb nur eingesetzt, wenn eine geringe Haftung gewünscht ist oder wenn zwingend besonders migrationsarme Haftklebstoffe verlangt werden.
dei: Das heißt, je migrationsärmer ein Etikett ist, desto schlechter sind auch seine Hafteigenschaften.
Dr. Nägele: Genau. Vor diesem Dilemma standen bisher viele Lebensmittelhersteller.
dei: Und gibt es einen Ausweg aus diesem Dilemma?
Dr. Nägele: Ja, beispielsweise Herma Perfect. Mit dieser Mehrschichttechnologie ist es uns gelungen, den Anteil der Harze signifikant zu senken, ohne die Hafteigenschaften zu verändern.
dei: Wie ist das möglich?
Dr. Nägele: Auf unserer Anlage haben wir die Möglichkeit, zwei unterschiedliche Klebstoffschichten gleichzeitig aufzubringen. Wir können damit z. B. Verarbeitungs- und Hafteigenschaften gezielt beeinflussen – und zwar unabhängig voneinander. Um die Anfangshaftung weiter zu verstärken, trägt Herma beispielsweise eine spezielle Zwischenschicht auf. Sie beeinflusst das Fließverhalten der eigentlichen Kleberschicht und sorgt so dafür, dass diese sich schneller und besser auf der zu etikettierenden Oberfläche verankert. So funktioniert auch Herma Perfect Stick. Ein Produkt, das besonders migrationsarm ist, aber trotzdem beste Hafteigenschaften besitzt.
dei: Daneben bieten Sie auch Herma Perfect Cut an. Was hat es mit diesem Produkt auf sich?
Dr. Nägele: Bei diesem Produkt, das in erster Linie bei Folien zum Einsatz kommt, ging es darum, die Verarbeitung zu Etiketten zu verbessern, insbesondere was die Verschmutzung der Werkzeuge angeht. Und bei Herma Perfect Tack handelt es sich um ein Produkt, bei dem die Anfangshaftung für kühle und feuchte Anwendungen optimiert wurde.
dei: Das heißt, Herma hat eine neue Gruppe von Spezialklebern entwickelt?
Dr. Nägele: Nein. Unsere Mehrschichtprodukte basieren auf bewährten, universell einsetzbaren Dispersionsklebern. Sie sind unkompliziert in der Verarbeitung und zeichnen sich durch gute Hafteigenschaften aus.
prozesstechnik-online.de/dei1014421
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