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Spiel, Satz und Sieg mit dem richtigen Aufschlag

Öl- und keimfreie Druckluft in der Speiseeisherstellung
Spiel, Satz und Sieg mit dem richtigen Aufschlag

Wie beim Tennis kommt auch bei der Speiseeisherstellung dem perfekten Aufschlag größte Bedeutung zu. Er bezeichnet das Einblasen von Druckluft in die Eisgrundmasse, um sie cremig und sahnig zu machen. Schon geringste Ölrückstände in der Druckluft hätten dabei eklatante Folgen.

August 2011. Ein miserabler Sommer. Es ist kalt in Deutschland, viel zu kalt für diese Jahreszeit. So auch in Heinsberg nahe Aachen: -30 °C und Berge von Eis. Vanille, Schokolade, Mokka – mit und ohne Mandelsplitter, Stracciatella-Raspeln und Fruchtstückchen. Im gigantischen, mehrere Stockwerke überspannenden Hochregalkühlhaus der Rosen Eiskrem GmbH herrscht rege Betriebsamkeit. Das deutsche Traditionsunternehmen produziert sein Eis nämlich nicht nur für Genießer im eigenen Land. Rosen Eiskrem wird in derzeit 22 Staaten Europas und darüber hinaus in die USA, nach Australien, Neuseeland, Thailand und die Vereinigten Arabischen Emirate exportiert. Zumindest in einigen dieser Länder scheint fast immer die Sonne. 230 Mio. l Eiskrem verlassen jährlich die insgesamt 30 Produktionsstraßen des nach wie vor inhabergeführten Unternehmens. Sie verteilen sich auf vier Werke in der Bundesrepublik: auf die beiden Stammwerke in Heinsberg beziehungsweise dem angrenzenden Waldfeucht-Haaren und auf zwei weitere in Nürnberg und im brandenburgischen Prenzlau – sie wurden vor einigen Jahren vom Mitbewerber Nestlé Schöller übernommen.

Gut 400 unterschiedliche Eiskreationen an Stielen, in Waffeln oder Hörnchen und in litergroßen Gebinden produziert Rosen Eiskrem vornehmlich für die Eigenmarken großer Handelsketten. Frank Rütten, Leiter der Kühltechnik und Dampferzeugung bei Rosen Eiskrem in Heinsberg, hat sie natürlich ausnahmslos probiert in den zwölf Jahren, die er nun schon verantwortlich ist für die Technik in den beiden rheinischen Stammwerken. Sukzessive hat sich in dieser Zeit sein Zuständigkeitsbereich ausgeweitet. Mit Beginn des Jahres 2009 kam schließlich die Drucklufttechnik hinzu – eines der ganz zentralen Elemente in der Speiseeis-herstellung.
Der richtige Aufschlag entscheidet
Ohne Druckluft wäre die Herstellung von sahnig-cremigem Speiseeis schlichtweg unmöglich. Denn nur mit ihr gelingt der wesentliche Arbeitsschritt des sogenannten „Aufschlags“. Dabei wird Luft in die aufbereitete Milch-grundsubstanz geblasen und diese so „aufgeschäumt“. Die zuvor in besonderen Lagertanks herangereifte Milchmasse verfügt bereits über den späteren Eisgeschmack, also zum Beispiel Vanille oder Schokolade. Von den Reifetanks wird die bis dahin noch milchflüssige Grundsubstanz in die sogenannten Freezer geführt und dort heruntergekühlt.
Parallel zur Kühlung erfolgt in den Freezern auch das Beaufschlagen mit Druckluft. Erst dadurch erhält das Speiseeis seine cremig-sahnige Konsistenz und wird essbar. „Ohne Aufschlag hätten wir einen knallharten Eisblock, den man nur mit dem Beil zerteilen könnte“, erklärt Frank Rütten. „Und schmecken würde das auch nicht besonders toll.“ Der Aufschlag ist deshalb der Dreh- und Angelpunkt im Herstellungsverlauf. Vor allem was die Prozesssicherheit angeht. Denn an diesem neuralgischen Punkt kann einiges danebengehen. Sollte zum Beispiel die Druckluft nicht trocken genug sein, nämlich garantiert wasserfrei bis -10 °C, droht die Einblasstelle im Freezer zu vereisen. „Das“, so Rütten, „hätte einen ungleichmäßigen Aufschlag zur Folge, der wiederum zu einer ungleichmäßigen Eiskonsistenz führen würde, die nicht weiter verarbeitet werden könnte.“
Ungleich verheerender wäre jedoch ein anderer Störfall: eine Kontamination der Druckluft durch Öl. „Gewissermaßen der GAU für unsere Produktion“, wie Rütten urteilt. Denn anders als ein ungleichmäßiger Aufschlag durch eine vereiste Einblasstelle wäre ein Öleintrag via Druckluft ins Produkt nicht sofort erkennbar. Bis zu zwei Tage könnte es dauern, bis die Ergebnisse der regelmäßig entnommenen und im hauseigenen Labor überprüften Stichproben auf eine Verunreinigung mit Öl hinweisen.
Bis dahin allerdings wären bereits Unmengen kontaminierter Produkte vom Band gelaufen. Im Werk 2 in Heinsberg zum Beispiel unvorstellbare 1,44 Mio. Eis am Stiel pro Tag– alles Ausschuss, da die Eismasse nicht rückgewonnen werden kann, weil sie bereits an Stielen oder zwischen Waffeln geformt und verpackt wurde.
Gesichert wäre allerdings, dass solche Produkte nicht zum Verbraucher gelangen, da eine Auslieferung immer erst erfolgt, wenn die Stichprobenergebnisse der Charge vorliegen. Dennoch: Der finanzielle Verlust für Rosen Eiskrem wäre immens. Doch Frank Rütten bleibt gelassen: „Dieses Worst-Case-Szenario ist für uns kein Thema mehr. Zumindest nicht mehr seit Ende letzten Jahres.“
Seit Beginn der Eissaison 2011 setzt man im Werk 2 nämlich auf eine noch recht neue Technik zur Aufbereitung absolut ölfreier Druckluft: auf die Katalysetechnik. Frank Rütten entdeckte dieses vom deutschen Druckluft-Systemanbieter Beko Technologies entwickelte Verfahren auf der Hannover Messe 2009. „Ich war auf der Stelle elektrisiert“, erinnert er sich, „die Katalyse war ganz offensichtlich in der Lage, die bislang herrschende Unsicherheit über den tatsächlichen Ölgehalt unserer Druckluft komplett zu beseitigen.“
Viel reiner als die Norm verlangt
Mit dem Bekokat-Katalyseverfahren erreicht Rosen Eiskrem eine Druckluftreinheit mit einem Restölanteil von kaum mehr messbaren 0,003 mg/m3 verdichteter Luft. Damit geht man weit über die Forderungen der DIN ISO 8573.1 für ölfreie Druckluft der Klasse 1 mit 0,01 mg/m3 hinaus. Die Katalyse mit den Bekokat-Geräten realisiert eine Totaloxidation von Kohlenwasserstoffen – und zwar in einem konzentrierten, umfassenden Prozessschritt nach der Verdichtung. Somit erfolgt die komplette Druckluftentölung in nur noch einer einzigen Anlagenkomponente. Diese arbeitet unabhängig von den Umgebungsbedingungen, selbst bei Öleingangskonzentrationen von mehr als 20 mg/m3 und einer relativen Feuchte der Druckluft bis zu 100 %.
Das Bekokat-Verfahren widmet sich sämtlichen auf Kohlenwasserstoffen basierenden Verunreinigungen in der vom Verdichter zugeführten Druckluft, zum Beispiel Schmierstoffen oder Ölen. Diese liegen nach der Verdichterstufe sowohl in Gas- als auch in Dampf- und Aerosolform vor. Durch den Katalysatoreinsatz werden solche Luftinhaltsstoffe vollständig in Kohlendioxid und Wasser umgewandelt. Letzteres kann durch den Einsatz eines Kältetrockners abgeschieden und abgeleitet werden. „Das Kondensat ist dann so rein, dass es den Grenzwert für Kohlenwasserstoffe deutlich unterschreitet und somit direkt in die öffentliche Kanalisation eingeleitet werden darf“, erklärt Marcel Schnitzler, Vertriebsmitarbeiter von Beko Technologies einen weiteren umweltrelevanten Aspekt.
Doch damit nicht genug. Praktisch als Zugabe genießt man bei Rosen Eiskrem eine zusätzliche Fähigkeit des Katalyseverfahrens, die erst in den letzten Wochen durch aufwendige Versuchsreihen belegt und nun validiert wurde: Bekokat-Geräte produzieren absolut keimfreie Druckluft.
Absolut keimfreie Druckluft
Für Frank Rütten ein sensationeller Mehrwert: Mit der Katalyse behandelte Druckluft ist frei von Mikroorganismen. „Zwar verlangen die Richtlinien für die Produktion von Speiseeis nicht den Einsatz steriler Druckluft. Aber für uns ist es natürlich ein schlagendes Qualitätsargument, dies trotzdem garantieren zu können.“ Der Doppelnutzen der Katalyse erklärt sich damit, dass Keime wie alle Organismen unter anderem auch aus Kohlenwasserstoffverbindungen bestehen. Deshalb wirkt die Verfahrensweise des Bekokat nicht nur gegen Ölbestandteile, sondern auch gegen jegliche mikrobiologische Belastung. Bestätigt wurde das nach intensiven Langzeittests durch das Validierungszertifikat des akkreditierten, unabhängigen Instituts GfPS in Aachen.
Für Rosen Eiskrem ist die Katalyselösung auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein Volltreffer. Denn der Einsatz des katalytischen Konverters rechnete sich gegenüber dem bisherigen Verfahren im Heinsberger Werk sehr schnell auch auf der Kostenseite. „Unsere vorherige Technik zur Ölfilterung erforderte einen nicht unbeträchtlichen Spülluftanteil an der Druckluft von gut und gerne 20 %“, schildert Rütten die Situation. „Hinzu kamen immer wieder Ausfallzeiten, weil das alte System nach Revisionsarbeiten erst einen gewissen Anlauf brauchte, um wirkungsvoll zu arbeiten. Das ging spürbar ins Geld.“ Und zwar so sehr, dass sich die Investitionskosten für den Umstieg auf die Katalysetechnik für Rosen Eiskrem bereits in weniger als einem halben Jahr amortisiert hatten.
Erfreuliche Kostenrechnung
„Seitdem fahren wir mit dem neuen System praktisch Gewinn ein. Auf der Kostenseite und in Sachen Prozesssicherheit sowieso“, freut sich der Leiter der Kühltechnik. Was er dabei noch gar nicht berücksichtigt hat: Das Katalysationsmaterial des Geräts muss erst nach 20 000 Betriebsstunden ausgetauscht werden. Bei einem Dreischichtbetrieb entspricht dies einer wartungsfreien Laufzeit von mehr als zwei Jahren. Über zwei Jahre ohne Sterilisationszyklen, Produktionsunterbrechungen und Qualitätsrisiken – auch das ist ein enormes Plus für die Prozesssicherheit und Wirtschaftlichkeit der Druckluftversorgung.
Ein wichtiges Entscheidungskriterium war für Rosen Eiskrem schließlich noch die Tatsache, dass sich die Katalysetechnik von Beko Technologies problemlos in das bereits bestehende Druckluftsystem integrieren ließ. Und zwar unter Berücksichtigung aller Normenvorgaben. „Das war letztlich Plug-and-play“, schildert Frank Rütten die Einbindung des anschlussfertig gelieferten Bekokat-Geräts, das jetzt die gesamte Druckluftqualität des Heinsberger Werks absichert. Und das auch noch für die gesamte Eissaison 2012, bevor es erstmals kurz gewartet werden muss.
„Echt cool“, lächelt Bekokat-Entdecker Frank Rütten und gönnt sich zusammen mit Marcel Schnitzler von Beko zwei der letzten Eishörnchen aus der heißen Produktionsphase des viel zu kühlen deutschen Sommers 2011.
prozesstechnik-online.de/dei0512418
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