Auch heute geben selbst große Brauereien die Hefe auf Grundlage von Erfahrungswerten zu und weniger auf Basis der Würze. Dies war auch bei der Brauerei Tsingtao in China der Fall. Die Hefe wurde zeitgesteuert dosiert, ohne zu wissen, wie viele lebende Zellen sich darin befanden. Während des Dosierprozesses wurden Proben genommen, im Labor analysiert und somit die Zahl der lebenden Hefezellen im Fermenter abgeschätzt. Mit der Vorgehensweise verbunden ist eine große zeitliche Verzögerung, da die Ergebnisse erst nach einiger Zeit zur Verfügung stehen. Außerdem hängen die offline erzielten Ergebnisse sehr stark von der Probennahme ab. Beides zusammen erschwert reproduzierbare Fermentationen und optimalen Einsatz der vorhandenen Anlagen. Die Folgen reichen von unterschiedlichen Fermentationsdauern bis hin zu Filtrationsproblemen.
Suche nach neuen Technologien
Mit der geschilderten Vorgehensweise ist es sehr aufwendig, einen konstanten Biergeschmack und ein gleichleibendes Aromaprofil sicherzustellen. Der wachsende Wettbewerbsdruck und der Wunsch zur Prozessautomatisierung und -verbesserung haben Tsingtao dazu bewogen, sich nach geeigneten Hilfestellungen umzusehen. Wichtige Bedingungen für den Einsatz neuer Technologien waren deren Möglichkeit zur Automatisierung und einer deutlichen Prozessverbesserung. Die Technologie sollte die Nachteile der manuellen Probennahme wie Art und Weise der Probennahme, Verdünnungsfehler oder auch Färbemethode eliminieren. Aus diesem Grund wandte sich Tsingtao an Hamilton.
Im elektrischen Wechselfeld
Der Messtechnikspezialist schlug den Einsatz eines Sensors zur Inline-Messung der Lebendzelldichte vor. Dieser ist in der Lage, lebende Zellen im elektrischen Wechselfeld zu polarisieren und zu messen. Tote Zellen oder Zellfragmente werden nicht polarisiert und somit nicht erfasst. Um Einflüsse der Matrix zu eliminieren, wird bei zwei unterschiedlichen Frequenzen gemessen und die Differenz der Permittivität von Zellsignal und Matrix zur Berechnung der lebenden Zelldichte herangezogen.
Der Sensor, der ursprünglich für den Einsatz in der Biotechnologie entwickelt wurde, ist in der Lage, verschiedene Spezies wie Säugerzellen, Bakterien und Hefen zu messen, wobei unterschiedliche Frequenzen genutzt werden.
Hefekulturen in Brauereien unterscheiden sich hinsichtlich des Mediums deutlich von denen in biotechnologischen Anwendungen. Dies wird beim Vergleich der elektrischen Leitfähigkeiten deutlich. Nährmedien, beispielsweise für Säugerzellen, enthalten viele Mineral- und Nährstoffe, wohingegen Hefekulturen für Brauereianwendungen auf Trinkwasser beruhen. Um dem Rechnung zu tragen, wurde der Sensor für niedrigere Leitfähigkeiten optimiert. Um jedoch die gewünschte Anzahl an Hefezellen aus den gemessenen Permittivitätswerten berechnen zu können, ist es vorab notwendig, eine Kalibriergerade zu erstellen. Diese kann sich je nach Hefestamm unterscheiden.
Kalibriergerade für jede Erntehefe
In Brauereien wird Hefe in der Regel mehrfach verwendet. Zwischen zwei Fermentationen wird die Erntehefe vor Kontamination geschützt und häufig z. B. unter Phosphorsäure oder ähnlichem gelagert. Der sehr saure pH-Wert bedeutet Stress für die Hefezellen, was zu Änderungen des Zellvolumens und damit des korrespondierenden Messsignals führen kann. Deshalb ist es ratsam, nicht nur Kalibriergeraden für jeden Hefestamm, sondern auch für jede Erntehefe zu bestimmen. Dazu werden im Labor die Zellgrößen und -zahlen bestimmt und in Relation zum Permittivitätssignal gesetzt. Die so gewonnenen Daten können anschließend im Prozessleitsystem zusammen mit den Durchflussmesswerten dazu genutzt werden, die Anzahl an Hefezellen zu berechnen, die dem jeweiligen Fermentationstank hinzu dosiert werden.
Da das Permittivitätssignal inline und in Echtzeit gemessen wird, kann auch bei nicht optimaler Hefeverteilung in der Suspension eine definierte Hefemenge verlässlich automatisiert dosiert werden.
Tests erfolgreich bestanden
Zu Testzwecken wurde bei Tsingtao der Inline-Sensor Incyte LC (Low Conductivity) in der Leitung zwischen dem Hefevorratstank und der Würzeleitung installiert. Durch die Erstellung der Kalibriergeraden korrelieren die durch den Sensor erfassten Hefezellen sehr gut mit den durch Offline-Analysen aus dem Fermentationstank bestimmten Zellzahlen. Seit nunmehr mehr als zweieinhalb Jahren befindet sich der Sensor erfolgreich im harten Alltagstest.
Suchwort: dei1118hamilton
Halle 6, Stand 243
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