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Graphit: Einsatzbereich erweitert

Graphitdichtungen für Hochtemperaturanwendungen
Graphit: Einsatzbereich erweitert

Als Standarddichtungsmaterialien haben sich Graphitwerkstoffe, basierend auf expandiertem Graphit mit Metallarmierung, durchgesetzt. Durch die Konstruktion mit einem Doppelbördel lässt sich der Druck- und Temperatureinsatzbereich dieser Dichtungen noch einmal erweitern. Das ermöglicht den Einsatz bei Dauerbetriebstemperaturen von bis zu 600 °C und Betriebsdrücken bis 160 bar.

Dipl.-Ing. Jörg Lojewski

Aufgrund des hohen Ausgleichvermögens bei großen Flanschverzügen und -welligkeiten, Alterungsbeständigkeit sowie langzeitstabilen Kompressions- und Rückfederungsverhaltens bei Einsatztemperaturen bis 450 °C werden Graphitwerkstoffe vielfach als Dichtungsmaterialien eingesetzt (Abb. 1). Durch die Ausstattung mit einem Edelstahlinnenbördel konnten die Einsatzgebiete für diesen Dichtungswerkstoff entscheidend erweitert werden. So sind innen gebördelte metallarmierte Graphitdichtungen im Gegensatz zur ungebördelten Ausführung einsetzbar bei Betriebsdrücken bis zu 100 bar und gelten dabei als berst- und ausblassicher. Weiterhin kann durch Auswahl eines geeigneten Bördelwerkstoffes diese Dichtungskonstruktion bei einer Vielzahl von Medien eingesetzt werden, bei denen Graphit nur bedingt beständig ist. Zudem verhindern gebördelte Dichtungen Medienverunreinigungen durch den Dichtungsweichstoff und finden daher ebenso im Pharmabereich ihre Anwendung.
Höhere Temperatureinsatzgrenze
In inerter Umgebung ist Graphit bis zu Temperaturen über 2500 °C beständig. In Gegenwart von Luftsauerstoff wird der Kohlenstoff bei Temperaturen über 460 °C zunehmend in CO und CO2 umgesetzt. Für die Höhe der Oxidationsrate sind neben der Temperatur weiterhin folgende Einflussfaktoren ausschlaggebend:
• Dichte des Graphits
• Graphitreinheit
• Angriffsflächen gegen den Luftsauerstoff
Zu den Einflüssen der Graphitreinheit haben Untersuchungen ergeben, dass mit steigendem Aschewert die Oxidationsrate überproportional zunimmt. Die größte Temperaturbeständigkeit weisen hochreine Graphitqualitäten mit einem Aschewert von kleiner 0,15 Gew.-% auf. Zur Verringerung der Angriffsflächen gegen den Luft-sauerstoff eignen sich Flachdichtungen die am Außen- und Innendurchmesser mit einem Metallbördel versehen sind. Dadurch wird der Luftzutritt stark gedrosselt oder ganz unterbunden. Untersuchungen der Klinger AG haben ergeben, dass der prozentuale Gewichtsverlust von ungebördelten Graphitdichtungen in 100 h bei Temperaturen von 560 °C etwa 60% beträgt. In der Ausführung einer doppelt gebördelten Graphitdichtung liegt dieser Wert dagegen nur bei 0,03%.
Dichtungen im Krafthauptschluss
Im allgemeinen werden statische Flachdichtungen im Krafthauptschluss eingesetzt. Hierbei geht die gesamt aufgebrachte Schraubenkraft über das Dichtelement. Das Dichtelement liegt dabei zwischen zwei Flanschen (Abb. 2) und wird über seinen Außendurchmesser an den Schrauben im Flansch zentriert. Die Dichtungskraft ändert sich zwischen Montage und Betrieb in Abhängigkeit der Belastungen und Steifigkeiten des Flanschsystems. Als typische Krafthauptschlussflanschverbindungen sind Vorschweißflansche mit ebener Dichtleiste, mit Nut-Feder und Vor-Rücksprung zu nennen. Graphit-Flachdichtungen mit Innen- und Außenbördel haben sich beim Einsatz unter kritischen Betriebsbedingungen in Nut- und Federflanschen hervorragend bewährt. Zu den Vorteilen gehören dabei:
• niedrige Bauhöhe von 2 mm. Dadurch ist gewährleistet, dass die Dichtung im Nutflansch nicht herausragt und somit der Federflansch bei der Montage problemlos zentriert werden kann.
• keine zusätzlichen Anforderungen an die Bearbeitungsgüte der Flanschdichtflächen
• unempfindlich gegen Überpressung
• Reduzierung des Graphitabbrandes bei höheren Temperaturen beim Zutritt von Luftsauerstoff
Verbesserte Konstruktion
Um die besondere Eigenschaft (reduzierter Graphitabbrand) einer doppelt gebördelten Graphitdichtung beim Einsatz zwischen Flanschen mit ebener Dichtleiste zu nutzen, wurde die Konstruktion mit einem äußeren Zentrierrand versehen. Dieser besitzt die Aufgabe, den Dichtkörper während der Montage durch Anlage an den Verspannungsschrauben zu zentrieren. Als Weichstoffeinlage dient ein Sandwichmaterial, bestehend aus wechselweise kleberfrei verbundenen Schichten aus expandiertem Graphit und Edelstahlfolie (Sigraflex-Hochdruck, Asche #0,15%). Das abgestimmte Verhältnis zwischen Bördelblechdicke und Umlagebreite ermöglicht, dass es durch höhere Flächenpressungen im Bördelbereich zur guten Anpassung des Bördelbleches an die Bearbeitungsriefen kommt. Die in Stauchversuchen ermittelten Höchstflächenpressungen im Einbauzustand VO sind in der Tabelle zusammengefasst. Aufgrund der zu realisierbaren Flächenpressungen können mit dieser Dichtungskonstruktion sehr hohe Gasdichtheiten, speziell für erhöhte Dichtheitsanforderungen im Sinne der TA-Luft, erreicht werden. Der Temperatureinsatzbereich reicht von -200 bis 600 °C.
Dichtungen im Kraftnebenschluss
Im Kraftnebenschluss überträgt das Dichtelement nur einen Teil der Schraubenkraft, abhängig von der erforderlichen Vorverformung der Dichtung bei der Montage (Abb. 2). Wenn keine Relaxation auftritt, bleibt diese Dichtungskraft im Betrieb konstant. Die Abdichteigenschaften des eingesetzten Dichtkörpers hängen dabei hauptsächlich von seinem Rückfederungsvermögen ab. Wesentlich für die aufzubringende Gesamtvorspannkraft ist, dass die Erhaltung der Blocklage bei allen relevanten Betriebsbedingungen gewährleistet ist. Als typische Kraftnebenschlussflanschverbindung sind Nutflansche mit einer gegenüberliegenden ebenen Dichtleiste zu nennen. Sie werden vorzugsweise im Armaturen- und Pumpenbereich angewendet. Für eine dichte Ausführung dieser Verbindung ist die Abstimmung des Dichtkörpers hinsichtlich seiner Abmessung und seiner materialspezifischen Eigenschaften auf die Nutgeometrie notwendig. Eine weitere Möglichkeit für Kraftnebenschlussverbindungen bieten Flansche mit beidseitig ebener Dichtleiste und einem Dichtelement, das zusätzlich mit einem Stützring ausgestattet ist. Bei der Optimierung dieses Systems wird die Dicke des Stützringes so bemessen, dass mit den vorhandenen Schraubenkräften die Blocklage bei der gewünschten Dichtheitsklasse erreicht wird.
Dichtungsausführungen
Für die Anwendungen im Kraftnebenschluss, speziell in Flanschen mit ebener Dichtleiste, wurde die Dichtungsausführung mit dem Zentrierrand am Außendurchmesser zusätzlich am Innendurchmesser mit einem metallischen Stützring versehen. Dieser Stützring ist zuständig für den Kraftschluss – das Dichtelement liegt dabei im Kraftnebenschluss. In Abhängigkeit der vorhandenen Flansch- und Schraubenkräfte beträgt die Dicke des Stützringes 1,3 bis 1,6 mm. Hierbei kann die Stützringdicke so bemessen werden, dass mit den vorhandenen Schraubenkräften die Blocklage bei der gewünschten Dichtheitsklasse erreicht wird. Bei dieser Konstruktion besteht weiterhin die Möglichkeit, die Dicke des äußeren Zentrierrandes soweit der Flanschblattneigung anzupassen, dass innerer Stützring und äußerer Zentrierrand bei der Dichtungsmontage die Blocklage erreichen.
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