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Modular aufgebaute Gleitringdichtungen

Zusätzliche Lamellenpaare sorgen für eine flachere Federkennlinie der Bälge
Modular aufgebaute Gleitringdichtungen

Metallbalgdichtungen von Aesseal besitzen, verglichen mit dem Industriestandard, vier weitere Lamellenpaare, mit denen sich Einbautoleranzen und Abnutzung der Gleitflächen besser ausgleichen lassen. Sie wurden mit Hilfe modernster FEA-Methoden optimiert. Der Einsatz von Standardbauteilen lässt dabei eine Vielzahl unterschiedlicher Bauvarianten zu.

Peter Wicklmayr

Die Balgkonstruktion von Aesseal hat 12 Lamellenpaare anstelle des sonst üblichen Industriestandards von acht Paaren. Die zusätzlichen Balglamellen erhöhen durch Reduzierung der Belastung auf jedes einzelne Lamellenpaar die Dichtungsstandzeit. Ein weiterer Vorteil: Durch die zusätzlichen Lamellenpaare lässt sich ein dickeres Lamellenmaterial einsetzen. Damit erhöht sich die Druckfestigkeit der Bälge unter Beibehaltung der optimalen Gleitflächenanpressung und einer flach verlaufenden Federkennlinie der Bälge. Außerdem wirken sich axiale und radiale Auslenkung auf jedes der 12 Balglamellenpaare weniger stark aus. Darüber hinaus kompensiert ein Stapel von 12 Lamellenpaaren leichter Installationstoleranzen, und es wird eine gleichmäßige Anpressung der Gleitflächen aufrechterhalten, wenn sich die Gleitflächen im Einsatz abnutzen.
Anwendung der FinitenElemente Analyse
Die Metallfaltenbalg-Dichtungen von Aesseal wurden unter Einsatz modernster computergestützter Konstruktions- und Fertigungsprogramme erstellt. Die Einbeziehung der Finiten Elemente Analyse unterstützt dabei Voraussagen, wie sich eine Dichtung unter verschiedenen Bedingungen verhalten wird. Gleichzeitig halfen diese Methoden bei der Optimierung des Lamellenprofils: diese wurde zusätzlich mit einem 45°-Anstellwinkel am Innendurchmesser verbessert. Die Lamellen erhielten darüber hinaus eine unterschiedliche Formgebung, damit deren Enden zu den Schweißnähten hin parallel verlaufen. Die Schweißstelle steht dadurch bei Balgbewegungen ruhig und die Bewegung ist in das Zentrum der Lamelle verlagert.
Als Standard-Balgwerkstoff wurde die Legierung Alloy 276 gewählt. Durch den hohen Nickelanteil besitzen diese Bälge bessere mechanische und korrosionstechnische Eigenschaften als Bälge aus Serie-300-Edelstahl oder Alloy 20. Bälge aus wärmebehandeltem Alloy AM 350 eignen sich für Anwendungen mit höherem Druck oder hohen Dauertemperaturen.
Produktion
Die Diaphragmalamellen werden in einem Arbeitsgang im Außen- und Innendurchmesser aus Metallfolien ausgestanzt und auch profiliert. Danach durchlaufen sie ein Ultraschallbad, um Schmutz und Staub von ihrer Oberfläche zu entfernen. Nach diesem Reinigungsprozess werden die Lamellen zum Teil in einer Säurelösung gebeizt, um Oberflächenoxide zu entfernen. Der eigentliche Schweißprozess besteht aus drei Einzelschritten. Im ersten Produktionsschritt werden die unterschiedlich geformten Lamellenprofile entlang ihrem Innendurchmesser zusammengeschweißt. Sie bilden dann ein Balglamellenpaar. Danach werden 12 Lamellenpaare auf eine spezielle Spannvorrichtung montiert, die sie präzise ausrichtet und klemmt, um die Außendurchmesser zu schweißen. Die Lamellenpaare werden dadurch zu einem Stapel, dem eigentlichen Balg, verbunden. Hierzu ist ein automatisches Spursystem erforderlich. Der Einsatz von Videokameras, deren Bilder eine Vergrößerung des Schweißvorganges zeigen, stellt sicher, dass der Prozess konstant verläuft. Diese computernumerisch kontrollierte Schweißtechnologie liefert qualitativ hochwertige Schweißnähte. Der Balgstapel wird im dritten Schritt an seine unterstützenden Endstücke, den Flächenhalter und den Mitnehmer, geschweißt. Dieser Vorgang erfolgt auf einem speziellen Aufnahmedorn, der auf einer Außendurchmesser-Schweißmaschine angebracht ist.
Wärmebehandlung
Balgmontagen aus Werkstoff AM 350 durchlaufen einen dreiphasigen computerüberwachten Wärmebehandlungsprozess. Spezielle Öfen und temperaturkontrollierte Gefriergeräte werden eingesetzt, um die notwendigen Materialumwandlungen durchzuführen. Die Verbindung zwischen dem Lamellenstapel und den Endstücken ist in der Regel der Punkt der höchsten Beanspruchung, und somit auch die Stelle, an der zumeist Balgdichtungsfehler entstehen. Daher durchläuft die komplette Balganordnung mit den Endstücken den Wärmebehandlungsprozess. Auf diese Weise wird die Wahrscheinlichkeit eines Materialfehlers an diesem kritischen Punkt minimiert.
Qualität und Sicherheit
In alle Balgdichtungsbaugruppen wird eine eigene spezifische Nummer geätzt, die in einer Datenbank festgehalten wird. Dies erlaubt die Rückverfolgbarkeit zu jeder Zeit. Dadurch lässt sich jederzeit feststellen, wann der Dichtungszusammenbau erfolgte. Auch lassen sich alle anderen Dichtungen eines Fertigungsloses verfolgen.
Plastisch montierte Schweißmuster werden elektrolytisch geätzt, um die Mikrostruktur der Schweißnaht betrachten zu können. Unter Vergrößerung wird geprüft, ob die Verbindungen den spezifizierten Standards für Schweißnahtbreite, Symmetrie, Eindringtiefe und Inter-Diaphragma-Wurzelcharakteristik entsprechen. Um die Qualität der Schweißung sicherzustellen, werden Musterbälge in jedem Fertigungslauf entnommen und inspiziert. Dazu werden sie im Längsschnitt geteilt und in Harz eingegossen. Eine anschließende Diamantläppung erzeugt eine polierte Oberfläche. In diesem Zustand werden alle Fehlstellen unter dem Mikroskop sichtbar.
Die Federrate wird durch Scragging, einem kontrollierten Stauch-/Dehnprozess, auf die gewünschte Anpresscharakteristik der Gleitflächen eingestellt. In diesem Prozess werden modernste Prüfmaschinen eingesetzt, die in Verbindung mit spezieller Software zur Bestimmung der Balgfederraten arbeiten.
Des Weiteren werden alle Balgeinheiten mit einem Helium-Massenspektrometer auf Dichtigkeit geprüft. Die Innenseite der Balgeinheit wird dazu evakuiert. Mit einem Helium-Lecksuchgerät ist es dann möglich, jeden minimalen Schweißdefekt zu identifizieren. Während des Fertigungsprozesses durchläuft jede Balgeinheit mindestens drei Leckageprüfungen.
Bauvarianten
Für viele verschiedene Dichtungen verwendet Aesseal gleiche Bauteile und verringert dadurch die Herstellkosten. Bei den vom Hersteller bevorzugten Cartridgeausführungen stellen robuste Montageclips die korrekte Arbeitslänge und, speziell bei dieser Dichtungsbauart wichtig, die radiale, konzentrische Positionierung sicher. Neben den gängigen Formaten von Komponentendichtungen entsprechend EN 12756 (vormals DIN 24960) werden weitere Standard-Cartridgedesigns als Einzel- und Doppeldichtung angeboten.
Die beiden Produkttypen BDFI/BDFC – es handelt sich hierbei um Metallbalg-Cartridge-Doppeldichtungen in Tandemanordnung mit integriertem Fördergewinde und Leitapparatur – zeichnen sich durch den Einsatz erfolgreicher Konstruktionsmerkmale zweier Produktreihen aus. Die spezielle Anordnung eines integrierten bidirektionalen Fördergewindes erlaubt es, die Dichtung auch in schmale Dichträume kleiner Prozesspumpen mit nur 8 mm Querschnitt einzubauen. Die Leitapparatur lenkt das gekühlte Sperrmedium unter die produktseitigen Gleitflächen. Die Dichtungen sind auch mit produktberührten Bauteilen aus Alloy 276 erhältlich. Die BSFG ist eine Einzel-Cartridgedichtung, deren sekundäre Dichtelemente in expandiertem Graphit ausgeführt sind. Der Einsatz von hochwertigen FFKM-Dichtungen treibt die Kosten einer Gleitringdichtung häufig nach oben. Dennoch bleiben aber chemische Einschränkungen bestehen. Expandierter Graphit dagegen ist äußerst universell einsetzbar. Auch diese Dichtung ist mit produktberührten Bauteilen aus Alloy 276 lieferbar. Sie kommt beispielsweise zur Abdichtung von Wärmeträgeröl mit chemischen Verunreinigungen zum Einsatz.
FlüssigkeitsgekühlteGleitringdichtungen
Oft ist die effektivste Lösung von Dichtungsproblemen, verbunden mit Verringerung der Abdichtkosten, durch den Wechsel der Umgebungsbedingungen erreichbar. Der Einsatz einer Dichtung BSFG23 oder BDFI23 entsprechend API Plan23 zusammen mit einer passenden Adapterplatte und einem kleinen Cooler wird daher häufig angewendet. Eine spezielle Software steht zur Verfügung, um den Kühlmediumdurchsatz und die erreichbare Temperaturabsenkung zu bestimmen. Folgendes Beispiel illustriert die Wirkungsweise: Das Produkt ist Wärmeträgeröl mit 260 °C. Bei Anwendung einer Plan23-Anordnung mit Wasser als Kühlmedium mit 12 °C und einer Durchflussmenge durch den Kühler von 2 l/min wird die Temperatur an der Dichtung auf 108 °C gesenkt. Es ist leicht einzusehen, dass eine Gleitringdichtung bei diesen Bedingungen wesentlich längere Standzeiten haben wird, als eine vergleichbare Gleitringdichtung, die der vollen Temperatur ausgesetzt ist. Bei allen technischen Vorzügen sind diese Gleitringdichtungen dennoch Standardprodukte und kostengünstig aus verfügbaren, in Mengen produzierten Baukomponenten modular aufgebaut.
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