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Druckstöße in Ventilen

Konstruktive Lösungen für eine erhöhte Standfestigkeit
Druckstöße in Ventilen

Selbst bei sorgfältigster Planung und Ausführung von Anlagen kann, insbesondere bei Umbauten, Erweiterungen und wechselnden Betriebsweisen, ein Druckstoßrisiko nicht vollständig ausgeschlossen werden. In diesen Fällen ist es von großem Vorteil, wenn die Komponenten der Anlage eine ausreichende Standfestigkeit aufweisen.

Der Autor: Erhard Stork Entwicklungsleiter Produktgruppe Ventile und Regler, ARI Armaturen

In medienführenden Rohrleitungen können teilweise sehr starke Druckstöße entstehen, die vielfach auch als Wasserschläge bezeichnet werden. Die dabei auftretenden Belastungen auf die Leitungen, Armaturen und Apparate können so groß sein, dass hierbei Schäden bis zum Bersten entstehen. Bevor wirksame Maßnahmen ergriffen werden, muss genau untersucht werden, um welche Art von Druckstoß es sich handelt und welche Ursachen dazu führen.
Ursachen von Druckstößen
Die Entstehung von Druckstößen in Rohrleitungen kann unterschiedliche Ursachen haben. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen dem hydraulischen und dem thermischen Druckstoß.
Wenn beim Durchströmen einer Rohrleitung mit Flüssigkeit eine Absperrarmatur (z. B. Absperrklappe) sehr schnell geschlossen wird, kommt das strömende Medium plötzlich zum Stillstand und die kinetische Energie wird in Druckenergie umgewandelt, d. h. vor der Armatur entsteht ein hydraulischer Druckstoß. Dieser läuft mit Schallgeschwindigkeit von der Entstehungsstelle entgegen der ursprünglichen Strömungsrichtung fort und wird an Unstetigkeitsstellen (Behälter, Leitungsenden etc.) reflektiert. Diese Druckwellen können mehrfach hin- und herlaufen, wobei die Intensität durch Dissipation mehr und mehr gedämpft wird, bis sie schließlich ausklingen.
Trifft heißer Dampf auf größere Kondensatansammlungen infolge unzureichender Entwässerung in Rohrleitungssystemen, kann eine plötzliche Verdampfung auftreten. Die damit verbundenen Volumenänderungen bewirken teilweise heftige Wasserschläge und damit starke thermische Druckstöße, die weit über dem Betriebsdruck liegen können.
Einfluss von Druckstößen auf Ventile
Am Beispiel des Absperrventils Faba-Plus sind in Bild 1 die Bereiche gekennzeichnet, auf die bezüglich der Druckstoßbelastungen im Folgenden eingegangen wird. Die Bemessung und das Design des Ventilgehäuses richten sich nach den Auslegungsparametern Druck und Temperatur zuzüglich der nach den Regelwerken vorgeschriebenen Sicherheiten. Da die in Anlagen auftretenden Druckstöße Werte annehmen können, die deutlich über den zulässigen Werten für die jeweiligen Ventile liegen, kann es zumindest bei spröden Werkstoffen ohne ausgeprägte Streckgrenze (z. B. Grauguss) zum Gehäusebruch kommen.
Die statischen Dichtelemente zwischen den einzelnen Gehäuseteilen der Ventile unterliegen der gleichen Druck- und Temperaturbelastung wie das Gehäuse selbst. Wenn hier die maximalen Belastungswerte für Druck und Temperatur überschritten werden, kann dieses zu Undichtigkeiten oder sogar zum „Herausblasen“ von Teilen der Dichtung führen.
Die Dichtungen für die Spindeldurchführung erfahren zusätzlich eine dynamische Belastung durch die Bewegung der Spindel. Handventile werden meist selten betätigt, Regelventile sind dagegen häufig bis ständig im Einsatz. Die beiden klassischen Systeme sind hierbei die Stopfbuchs-packung und die PTFE-Dachmanschette. Sind diese Art von Abdichtungen im Verschleiß schon weit fortgeschritten, kann ein Druckstoß schnell zu einer Undichtigkeit führen, wobei die Stopfbuchspackung dann noch den Vorteil des Nachspannens aufweist.
Ein Edelstahl-Faltenbalg bietet hier zwar eine dauerhaft dichte und wartungsfreie Spindelabdichtung, gegenüber Druckstößen ist allerdings die Belastbarkeit aufgrund der Dünnwandigkeit des Balgmaterials begrenzt.
Konstruktionsmaßnahmen
Sind in einer Anlage Druckstöße nicht auszuschließen, ist es sehr wichtig, nur Gehäusewerkstoffe zu verwenden, die eine ausreichende Duktilität aufweisen.
Um eine Beschädigung oder sogar ein Herausblasen von Flachdichtungen bei Druckstößen zu verhindern, ist der Einsatz von kammprofilierten Dichtungen sinnvoll. Diese bestehen in der Regel aus einem profilierten metallischen Träger und einer Weichstoffauflage. Nach Einbau und Vorspannung der Dichtung wird der Weichstoff, z. B. Graphit oder PTFE in das Trägerprofil gepresst und somit zusätzlich verankert.
Eine weitere Maßnahme ist die Kammerung der Dichtung zwischen Ober- und Unterteil, wobei der innen liegende Steg die Dichtung gegen das Medium abschirmt. Eventuelle Druck-stöße können die Dichtung gar nicht erst erreichen. Der äußere Steg dient der Abstützung und zusätzlichen Sicherheit nach außen. Aus einer defekten Dichtung kann dann kein Mediumstrahl entweichen.
Eine Verbesserung der Druckstoßsicherheit bei Faltenbalgventilen ist durch eine Abschirmung des Balges auf der Mediumseite zu erzielen. Die am Oberteil angeschweißte Abschirmhülse übernimmt hierbei gleichzeitig die Aufgabe der Kegelführung. Eventuelle Druckstöße und Wasserschläge gelangen erst gar nicht bis zum Faltenbalg und hohe Strömungsgeschwindigkeiten können den Kegel nicht zu Schwingungen anregen.
Bei der Entwicklung des in Bild 2 dargestellten Absperrventils Faba-Supra-i wurden die beschriebenen Maßnahmen zur Verbesserung der Standfestigkeit gegenüber Druckstößen konsequent umgesetzt.
Praktische Versuche
Zur Ermittlung der Belastungsgrenzen im Vergleich zu einem Standardventil Faba-Plus und der Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen im Ventil dienten umfangreiche Versuche am Fraunhofer Umsicht-Institut in Oberhausen (www.umsicht.fhg.de). Hierbei wurden die Faltenbalg-Absperrventile härtesten Belastungen durch Druckstöße ausgesetzt.
Das Fraunhofer Umsicht-Institut in Oberhausen verfügt über ein ausgedehntes Versuchsfeld, wo hydraulische Druckstöße realitätsnah erzeugt werden können. Die Anlage besteht aus einem geschlossenen Rohrleitungskreislauf, wo mittels einer Kreiselpumpe Wasser im stationären Umlauf gefördert wird. Nach Schließen einer eingebauten, besonders schnellschließenden Klappe entsteht durch das abrupte Stoppen der Wassersäule im Zulauf der Klappe ein Druckstoß. Diese Druckspitzen durchlaufen das System, wobei durch die Reflexionen eine Reihe von Druckstößen mit abnehmender Intensität entstehen. Durch Variation der Geschwindigkeit des abzubremsenden Flüssigkeitsstroms können gezielt definierte Druckspitzen erzeugt werden, die maximale Werte von ca. 200 bar erreichen.
Bild 3 zeigt das am Ende einer Stichleitung montierte Versuchsventil. Die schrittweise Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit und der damit entstehenden Druckstöße führte zu einer Steigerung der Belastungen. In Bild 4 ist der zeitliche Verlauf der Druckstöße zu sehen, die einzelnen Druckspitzen mit abfallender Intensität resultieren aus der mehrfachen Reflektion der Druckwellen im System.
Zunächst wurden Versuche mit einem Standardventil Faba-Plus nach Bild 1 durchgeführt. Bei 100 bar zeigte dieses für maximal 40 bar ausgelegte Ventil noch keine negativen Ergebnisse, Balg und Deckeldichtung waren unverändert. Erst ab ca. 130 bar versagte die bei diesem Ventil nur einfach gekammerte Deckeldichtung, der Balg zeigte ab ca. 150 bar die ersten Verformungen.
Die gleichen Versuche wurden anschließend mit dem extra für diese hohen Belastungsfälle konzipierten Ventil Faba-Supra durchgeführt. Selbst bei maximalen Werten von 200 bar auch ohne Faltenbalgabschirmung blieb der Faltenbalg unbeschädigt und es waren keine Verformungen oder Undichtigkeiten feststellbar (Bild 5). Durch die zusätzliche Abschirmung des Faltenbalges, wie für das Faba-Supra-i beschrieben, erhöht sich die maximale Belastbarkeit dieses Faltenbalgventils noch einmal, da die Druckstöße erst gar nicht auf den Balg treffen können.
Online-Info: www.cav.de/0711433
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