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Nichts ist unmöglich

Turbopumpen aus Asslar feiern ihren 50sten Geburtstag
Nichts ist unmöglich

Mit seinem Werbeslogan „Nichts ist unmöglich“ trifft ein bekannter japanischer Fahrzeughersteller unfreiwillig den Kern der Vakuumtechnologie. Ein absolutes Vakuum, wie es im Weltraum herrscht, ist mit technischen Mitteln auf der Erde derzeit nicht zu erzielen. Die Turbopumpen von Pfeiffer Vacuum kommen aber ziemlich nahe heran. Sie erzeugen ein Ultrahochvakuum von bis zu 10-11 mbar.

Der größte Teil unseres Universums ist frei von Materie und besteht demnach eigentlich aus Nichts: Gerade mal ein Atom pro Kubikzentimeter verirrt sich im interstellaren Raum. Auf der Erde sieht es allerdings ganz anders aus: Aufgrund unserer Atmosphäre gestaltet sich die Erzeugung eines Weltraumvakuums auch heute noch extrem schwierig. Die Jagd nach dem ultimativen Vakuum begann zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Einer der Vorreiter bei der industriellen Vakuumerzeugung ist die Pfeiffer Vacuum Technology AG aus Asslar. Das 1890 von Arthur Pfeiffer gegründete Unternehmen stellte 1908 seine ersten Vakuumpumpen vor. Bereits 1926 zählte es zu den Weltmarktführern in diesem Bereich. 1958 präsentierte Pfeiffer Vacuum schließlich die erste Turbopumpe. 50 Jahre später erzielen die Asslarer mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes von rund 180 Mio. Euro (Stand 2006) allein mit diesen Pumpen. cav-Redakteur Dr. Bernd Rademacher nahm das 50-jährige Jubiläum der Turbopumpen zum Anlass und unterhielt sich mit Armin Conrad, Leiter Forschung und Entwicklung bei Pfeiffer Vacuum, über die Geschichte, die Technik und aktuelle Trends.

cav: Herr Conrad, Turbopumpen sind heute, 50 Jahre nach ihrer Erstvorstellung, ein äußerst wichtiges Standbein ihres Unternehmens. Wie kam es zur Entwicklung dieses Pumpentyps?
Conrad: Bis zur Entwicklung der Turbopumpen hat die Industrie vornehmlich Öl-Diffusionspumpen zur Vakuumerzeugung eingesetzt. Nachteil dieser Pumpen war und ist, wie der Name schon sagt, der Ölgehalt im Prozess. In den 50er Jahren kamen immer mehr Anwendungen auf, die allerdings ein ölfreies Vakuum erforderten. Man behalf sich zwar mit einer Öl-Dampf-Sperre, dies war aber dennoch nicht der Weisheit letzter Schluss. Der Pfeiffer-Spezialist für schnelldrehende Wellen, Dr. Willi Becker, übrigens ein genialer Tüftler und Bastler, entdeckte bei seinen Untersuchungen, dass sich mit einer Turbine ein Pumpeffekt erzielen lässt.
cav: Können Sie uns das zugrunde liegende Prinzip kurz erklären.
Conrad: Trifft ein Gasteilchen auf eine bewegte Wand, erhält es zu seiner eigenen thermischen Geschwindigkeit eine zusätzliche Komponente in Richtung der Wandbewegung. Wird dieser Prozess mehrmals wiederholt, wandelt sich die ungerichtete thermische Molekularbewegung in einen gerichteten Teilchenstrom um und man erhält einen Pumpprozess. Pumpen, die nach diesem Prinzip arbeiten, heißen daher auch Molekularpumpen. Ein Problem dieses Funktionsprinzips ist die Kollision der Gasteilchen untereinander. Sie wirkt dem Pumpprozess entgegen, sodass mit einem Vordruck von etwa 10-1 mbar gearbeitet werden muss.
cav: Wie sahen denn die ersten Molekularpumpen aus?
Conrad: Eine Turbopumpe oder Turbinenpumpe besteht im Wesentlichen aus einem Gehäuse mit einem Rotor und einem Stator. Die rotierenden und feststehenden Scheiben sind abwechselnd angeordnet, wobei eine Rotor- und eine Statorscheibe eine Pumpstufe bilden. Je schneller sich der Rotor bewegt, desto höher ist der Pumpeffekt. Moderne Pumpen arbeiten hier mit Drehzahlen bis zu 90 000 min-1 und Umfangsgeschwindigkeiten von 400 m/s. Der selbstgebastelte Prototyp von Becker schaffte immerhin bereits 142 m/s.
cav: Wie wurden die Pumpen im Laufe der Zeit weiterentwickelt?
Conrad: Die ersten Pumpen arbeiteten wie bereits erwähnt gegen einen Druck von 10-1 mbar. Um einen höheren Vordruck zu erlauben, wurde Mitte der 90er Jahre die sogenannte Hollweckstufe entwickelt. Sie besteht aus einem stehenden Teil mit eingefrästen Gewindegängen und einem rotierenden Zylinder. Die typischen Abmessungen eines Pumpkanals sind in diesem Bauteil um den Faktor 10 bis 50 kleiner als bei den Turboscheiben. Stöße der Gasteilchen untereinander gewinnen deshalb erst bei höheren Drücken Einfluss, sodass standardmäßig Vordrücke von 10 mbar möglich sind. Spezielle Auslegungen erlauben sogar bis zu 30 mbar.
cav: Welche Vorteile entstehen dadurch für den Anwender?
Conrad: Es gibt zwei wesentliche Vorteile. Zum einen können Membranpumpen als Vorpumpen verwendet werden. Daraus ergibt sich ein komplett trockenes Pumpsystem. Zum anderen können die Vorpumpen wesentlich kleiner dimensioniert werden, woraus sich natürlich entsprechende Kostenvorteile ergeben.
cav: Welche Trends wurden in den aktuellen Geräten umgesetzt?
Conrad: Natürlich ist es weiterhin unser Bestreben, die technischen Daten der Turbopumpen zu verbessern. So konnten wir in den letzten Jahren die Zuverlässigkeit der Aggregate durch eine verbesserte Ro-tordynamik und eine ausgefeilte Lagertechnik wesentlich erhöhen. Hierzu trägt auch die spezielle Wuchttechnologie von Pfeiffer Vacuum bei. Weitere Aspekte, die vor allem in unserer aktuellen Baureihe, den HiPace-Turbopumpen, umgesetzt wurden, sind die Störungsfrüherkennung, also Predictive Maintenance, eine vereinfachte Wartung und ein geringerer Energieverbrauch.
cav: Eine letzte Frage, Herr Conrad. Wohin geht die Reise bei Turbopumpen?
Conrad: In Zukunft gilt es zunächst einmal, dem fernöstlichen Druck standzuhalten. Dass heißt, die Systeme müssen kostengünstiger werden. Hierbei sind immer die wesentlichen Punkte zu optimieren: Konstruktion, Fertigung und Zulieferung. Darüber hinaus will der Anwender zukünftig nicht eine einzelne Vakuumpumpe, sondern vielmehr eine Komplettlösung für seinen Anwendungsfall.
cav: Vielen Dank für das Gespräch.
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„Turbopumpen lassen sich einfach charakterisieren: Je schneller sich die Achse dreht, desto besser ist der Pumpeffekt.“

Turbos machen Tempo
HiPace heißen die aktuellen Turbopumpen im Saugvermögensbereich von 10 bis 700 l/s. Sie überzeugen durch hohe Wirtschaftlichkeit und Flexibilität, die bei sämtlichen Pumpen dieser Reihe den Einbau in allen Lagen ermöglicht. Das bewährte Lagersystem bietet eine besonders hohe Zuverlässigkeit. Höheres Saugvermögen, höhere Vorvakuumverträglichkeit und höherer Gasdurchsatz sowie eine sehr gute Kompression für leichte Gase werden durch das verbesserte Rotordesign ermöglicht.
Die integrierte Antriebselektronik reduziert aufwendige Verkabelungen. Zudem sind bei gleichem Bauvolumen verschiedene Antriebsvarianten – und zwar inklusive Profibus und DeviceNet – erhältlich. Durch hoch belastbare Materialien wurde die Lebensdauer der leistungsfähigen Antriebe verdoppelt. Auch die Hochlaufzeit der HiPace wurde erheblich reduziert, was die Pumpe noch schneller einsatzbereit macht. Darüber hinaus verfügen die Aggregate über erweiterte Remote- und Sensorikfunktionalitäten.
Bei dieser Baureihe schützt ein Sperrgasanschluss die Lager vor Partikeln oder oxidierenden Gasen. Die HiPace ist deshalb nicht nur kompakt, sondern auch sehr robust und industrietauglich.
Das funktionelle Aluminiumgehäuse macht die Pumpe besonders leicht. Die integrierte Kühlung demonstriert dabei, wie man Turbopumpen noch leistungsfähiger machen kann, ohne sie zu „überpacen“.

Mehr zu den Turbopumpen
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