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Sichere und saubere Feststoffproduktion

Planung von Anlagen für hochaktive Wirkstoffe
Sichere und saubere Feststoffproduktion

Ob in Blutdruckmitteln oder Schlaftabletten – hochaktive Wirkstoffe sind ein Dauerbrenner in der pharmazeutischen Produktion. Selbst wenn die Planung von Prozessanlagen fürs Feststoff-Handling heute vielfältige Vorgehensweisen kennt, ist das übergeordnete Planungsziel immer die Kontaminationsfreiheit der Beteiligten in allen Phasen.

Jean-François Gass, Jörg Wengerowski

Drei Viertel der pharmazeutischen Medikamente und Präparate werden in Form von Tabletten und Kapseln verabreicht, die auf API-Wirkstoffen (Active Pharmaceutical Ingredients) basieren. Diese liegen meist als Pulvermischungen vor und lassen sich nicht direkt in Tablettiermaschinen zum fertigen Arzneimittel verarbeiten. Um sie wirtschaftlich und schonend zum Endprodukt zu verarbeiten, werden die Pulver in Granulate von höherer Dichte umgewandelt. Diese sind präzise dosierbar und erzeugen während ihrer Verarbeitung weniger Staub in Arbeitsbereichen als Pulver. Damit können auch die Gesundheitsrisiken für das Personal auf ein Minimum reduziert werden.
Vom Pulver zum Granulat
Die Anlagenplaner von Chemgineering setzen im Normalfall drei Verfahren für die Wirkstoffverarbeitung ein. Der Granulationsprozess erfolgt dabei über Kompak- torwalzen, im Wirbelschichtgranulator oder im Intensivmischer.
Im Kompaktor wird die pulverförmige Wirkstoffmischung den beiden Kompak-torwalzen von einem Vorlagegefäß aus zugeführt. Unter hohem Druck entstehen Presslinge, die Schülpe, die sich auf die gewünschte Korngröße zur Weiterverarbeitung zerkleinern lassen. Die Kompaktor-Technologie bietet den Vorteil, dass sie ein rein physikalischer Prozess ist und die Produkte chemisch nicht verändert werden.
Mit dem Wirbelschichtgranulator (WSG) lassen sich lockerere Agglomerate in Brombeer-Struktur gewinnen. Die Granulierung erfolgt in einem fluidisiertem Wirbelbett (Fluid-Bed-Technologie) aus der Wirkstoffmischung, das durch einen von unten eingeblasenen Luftstrom erzeugt und in der Schwebe gehalten wird. Durch das Aufsprühen von Flüssigkeit verkleben die Pulverkörnchen zum Agglomerat. Der Wirbelschichtgranulator erlaubt die Prozessschritte Granulieren und Trocknen im gleichen Apparat. Jedoch sind bei diesem Verfahren zusätzliche Schritte wie die Aufbereitung der Zu- und Abluft und die Reinigung der Filterelemente im Abluftstrom notwendig.
Im Intensivmischer (High Shear Mixer) entstehen dichtere, mechanisch stabilere Granulate in Schneeballform. Der Apparat besteht aus einem zylindrischen Behälter mit zwei Rührorganen und Nebenaggregaten. Nach der Herstellung der Wirkstoff-Pulvermischung wird diese im gleichen Behälter durch Aufsprühen von Flüssigkeit granuliert. Dabei wird das Pulver mit dem zentral angeordneten Rührorgan intensiv gemischt. Zu große Granulate und Klumpen zerkleinert der seitlich angebrachte Zerhacker. Bei der One-Pot-Ausführung des Intensivmischers wird das Granulat direkt im gleichen Apparat mihilfe eines Vakuums, eines beheizbaren Mantels und Mikrowellen getrocknet.
Nach jedem der beschriebenen Verfahren kann das getrocknete Granulat anschließend direkt in die Tablettenpresse gegeben oder zuerst durch eine Siebmühle auf die gewünschte Korngröße zerkleinert werden. Ist die Auswahl auch noch so groß: Die Planer von Chemgineering richten die zu verwendenden Verfahren immer an den intern definierten Verfahren der Kunden aus. Die GMP-Richtlinien schreiben vor, dass für die Zulassung eines Medikaments die Herstellungsweise bis in einzelne Verfahrensschritte beschrieben und garantiert ist. Kleine Veränderungen im Verfahrensablauf könnten schon zu Änderungen in der Reaktion der Wirkstoffe führen und somit Abänderungen und erneute Behördenfreigaben notwendig machen. Trotz der vielfältigen Möglichkeiten ist es hier der sichere Weg, auf die bisher im Betrieb bewährten Verfahren zu setzen.
Reinigung: WIP oder CIP?
Die Säuberung der Anlage zwischen einzelnen Produktionsdurchläufen dient dazu, die Wirkstoffrückstände weitestgehend zu entfernen, um Personen und Produkte vor Kontamination zu schützen. Im Umfeld hochaktiver Substanzen arbeitet man vorwiegend mit geschlossenen Reinigungsprozessen: Washing in Place (WIP) oder Cleaning in Place (CIP). Bei beiden werden kontaminierte Flächen über Reinigungsdüsen mit Flüssigkeit benetzt und Feststoffrückstände gebunden. Die WIP-Methode erreicht einen sehr hohen Reinigungsgrad von 90 bis 95 %, insbesondere bei komplexen Systemen wie Tablettenpressen. Das reicht in den meisten Fällen, um die Anlage zu öffnen, ohne dass das Bedienpersonal durch die hochaktiven Substanzen gefährdet wird. Zur Feinreinigung müssen jedoch die Anlagen auseinandergebaut und manuell nachgereinigt werden. Soll eine Anlage komplett validierbar und reproduzierbar gereinigt werden, dann spricht man von CIP-Reinigung. Im Unterschied zu WIP entfällt bei diesem Verfahren die manuelle Nachreinigung.
Der technische Aufwand bei der Planung einer WIP/CIP-Anlage ist nicht trivial und verlangt die Betrachtung verschiedener Kriterien. Beispielsweise muss die Kons-truktion von Maschine und Komponenten für eine WIP- oder CIP-Reinigung ausgelegt sein, also viele glatte Flächen und keine Toträume aufweisen. Da die Hauptreinigung durch die mechanische Wirkung des Reinigungsstrahles erfolgt, müssen die Reinigungsdüsen auf optimalen Wasserdurchsatz und Druck eingestellt sein. Denn sowohl bei zu hohem als auch bei zu niedrigem Druck und Wasserdurchsatz ist die Reinigungswirkung ungenügend. Unterstützen können chemische Reinigungsmittel wie Tenside, Lauge oder Säure, deren Reinigungsintensität durch Temperaturwahl und Einwirkungszeit optimierbar ist. Nicht zu vernachlässigen ist bei der Planung die Frage der Abwasserbehandlung. Falls gelöste Stoffe vor der Ableitung in Kläranlagen vorbehandelt werden müssen, sind auch hier abgestimmte verfahrenstechnische Anlagen nötig. Es gilt zudem einzuplanen, dass im pharmazeutischen Bereich die Reinigungsmedien und Spülflüssigkeiten in der Regel nicht zirkulieren, sondern nur einmal verwendet werden, um Cross-Kontaminationen auszuschließen.
Projektbeispiele
Um eine Produktionslinie mit einem Feststoffprozess zu ergänzen, muss jede Anlage individuell betrachtet werden. In der Praxis sind ältere Anlagen meistens nicht auf WIP/CIP ausgelegt und das Nachrüsten sehr aufwändig. In den meisten Fällen ist es daher sinnvoll, gleich von vornherein eine neue geschlossene Verarbeitungslinie anzustreben.
Zum Beispiel konnte Chemgineering für einen Hersteller eines neuen Blutdruck-Medikaments die Linie zur Wirkstoffverarbeitung aufbauen. Eine Feststoffproduktion war bereits vorhanden und klar, in welchem Gebäude die neue Anlage entstehen sollte. Konzipiert wurde ein „geschlossener“ Prozessablauf, in der die Transportwege streckenweise über Doppelklappen laufen. Im Unterschied zu einfachen Klappen bieten diese höheren Schutz vor Kontamination. Zur Wirkstoffverarbeitung wählten die Ingenieure – in Abstimmung mit den für den Kunden zugelassenen Verfahren – einen Wirbelschichtgranulator sowie einen Intensivmischer nebst Coater, die gleich von Beginn WIP-tauglich konzipiert und beschafft wurden.
Mit den vorhandenen Möglichkeiten lassen sich ebenso Kleinprojekte bewältigen. Beispielsweise konzipierten die Schweizer Anlagenplaner für einen Spezialpharmahersteller den Bau einer Laboreinrichtung, in der analytische Proben zu Forschungszwecken hergestellt werden sollten. Hier wird vieles von Hand gemacht und die Systeme werden offener gehalten. Zur flexiblen Nutzung plante man hier alle drei Granulierungsverfahren ein.
Um ein mobiles Arbeiten zu ermöglichen, wurden Wirbelschichtgenerator und Intensivmischer auf Rollen gestellt, damit sie flexibel zum Einsatz oder zum Abreinigen transportiert werden können. Für die Reinigung reicht hier ein Benetzen der das Produkt berührenden Oberflächen aus. Daher setzten die Ingenieure auf manuelle Reinigung über Wasser- und Abwasseranschlüsse sowie ein paar wenige Reinigungsdüsen.
Achema: Halle 9.1, Stand S37
Online-Info www.cav.de/0409400
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