Ventile unter Kontrolle

Hans-A. Redemann

In den meisten Produktionsanlagen gibt es Hunderte, wenn nicht Tausende Ventile, die wegen der hohen Verkabelungskosten nicht mit dem Leitsystem verbunden sind. Diese Ventile geben keine Rückmeldung über ihre Position, obwohl schlecht eingestellte Ventile ein hohes Sicherheitsrisiko darstellen können. Wichtige Ventilparameter lassen sich dann nur bei Rundgängen in der Anlage erfassen, Ventilstellung, Geräuschentwicklung, Kavitation oder Leckagen sind unter diesen Voraussetzungen nur vor Ort zu erkennen.

Die kabellose Fisher-4320-Rückmeldeeinheit ändert die technischen und ökonomischen Spielregeln. Das Wireless-Gerät überwacht Hub- und Drehstellventile ebenso wie Regler ohne Hilfsenergie, Be- und Entlüftungsjalousien, Füllstandmessgeräte in Verdränger- und Schwimmausführung sowie Überdruckventile in Ex-Bereichen. Durch die berührungslose Überwachung linearer und rotierender Bewegungen ist das 4320 an nahezu allen Geräten einsetzbar, bei denen die prozentuale Messung der Messspanne erforderlich ist. Zur gleichen Familie gehört die kabellose TopWorx-4310-Rückmeldeeinheit, die kabellos rotierende oder lineare Bewegungen erkennt und den Auf-/Zu-Zustand von Ventilen und Hubstellgeräten oder Entlastungsventilen überwacht.

Kabellose Rückmeldeeinheiten von Fisher überwachen bei Harcros Chemicals in Kansas City, USA, Ventile, die bisher nicht mit dem Leitsystem der Anlage verbunden waren. Harcros nutzt Handventile zur Probenentnahme, Umleitung, Injektion und Extraktion. Viele dieser Ventile sind an abgelegenen, schwer erreichbaren Orten platziert, die Verbindung mit dem Leitsystem per Kabel ist zu teuer. Ihre Überwachung war schwierig, denn das Betriebspersonal musste jedes Mal Ex-Bereiche betreten oder auf Leitern steigen, um den Zustand oder die Stellung erkennen zu können. Auf der Suche nach einer einfacheren Art, die Ventilperformance zu überwachen, haben sich die Manager der Harcros-Anlage dazu entschlossen, die kabellosen Rückmeldeeinheiten zu installieren. Diese waren schnell in Betrieb genommen und bieten dem Anwender eine kostengünstige Methode, die erforderlichen Daten zu erfassen. Das Instrument liefert laufend Informationen über den Ventilhub und minimiert Zeit und Risiko, die mit einer Inspektion durch Anlagenbegehung verbunden sind.

Bei Harcros gilt die vornehmliche Sorge der Sicherheit des Betriebspersonals, nicht nur wegen der Einbauorte der Ventile, sondern auch wegen der toxischen Chemikalien, die in diesen Ventilen enthalten sind und mit diesen geregelt werden. Der Kontakt mit den Chemikalien kann Schäden an Augen, Haut oder Atemwegen verursachen. Lecks, aus denen toxische Chemikalien austreten, können zu hohen Bußgeldern führen. Unit-Manager Kevin Root erläutert, dass die Einsparungen bei Harcros durch die Wireless-Instrumentierung weitaus höher waren als die direkten Kostenreduzierungen durch die Installation ohne Kabel. „Es geht dabei um das Vermeiden von Fehlern und die Erhöhung der Sicherheit“, erklärt er. „Die Überwachung der Ventile mit Wireless-Technologie ermöglicht uns, versehentlich ausgestoßene Emissionen und schlechte Chargen zu reduzieren sowie die hohen Kosten für Nacharbeiten, Reinigung und verlorenes Material einzusparen.“ Lloyd Hale, Produktionsdirektor bei Harcros Chemicals, ergänzt: „Neben dem Einsatz der Fisher-Wireless-Rückmeldeeinheiten auf weiteren Handventilen ziehen wir Emersons Smart-Wireless-Technologie für das Management unserer Tankfüllstände, für die Überwachung von Kesselwagen sowie für eine Vielzahl von Temperatur-, Druck- und Durchflussmessungen auf unserer Anlage in Kansas City in Betracht.“

Doch nicht allein die Ventilstellung ist von Bedeutung, in vielen Betrieben ist es für die Planung von Instandhaltung und Produktion wichtig, den gesamten Zustand der Ventile genau zu kennen. Experten schätzen, dass 75 % der Regelventile unnötig ausgebaut und in der Werkstatt untersucht werden. Präzise Online-Informationen über den inneren Zustand des Ventils erlauben, das Ventil nur dann auszubauen und instand zu setzen, wenn Wartung wirklich benötigt wird. Die entsprechenden Daten liefern beispielsweise die Hart-fähigen, digitalen Fieldvue-Stellungsregler DVC2000 oder DVC6000, die der Software AMS ValveLink Snap-on ermöglichen, Diagnosen durchzuführen und Alerts auszugeben, wenn sich der Zustand des Ventils verschlechtert.

Diese Möglichkeit der Überwachung von Prozessausrüstung ist allerdings nicht nur im relativ eng begrenzten Bereich einer Produktionsanlage möglich, sie ist auch über weite Distanzen bereits erprobt. Im norwegischen Sektor der Nordsee gibt es einen deutlichen Trend dahin, die Anzahl der Mitarbeiter, die offshore in gefährlicher Umgebung arbeiten, zu verringern, ohne dabei im Gegenzug Zuverlässigkeit oder Verfügbarkeit zu beeinträchtigen. Durch die Fernüberwachung der Regelventilperformance von Land aus können Probleme identifiziert werden, die, blieben sie unentdeckt, zu einer Abschaltung der Anlage führen würden.

Das Emerson-Diagnosezentrum in Norwegen überwacht mehr als 1000 Regelventile, die auf Plattformen in der Nordsee installiert sind, aus der Ferne. Die Fähigkeit, Ferndiagnose durchzuführen sowie Probleme zu identifizieren und zu lokalisieren, spart den Betreibern teure und zeitintensive Reisen zu den Einsatzorten auf See und verhindert Anlagenabschaltungen mit den daraus folgenden Verlusten. Das Diagnosezentrum wurde in den späten 1990ern von Emerson Process Management und Solberg & Andersen, dem norwegischen Repräsentanten für Emerson-Ventilprodukte und -services aufgebaut. Die Dienstleistungen des Diagnosezentrums reichen von der Überwachung von Perfor- manceindikatoren und Zustandsalarmen von Regelventilen bis zur Vollzeitüberwachung der Ventile mit Zugriff auf das Instandhaltungssystem des Kunden zur Berichtserstellung und Vorbereitung von Arbeitsanweisungen. Moderne Diagnosefunktionen sind in der Lage, Diagnosedaten der Ventile im Betrieb zu erfassen, zu analysieren und langfristig aufzuzeichnen. So erhält der Kunde ein genaues Bild des Ventilzustands. Alle Diagnosedaten, Alarme und Meldungen können dazu genutzt werden, potenzielle Ausfälle vorherzusehen und Instandhaltungsmaßnahmen zu planen, die den Anforderungen des Betriebs der Anlage am besten entsprechen.

Mit zunehmender Anzahl überwachter Ventile stehen auch mehr Diagnosedaten für eine Analyse zur Verfügung. Diese Daten erlauben ein besseres Verständnis der Ventilperformance, was dabei hilft, vorausschauende und geplante Wartungseinsätze in neu errichteten Anlagen und in Anlagen zu implementieren, die ihre Instandhaltung noch immer reaktiv betreiben. So ist beispielsweise aufgrund der Empfehlungen von Solberg & Andersen das Ormen-Lange-Land-Terminal in Norwegen von Anfang an für vorausschauende Wartung geplant. Alle 350 Regelventile der Anlage sind mit digitalen Fieldvue-Stellungsreglern ausgerüstet, die entsprechende Diagnosedaten liefern. Die Pläne für das Diagnosezentrum sehen vor, die Datenverbindungen durch Nutzung der Wireless-Technologie zu vereinfachen und das Angebotsspektrum auf die Diagnose anderer Feldausrüstung wie Pumpen, Messumformer und Messeinrichtungen auszuweiten.

Wenn hohe Kosten für die Verkabelung eines Mess- oder Regelkreises die Installation neuer Geräte verhindern, können originäre Smart-Wireless-Feldgeräte oder Hart-fähige Geräte mit einem Thum-Adapter zum Einsatz kommen. Der Smart-Wireless-Thum-Adapter verwandelt jedes Hart-Gerät einfach in ein WirelessHart-Feldgerät.

Online-Info www.cav.de/0810404