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Im Dampf steckt Leistung

Nanonization auf trockenem Wege
Im Dampf steckt Leistung

In der cav 4/2010 beschrieb der Artikel „Ökonomisch mit Dampf“ ein innovatives Mahlverfahren für Strahlmühlen, womit Feinheiten im Submikronbereich darstellbar wurden, die bislang auf trockenem Wege unerreichbar waren. Mittlerweile ist das als s-Jet-System bekannte Verfahren bereits für zahlreiche Anwendungen mit Erfolg im Einsatz.

Die Autoren: Sophie Schwarzwälder Entwicklung und Verfahrenstechnik, Netzsch-Condux Mahltechnik Thomas Schneider Marketingleiter, Netzsch-Condux Mahltechnik

Unter trockener Feinstvermahlung von Feststoffen verstand man bislang die Zerkleinerung auf ein Spektrum von ca. 2 bis 200 µm (d97). Der in den letzten Jahren ständig zunehmende Bedarf an deutlich feineren Produkten führte zur Entwicklung einer neuen Technologie, die nun eine echte Trockenvermahlung in den Submikron ermöglicht. Mit den hier erzielbaren Mahlfeinheiten stellt das s-Jet-System von Netzsch-Condux Mahltechnik die feinste Form der Strahlvermahlung dar.
Entgegen konventioneller Trockenmahlverfahren mit Strahlmühlen, wird beim s-Jet-System überhitzter Wasserdampf als Mahlfluid anstelle von Druckluft eingesetzt. Mit Wasserdampf liegen die möglichen Strahlgeschwindigkeiten bei etwa 1200 m/s und somit ungefähr doppelt so hoch wie mit Druckluft. Der diskrete Energieeintrag wird folglich fast vervierfacht und sorgt für darstellbare Endfeinheiten, die bislang nur mittels Nassvermahlung möglich waren.
Neben der Erhöhung des Energieeintrags für die Vermahlung von Feststoffen auf solche Endfeinheiten ist allerdings auch die exakte Kontrolle des Mahlprozesses nötig, d. h. die Beeinflussung der Partikelverweilzeit in der Mühle bis zur gewünschten Endfeinheit. Mittels einem innerhalb der Mühle integrierten Windsichter erfolgt beim s-Jet-System eine exakte Abtrennung der Partikelgrößen, was auch ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderer, in speziellen Industriezweigen eingesetzter „Dampfmühlen“ darstellt. Diese, üblicherweise auf Spiralstrahlmühlen basierenden älteren Systeme arbeiten ohne einen integrierten Windsichter und können somit keine sauber definierte Partikelgrößen im „Dampfbetrieb“ erzielen.
Da Wasserdampf eine deutlich niedrigere dynamische Viskosität und eine deutlich höhere Schallgeschwindigkeit als Luft aufweist, steigt auch die mögliche Umfangsgeschwindigkeit der Strömung innerhalb eines Sichtrades und damit auch die Beschleunigungskräfte, die auf das Sichtgut einwirken. Steigt die Umfangsgeschwindigkeit beispielsweise von 200 auf 300 m/s, erhöht sich die effektive Zentrifugalbeschleunigung der Partikel um das 2,25-fache. Zentrifugalkraft ist wiederum Masse x Beschleunigung. Die Zentrifugalkraft erhöht sich also um den gleichen Wert wie die Zentrifugalbeschleunigung. Dies ist der entscheidende Schritt, der es ermöglicht, Partikel im Submikronbereich überhaupt zu sichten und somit durch Trockenvermahlung darstellen zu können.
Darüber hinaus hat das s-Jet-System aber auch interessante wirtschaftliche Aspekte: Mit Wasserdampf erhöht sich je nach Dampfdruck auch der Gesamtenergieeintrag um einen Faktor von ca. 2,6. Bei vergleichbarer Partikelgröße kann also die Ausstoßleistung einer Mühle um einen ähnlichen Faktor entsprechend erhöht werden – im Vergleich zu konventionellem Luftbetrieb.
Nach Markteinführung des neuen Mahlsystems und der Installation einer ersten s-Jet-Anlage im Produktionsmaßstab bei Netzsch-Condux in Hanau, wurden mittlerweile eine Vielzahl unterschiedlichster Produkte getestet und damit auch einige weitere Anlagen in der industriellen Produktion installiert. Die Ergebnisse sind überzeugend und sprechen für sich.
Vermahlung von Farbpigmenten
Ein beim Kunden bereits installiertes s-Jet- System dient zur Vermahlung von Farbpigmenten. In Diagramm 1 ist der in den Versuchen erzielte d50-Wert als Funktion der Feinheitskennziffer aufgetragen. Diese Kennzahl berücksichtigt Geometrie- und Betriebsparameter eines Sichtrades. Sie ist definiert als:
DF beschreibt den Durchmesser am Feingutaustritt, Di den Durchmesser an der Schaufel-innenkante und HF ist die Höhe am Feingutaustritt des Sichtrades. Die Formel beinhaltet außerdem den Gasvolumenstrom und die Drehzahl am Sichtrad. Bei Berechnung der Feinheitskennziffer für ein mit Dampf vermahlenes Produkt wird mit der korrigierten Feinheitskennziffer gerechnet, die zusätzlich die Viskosität berücksichtigt. Je kleiner dieser Wert, d. h. je kleiner DF oder der Volumenstrom und je größer Di, HF oder die Sichterdrehzahl, umso feiner ist das vermahlene Endprodukt.
In den Mahlversuchen mit einer Dampfstrahlmühle s-Jet 500 wurden jeweils die Drehzahl des Sichtrades, der Tauchrohrdurchmesser und die Düsengröße variiert. Die Herstellung des überhitzten Dampfes von etwa 40 bar und 320 °C erfolgte separat in einer Dampferzeugeranlage. Die Feinheitsmessungen wurden in nassem Medium auf einem Cilas-Messgerät durchgeführt.
Die mittels Luftstrahlsieb ermittelten Partikelgrößen der beiden Ausgangsmaterialien waren mit Rückständen von 29,5 % über 500 µm und 22,2 % größer 1000 µm sehr grob. Mittels s-Jet-Verfahren konnten bei Produkt 1 dennoch d50-Werte von unter 1 µm erreicht werden. Ein noch feineres Ergebnis wurde bei Produkt 2 erzielt, das mit anderen Düsen und einem kleineren Tauchrohrdurchmesser vermahlen wurde.
Für beide Produkte zeigt sich bei Abnahme der Feinheitskennziffer ein sinkender d50-Wert.
Der spezifische Leistungsbedarf gibt den adiabaten Energiebedarf in Abhängigkeit des Durchsatzes an. Der adiabate Energieverbrauch Ead gibt unabhängig vom Erzeugungswirkungsgrad (einstufig, zweistufig, gekühlt, ungekühlt.) an, wie effizient eine Vermahlung mit den gewählten Betriebsparametern (Mühleninnendruck, Dampfdruck, Dampfmenge und Mahldampftemperatur) verläuft.
In Diagramm 2 ist der spezifische Leistungsbedarf je Tonne Endprodukt als Funktion des erzielten d50-Wertes aufgetragen.
Für Produkt 2 stand aufgrund unterschiedlicher Parameter ein geringerer Dampfvolumenstrom zur Verfügung, wodurch der spezifische Leistungsbedarf im gleichen Feinheitsbereich (0,5 bis 2 µm) abnimmt. Der Verlauf beider Linien zeigt andererseits eine Zunahme des Leistungsbedarfs mit zunehmender Feinheit.
Feinmahlen und Sparen
Zum Zweck der energetischen als auch der Feinheits-Optimierung wurden Produkte im Dampfbetrieb sowie vergleichend mit komprimierter Luft in einem Niederdruckverfahren (e-Jet-System) vermahlen. Beim e-Jet-System (e= economical, energy-efficient und ecological) handelt es sich um ein vom gleichen Hersteller entwickeltes Mahlsystem, das durch angepasste Mahlbedingungen und einen optimierten Prozess Energieeinsparungen von bis zu 30 % gegenüber der klassischen Fahrweise einer Luftstrahlmühle erbringt. Erreicht wird dies durch den Einsatz eines einstufigen Niederdruckkompressors, der die Luft in einer einzigen Verdichtungsstufe auf maximal 3,5 bar(ü) bei einer Temperatur von bis zu 225 °C verdichtet. Eine Zwischenkühlung ist nicht erforderlich – die Energie bleibt also erhalten und kann vollkommen genutzt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch eine anschließende Kühlung der Luft nach dem Kompressor nicht notwendig.
Feinstvermahlung von Siliciumcarbid
Die Diagramme 3 und 4 stellen Ergebnisse von Versuchen dar, die für eine bereits installierte Anlage zur Feinstvermahlung von Siliciumcarbid (SiC) durchgeführt wurden.
Diagramm 3 zeigt, dass sich durch die Verwendung von Dampf als Mahlmedium Partikelgrößen im Submikronbereich (<1 µm) erzeugen lassen. Mittels s-Jet-Verfahren lässt sich dasselbe Produkt demnach viel feiner vermahlen. Im gleichen Feinheitsbereich (1 bis 10 µm) ist auch die Kennziffer im Dampf um einen Faktor von 10 bis 2 geringer als bei e-Jet.
In beiden Verfahren wurde eine Erhöhung des spezifischen Leistungsbedarfs bei Zunahme der Feinheit des Endproduktes festgestellt (Diagramm 4). Zwischen 2 und 10 µm (d50) ist der Bedarf im Niederdruck- und im s-Jet-Verfahren annähernd derselbe.
Fazit
Die Erzeugung nanoskaliger Teilchen im Wasserdampfbetrieb hat ihre Feuertaufe bereits bestanden. Das s-Jet-Mahlverfahren eröffnet neue Perspektiven für die trockene Herstellung von Partikelgrößen im Submikronbereich mit exakter Korngrößenverteilung. Die Ergebnisse zeigen, dass es nunmehr möglich ist, Korngrößen auf trockenem Wege zu erreichen, die bis dato ausschließlich durch Nassmahlung erzielbar waren. Der Nachteil einer anschließenden Produkttrocknung, wie in vielen Anwendungen notwendig, entfällt also.
Den Anforderungen der Industrie werden Maschinenhersteller der mechanischen Verfahrenstechnik sowohl in Bezug auf die Darstellung produktbezogener neuer Aufgabenstellungen als auch auf die technische Ausführung von Maschinen gerecht.
Halle 4A, Stand 223
prozesstechnik-online.de/cav0413401

Strahlvermahlung mit Wasserdampf

Auch für das Labor

Nach dem erfolgreichen Start des s-Jet-Mahlverfahrens zeigte sich im engen Dialog mit verschiedenen Kunden auch ein entsprechender Bedarf an dieser neuen Technologie im Labor- bzw. Kleinstmaßstab. Hierfür wurde nun eine kompakte Labor-Dampfstrahlmühlen-Anlage entwickelt.
Die kompakt aufgebaute Anlage s-Jet 25 beinhaltet alle erforderlichen Komponenten wie Dosierung, Mühle, Produktabscheidung, Steuerung, Armaturen und Dampferzeuger auf einem gemeinsamen Skid. Der Platzbedarf beträgt lediglich 3 m² bei einer maximal benötigten Höhe von nur 2450 mm.
Bei Entwicklung der Anlage wurde vor allem darauf geachtet, ein System für die Herstellung von Kleinstmengen und Produktmustern sowie für Anwendungsversuche zu erhalten. Weitere Anforderungen waren ergonomisches Design und leichte Reinigung sowie die Kondensation der verfahrensbedingten Abdampfbrüden, was wiederum eine flexible Aufstellung des Systems ermöglicht (optional erhältlich).
Die Produktbeschickung erfolgt über eine gravimetrische Dosierung und ein Injektorsystem. Das eingesetzte Filtertuch des Produktabscheidefilters ist speziell für Heißdampfanwendungen geeignet und garantiert Reststaubgehalte von < 1 mg/m³. Bei dem Dampfgenerator handelt sich es um ein kompaktes Aggregat, das direkt an der Mahlanlage in einem separaten Schrank angeordnet ist. Hierin befinden sich alle notwendigen Bauteile, die für die Erzeugung von überhitztem Wasserdampf notwendig sind.
Es sind Mahldampfdrücke bis 11 bar(ü) und Mahldampftemperaturen bis 300 °C möglich. Die maximal erzeugbare Dampfmenge liegt bei 25 kg/h. Die elektrische Steuerung der Anlage ist ebenfalls im Skid integriert. Eine automatische Fahrweise gewährleistet ein hohes Maß an Sicherheit und Reproduzierbarkeit. Die Bedienung erfolgt über ein Operatorpanel mit Grafikdisplay. Zentrale Anschlusspunkte für Druckluft und Strom, Wasser und Kanal gewährleisten kürzeste Installations- und Inbetriebnahmezeiten.
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