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Nachrüsten als rentable Investition

Produktionsanlagen mit standardisiertem Vorgehen modernisieren
Nachrüsten als rentable Investition

Bei älteren Chemieanlagen ist die Steuerung häufig völlig veraltet. Durch ein Retrofit kann in diesem Fall eine teure Neuanschaffung verhindert werden. Dazu werden alte Teile oder Systeme durch moderne Komponenten mit gesteigerter Leistungsfähigkeit ersetzt und somit die Rentabilität alter Produktionsanlagen zielgerichtet erhöht.

Bernhard Trösch

Die elektronischen und elektromechanischen Komponenten sind bei älteren Chemieanlagen meist der Grund für auftretende Störungen. Im Gegensatz dazu besitzen viele Anlagen eine solide Mechanik, die sich auch nach vielen Jahren der Produktion in einem sehr guten Zustand befindet. Dieser wurde durch eine regelmäßige Wartung und Austausch von Verschleißteilen, zum Beispiel Lager oder Dichtungen, erreicht. Für die Steuerung hingegen sind meist weder die Ersatzteile erhältlich, noch ist die genaue Funktionsweise dokumentiert. Ebenso können behördliche Auflagen bezüglich der Sicherheit und des Umweltschutzes oder der Wunsch nach der Integration einer moderneren Datenverarbeitung der Auslöser für ein Erneuerungsprogramm sein. In solchen Fällen heisst das Konzept für eine zeitgerechte Modernisierung Retrofit. Ziel eines Retrofits ist immer eine höhere Rentabilität.
Normiertes Vorgehen
Die Forderungen bei einer Modernisierung der Produktion sind meist: Verbesserungen der Bedienung, Erfüllen der Sicherheitsbestimmungen, kurze Projektierungs- und Umbauzeit sowie eine bessere Dokumentation der Produktionsprozesse. Hinzu kommt, dass die Realisierung mit finanziell vertretbarem Aufwand durchführbar sein muss. Um den Kunden vor unangenehmen Überraschungen zu schützen, entwickelte Retel ein quasi-normiertes Vorgehen zur Durchführung von Retrofit-Projekten. Dabei werden standardisierte Komponenten mit einem standardisierten Vorgehen zusammengebaut (Abb. 1). Dies ermöglicht die erfolgreiche Modernisierung einer Produktionsanlage in beachtlich kurzer Zeit. Der Erfolg eines Retrofit-Projektes hängt vor allem vom systematischen Vorgehen ab. Zunächst werden die Wünsche des Kunden erfasst. Schritt für Schritt müssen Komponenten spezifiziert und freigegeben werden. Damit ist sichergestellt, dass alle Teile den Anforderungen entsprechen, und die Inbetriebsetzung ordnungsgemäß erfolgt.
Im Steuerungskonzept wird festgelegt, mit welcher Art von Steuerungen oder mit welchen Prozessleitsystemen das Retrofit-Projekt durchgeführt wird. Danach werden alle notwendigen Eckdaten für die Bedienung und Sicherheit definiert, alle zu erstellenden Spezifikationen aufgelistet und ein detaillierter Zeitplan aufgestellt. Der Masterplan legt ebenfalls fest, wann bestimmte Teile durch welche Kompetenzen abgenommen werden müssen. Es wird definiert, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um mit dem Abbruch des alten Systems zu beginnen. Die Risikoanalyse zeigt, wie viele und was für Arten von Notabschaltungen zu realisieren sind, und ob der Einsatz einer Notstromversorgung für das Prozessleitsystem und eventuell auch für andere Elemente notwendig ist. Ebenfalls muss diese Spezifikation enthalten, welche Sicherheiten nicht über die Prozesssteuerung, sondern über spezielle Sicherheitselemente zu realisieren sind.
Für den zukünftigen Anwender der Anlage ist die Definitionen aller Bedienelemente außerordentlich wichtig. Es ist ein MMI (Man Maschine Interface) zu schaffen, das sich so weit als möglich an den bestehenden Bedienelementen orientiert und die zusätzlichen Funktionen möglichst anwenderfreundlich in das System integriert. Zu diesem Zeitpunkt ist es notwendig, dass die Bedienungen im Kontext mit den zu implementierenden Grundfunktionen ausführlich diskutiert und festgelegt werden.
Retrofit einerDestillationsanlage
Ein Beispiel für ein gelungenes Retrofit ist die Modernisierung einer Destillationsanlage für pharmazeutische Grundstoffe. Nach den Diskussionen über Umfang, Bedienung und Sicherheit der Anlage wurde der Systementscheid zu Gunsten des Prozessleitsystems Delta V gefällt. Die Bedienung der Anlage musste vor Ort in der Ex-Zone erfolgen. Für die Verkabelung entschied man sich für lokale, kombinierte Vorverteiler in konventioneller Bauart (Abb. 2). Bei genaueren Untersuchungen zeigte sich, dass auf die Notstromversorgung einzelner Komponenten verzichtet werden konnte. Es war jedoch zu gewährleisten, dass das Prozessleitsystem bei einem Spannungsausfall in einen gesicherten Zustand übergeht. Dies erforderte den Einsatz einer kleinen unterbrechungsfreien Stromversorgung mit einer Kommunikation zum PC und einer kleinen Utility, die das Prozessleitsystem im Spannungsausfall automatisch herunterfährt. Daraus ergab sich ein abgestuftes Konzept der Spannungsversorgung der einzelnen Komponenten. Die Risikoanalyse zeigte, dass das System zusätzlich zu den normalen Not-Aus-Funktionen mit einem Watchdog für das Prozessleitsystem abgesichert werden musste. Für die Überwachung des Watchdog ist wiederum das Prozessleitsystem verantwortlich. Der Kontakt des Watchdogs wurde in der Spannungsversorgung wie ein Not-Aus platziert. Die Überwachung der Not-Aus-Schalter übernehmen Sicherheitsrelais (Abb. 3).
Die Bedienung wurde streng auf die Grundfunktionen ausgerichtet; das bedeutet, die Einzel-Bedienung von Ventilen und Motoren entfällt. Alle Abläufe werden über Grundfunktionen ausgeführt, in denen alle notwendigen Operationen und Überwachungen enthalten sind. Der Anwender kann per Mausklick Grundfunktionen wie Inertisieren, Füllen oder Entleeren starten und stoppen (Abb. 4). Da alle Ausnahme-Zustände in Klartext angezeigt werden, ist die Bedienung der Anlage einfach und die Ausbildungs- und Instruktionszeit kurz.
Für die Bedienstation des Delta V war die volle Funktionalität eines PC im Ex-Bereich erforderlich. Programmierung und Wartung des Programms sollten jedoch außerhalb des Ex-Bereichs erfolgen. Das eigensichere Terminal Challenger konnte schließlich sowohl die Ex-Vorschriften als auch die Forderung nach einem zusätzlichen Bedienterminal für Programmierung und Wartung außerhalb des Ex-Raumes erfüllen.
Modulare Programmierung
Vor der Programmierung der Funktionen der Anlage, mussten die zu verwendenden Grundmodule definiert und deren Verwendung beschrieben und ausgetestet werden. Gleichzeitig mit der Programmierung der Abläufe wurde die Simulation der Anlage vorbereitet. Dies war erforderlich, um die Qualität der Programme auf einen maximalen Stand zu bringen. Alle Funktionen der Anlage waren zu simulieren und alle möglichen Abläufe durchzuarbeiten. Dadurch ließen sich alle Funktionalitäten direkt während der Programmierung am System austesten.
Sobald alle Vortests bestanden waren und der Spezifikation entsprachen, wurde eine dokumentierte Abnahme (FAT = Factory Acceptance Test) durchgeführt. Danach erfolgten die Ausbildung und Instruktion der zukünftigen Bediener am Simulator. Das hatte den Vorteil, dass die Mannschaft bei der Inbetriebsetzung bereits aktiv tätig sein konnte.
Schnelle Inbetriebnahme
Ein Maß für den Erfolg eines Retrofit-Projektes ist die Kürze der Betriebsunterbrechung. Durch die Montage und den Test der neuen Komponenten während laufender Produktion (mit noch alten Komponenten) konnte die Umbauzeit der Destillationsanlage kurz gehalten werden. Im Verlaufe der eigentlichen Produktionsunterbrechung wurden nur noch Arbeiten ausgeführt, die ohne Produktionsstillstand nicht zu machen waren. Die vorbereiteten Kabel wurden umgeklemmt. Als Erfolgsfaktor für diese kurze Inbetriebsetzung stellte sich auch die Ausbildung des Bedienungspersonals am Simulator heraus.
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