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Versorgungssicherheit für die Zukunft

Herstellung von Methylmethacrylat
Versorgungssicherheit für die Zukunft

Evonik Industries hat unter dem Namen Aveneer ein Herstellungsverfahren für Methylmethacrylat (MMA) entwickelt. Der Prozess spart Rohstoffe und Energie, führt zu höheren Ausbeuten und garantiert den Kunden, dass sie auch in Zukunft das Basismonomer in gewohnter Qualität zu moderaten Preisen erhalten.

Auch wenn wohl nur wenige den Namen Methylmethacrylat auf Anhieb fließend aussprechen können, kommt doch fast jeder Mensch im Alltag mit Produkten aus MMA in Berührung: Die Substanz steckt in Lacken, Farben und Rostschutzanstrichen, in Druckfarben, Klebstoffen und Textilhilfsmitteln, aus ihr werden weiche Kontaktlinsen und Zahnimplantate gefertigt. Ähnlich vielseitig ist das Polymer. Aus Polymethylmethacrylat – besser bekannt unter dem Namen Plexiglas – entstehen transparente oder farbige Platten, Rohre und Stäbe, die uns als Leuchtreklamen, Messestände, Überdachungen oder Schallschutzwände täglich begegnen.

MMA ist zudem extrem wandlungsfähig, denn aus dem Basismonomer stellt der Geschäftsbereich Performance Polymers von Evonik über 60 chemische Derivate her. Methylmethacrylat selber ist ein bedeutendes Produkt im Portfolio von Evonik. Das Unternehmen verfügt über World-Scale-Standorte in Deutschland, USA und Asien.
ACH-Verfahren dominiert MMA-Herstellung
Rund 70 % der weltweit produzierten Menge an MMA entstehen nach dem sogenannten ACH-Sulfo-Verfahren. Ausgangs- chemikalien sind dabei Blausäure, Aceton und Methanol. Für die Reaktion von ACH (2-Hydroxy-2-Methylpropionitril) zu MMA wird weiterhin konzentrierte Schwefelsäure benötigt. Sie dient einerseits als Lösemittel, andererseits ist die starke Säure notwendig, um die Kohlenstoff-Doppelbindung katalytisch im Zielmolekül zu erzeugen. Dabei entsteht aus der konzentrierten Schwefelsäure eine verdünnte Säure – Spaltsäure genannt. Diese Spaltsäure, die neben Wasser hauptsächlich Ammoniumhydrogensulfat enthält, wird wieder regeneriert, um dann als konzentrierte Schwefelsäure in den Produktionsprozess zurückgeschleust zu werden.
Dieser Kreislauf erfordert neben der eigentlichen Herstellanlage für das Monomer einen weiteren Großbetrieb: die Schwefelsäure-Kontaktanlage. Am Standort Worms beispielsweise betreibt Evonik neben der eigentlichen MMA-Anlage zwei weitere Großanlagen, deren primäre Aufgabe darin besteht, die anfallende Spaltsäure aufzuarbeiten. Die Regeneration ist aufwendig und damit auch sehr kostspielig, da sie bei Temperaturen von rund 1000 °C in speziellen Öfen erfolgt. Bei dieser Hitze wird das im Prozess entstehende Ammoniumhydrogensulfat gespalten und der Schwefel in Form von Schwefeldioxid zurückgewonnen. Aus dem Rauchgas entsteht anschließend nach klassischer Methode wieder Schwefelsäure. Immer wieder haben sich Chemiker bemüht, die Schwefelsäure gänzlich überflüssig zu machen. Bislang allerdings ohne durchschlagenden Erfolg.
Auf der Suche nach neuen Wegen
Vor Jahren wagten Chemiker und Techniker von Evonik einen weiteren Versuch. Sie prüften Forschungsberichte der vergangenen Jahrzehnte, die sich mit der Optimierung der ACH-Route beschäftigt haben, und suchten darin nach vielversprechenden Ansätzen. Dabei stellten sie sämtliche Teilschritte des Verfahrens von Grund auf in Frage und begannen mit der Suche nach neuen Wegen. Allemal lohnend war die Arbeit zweifellos, denn eine Verbesserung der Gesamtausbeute und eine Verringerung des Energiebedarfs um wenige Prozentpunkte haben drastische Auswirkungen auf die Gesamtherstellkosten. Immer mehr konkretisierte sich die Vision, einen Weg zu finden, der gänzlich ohne Schwefelsäure zu MMA führen würde. Zudem wäre ein Verfahren ohne Schwefelsäure auch unter Umweltgesichtspunkten zukunftsweisend für die MMA-Herstellung.
Tatsächlich gelang es nach vielen Irrwegen und Rückschlägen, die Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Am Ende der Entwicklungsarbeit war man sich sicher, dass es technisch möglich ist, MMA aus ACH ohne den Einsatz von Schwefelsäure herzustellen. Dieses Verfahren, das den Namen Aveneer-Prozess erhielt, geht zwar weiterhin von ACH aus, schlägt aber völlig andere Wege ein. Der Aveneer-Prozess bietet im Vergleich zum etablierten ACH-Sulfo-Verfahren wesentliche Vorteile:
  • Er macht den Einsatz von Schwefelsäure gänzlich überflüssig, sodass auch die kostspielige Säureaufarbeitung entfällt. Das schont Ressourcen und Umwelt.
  • Stickstoff in Form von Ammoniak wird wieder der Blausäureherstellung zugeführt. Beim althergebrachten ACH-Verfahren geht er als elementarer Stickstoff in der Schwefelsäureanlage verloren – ein weiterer Kostenvorteil.
  • Über die neue Prozessroute kann Meth-acrylsäure als separates Produkt ausgeschleust werden, was eine enorme Flexibilität bedeutet. Methacrylsäure ist ebenfalls ein wichtiges Basismonomer für eine Vielzahl von chemischen Produkten.
  • Milde Reaktionsbedingungen ermöglichen höhere Ausbeuten über den gesamten Herstellprozess.
  • Da die charakteristische Doppelbindung erst am Ende der Prozesskette erzeugt wird, kann die während der Herstellung unerwünschte Polymerisation weitge-hend ausgeschlossen werden. Beim klassischen ACH-Verfahren mindert die Polymerisation als Nebenreaktion die Ausbeute erheblich und verursacht häufig technische Probleme beim Betrieb der Anlagen.
Das neu entwickelte Verfahren zeigt, wie zukünftig methacrylatbasierende Monomere und Polymere wettbewerbsfähig bleiben können. Evonik Industries sichert mit Aveneer die Rohstoffversorgung seiner Kunden in diesem nachfragestarken Markt. Dank der deutlich verbesserten Effizienz gegenüber allen etablierten MMA-Prozessen sieht sich Evonik als künftiger Kostenführer in diesem Bereich.
Gleichzeitige Entwicklung aller Prozessschritte
Die Forscher legten die Grundlage des späteren Erfolgs mit einer strategischen und systematischen Herangehensweise. Für jeden der einzelnen Prozessschritte wurden Teams gebildet, sodass alle Stufen parallel entwickelt werden konnten. Auch die Zusammenstellung der Forschergruppen wurde nicht dem Zufall überlassen. Vielmehr waren in jedem Team sowohl erfahrene Chemieingenieure als auch junge Querdenker, Mitarbeiter aus der Produktion und der Verfahrenstechnik vertreten.
Noch während die Entwicklungen in den Labors liefen, ließ Evonik parallel den vollständigen Prozess in einer Simulation abbilden. Die Simulation lieferte wichtige Prozessdaten – lange bevor Rohre verlegt und Reaktionskolonnen geschweißt wurden. Außerdem gaben die Projektverantwortlichen frühzeitig eine Designstudie zur großtechnischen Machbarkeit des Verfahrens in Auftrag. Sie lieferte die Hinweise dafür, ob sich die jeweiligen Verfahrensschritte später auch in einer Produktionsanlage realisieren lassen würden.
Diese Herangehensweise zeigte, dass die im Labormaßstab gefundenen Wege tatsächlich auch das Potenzial hatten, sie weiterzuverfolgen. Bereits im Herbst 2005 begannen auf Basis der Simulation und der Laborarbeiten die Planungen für eine Pilotanlage. Selbst für erfahrene Anlagenbau-Experten war Aveneer eine Herausforderung: Ergebnis der Anstrengung war eine eindrucksvolle Konstruktion mit mehreren Reaktionsstufen und einer Vielzahl von Destillationskolonnen, die den vollständigen Prozess abbildete. Planung, Entwicklung, Bau und Testlauf der Anlage gelangen in nur 64 Wochen.
Machbarkeit in Pilotanlage nachgewiesen
Seit Januar 2007 läuft die Pilotanlage rund um die Uhr. Die Erfahrungen mit dem neu entwickelten MMA-Herstellungsverfahren sind bisher ausgesprochen gut. Über den gesamten Prozess gesehen, bestätigte die Praxis die Daten und Ergebnisse, die zuvor berechnet worden waren. Der Beweis für die Machbarkeit dieses Verfahrens ist damit erbracht. Auf Basis der guten Erfahrungen will Evonik daher ohne weiteres Up-scaling direkt in die Großproduktion einsteigen. Neben weiteren Optimierungen soll in den nächsten Monaten mit den Planungsarbeiten einer ersten Großanlage begonnen werden.
Mit Aveneer bietet Evonik seinen Kunden Versorgungssicherheit für die Zukunft. Sie können sicher sein, dass sie über diesen Prozess Methylmethacrylat in gewohnter Qualität erhalten. Darüber hinaus zeichnet sich die Technologie durch örtliche und technologische Flexibilität aus. Einerseits kann Aveneer an typischen Chemiestandorten auf der Welt betrieben werden, andererseits lassen sich bereits bestehende Anlagen von Evonik umrüsten. Diese Option eröffnet dem Unternehmen verschiedene Strategien bei der Frage des Standortes für die erste World-Scale-Anlage.
Online-Info www.cav.de/0310401
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