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Getränke in aller Munde

Funktionelle Getränke erfreuen sich wachsender Beliebtheit
Getränke in aller Munde

In wachsendem Umfang greifen die Verbraucher zu Funktionellen Getränken. Dazu zählen beispielsweise ACE- und Wellnessdrinks, Alcopops, Obst-Gemüse-Mischgetränke, Aromawässer, Eistees sowie isotonische Produkte. Auf seiner letzten Fachtagung in Geisenheim beschäftigte sich auch der Bund Deutscher Oenologen mit dieser speziellen Getränkegruppe.

Udo Kynast

Während der Absatz traditioneller Getränke stagniert bzw. rückläufig ist, lassen sich mit den Funktionellen Getränken immer größere Umsätze erzielen. Der Pro-Kopf-Verbrauch an diesen Getränken wächst, wenn auch auf kleinster Basis. 1993 konsumierte jeder Deutsche im Durchschnitt 3,3 Liter dieser Getränke. Für 1999 liegt der Wert bei 17,6 Liter.
Functional Food im Niemandsland
Nach den Worten von Franco Trani, Leiter Regulatory and legal affairs food der Döhler-Euro Citrus, Darmstadt, steht Functional Food (FF) juristisch in „einem Balanceakt zwischen Nahrungsmitteln und Medikamenten“. Der deutsche Rechtsrahmen ist völlig unzureichend und unterentwickelt. Japan kennt das Procedere „Food for special health use“, das den Genehmigungsprozess auch für Functional Food beinhaltet und erleichtert. Man unterscheidet dort sechs Hauptgruppen:
• angereicherte Nahrungsmittel,
• Nahrungsergänzungen,
• Nutraceuticals,
• Medikamente,
• Nahrungsmittel sowie
• Novel Food.
In eine dieser Gruppen wird bei uns Functional Food gesetzlich eher willkürlich und verschwommen angesiedelt. Functional Food gliedert sich wiederum in vier Untergruppen: Sport Drinks, Wellness Drinks, Energy Drinks und Nutraceutical Drinks. Für Well-ness Drinks sieht Trani weitere Segmentierungs-Möglichkeiten. Als Beispiele nannte er Jump (Rhönsprudel), ProCul, Kombucha (Henkel & Söhnlein), Grüntees und andere.
Allerdings besteht die Gefahr, die Produkte mit Inhaltsstoffen zu überlasten. Theoretisch könnte man alle Inhaltsstoffe in ein einziges Getränk packen. Der Verbraucher würde das aber nicht mehr verstehen. Weil es sich um fremde, völlig ungewohnte Lebensmittel handelt, sind vielmehr klare und eindeutige Informationen für den Verbraucher notwendig. Der Verbraucher erwartet von diesen Produkten die Beseitigung und Verhinderung von Mangelerscheinungen. In Deutschland gibt es aber nur wenige Ernährungsmängel. Bei besonderen Verbrauchergruppen kommen diese in bezug auf Eisen, Jod, Ballaststoffe, ungesättigte Fettsäuren, einigen Spurenelementen sowie Vitaminen vor. Anthocyane des Rotweins könnten bei Streß gegen Verschleiß der Herzgefäße, gegen Alterung und Krebs eingesetzt werden.
Die Aussagen über die Wirkungen von Taurin, Q 10, HCA, Melatonin oder Inosit sind wissenschaftlich fast alle nicht belegbar.
Nutraceuticals können das Immunsystem und die Gehirnfunktion positiv beeinflussen. Sie dienen auch der „Reparatur“ von oxidativen Schäden und zur Vorbeugung gegen Infektionen.
Nach den Worten von Trani sind die gesundheitsfördernden Möglichkeiten von Functional Food noch nicht „ausgereizt“. Die Forschung muß die Wirkung der Natur verstärken, von Synthetik gilt es abzurücken. Oberster Grundsatz bleibt aber nach wie vor der Geschmack.
Vitamine gut untersucht
„Es gibt bei Vitaminen kein europäisches Gesetz“, betont Ulrich Killeit, Leiter Zentraleuropa der Hoffmann-La Roche AG, Grenzach-Wyhlen. Er spach über technologische und lebensmittelrechtliche Aspekte der Vitaminierung von Getränken. Vitamine sind als Gruppe essentieller Nährstoffe sehr heterogen. Aufgrund vieler Einflussparameter sind sie ungleich zu behandeln. Neu berücksichtigt werden müssen die Auswirkungen neuer Verarbeitungs- und Abfüllverfahren auf die unterschiedlichsten Vitamine. In reiner Form sind die meisten Vitamine lange lagerfähig, in verarbeiteter Form in Lebensmitteln aber nicht immer. In Relation zur Zeit spielen dabei folgende Faktoren eine Rolle: Bestrahlung, Licht, pH-Wert und Redox-Potential, Temperatur und Feuchtigkeit. Ferner präsentierte Killeit umfangreiche Versuchsreihen, in denen der Einfluss von verschiedenen Verpackungsmitteln, beispielsweise von Glas, Weichpackungen und PET-Flaschen, auf die Vitamine untersucht wurden. Es zeigte sich bei diesen Untersuchungen, dass der Vitamin-Verlust in PET-Packungen am größten ist.
Umdenken in der Safttechnologie
Hans Mario Dechent, Leiter Forschung und Entwicklung bei Eckes-Granini, Nieder-Olm, beschäftigte sich in seinem Vortrag mit dem Thema „Neuartige Kombinationen von Fruchtsäften mit pflanzlichen Extrakten aus Sicht der Produktentwicklung“. Dechent hob besonders den Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen sowie die verdauungsfördernde Wirkung von Fruchtsäuren und Ballaststoffen hervor.
Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer wirksamer Komponenten in Früchten und Pflanzen, die als sekundäre Pflanzenstoffe bezeichnet werden. Hierzu gehören auch die Polyphenole, auf deren antioxidative Wirkung das sogenannte French Paradox zurückgeführt wird: Trotz einer relativ fettreichen Ernährung ist die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Süden Frankreichs relativ niedrig. Untersuchungen haben gezeigt, daß sich antioxidative Schutzwirkungen nicht nur durch die Zufuhr von Einzelwirkstoffen, beispielsweise der Vitamine C, E, Folsäure, B6 und B12 erzielen lassen, sondern auch durch den Verbund mit wirksamen Flavonoiden und Phenolcarbonsäuren. Letztere kommen in ausgesuchten Früchten und Pflanzen vor.
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse fordert Dechent ein Umdenken in der Fruchtsaftindustrie, denn hier verbindet man Polyphenole traditionell mit verringerter Getränkestabilität. Beispielsweise ist Trester reich an Polyphenolen, wird aber bisher als „Abfall“ entsorgt. Dechent empfiehlt deshalb, dass eine Verringerung der Phenolcarbonsäuren und Flavonoide nur im notwendigen Umfang stattfinden sollte.
Ernährungsphysiologisch wertvolle Sekundärmetaboliten
Auch Professor Helmut Dietrich von der Forschungsanstalt Geisenheim unterstrich in seinem Vortrag, dass der Begriff Functional Drinks nicht klar definiert ist. Sein Vortrag beschäftigte sich mit bioaktiven Substanzen und der Bedeutung von pflanzlichen Sekundärmetaboliten.
Der Begriff Sekundärmetaboliten ist eine Sammelbezeichnung für bestimmte im Stoffwechsel unentbehrliche Wirkstoffe, beispielsweise Vitamine und Enzyme. Diese Wirkstoffgruppe umfaßt bis zu 30 000 Verbindungen, deren Aufbau und Wirkungsweise noch nicht vollständig aufgeklärt werden konnte. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Mensch täglich über die Nahrung etwa 1,5 Gramm dieser Verbindungen zu sich nimmt.
Holunder-, Brom- und Heidelbeeren, schwarze Johannisbeeren, Chaenomeles, Rotwein und grüner Tee haben eine hohe antioxidative Wirkung. Im Vergleich dazu ist sie beim Apfelsaft niedriger und hängt von der Rohware und ihrer Verarbeitung ab. Um eine hohe antioxidative Wirkung zu erreichen, ist ein schonender Umgang mit den Polyphenolen notwendig. Dietrich betonte: „Natürliche Frucht- und Gemüsesäfte sind funktionelle Getränke mit eingebautem Zusatznutzen. Sie enthalten 50 bis 100 phenolische Substanzen, die man künstlich nicht anreichern kann.“
Bioverfügbarkeit von bioaktiven Substanzen
Professorin Irmgard Bitsch vom Institut für Ernährungswissenschaft der Universität Gießen sprach über die Bioverfügbarkeit von bioaktiven Substanzen. Als erstes ging sie auf die Flavonoide ein, von denen der Mensch täglich rund 0,3 mg aufnimmt. Reich an Flavonolen sind vor allem Tee, Zwiebeln, Äpfel, Wein, Orangen und Tomaten. Die Referentin stellte eine epidemiologische Studie vor, in der der Konsum von Obst und Gemüse in Normalkost und in mediteraner Kost verglichen wurde. Es wurde pharmakologisch die Bioverfügbarkeit ermittelt, indem die Ergebnisse nach einer gestaffelten Zufuhr in Konzentrationszeitkurven im Blutplasma und im Urin mathematisch ausgewertet wurden.
In Hinblick auf die Bioverfügbarkeit von Sekundärmetaboliten liegen nur wenige Daten vor. Über den ernährungsphysiologischen Nutzen der Metaboliten macht die Studie keine Aussagen. Allerdings sind einige dieser Verbindungen als Arzneimittel zugelassen:
• Anthocyane aus Heidelbeeren,
• Flavone und Flavonderivate,
• Procyanidine des Weißdorns.
Als Nahrungsergänzungsmittel in Form von Kapseln oder Tabletten sind beispielsweise Rotweinextrakte, Teekonzentrate sowie Gemüse- und Früchtepulver im Handel erhältlich.
Vitaminversorgung magelhaft
Von der Universität Bonn kam Professor Klaus Pietrzik nach Geisenheim. Er beschäftigte sich in seinem Vortrag mit der Frage, ob das Supplieren von Getränken sinnvoll ist. Zudem berichtete er über eine Untersuchung Funktioneller Getränke aus Sicht der Ernährungsmedizin.
Die vom Bundesgesundheitsamt empfohlene Aufnahme von 0,4 mg des Vitamins Folsäure pro Tag ist zu niedrig. Eine zusätzlich Zufuhr in der Nahrung ist angebracht.
Nicht so bekannt ist die Wirkung des Homocysteins, die der des Cholesterins gleichzusetzen ist. Beide Verbindungen sind potentielle Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Durch die zunehmende Berücksichtigung von Folsäure sowie der Vitamine B6 und B12 wird die Homocystein-Diskussion angekurbelt. Pietrzik betonte: „Die Vitaminversorgung in der Bevölkerung ist nicht optimal. In Deutschland könnten jährlich 15 000 Menschen durch Zugabe von Folsäure gerettet werden.“
Die American Health Association (AHA) empfiehlt seit 1995, Säfte und Cerealien mit Folsäure, B6 und B12 anzureichern. In Ungarn muss das Brot mit den genannten Verbindungen angereichert werden. Anders die Situation in Deutschland: Hier gibt man für lipidsenkende Medikamente pro Jahr sechs Milliarden Mark aus. Eine in den USA durchgeführte Nurses Health Study hat weiterhin gezeigt, dass Folsäure das Krebsrisiko um 75 Prozent senkt. Über mehrere Jahre nahmen 80 000 Probanden Folsäure zu sich.
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