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Standards und mehr Abstimmung notwendig

Lebensmittelallergien und Risikomanagement – Fresenius-Konferenz in Frankfurt
Standards und mehr Abstimmung notwendig

Standards und mehr Abstimmung notwendig
„Mädchen mit Erdnussallergie stirbt nach Kuss“ – Schlagzeilen wie diese bringen das große Problem im Umgang mit Lebensmittelallergenen auf den Punkt. Da kleinste Nahrungsmittelmengen eine tödliche Bedrohung für Allergiker darstellen können, sind Verbraucher, die Lebensmittelindustrie und Gesetzgeber wachsam und verunsichert zugleich. Lebensmittelallergien sind auf dem Vormarsch – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Niemand kennt den exakten Anteil Betroffener in der Bevölkerung, deren Immunsystem gegen eines oder mehrere Lebensmittelproteine mobil macht.

Zwölf Nahrungsbestandteile sind verantwortlich für mehr als 90 % der Allergien. Jedoch ist es bisher nicht gelungen, klare Grenzwerte festzulegen, ab denen Lebensmittelallergene eine Reaktion auslösen. Für Forschung und Gesetzgebung ist es eine Herausforderung, verlässliche und praktikable Methoden zu finden, um das Allergiepotenzial von Nahrungsmitteln zu bestimmen. Die Anstrengungen von Wissenschaft, Politik und Industrie zielen darauf ab, Risiken für Allergiker zu mindern. Vom 10. bis 11. Juni 2010 veranstalteten die Akademie Fresenius und das SGS Institut Fresenius die 4. Internationale „Food Allergens“-Konferenz in Frankfurt am Main. Klinische Aspekte, gesetzliche und wissenschaftliche Faktoren, Analytikansätze und industrielle Praxis bildeten die Schwerpunktthemen des zweitägigen Expertentreffens.

Bedenken gegenüber Lebensmittelallergien sind in den vergangenen 20 Jahren gewachsen. Infolgedessen hat die Europäische Kommission eine Reihe von Projekten zum Thema Lebensmittelallergie finanziert. Laut Clare Mills (Institute of Food Research, England) gibt es gute Gründe für dieses Engagement: Da ist zum einen der Mangel an qualifizierten Daten, wie viele Menschen an einer Lebensmittelallergien leiden, auf welche Lebensmittel sie reagieren und welche Nahrungsmenge ein Problem hervorrufen kann. Dadurch wird die Entwicklung wirksamer Strategien gehemmt, die die Lebensqualität der Allergiker verbessern sollen. Zum anderen gibt es keine Daten darüber, welche Auswirkungen Lebensmittelallergien auf die Lebensqualität haben, noch gibt es eine Schätzung über die gesellschaftlichen Kosten.
Internationale Studien: Neue Erkenntnisse erwartet
Beim EuroPrevall-Projekt versucht ein multidisziplinäres Expertenteam, die offenen Fragen zu beantworten und Datenlücken zu schließen. Für die Studie wurden Kohorten gewählt, in denen verschiedene Altersgruppe und die wichtigsten klimatischen Regionen in Europa vertreten sind. Erste Studienergebnisse weisen darauf hin, dass es bedeutende Unterschiede in der Häufigkeit von Lebensmittelallergien in Europa gibt. Zusätzlich werden internationale Gemeinschaftsaktivitäten, die Europa, Nordamerika, Afrika, Indien und den Fernen Osten umspannen, Aufschluss darüber geben, inwieweit Umweltfaktoren und Lebensstil auf die Allergie einwirken können. „Das ist besonders wichtig in einer Zeit des globalen Marktplatzes, wo Industrien Gefahren über komplexe Lieferketten und Kontinente hinweg managen müssen“, sagte Mills. Die Koordinatorin des EuroPrevall-Projekts erwartet, dass die Studienergebnisse die Entwicklung einheitlicher, wirksamer und wissensbasierter Instrumente fördert, um Lebensmittelallergien vorhersehen und in Zukunft verhindern zu können.
Möglichkeiten und Grenzen von Nachweismethoden
Lebensmittelallergien können derzeit nicht geheilt werden. Deshalb sind Patienten bei der Ernährung auf Vermeidungsstrategien angewiesen, um sich vor allergischen Reaktionen zu schützen. Die Gefahr für den Verbraucher besteht im Vorkommen nicht gekennzeichneter Allergene in verpackten Nahrungsmitteln und in versteckten Allergenen in Restaurant- oder Cateringprodukten. Joe Baumert (Universität von Nebraska, USA) berichtete auf der Fresenius-Konferenz, dass viele Lebensmittelfirmen Allergiekontrollprogramme (ACPs) eingeführt haben, um nicht gekennzeichnete Lebensmittelallergene in verpackten Nahrungsmitteln möglichst auszuschließen. Da Lebensmittelallergene Proteine sind, weisen geeignete Analysemethoden Proteinrückstände oder spezielle Proteine des allergenen Lebensmittels nach.
Immunassays (RAST und ELISA) sind für diese Zwecke entwickelt worden, erklärte Baumert. Beim RAST-Test (Radio-Allergo-Sorbent-Test) wird das Blut allergischer Personen im Labor untersucht: Für Routineuntersuchungen eignet sich die Methode nicht, wobei sie sehr genaue und spezifische Ergebnisse liefern kann. Die meisten ELISA-Tests (Enzyme Linked Immuno Sorbent Assay) können Reste intakter Proteine allergener Quellen ebenfalls sehr genau und spezifisch nachweisen. Aber auch diese Analysemethoden haben ihre Grenzen. Einige Nahrungsbestandteile enthalten keine oder sehr geringe Proteinmengen von der Quelle, doch ist der Nachweis einer völligen Abwesenheit von Proteinen faktisch unmöglich. Öle und Lecithine können stark hydrophobe Proteinrückstände enthalten, die sich mit ELISA-Tests nur schwer nachweisen lassen. In andern Fällen sind ELISA-Tests ungeeignet, weil die Bestandteile kein intaktes Protein von der Quelle enthalten. Baumert: „Auch wenn die Proteine in diesen Bestandteilen nicht intakt sind, kann das Nahrungsmittel dennoch eine Gefahr für Allergiker darstellen, wenn Peptide in ausreichender Größe verbleiben. Daher müssen ELISA-Tests bei bestimmten Lebensmitteln und Lebensmittelbestandteilen mit Sorgfalt durchgeführt und die Ergebnisse entsprechend vorsichtig interpretiert werden.“
Suche nach Standards
Laut René Crevel (Unilever, England) gibt es gute Fortschritte beim Schutz allergischer Konsumenten und bei der Analyse relevanter Daten. Allerdings könne niemand mit dem Stand der Dinge zufrieden sein: „Allergische Verbraucher sind mit präventiver Lebensmittelkennzeichnung oft überfordert. Aufsichtsbehörden geben keine klaren Kriterien vor, anhand derer Sicherheit in Bezug auf Lebensmittelallergene bewertet werden könnte. Und die Industrie besitzt keine gemeinsam anerkannten quantitativen Standards für Allergenmanagement“, gab Crevel auf der Fresenius-Konferenz zu bedenken. Das „International Life Science Institute“ (ILSI) hat eine neue Fachgruppe „From Thresholds to Action Levels“ ins Leben gerufen, deren Vorsitz Crevel innehat. Ziel der Experten ist es, einen Konsens zu entwickeln, wie aus dem vorhandenen Datenmaterial quantitative Grenzwerte für das Vorhandensein unbeabsichtigter allergener Bestandteile in Lebensmitteln – sprich: „Action Levels“ – zu bestimmen sind. Crevel: „Klare, abgestimmte und angemessene Standards auf diesem Gebiet werden sowohl Allergikern als auch Lebensmittelherstellern zugute kommen. Ein einheitliches Allergenmanagement erhöht die Sicherheit allergischer Verbraucher und deren Vertrauen in verarbeitete Lebensmittelprodukte. Dazu gehören auch klare Informationen über die Bedeutung verschiedener Kennzeichnungsbegriffe.“ Fachleute im Gesundheitswesen könnten besser beraten und präventive Kennzeichnung („kann Spuren von … enthalten“) reduziert werden, ist Crevel überzeugt. Auch die Hersteller profitieren, denn ein gemeinsames Verständnis der Problematik und Einheitlichkeit über die Versorgungskette hinweg steigere die Glaubwürdigkeit des Allergenmanagements.
Die Tagungsunterlagen mit den Skripten aller Vorträge der Fresenius-Konferenz können zum Preis von 295,- EUR zzgl. MwSt. bei der Akademie Fresenius bezogen werden.
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