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Mit Diamanten gegen Schadstoffe

Vollständige Oxidation refraktärer Abwasserinhaltsstoffe mit synthetischen Elektroden
Mit Diamanten gegen Schadstoffe

Der Advanced Oxidation Process (AOP) arbeitet mit synthetischen Diamantelektroden. Bei der Wasserelektrolyse scheiden sich daran nicht Sauerstoff und Wasserstoff ab, sondern es bilden sich extrem reaktive OH-Radikale. Diese Radikale oxidieren alle gelösten organischen Abwasserinhaltsstoffe, sichtbar durch die Senkung von Analyseparametern wie CSB, KW´s und AOX und auch durch die Entfärbung von Abwässern.

Dr.-Ing. Oliver Debus

Moderne Technik ermöglicht es heute, dünne Diamantschichten auf bestimmte Metall- und Keramikoberflächen aufzubringen. Darin steckt erhebliches Anwendungspotenzial, denn so können die besonderen Eigenschaften von Diamanten in der industriellen Oberflächentechnik nutzbar gemacht werden. Im Unterschied zu sogenannten „Diamond Like Carbon“-Schichten bestehen diese Oberflächen aus reinem Diamant. Sie zeigen deshalb die diamanttypischen Eigenschaften wie Härte und Verschleißfestigkeit, einen niedrigen Reibkoeffizienten, sehr gute Wärmeleitfähigkeit und spezielle elektrochemische Eigenschaften. Neben der Nutzung des Diamants für hoch belastete Teile wie Spezialdichtungen für Pumpen und Kompressoren, die dadurch hochwirksam vor Verschleiß geschützt werden, erschließen die elektrochemischen Eigenschaften der Diamant-Schichten interessante Anwendungsmöglichkeiten in der Abwasserbehandlung und Wasserdesinfektion (Pharma- und Brauindustrie) sowie zur Bilgenwasserbehandlung auf Schiffen.
Mit Methan zum Diamanten
Aus den Gasen Methan und Wasserstoff wird bei 2500 °C eine kristalline Diamantschicht auf ein leitfähiges Trägermaterial aufgebracht. Durch eine Dotierung mit dem Element Bor wird der Diamant leitfähig. Das elektrochemische Verhalten dieser Elektroden wird im Weiteren durch die polykristalline Diamantschicht bestimmt. Diamantelektroden weisen eine extrem hohe Stabilität gegenüber aggressiven Wasserinhaltsstoffen auf.
Die besondere Eigenschaft der Diamant-elektroden ist die Form der Wasserzersetzung. Während bei der klassischen Elektrolyse üblicherweise das Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird, liefert die Diamantelektrode einen Arbeitsbereich, in dem anstelle von Sauerstoff entweder Ozon (in VE-Wasser) oder hochreaktive Hydroxylradikale im salzhaltigen Abwasser gebildet werden. Diamant hat die höchste Überspannung für die Bildung von Sauerstoff. Daher können mit einer Effizienz von 100 % Hydroxylradikale erzeugt werden und kein Sauerstoff wie bei anderen Materialien.
Organische Stoffe, beispielsweise Phenole, Hormone, endokrin wirksame Substanzen, EDTA, PAKs, organische Farbstoffe, Öl-Wasser-Emulsionen usw., können durch das hohe Oxidationspotenzial der Hydroxylradikale vollständig zu CO2 oxidiert werden. Neigt ein Abwasser zu starken Ablagerungen, so setzt man an Kathode und Anode eine Diamantelektrode ein, die dann durch die automatische Polumkehr frei von Ablagerungen gehalten werden. Zeigt das Abwasser eine geringe Neigung zu Ablagerungen, so reicht eine Kathode aus Edelstahl. Im Unterschied zur Anode erfährt die negative Elektrode einen kathodischen Schutz. Bekannt ist dieses elektrochemische Schutzverfahren beim Korrosionsschutz von erd- oder wasserverlegten Rohrleitungen sowie bei Tanks und bei Schiffen.
Phenole in der chemischen Industrie
Mithilfe von diamantbeschichteten Elektroden wird Phenol abgebaut, um das Abwasser in die städtische Kanalisation einleiten zu dürfen. Die Grenzwerte variieren je nach örtlicher Abwassersatzung in Deutschland von 1 bis 100 mg/l. Gehört der Betrieb zu einem der Anhänge 27 (Altölaufbereitung und CP-Anlagen), 36 (Herstellung von Kohlenwasserstoffen) oder 45 (erdölverarbeitende Industrie), so muss nach dem Stand der Technik ein Grenzwert von mindestens 0,15 mg Phenol/l eingehalten werden. Im folgenden Beispiel beträgt der Grenzwert 20 mg/l.
In der chemischen Produktion fallen täglich hohe Mengen an phenolhaltigem Abwasser an. Der Phenolgehalt beträgt mehr als 4000 mg/l. Weiterhin enthält das Abwasser Metalle und andere Komponenten. Die Leitfähigkeit ist durch den Chloridgehalt sehr hoch. Weder die hohen Salzgehalte noch die bakterizide Wirkung der Phenole sind somit für eine Biologie verträglich.
Mit dem Diamant-Elektroden-Reaktor wird der Phenolgehalt von 9636 mgCSB/l schon nach der Hälfte der Ladung zu 100 % oxidiert. Der elektrochemische Abbau des Phenols wird analytisch über die Konzentration des CSB (Chemischer-Sauerstoff-Bedarf) nachgewiesen. Rechnerisch entspricht dabei 1 g Phenol einem CSB von 2,38 g O2. Nach der Oxidation von Phenol werden die Zwischenprodukte (Chinone) zu CO2 umgesetzt. Der Abbau erfolgt weitgehend linear und entspricht der theoretisch berechneten Abbauleistung. Die Zersetzung des Phenols ist vereinfacht in folgender Reaktionsgleichung wieder gegeben:
C6H5OH + 11 H2O => 6 CO2 + 28 e- + 28 H+
Die Betriebsmittelkosten für die Behandlung liegen dabei deutlich unter den Kosten für die Entsorgung. Die Metalle werden kathodisch abgeschieden und als Wertstoffe eingeschmolzen und vergütet.
Entfernung von Reaktivfarbstoffen
In einer Textilfabrik wird Kinderkleidung hergestellt. Das Abwasser ist durch den Einsatz von Reaktivfarbstoffen – je nach Mode – in den unterschiedlichsten Farben gefärbt. Die Arbeitsvorgänge der Textilveredelung lassen sich grob in die nachfolgend aufgeführten Prozessschritte untergliedern: Vorbehandlung, Färben, Bedrucken und Appretieren. Für die Färbung muss der spektrale Absorptionskoeffizient im Gelb-, Rot- und Blaubereich eingehalten werden. Visuell ist die Färbung bereits nach fünf Minuten nahezu verschwunden. Photometrisch lässt sich feststellen, dass die Extinktion um 90 % in allen Wellenlängenbereichen reduziert wurde.
Kostengünstiges Verfahren mit breitem Einsatzbereich
Die chemische Oxidation mit Diamantelektroden stellt eine kostengünstige Alternative zu konventionellen Entsorgungsverfahren dar und ist zum Teil inklusive der Betriebsmittelkosten sogar günstiger zur Direkteinleitung als die Abwassergebühren der Indirekteinleitung. Das Charmante an dem Verfahren ist die Einfachheit: Außer Strom werden keine weiteren Betriebsmittel benötigt. Die Regelparameter sind die Zeit, die Stromstärke und die Elektrodenoberfläche. Mithilfe von Diamant-Elektroden kann nicht nur verunreinigtes Prozesswasser aufbereitet werden, zahlreiche Brauereien und Pharmabetriebe halten damit auch ihr Produktwasser in den langen Leitungssträngen keimfrei, ohne dass Desinfektionsmittel die spätere Produktqualität beeinträchtigen. Gegenüber der Heißwasserdesinfektion wird außerdem viel Energie gespart.
Ein weiterer Anwendungsbereich der Diamant-Elektroden ist die Online-Messung von Organika im Wasser und Abwasser. So lassen sich Einbrüche von Produkten oder Verunreinigungen im Kondensat mithilfe von Diamant-Elektroden messen. Dabei werden die organischen Inhaltsstoffe zu CO2 oxidiert und sofort als solches detektiert. Der Vorteil des AOP-Prozesses gegenüber der Oxidation mit Ozon, UV oder in Hochtemperaturöfen ist das sehr lange Wartungsintervall von über sechs Monaten und der günstige Preis.
Online-Info www.cav.de/0410478
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